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Veröffentlicht am 10.03.2021

Bussi wie er leibt und lebt

Der Tote im Schnitzelparadies
1

Es geht aufwärts: „Heute Wien, morgen London, übermorgen Paris“. Oder doch nicht? Warum der Umweg über Hinterkitzlingen? Das hat er wohl dem Qualtinger zu verdanken wegen der Sache mit seiner Frau. Er ...

Es geht aufwärts: „Heute Wien, morgen London, übermorgen Paris“. Oder doch nicht? Warum der Umweg über Hinterkitzlingen? Das hat er wohl dem Qualtinger zu verdanken wegen der Sache mit seiner Frau. Er muss in den sauren Apfel beißen und nach Tirol in dieses Kaff, das keiner kennt. Da wären ihm doch seine Statistiken in Wien lieber gewesen, aber hilft ja eh nix.

Kaum angekommen, stürmt die Resi vom Schnitzelparadies die Polizeiwache und schreit wie wild: „Bussi, schnell“. Da ist einer in ihrer Tiefkühltruhe - aber wo soll Bussi anfangen? Er muss ja noch den verschwundenen Nachbarsbürgermeister suchen, denn genau dafür ist er hergekommen.

Ein sympathischer Inspektor Arno Bussi ist Joe Fischler da eingefallen. Ein wenig verschmitzt, ein wenig verpeilt, aber immer ein sehr liebenswerter Polizist mit Leib und Seele ist er, der stets unglücklich Verliebte. Hier hat es ihm die Eva vom ersten Augenblick an angetan. Einer schönen Frau kann er einfach nicht widerstehen, da schmilzt er nur so dahin. Durch das heftige Unwetter, das sie alle von der Außenwelt abgeschnitten hat, ist er auf sich gestellt, denn es funktioniert nur mehr die Gerüchteküche.

Eine Verbrecherjagd der etwas anderen Art, ein Krimi mit viel Lokalkolorit. Auch wenn ich ein Fan von knallharten Thrillern bin, mag ich diese urkomischen Geschichten um einen charmanten, sehr netten Typen, der das Herz auf dem rechten Fleck hat, immer wieder gerne lesen. Schon sein Name (den er nicht so gerne hört) spricht Bände. Das hat er schon sein ganzes Leben lang spüren müssen, aber Bussi gibt nun mal viel her an Wortwitz. Es passiert so einiges, das eine Verbrechen zieht das andere richtiggehend an. Augenzwinkernd führt der Autor seine Leser durch ein Gewusel an Ereignissen, man möchte es nicht glauben, aber „schlimmer geht immer.“

Der Auftakt der Krimireihe um Arno Bussi ist Joe Fischler gut gelungen. Arno, der bestimmt einmal berufstechnisch um die Welt jettet, wenn auch nicht jetzt und gleich.

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Veröffentlicht am 07.03.2021

Psychospielchen vom Feinsten

Mondteufel
1

Es ist Vollmond – es ist Zeit für den „Mondteufel“: Und er lässt wissen: „Es muss sauber sein, kein Tropfen Blut darf fließen… Das Glück ist verbraucht.“ Da erwarten mich wohl Psychospielchen vom Feinsten ...

Es ist Vollmond – es ist Zeit für den „Mondteufel“: Und er lässt wissen: „Es muss sauber sein, kein Tropfen Blut darf fließen… Das Glück ist verbraucht.“ Da erwarten mich wohl Psychospielchen vom Feinsten – das war mein erster Gedanke. Dieser Mondteufel meldet sich immer mal wieder zu Wort, erzählt mir Dinge, die ich lieber nicht wissen möchte, aber trotzdem dringend wissen muss. Weil diese vielschichtige Geschichte so spannungsgeladen daherkommt, dass ich nicht anders kann, als weiterzulesen.

Stella wacht auf. Sie weiß nicht, wo sie ist. Ihr wird erzählt, dass sie im Pflegeheim Euphoria in der Rehabilitationsabteilung liegt. Sie hatte eine Hirnblutung, wurde operiert und soll hier gesunden. Absonderliche Dinge geschehen, die nur sie alleine wahrnimmt. Sie fühlt sich beobachtet, hört des Nachts jemanden vor und im Zimmer – unerklärbar. Als sie nach ihrer Mutter verlangt, erfährt sie, dass diese nicht mehr da ist. Auch ihr Mann wendet sich von ihr ab. Hilflos und alleingelassen zweifelt sie an ihrer Wahrnehmung. Immer mehr beschleicht sie das Gefühl, dass sie niemandem mehr trauen kann.

Der damals achtjährige Jordi, Stellas kleiner Bruder, wurde vor dreißig Jahren von drei Jugendlichen ermordet, sie haben die Tat damals gestanden. Immer wieder eingestreut lese ich Tagebucheinträge hierzu, geschrieben von der Mutter, es fördert einiges zutage, um letztendlich bei mir doch für extreme Verwirrungen zu sorgen.

Astrid Korten versteht es, den Leser auf so manch falsche Fährte zu locken, die aber letztendlich mehr Fragen aufwerfen, als sie beantworten. Wie passen diese einzelnen Puzzlestücke zusammen? Wohin führt die Spur? Mit viel Herzklopfen bin ich durch die Seiten gedüst und hatte so manches Mal Schnappatmung. Spannend bis zum Schluss. Wenn man meint, es ist alles geklärt, dann kommt noch so manche Überraschung daher.

Wieder mal ein echter Astrid Korten. Dramatisch, mitreißend und fesselnd bis zur letzen Zeile. Ein Psychothriller, der verschlungen werden muss – unbedingt.

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Veröffentlicht am 06.03.2021

Zwei Frauenschicksale

Sie haben mich nicht gekriegt
1

Zwei Frauen begleite ich in diesem Roman von Kindheit an bis hin zu ihrem Erwachsenenleben. Die eine, Marie Rosenberg, lebt als nicht praktizierende Jüdin mit ihrer Familie in Nürnberg. Dort betreibt ihr ...

Zwei Frauen begleite ich in diesem Roman von Kindheit an bis hin zu ihrem Erwachsenenleben. Die eine, Marie Rosenberg, lebt als nicht praktizierende Jüdin mit ihrer Familie in Nürnberg. Dort betreibt ihr Vater eine gut gehende Buchhandlung, die sie weiterführen soll, auch wenn ihr Lebenswunsch als Ärztin zu arbeiten sich nicht erfüllt. Die andere – Tina Modotti – geboren in Italien, wächst in Armut auf, geht mit ihrer Familie nach Österreich, nach Deutschland, um dann wieder in Italien mit der Mutter und einigen Geschwistern ums Überleben zu kämpfen. Ihr Vater sucht in Amerika mit einer Tochter sein Glück, will alle nachholen. Der Lebensweg von Marie und Tina führt beide ins Land der unbegrenzten Möglichkeiten, wobei Marie ihren Büchern treu bleibt und Tina als Fotografin erfolgreich wird. Tina trifft viele Größen ihrer Zeit, unterstützt die Revolution, wird nicht müde, für die Kommunisten dahin zu reisen, wo ihr Einsatz vonnöten ist.

Felix Kucher zeichnet den Lebensweg der Tina Modotti gut nach, ich habe gestaunt, mit welchen Berühmtheiten sie verkehrte. Auch Maries Leben schildert er gut nachvollziehbar. Bemängeln muss ich den schnellen Wechsel zwischen den beiden Lebensgeschichten. Da las ich von Marie und im nächsten Augenblick war ich in Tinas Leben. Zunächst wusste ich gar nicht, wo ich bin, wessen Geschichte gerade erzählt wird. Diese abrupten Übergänge – da bin ich kaum in einer Geschichte, möchte mit den jeweiligen Charakteren weitergehen, mehr erfahren - cut. Brutal zuweilen, es tut dem Lesefluss nicht gut. Des Öfteren wechseln diese im Seiten-Takt. Die beiden Storys – jede für sich – sind durchaus interessant. Aber es entsteht sehr viel Unruhe durch den ständigen Wechsel. So konnte ich nie ganz abtauchen, mich auf keines der beiden Leben einlassen. Schade.

Zwei Frauen, zwei ganz unterschiedliche Lebenswege. Die eine bekommt als Jüdin den Nationalsozialismus in seiner Härte zu spüren, die andere kämpft engagiert gegen den Faschismus an, richtet ihr Leben danach aus.

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Veröffentlicht am 27.02.2021

Eine Frau geht ihren Weg

Der leuchtende Himmel
1

Der siebte Band der Hansen-Saga ist geprägt vom historisch belegten Streik der Hamburger Hafenarbeiter. Luise hat Verständnis, dass diese ihr Auskommen brauchen aber sie ist nur eine Frau, von der die ...

Der siebte Band der Hansen-Saga ist geprägt vom historisch belegten Streik der Hamburger Hafenarbeiter. Luise hat Verständnis, dass diese ihr Auskommen brauchen aber sie ist nur eine Frau, von der die Hafenarbeiter Unterstützung bekämen. Da fühlt sich doch so mancher beleidigt. Von den richtigen Firmenchefs wollen sie, dass ihre Forderungen ernst genommen werden. Da fehlen mir die Worte. Es ist grad mal gut hundert Jahre her und die Welt bestand aus Männern, die das Sagen hatten und aus ihren Anhängseln - mehr durfte eine Frau damals nicht sein.

Luise will etwas kürzer treten und mehr Zeit ihrer Tochter widmen, dabei wird ihr Onkel Georg sie nach Kräften im Kontor unterstützen. Da in Wien Veränderungen anstehen, wird dieser auch dort gebraucht und so kommt wieder einmal alles anders als geplant. Auch nach Kamerun führt uns der Weg zu Robert und Therese. Mehr will ich hier nicht verraten, selber lesen lohnt allemal.

Mit den Hansens bin ich vertraut, kenne ihre Geschichte. Doch selbst, wenn man die Vorgängerbände nicht kennt, kommt man gut zurecht. Ellin Carsta versteht es, das Vorleben, das Vergangene geschickt ins Geschehen einzuflechten. Genau so viel, wie grad sein muss. Wohldosiert. Genügend, um zu verstehen, warum die einzelnen Familienmitglieder hier stehen, wie sie hierher gekommen sind.

Ein Himmel, der leuchtet? Er leuchtet wohl auch, wenn es mal nicht nach vorne geht. Die Familie wird größer und jeder hat seine Probleme, das bleibt nirgends aus. Und Luise mag klare Verhältnisse, spricht diese auch an. Sowohl geschäftlich als auch privat. Für was lohnt es sich, zu kämpfen und was lässt man besser los? Gibt es sowas wie Glück, das andauert? Die Zukunft – was wird sie wohl bringen?

Eine spannende Fortsetzung der Hansen-Saga, in deren Mittelpunkt eine starke Frau steht, die sich nicht beirren lässt, ihren eigenen Weg geht. Deren Herzlichkeit aber immer spürbar bleibt.

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Veröffentlicht am 27.02.2021

Hervorragend

Der zweite Reiter
1

Die Nachwirkungen des ersten Weltkrieges sind noch überall zu spüren. Keiner hat was außer Hunger hier in Wien anno 1918. Es sind schlimme Zeiten, an allen Ecken und Enden fehlt es. Sie alle müssen erfinderisch ...

Die Nachwirkungen des ersten Weltkrieges sind noch überall zu spüren. Keiner hat was außer Hunger hier in Wien anno 1918. Es sind schlimme Zeiten, an allen Ecken und Enden fehlt es. Sie alle müssen erfinderisch sein, um einigermaßen zu überleben. Rayoninspektor August Emmerich und sein Assistent Ferdinand Winter sind hinter dem Anführer eines Schleichhändlerringes her, wollen ihn auf frischer Tat ertappen. Dabei stolpern sie regelrecht über einen Toten. Nachdem eine zweite Leiche entdeckt wird und Emmerich in die Abteilung Leib und Leben möchte, ermittelt er weiter. Eigentlich zuständig für die Bekämpfung des blühenden Schwarzmarktes, geht er dann doch den Morden nach, was sein unmittelbar Vorgesetzter zu verhindern sucht.

Alex Beer versetzt den Leser in die Zeit der Nachkriegswirren. Gut konnte ich mir vorstellen, dass es schon ein gewisses Maß an Chuzpe brauchte, um auch nur irgendwas zu erreichen. Sie zeichnet Emmerich als einen aufrechten, aber durchaus mit allen Wassern gewaschenen Polizisten, der weiß, wie man überlebt. Mit etwas Bestechung - und sei es eine Selbstgedrehte oder ein kleiner Schein – wird so manches Wissen preisgegeben. Überall herrscht Not, auch wenn eine Elite sich alles leisten kann, in Saus und Braus lebt, so ist doch der Großteil der Wiener darauf angewiesen, erfinderisch zu sein, um zu leben, zu überleben.

Die Gräueltaten des ersten Weltkrieges sind ein Kernthema dieses Buches. Es ist der Autorin sehr gut gelungen, die Atmosphäre dieser Zeit des Mangels zu beschreiben. Sie hat mich direkt hineinversetzt in den täglichen Kampf der kleinen Leute. Hat aufgezeigt, was ein Krieg aus Menschen machen kann.

Nachdem mich „Unter Wölfen“ schon sehr beeindruckt hat, musste ich mehr lesen von Alex Beer und „Die rote Frau“ wartet schon. Im Wiener Milieu werde ich mich weiterbewegen, freue mich schon drauf.

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