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Veröffentlicht am 28.04.2021

Konnte mich nicht wirklich berühren

Mado
1

Mado Kaaris hat ihren Boxer satt, sie will dieses Leben nicht mehr. Kurzerhand erschlägt sie ihn und macht sich aus dem Staub. Weg von Paris, zurück zu ihrer Herkunftsfamilie in die Bretagne. Und diese ...

Mado Kaaris hat ihren Boxer satt, sie will dieses Leben nicht mehr. Kurzerhand erschlägt sie ihn und macht sich aus dem Staub. Weg von Paris, zurück zu ihrer Herkunftsfamilie in die Bretagne. Und diese Familie hat es in sich. Rosa, die Großmutter – im Gefängnis gewesen. Laure, die Mutter – eine Nutte. Und schließlich ist da noch ihre kleine Schwester Verelle – eine Nonne. Mado lässt sich da nichts nachsagen, ist sie doch eine Mörderin. Perfekt!

Mado meint, schwanger zu sein, weiß es aber nicht so genau. Trotzdem schießt sie sich jeden Tag ab – Alkohol, Drogen und ein paar Pillen dazu. Das braucht sie, um ihr Dasein zu ertragen. Genau so lese ich dieses Buch. Eine Familie, die sich in all ihren schlechten Eigenschaften ergänzt, der Alkohol spielt neben Rachegedanken all den Männern gegenüber eine große Rolle. Die Protagonisten irren total verstört durch die Seiten, ergeben sich in Hirngespinsten, sind meist schlecht gelaunt, besoffen oder/und bekifft.

Eine diffuse, zuweilen desorientierte, ja verstörte Titelheldin, ein konfuser Erzählstil. Dadurch nicht immer einfach zu lesen. Die kurzen Kapitel sind hilfreich, um dann doch noch weiterzulesen, denn so manches Mal hätte ich am liebsten abgebrochen. Da wusste ich nicht so recht, wo genau die Story spielt, wer denn nun agiert. Es waren sehr abrupte Brüche, herbe Übergänge. So wie Mado, ihr verworrenes Ich. MeToo ist hier eher im umgekehrten Sinne zu lesen. Die Titelheldin nimmt sich, was und wen sie will und das nie ohne Hintergedanken. Sie wird wohl weiterirren, immer wieder stolpern, nichts dazulernen.

„Sie hatte jedes Recht dazu, für den Rest ihres Lebens wegzulaufen. Es war ihr verdammtes Leben, und sie musste niemand anderem das Leben retten.“

Mado – ein selbstbestimmtes Leben. Für sie genau richtig, für andere falsch, unkorrekt, ungehörig. Der gesellschaftliche Background prägt. Ein Buch, das mich mit nicht wirklich berühren konnte, welches für mich trotz vieler Emotionen leidenschaftslos blieb.

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Veröffentlicht am 23.04.2021

Atemraubende Familiengeschichte

Girl A
1

Alexandra, genannt Lex, trifft im Gefängnis ein. Ihre Mutter ist gestorben, sie soll als Testamentsvollstreckerin fungieren. Das Haus in der Moor Woods Road und etwas Geld sind da, sieben Geschwister müssen ...

Alexandra, genannt Lex, trifft im Gefängnis ein. Ihre Mutter ist gestorben, sie soll als Testamentsvollstreckerin fungieren. Das Haus in der Moor Woods Road und etwas Geld sind da, sieben Geschwister müssen sich einigen, was damit geschehen soll. Eine Begegnungsstätte schwebt Lex vor, sie braucht dafür die Zustimmung der anderen.

Voller spannungsgeladener Vorfreude begab ich mich in das Haus des Grauens, war Zaungast bei der Familie Grace und deren unheilvoller Geschichte. Aus Lex Sicht offenbart sich so nach und nach das schauerliche Familienleben, falls man es als solches bezeichnen kann. Zunächst gehen die älteren Kinder zur Schule, der gestrenge Vater wacht über allen. Gott spielt für ihn eine zentrale Rolle und somit in ihrer aller Leben. Aber dann - wie konnte es soweit kommen?

Girl A, wie Lex von den Medien später genannt wird, kann sich eines Tages befreien, ihr gelingt die Flucht. Sie ist mittlerweile Anwältin, nimmt den Leser direkt mit in ihr Leben, wobei sie gedanklich immer wieder in die Vergangenheit abdriftet. Ein hin und her, das oftmals schnelle Wechsel mit sich bringt und aufmerksam gelesen werden will. Evie – Girl C – ist ihr am nächsten, verbrachten die Mädchen doch ihre Fesseltage, ihre Kettenzeiten gemeinsam eingesperrt. Mit ihr ist sie, wie es scheint, heute noch in Kontakt, die beiden verstehen sich, vertrauen sich blind.

Ein fulminanter Anfang, atemraubend und beklemmend. Genau so las ich von ihnen, konnte mir aber kein komplettes Bild machen. Es fehlten wesentliche Teile, was dem Ganzen noch mehr Spannung gab. Ich lernte Ethan - Boy A – kennen, der so ganz anders war als seine Geschwister, heute noch anders ist. Auch den anderen Gracie-Kindern sind Kapitel gewidmet.

Nach dem perfekten Einstieg in deren deprimierendes Dasein war die Luft über lange Strecken raus. Warum nur war es plötzlich sehr langatmig, so gar nicht mehr fesselnd? Sehr schade drum. Wäre das Erzählte, dieses subtile Spiel mit dem Leser weitergegangen, hätte es ein grandioses Ganzes ergeben. So aber ist die Story abgeflacht, hat sich so dahin gequält, um dann wieder zu erwachen. Weil – es ist ein Ende, das anknüpft an die ersten Seiten, es wieder los geht mit dem fein austarierten Spiel.

Der Anfang, das Ende – grandios, besser geht es nicht. Dazwischen geht die Spannung dahin, jeder Zauber ist verloren. Eine Erzählung, die so dahinplätschert ohne Höhen und Tiefen. Darum werden es „nur“ 4 Sterne, was jedoch keinen Leser davon abhalten sollte, diese Psychospielchen näher zu betrachten.

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Veröffentlicht am 23.04.2021

Ein Sommer mit Asta Nielsen

Das Haus der Winde
1

Juni 1934: Gut gelaunt unternehmen die Schwestern Asta und Johanne einen Segeltörn, als sie gerammt werden. Zunächst sieht es so aus, als ob sie für den nicht unerheblichen Schaden aufkommen müssen, bis ...

Juni 1934: Gut gelaunt unternehmen die Schwestern Asta und Johanne einen Segeltörn, als sie gerammt werden. Zunächst sieht es so aus, als ob sie für den nicht unerheblichen Schaden aufkommen müssen, bis die Fischer mehrere Studenten im fliegenden Holländer als Verursacher ausmachen. Nachdem die Sache aus der Welt geschafft ist, will Asta für ihren guten Freund Joachim Ringelnatz, von ihr liebevoll Ringel genannt, ein Bett bauen lassen. Er soll in ihrem Haus, das sie Karusel nennt, von seiner schweren Krankheit genesen. Da trifft es sich gut, dass Kai, der Fischer, auch ein hervorragender Möbelbauer ist. Asta und Kai kommen sich näher, sie verbringen unbeschwerte Wochen auf der Ostseeinsel Hiddensee.

Der Stummfilmstar Asta Nielsen inmitten der Insulaner. Neben Ringelnatz zählten Gerhard Hauptmann, Heinrich George und viele Größen ihrer Zeit zu ihren Freunden. In das Leben der Insulaner konnte ich mich gut hineinversetzten, Sylvia Frank hat mich direkt daneben gestellt, mich als Beobachter einen Blick auf deren Alltag werfen lassen.

Die Zeit des Stummfilms ist vorbei, Asta wendet sich dem Theater zu. Als Hitler sie umgarnt, ihr eine eigene Filmgesellschaft anbietet, vom Staat finanziert, lehnt sie ab. Sie, die Dänin, will nichts mit den Nazis zu tun haben.

Dieser unbeschwerte Sommerurlaub mit der Diva, die ganz bescheiden daherkommt, ein großes Herz für alle hat, ist kurzweilig und unterhaltend geschrieben. Eine Auszeit in Hiddensee, ganz nett zu lesen, eine Liebelei – oder war es doch Liebe? Genau so könnte es gewesen sein, einen unprätentiösen Umgang mit den einfachen Leuten pflegte sie. Es war ihr letzter Sommer auf dieser Ostseeinsel, danach kam sie nie wieder her.

„Das Haus der Winde“ ist angenehm zu lesen, die Liebesgeschichte nimmt für meinen Geschmack jedoch einen zu breiten Raum ein. Das Angebot der Nazis, mit ihnen zu kooperieren, wurde auf wenigen Seiten abgetan. Was an und für sich in Ordnung ist, doch die Ankündigung dessen las sich für mich, als ob da noch mehr kommen müsste. So bleibt eine wohlgefällige Liebesgeschichte übrig – wie eine Sommerbrise. Ein durchaus erfrischender Roman für vergnügliche Lesestunden.

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Veröffentlicht am 19.04.2021

Ein Land im Koma

Der ehemalige Sohn
1

Der bereits 2014 auf russisch erschiene Roman „Der ehemalige Sohn“ liegt nun in deutscher Übersetzung von Ruth Altenhofer vor. Es ist vordergründig die Geschichte des Franzik Lukitsch, genannt Zisk. Der ...

Der bereits 2014 auf russisch erschiene Roman „Der ehemalige Sohn“ liegt nun in deutscher Übersetzung von Ruth Altenhofer vor. Es ist vordergründig die Geschichte des Franzik Lukitsch, genannt Zisk. Der lebt in Minsk, geht hier aufs musische Lyzeum, sein Instrument ist das Cello. Er gerät in eine Massenpanik, wird so schwer verletzt, dass er ins Koma fällt. Außer seiner Großmutter glaubt keiner, dass er je wieder aufwachen wird.

Sasha Filipenko schreibt in seinem Vorwort nicht nur über einen renommierten russischen Literaturpreis, den er für diesen Roman erhielt, er hat auch Hoffnung, dass dieses Buch eines Tages nicht mehr aktuell sein wird. Denn in Belarus, dem ehemaligen Weißrussland, ist nichts so, wie es sein sollte. Auf die Proteste 2020, bezogen auf die Scheinwahl, die Wahlmanipulationen nach der Präsidentschaftswahl, erwachten die Belarussen aus ihrem Schlaf, aus ihrem Koma.

So wie Zisk, der trotz den Aussagen der Ärzte, die schon über Organspende spekulierten (er ist sowieso tot), nach zehn Jahren aus dem Koma erwacht. Seine über alles geliebte Oma ist kurz zuvor gestorben, sie hatte während seines langen Schlafes an seinem Krankenbett gesessen, hat ihm viel erzählt in der Hoffnung, dass sein Unterbewusstsein so einiges speichert. Nach seinem Aufwachen nimmt sich sein Freund Stass seiner an, fungiert als Fremdenführer in ihrer Stadt, die, zehn Jahre später eher schlechter denn besser dasteht.

Der Zustand des korrupten Landes, die Gewalt gegen die Opposition, jede Kundgebung wurde im Keim erstickt, jedes Aufbegehren mit den härtesten Maßnahmen bestraft. All die unmenschlichen, ungerechten Vorgehensweisen gegen Regimekritiker und –gegner finden als Monologe am Krankenbett statt. Hier wird die Wirklichkeit gut in den Roman eingebettet.

Ein gelungenes Zeugnis eines Landes, dessen Präsident alle Andersdenkenden zu Feinden erklärt, keinen neben sich duldet, geschweige denn hochkommen lässt. Ein Stück Zeitgeschichte. Ein ernstes, leider immer noch sehr aktuelles Thema, welches hier mit Nonchalance in Buchform gebracht wurde. Beim Lesen dachte ich auch immer – neben der Handlung und den Romanfiguren – an den Status quo des Landes, an die gut recherchierten Berichte, die ich immer wieder höre, lese, sehe.

Ein kurzer Abriss über den Zustand von Belarus ist am Ende des Buches zu finden. Über eine Land, das wohl noch lange nicht erwachen darf. Die Wirklichkeit verpackt in eine gut lesbare Geschichte, die ich jedem an diesem Thema interessierten nur empfehlen kann.

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Veröffentlicht am 19.04.2021

Vom Glück und Unglück der Liebe

Nora Joyce und die Liebe zu den Büchern
1

Nora Joyce erzählt ihre Geschichte, die Lovestory von Nora und Jim. Von deren erster Begegnung, ihrer tiefen Liebe zueinander. In Dublin trifft Nora Barnacle auf James Joyce – eine schicksalhafte Begegnung. ...

Nora Joyce erzählt ihre Geschichte, die Lovestory von Nora und Jim. Von deren erster Begegnung, ihrer tiefen Liebe zueinander. In Dublin trifft Nora Barnacle auf James Joyce – eine schicksalhafte Begegnung. Erotisch beginnt dieser biografische Roman, es ist um sie geschehen.

Nuala O´Connor zeichnet das unstete Leben des James Joyce nach. Er will weg, will sie mitnehmen und sie folgt ihm. Über Paris und Zürich ziehen sie weiter nach Triest, nach Pola und über noch so manche Zwischenstationen, um dann in Paris, in Zürich zu landen. Es bleibt keine Zeit, um irgendwo Wurzeln zu schlagen. Ihr Dasein ist geprägt von Armut und Alkohol. Seinen schlecht bezahlten Job als Lehrer wird er nicht mehr lange ausüben, er träumt davon, als Schriftsteller anerkannt zu werden, das Leben wird dann ein anderes, ein besseres sein, er schwebt in höheren Sphären. Jim lebt in den Tag hinein, nimmt alles leicht, sieht keine Probleme, verbringt seine Abende in Cafes, trinkt, zuhause wartet seine Nora, die ihm immer wieder auf die Beine hilft. Und vor allem – er sieht oft nur sich selbst, lässt andere arbeiten, nimmt seine Umgebung gar nicht wahr – Jim, der Lebenskünstler.

Nora hat mich teilhaben lassen an ihrem Leben, hat es Revue passieren lassen. Ich musste die beiden erst kennenlernen, Nora genauso wie Jim. Dass die zwei als Einheit so gut funktionierten, war wiederum ihr zu verdanken. Sie hatte ein großes Herz und Jim war ihre große Liebe. Sie wuchs an ihm und seinen Ansprüchen, diesem selbstgerechten, ganz und gar nicht einfachen Mann, dem ewigen Kind. Er war rastlos und sie folgte ihm. Sie war sein Ruhepol, seine Erdung.

Der Titel dieses Buches verleitet dazu, sie als die Bücherliebhaberin zu sehen, was so gar nicht stimmte. War sie doch eher die Mittlerin zwischen Jim und der ganzen Welt. „Ohne Sie würde der Mann zu Staub zerkrümeln, Nora Joyce.“ Ein so richtiger Satz!

Die kurzen Kapitel sind überschrieben mit Ort und Datum, so konnte ich mich gut orientieren. Aus Noras Sicht wird mir ihr Leben nähergebracht. Ein nicht immer einfaches, oftmals schillerndes, auf jeden Fall sehr abwechslungsreiches Leben mit Höhen und Tiefen, schönen und traurigen Momenten und Zeiten. Ich brauchte eine Eingewöhnungsphase, um dann Noras Geschichte zu lauschen, ihr und ihren Lieben zu folgen. Nora Joyce – Jim hielt sich immer an ihr fest. Sie war ihm „Mutter und Fels.“

Ein biografischer Roman über das Leben zweier Menschen. Gut zu lesen - mit obszönen Zügen, die sich immer mal wieder dazwischen schieben. Mein Gesamturteil von 3,5 Punkten werde ich aufrunden.

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