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Veröffentlicht am 20.02.2021

Eine fremde Welt - faszinierend

Das Verschwinden der Erde
1

„Das Verschwinden der Erde“ von Julia Phillips – ein gelungenes Debüt.

Die Schwestern Sofija und Aljona verbringen an der Küste Kamtschatkas einen schönen Sommertag, kommen danach nicht mehr heim. Sie ...

„Das Verschwinden der Erde“ von Julia Phillips – ein gelungenes Debüt.

Die Schwestern Sofija und Aljona verbringen an der Küste Kamtschatkas einen schönen Sommertag, kommen danach nicht mehr heim. Sie verschwinden spurlos. Dieser Fall erinnert an Lilja. Auch sie war einfach weg und niemand weiß, wo sie ist, ob sie noch lebt. Nach den Schwestern wird gesucht, jedoch wird die Suche bald eingestellt, die Polizei tut ihr Verschwinden lapidar als Ertrinken ab.

Es sind hauptsächlich die Frauen, von denen Julia Phillips erzählt. In deren Leben wir ein wenig Einblick bekommen. Ich hatte schon das Gefühl, hier in einer ganz anderen, für mich sehr fremden Welt zu sein. Zum Teil sehr stereotype Wesen, seltsam anmutend, begleite ich ein Stück ihres Weges. Zunächst unklar, ob dies Einzelgeschichten bleiben, wurde mir dann doch immer mehr bewusst, dass all diese Schicksale ineinander greifen. So konnte ich einiges kennenlernen, ihre Lebensweise wie aus der Ferne betrachten. Ein ganz und gar außergewöhnlicher Roman. Die Geschichten verbinden sich, Zusammenhänge werden sichtbar.

Gewalt gegen Frauen aus unterschiedlichen Perspektiven wird hier thematisiert. Kann eine Frau in einer männerdominierenden Gesellschaft ein selbstbestimmtes Leben führen? In das Leben ganz verschiedener Frauen werfe ich einen Blick und was mich beim Lesen gewundert hat ist, dass das Verschwinden wie nebenbei immer mal wieder erwähnt wird. Aber nicht mehr. Und so entwickelt sich diese Geschichte so ganz anders, als ich zunächst dachte. Was aber durchaus seinen Reiz hat.

Vor dem „Verschwinden der Erde“ habe ich nicht mal gewusst, dass es dieses Kamtschatka gibt. Natürlich musste ich nachschauen und war gleich fasziniert ob dieser beeindruckenden Landschaft. Der Lebensstil lässt Russland-Bilder in mir entstehen, was natürlich hier genau passend ist. All die fremd klingenden Namen – das Personenverzeichnis am Anfang war da sehr hilfreich.

Nachdenklich lässt mich das Buch zurück. Ich lasse das Gelesene ein wenig sacken, nachhallen. Immer weiter wurde in die Geschichten hineingezogen, als ob ich in das Leben der Frauen hineingelassen werde. Das Ende ist stimmig, es passt sich dem Ganzen perfekt an. Auf dieses Buch sollte man sich einlassen, ganz ohne Erwartung einfach anfangen zu lesen.

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Veröffentlicht am 17.02.2021

Königliche Ermittlungen

Das Windsor-Komplott
1

Windsor Castle als Mittelpunkt einer Mordermittlung - die Queen ist nicht amüsiert. Ein Künstler des gestrigen Abends wird tot aufgefunden, noch dazu in sehr anzüglicher Pose. Die Umstände seines ...

Windsor Castle als Mittelpunkt einer Mordermittlung - die Queen ist nicht amüsiert. Ein Künstler des gestrigen Abends wird tot aufgefunden, noch dazu in sehr anzüglicher Pose. Die Umstände seines Ablebens sind überaus kompromittierend. Das MI5 ermittelt, jedoch ist die Queen nicht angetan von deren Arbeit. Also muss sie sich der Sache mit tatkräftiger Unterstützung ihrer Privatsekretärin Rozie selber annehmen.

So eine Inszenierung! Da ging es Schlag auf Schlag. Auch wenn ich dem ganzen Geschehen nicht immer folgen konnte, so war mir nach seitenlangem Geplänkel dann doch irgendwann wieder klar, wo es lang geht. Die Queen behält trotz ihrer vornehmen Zurückhaltung den Überblick. Dank Rozie, die stets an ihrer Seite steht, sieht sie den Fall glasklar und hilft dem MI5 durchaus geschickt auf die Sprünge.

Ein Cosy Crime, der so manches Mal zum Schmunzeln einlädt, der britische Humor blitzt immer wieder durch. Hier geschieht viel, jedoch sind zu viele Nebenschauplätze aufgemacht. Bekannte Persönlichkeiten flitzen durch die Seiten und ich dachte, jetzt wird ein wenig über die Obamas oder etliche andere berichtet. Aber nein. Es sind Seitenfüller, die mit der eigentlichen Geschichte nichts zu tun haben, nicht mal ansatzweise eine eigene Story erzählen oder irgendwie eingeflochten werden. Zuweilen hätte ich mir gewünscht, dass hier nicht nur aufgezählt, sondern erzählt wird.

Prinz Philip hat natürlich seine Auftritte, die Dialoge zwischen ihm und Elisabeth konnte ich mir genau so oder ähnlich durchaus vorstellen. Philip und seine Art – wer kennt die nicht?

Ein flotter Schreibstil, der durch zu viele Nebensächlichkeiten ausgebremst wird. Weniger wäre hier mehr gewesen. Nett gemacht, humorvoll und meist kurzweilig erzählt, die Auflösung der eigentlichen Tat war dann doch wieder ziemlich konfus. Ich war gerne dabei, die vielen Abstecher passten aber für mich so gar nicht ins eigentliche Geschehen.

Der erste Fall für die Queen und Rozie, der noch etliche Schwächen aufweist. Humorvoll war es allemal – ein Cosy Crime der königlichen Art.

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Veröffentlicht am 17.02.2021

Herbstzeitlose...

Herbstvergessene
1

Nach langer Funkstille ruft Lilli Sternberg ihre Tochter Maja an mit der Bitte, zu ihr nach Wien zu kommen. Dort angekommen, ist Lilli tot – Selbstmord meint die Polizei. Maja kann nicht daran glauben ...

Nach langer Funkstille ruft Lilli Sternberg ihre Tochter Maja an mit der Bitte, zu ihr nach Wien zu kommen. Dort angekommen, ist Lilli tot – Selbstmord meint die Polizei. Maja kann nicht daran glauben und nachdem sie ein Foto ihrer Großmutter Charlotte mit einem Baby gefunden hat, die darauf notierten Daten jedoch unmöglich stimmen können, macht sich Maja auf, die Hintergründe zu erforschen. Immer tiefer taucht sie ab in die Vergangenheit und stößt auf Unglaubliches.

Sofort bin ich abgetaucht in diese Spurensuche, konnte das Buch nur schwer aus der Hand legen. Maja erzählt hier ihre Geschichte im Wechsel mit Ihrer Großmutter Charlotte, die zurückblickt auf ihr Leben. Deren zwei älteren Schwestern liiert sind und sie, die Nachzüglerin, die eigentlich ein Junge sein sollte, lieber burschikos daherkommt - bis Paul kam.

Die historischen Elemente sind allesamt erschreckend. Anja Jonuleit versteht es ausgezeichnet, den Leser hier mitzunehmen. Das Schicksal all derer, die den Nazis hilflos ausgeliefert waren, gut nachzuzeichnen.

Die Vergangenheit blitzt immer wieder auf, will ans Tageslicht. Der Nachlass ist zu regeln und so macht Maja sich auf, Stück für Stück ihre Mutter und die ganze Familiengeschichte in all ihren Facetten neu kennenzulernen.

Je weiter ich im Buch kam, desto mehr wusste ich, aber wiederum tauchten neue Fragen auf. Die Autorin und ihre Erzählweise haben mich gebannt weiterlesen lassen. Die Geister der Vergangenheit waren direkt spürbar. Und das Gefühl, am Rande des Abgrundes zu stehen, kam immer mal wieder auf. Wann wird es hell, wann lichtet sich das Dickicht endlich?

Ein starkes Buch, eine mitreißende, ja mitfühlende Geschichte mit Eindringlichkeit erzählt. Anja Jonuleit fasziniert ungemein.

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Veröffentlicht am 15.02.2021

Eine Frau geht ihren Weg

Die Frau von Montparnasse
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„Die Frau von Montparnasse“: Aus der Reihe „Mutige Frauen zwischen Kunst und Liebe“ zeichnet Caroline Bernard das Leben und Wirken der Simone de Beauvoir nach.

Simone de Beauvoir, Jean Paul Sartre und ...

„Die Frau von Montparnasse“: Aus der Reihe „Mutige Frauen zwischen Kunst und Liebe“ zeichnet Caroline Bernard das Leben und Wirken der Simone de Beauvoir nach.

Simone de Beauvoir, Jean Paul Sartre und ihre ungewöhnliche Beziehung bilden das Gerüst dieses Buches. Mit der jungen Simone, die viel mehr will als ihre Eltern es ihr zugestehen, beginnt die Reise durch ihr aufregendes Leben, das so anders war - abseits der bürgerlichen Norm, in dieser Zeit ein Skandal. Sartre war ihr Lebensmensch, ihre Inspiration. Und umgekehrt. Für viele galt sie als sein Anhängsel, der sie immer wieder betrog. Intellektuell galt er als Vordenker, sie als Nachahmerin, die von seinem Ruhm profitierte. Ganz selbstbewusst machte Simone sich wenig aus diesem Klatsch, wusste sie doch, wer sie war und was sie konnte, brauchte keine Bestätigung von außen.

Ich begleite Simone auf ihrem Weg, der immer selbstbestimmt war. Eine sehr starke Frau, freiheitsliebend und unkonventionell. Sie blieb sich und ihren Idealen treu, lebte und liebte so, wie sie es wollte. Kraft schöpfte sie in ihren langen Wanderungen, des Öfteren allein in Abgeschiedenheit, die Natur genießend. Sie war sich durchaus der Gefahren bewusst – trotzdem wollte sie darauf nie verzichten.

Der Autorin gelingt es, ein lebendiges Bild von Simone zu zeichnen. Gut konnte ich mir ihr eindrucksvolles, ihr pralles Leben vorstellen. Imponierend diese Frau, diese begnadete Schriftstellerin, wenn auch der Schwerpunkt eher privat denn literarisch angelegt ist. Einen guten Eindruck vermittelt der Einblick in die damalige Gesellschaft, in der Frauen sich dem Manne unterzuordnen hatten. Spannend geschrieben bleibt das Bild eines Freigeistes, weit ihrer Zeit voraus. Ihre Höhenflüge, ihre Erfolge und auch ihre Rückschläge sind gut nachvollziehbar geschildert, unterhaltsam zu lesen.

An ihrem ersten Buch „Sie kam und blieb“ arbeitete sie drei Jahre. Sie hat sich ewig abgemüht, immer wieder alles verworfen. Dann die Welt der Männer. Sie durften sich frei bewegen, sich entfalten und legten fest, was die Frauen konnten. Simone hatte ihr Thema gefunden: „Das andere Geschlecht“ entstand aus diesem Gedanken. Der Leitsatz zu diesem Buch: „Man kommt nicht als Frau zur Welt, man wird es.“

Caroline Bernard hat mich schon mit ihrem Bestseller „Frida Kahlo und die Farben des Lebens“ fasziniert. Da musste ich natürlich ihre Romanbiographie über die große Philosophin Simone de Beauvoir und deren Drang nach Liebe und Freiheit lesen. Eine kurzweilige, lebendige Schilderung ihrer Lebensstationen. Zuweilen war ich regelrecht schockiert über diesen doch sehr selbstgerechten Sartre. Dagegen Simone, die neben all ihrer Freiheitsliebe nie die anderen vergaß, die warmherzig war. Rücksichtslos er, seine persönliche Freiheit nie aus den Augen verlierend. Freiheitsliebend, aber immer an alle anderen denkend, warmherzig und großzügig, das war sie.

Ihr schillerndes Leben inmitten vieler bekannter Künstler, ihr Hunger nach Leben, ihre außergewöhnliche Art, ihr individuelles Denken haben mir gut gefallen, mich gut unterhalten. Ein Buch, das ich sehr gerne weiterempfehle.

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Veröffentlicht am 08.02.2021

Manipulative Machenschaften

Flieh, so weit du kannst
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Nachdem Ava sich von Charlie, ihrem sehr eifersüchtigen, zuweilen gewalttätigen Freund endlich trennt, bietet ihr Chef David ihr an, ins Haus seiner verstorbenen Tochter Olivia zu ziehen. Trotz mulmigem ...

Nachdem Ava sich von Charlie, ihrem sehr eifersüchtigen, zuweilen gewalttätigen Freund endlich trennt, bietet ihr Chef David ihr an, ins Haus seiner verstorbenen Tochter Olivia zu ziehen. Trotz mulmigem Gefühl nimmt sie an, fühlt sich jedoch immer mehr beobachtet und bedroht. Derweilen kümmert sich David um sie, lädt sie ein, befördert sie und wird zunehmend fordernder. Jade indes hatte damit gerechnet, anstatt Ava als Teamleiterin aufzusteigen. Sie liefert hier schon jahrelang gute Arbeit und ist zudem qualifizierter. So zumindest sieht sie sich selber. Früher einmal, als Olivia noch lebte, waren alle drei Freundinnen. Lange vorbei.

Es geht gleich mal richtig gut los, das ganze Buch über war ich von dem sehr angenehm zu lesenden Schreibstil angetan. Aus verschiedenen Perspektiven erzählt Naomi Joy diese Geschichte. Ava ist perfekt, aalglatt, makellos und liefert mustergültige Arbeit ab. Jade dagegen lebt mehr in ihrer Scheinwelt, dem Irrsinn nahe - so kam es mir zuweilen vor. Es werden dem Leser da schon Typen vorgesetzt, die allesamt ne Macke haben. Mehr oder weniger. Krankhaft eifersüchtig und sehr klammernd, dann aber wieder äußerst großzügig, aber auch sehr hinterhältig und boshaft. Der Kontrollzwang ist nicht zu übersehen, von Selbstüberschätzung bis hin zur Selbstzerstörung ist alles dabei.

Immer wieder lese ich eingeflochten in die Handlung „Du kannst dich nicht ewig verstecken… ich weiß, was du getan hast. Ich kenne dein Geheimnis.“ Man ahnt, wer sich angesprochen fühlen müsste, aber so richtig kann man es nicht greifen. Die Story zieht sich, nach dem doch recht rasanten Start ist die Luft raus. Es passiert viel, es wiederholt sich so einiges, im letzten Drittel wird es dann nochmal richtig rasant.

Naomi Joy schreibt sehr mitreißend, ich habe mich trotz mancher Längen gut unterhalten gefühlt.

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