Profilbild von Magnolia

Magnolia

Lesejury Star
online

Magnolia ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Magnolia über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 30.05.2021

Sizilien und die liebe Familie

Kaktusfeigen
1

Linda will endlich ihre sizilianischen Wurzeln ergründen. Warum nur sagt Mitzi, ihre Mutter, so gar nichts über ihren Vater? Als dann auch noch Lindas Tochter Hanna wissen will, warum denn ausgerechnet ...

Linda will endlich ihre sizilianischen Wurzeln ergründen. Warum nur sagt Mitzi, ihre Mutter, so gar nichts über ihren Vater? Als dann auch noch Lindas Tochter Hanna wissen will, warum denn ausgerechnet sie nicht zwei Opas hat wie alle anderen auch, bucht Linda kurzerhand einen Flug nach Sizilien. Sie will es jetzt wissen, auf eigene Faust nachforschen. Irgendwie wird es schon gehen, das wäre ja noch schöner!

Es sind hier viele Geschichten in einer vereint, da ist dieser immer wiederkehrende Traum von einer Zwillingsschwester, von Lucia. Und natürlich die Suche nach dem Vater, den sie noch nie gesehen hat, von dem sie so gar nichts Gutes weiß. Und überhaupt das ganze Sizilien, die ganze nach Mitzis Worten so gar nicht erstrebenswerte Insel.

Anna Castronovo hat mit viel Herzblut über ihr Sizilien geschrieben, hat wiederum einen zauberhaften Beweis geliefert, dass es doch sehr erstrebenswert ist, sich von nichts und niemandem stoppen zu lassen. Das grantelnde bayerische Element liefert hier Mitzi, die einmal meinte, in Gaetano ihren Traummann gefunden zu haben. Wenn da nicht die liebe Familie gewesen wäre. Herrlich überzeichnet (oder doch ganz und gar real? Wer weiß das schon so genau!) erleben wir eine sizilianische Hochzeit mit all ihren Vorbereitungen, den ganzen Aufregungen und der unbändigen Lebenslust der Insulaner. Mit Else und Sissi stöckeln wir nach oben…

Ich habe mich mit den „Kaktusfeigen“ gut unterhalten gefühlt, bin gerne nach Sizilien gereist, um die Familie mit all ihren sehr zugänglichen, aber auch schrulligen Charakteren kennenzulernen und habe über so manch witzige Szenen Tränen gelacht.

Ein erster Einblick, der erste Band dieser Familiengeschichte, dem ein zweiter hoffentlich bald folgen wird. Soviel ich schon weiß, wird uns die Autorin dann nach Palermo entführen. Sehr gerne wieder!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 26.05.2021

Die Nacht der Wahrheit

Blütenschatten
1

Mit Eve Laing durch die Nacht – bei diesem Nachtspaziergang durch London erinnert sie sich an ihr Leben, an ihre Arbeit als Künstlerin, ihre Weggefährten, ihre Männer, Ihre Familie. Sie schaut durch das ...

Mit Eve Laing durch die Nacht – bei diesem Nachtspaziergang durch London erinnert sie sich an ihr Leben, an ihre Arbeit als Künstlerin, ihre Weggefährten, ihre Männer, Ihre Familie. Sie schaut durch das erleuchtete Fenster, beobachtet Kristof von draußen und denkt zurück. Könnte sie mehr als drei Jahrzehnte zurückspulen, würde sie es tun? Es anders machen?

Sie ist im Hier und Jetzt, schweift ab, erzählt so, wie es ihr gerade einfällt. Bei dem berühmten Maler Florian Kis, dem sie in jungen Jahren Muse war, hat sie viel fürs Leben gelernt und sei es nur, dass es Treue so nicht gibt. Mit sechzig will Eve es noch einmal wissen, sie hat für Luka, ihren jungen Liebhaber, alles zurückgelassen – resolut, beinahe selbstzerstörerisch. Einzig ihr Atelier, in dem sie eine monumentale Retroperspektive vorbereitet, ist ihr geblieben. Ihr Künstlerherz gehört den Pflanzen, die sie genauestens studiert und seziert. Eine Komposition aus sieben Bildern der wunderschönen, aber sehr giftigen Blüten wird entstehen, ihr Meisterwerk – Poison Florilegium. Vervollständigt durch präparierte Pflanzenteile und zusätzlich filmisch festgehalten, wird dieses imposante Werk ihr endgültiger Durchbruch als Künstlerin sein.

Annalena McAfee lässt ihre Leser sehr nahe an Eve heran, stülpt ihr Innerstes nach außen. In dieser regnerischen Nacht drängt ihr wahrer Charakter unerbittlich an die Oberfläche, ihre Erinnerungen sind ungeschönt, ja gnadenlos ehrlich. Der Einblick in die Kunstszene mit ihren egozentrischen Typen, ihren Affären und Intrigen ist eine boshafte Mischung aus Rache und Zerstörungswut und stellt sinnbildlich den Bezug zu ihrer Arbeit mit der giftigen Botanik dar.

Die Nacht neigt sich dem Ende zu, „Blütenschatten“ ist auserzählt. Gerne bin ich mit Eve durch ihr Leben gewandelt. Ein Buch, das mich von Anfang an gewinnen konnte. Auch oder gerade weil die Protagonistin sich im Künstlermilieu bewegt, sich um nichts und niemanden schert, sich aufführt, als sei sie ein Mann. Ein konsequentes Ende, das zugleich beeindruckt und verstört. Ein Künstlerleben eben!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 26.05.2021

Kurzweiliges Lesevergnügen

Zwischen uns ein ganzes Leben
1

In Montreal (1982) sitzt Jacobina am Krankenbett ihres Vaters. Vor 21 Jahren ist sie fortgegangen, er hatte ihr nie verziehen. Gesprächig war er nie, sie hatten kein inniges Verhältnis, ihrer Mutter war ...

In Montreal (1982) sitzt Jacobina am Krankenbett ihres Vaters. Vor 21 Jahren ist sie fortgegangen, er hatte ihr nie verziehen. Gesprächig war er nie, sie hatten kein inniges Verhältnis, ihrer Mutter war sie immer näher gestanden. „Du musst Judith finden, versprich es mir!“ Jacobina weiß nichts von Judith, ihrer Halbschwester - und plötzlich empfindet sie Zuneigung zu ihrem zeitlebens doch so unnahbaren Vater. Verspricht ihm, nach ihr zu suchen. Er erzählt von Paris und Claire Goldemberg: „Ich habe sie geliebt.“ Er musste zurück nach Polen, der Zweite Weltkrieg kam ihnen dazwischen.

Wir sind in Paris, schreiben das Jahr 1940. Die Jüdin Judith lernt den wohlhabenden Christian kennen und lieben, jedoch wird es für sie immer gefährlicher, sie muss untertauchen.

In Washington D. C. arbeitet Beatrice 2006 bei der Weltbank. Die gebürtige Französin unterstützt ihre in Frankreich lebende Mutter, ihr Job erlaubt ihr ein unabhängiges Leben. Nebenher engagiert sie sich ehrenamtlich und lernt so Jacobina kennen. Die beiden Frauen freunden sich an und bald hilft Beatrice ihr, das lange zurückliegende Versprechen, Judith zu finden, doch noch einzulösen.

Drei Frauen begleite ich abwechselnd im Gestern und Heute. Ihre Leben könnten unterschiedlicher nicht sein. Da ist zum einen Judith, die all die Qualen des Nazi-Regimes als Jüdin erleiden musste. Der geschichtliche Hintergrund ist nachvollziehbar und gut geschildert. Die Autorin nimmt ihre Leser an die Hand, gewährt Einblick ins sehr entbehrungsreiche Leben der auch in Frankreich verfolgten Juden. Mit Christian, ihrem Verloben, bekommt man eine Vorstellung, dass die wohlhabende Schicht durchaus andere Möglichkeiten hatte, diese dunkle Zeit einigermaßen glimpflich zu überstehen.

Mit Beatrice und Jacobina, die sich auf die Suche nach Judith machen, verbinden sich diese drei so unterschiedlichen Frauen. Im Holocaust-Center findet Beatrice nicht nur die Spur in die Vergangenheit, sie lernt auch Gregoire kennen, der sie tatkräftig unterstützt. Er ist ehrenamtlich für eine Hilfsorganisation tätig, wird danach wieder auf sein Weingut in Frankreich zurückkehren.

Ein sehr eingängiger Schreibstil, der mich schnell alles um mich herum vergessen ließ, mich sofort gefangen nahm. „Zwischen uns ein ganzes Leben“ hat mich in seinen Bann gezogen und mich nicht mehr los gelassen. Ein vor einem halben Jahrhundert gegebenes Versprechen lenkt das Leben der Protagonisten in ganz andere Bahnen, als ursprünglich geplant. Ich habe mit ihnen gehofft, gebangt und mich gefreut, bin ihren Spuren gerne gefolgt. Es war alles dabei – Familie, Liebe, Leid und Freud, spannend und authentisch geschildert.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 25.05.2021

Jugendkrimi, nicht ganz durchdacht

Himmel oder Hölle?
3

Vier Mädels verbringen ein paar Tage in Gerlos in Österreich beim Skifahren. Die sehr unsichere Danielle kann es kaum fassen, dass Dante, ein Supertyp, sich ausgerechnet für sie interessiert. Kaum daheim ...

Vier Mädels verbringen ein paar Tage in Gerlos in Österreich beim Skifahren. Die sehr unsichere Danielle kann es kaum fassen, dass Dante, ein Supertyp, sich ausgerechnet für sie interessiert. Kaum daheim in Amsterdam treffen die beiden unvermutet aufeinander. War es Zufall? Oder Absicht?

Tag 0 beginnt um 21:48 Uhr und gleich hier wird klar, in welch beklemmendem Zustand diese noch geheimnisvolle Person sich befindet. Wo sie ist, was das Ganze soll, wohin das alles führt – der Leser kann nur Vermutungen anstellen.

Mit Tag -16 dann beginnt der Skiurlaub, jedes Kapitel erzählt von einem Tag weniger bis schlussendlich der Tag 0 anbricht. Diese Idee ist gut umgesetzt, wir nähern uns dem Countdown, der – so kann man vermuten – Schreckliches verbirgt. Zwischen dem Herunterzählen blicken wir immer mal wieder auf diesen ominösen Tag 0.

Ein Jugendbuch mit Triggerwarnung zum Schluss. Leicht lesbar und durchaus so geschrieben, dass man sich diese vier 17jährigen Schülerinnen gut vorstellen kann. Sie wollen Spaß, wollen flirten, erobern und erobert werden. Danielle, die nicht ganz den superdünnen Models gleicht, wird von ihren „Freundinnen“ gemobbt und findet sich selbst nicht zurecht in diesem oberflächlichen Schlankheitswahn. Genau hier setzt meine Kritik ein, denn ich finde es unverantwortlich, ein Buch vorzulegen, in dem es der Protagonistin mit Normalmaßen ständig eingeredet wird, sie sei zu dick.

Dante, mit seinen 21 Jahren schon weitaus reifer, sieht in Danielle etwas, das nicht so ganz greifbar ist. Sollte er sie wirklich begehren? In ihr die Frau sehen, die er unbedingt will? Einige Informationen aus seinem Leben tröpfeln so nach und nach herein, aber ein Gesamtbild kann man sich von ihm nicht machen, er und sein (mögliches) Motiv sind nicht zu durchschauen. Nicht genug dessen, kommt ein Ex-Freund ins Spiel, dessen Absichten ebenso dunkel wie mysteriös scheinen.

Ein Jugendkrimi mit Unterhaltungspotenzial, der sein Geheimnis erst ganz zum Schluss preisgibt. Überraschend, unvermutet, ganz gut gemacht. Es wird so manches Thema angerissen, so einiges bleibt an der Oberfläche. Bald jedoch meint man, das Opfer des Tages 0, zu kennen. Und der Täter - hier könnte es jeder sein und kaum ist man sich sicher, den Unbekannten erkannt zu haben, bleiben wieder letzte Zweifel. Erst dem Ende zu wird aufgelöst und hier ist es ganz anders, als man denkt.

Mein Fazit: Ein Krimi, der zu wenig die Probleme junger Mädchen berücksichtigt und Unsicherheiten Vorschub leistet. Gut und schnell, auch unterhaltend zu lesen, aber eine große Zielgruppe wird hier verunsichert. Daher nur zwei der ansonsten drei Sterne.

  • Einzelne Kategorien
  • Handlung
  • Erzählstil
  • Charaktere
  • Cover
  • Spannung
Veröffentlicht am 25.05.2021

So ein Sommer ist ein großes Geschenk

Der große Sommer
1

Die Sommerferien stehen an und die Familie macht sich bereit, in den wohlverdienten Urlaub nach Italien zu starten. Frieder, von der Note 6 auf die 5 gerutscht, wird zur Nachprüfung zugelassen und somit ...

Die Sommerferien stehen an und die Familie macht sich bereit, in den wohlverdienten Urlaub nach Italien zu starten. Frieder, von der Note 6 auf die 5 gerutscht, wird zur Nachprüfung zugelassen und somit heißt es für ihn anstatt Ferien sechs Wochen bei Großvater eingesperrt Latein und Mathe büffeln. Das sind ja schöne Aussichten! Zumindest seine große Schwester Alma bleibt hier, sie wohnt im Schwesternheim und absolviert ein Praktikum in einem Pflegeheim. Mit seinem besten Freund Johann verbringt er seine verbliebene freie Zeit bevorzugt im Schwimmbad und dort begegnet er ihr – Beate. Von nun an schwirrt sie in seinem Kopf, zieht ihn magisch an. So beginnt sein großer Sommer.

Von jetzt an wohnt Frieder bei seiner Nana und Großvater, der einen zunächst sehr unnahbar vorkommt. Wie sich herausstellt, ist er ein lebenskluger und weitsichtiger Mann, der alle auf Abstand hält, keinen so richtig an sich herankommen lässt.
"Großvater hatte mich sozusagen aktiv angefordert." Es sind Sätze wie dieser, die mich begeistern. Noch mehr solch großartiger Aussagen lese ich zwischendurch, lasse sie mir regelrecht auf der Zunge zergehen.

Die erste zarte Liebe, das sich Umgarnen, sich annähern. Nicht recht wissen, wie man es anstellen soll. Man will den anderen beeindrucken, ihm gefallen. "Ich hätte zehn Minuten nicken können, so einverstanden war ich". Leicht, wie hingeworfen diese Worte. Hier stimmt Frieder seiner Angebeteten stumm zu.

Es geht um Freundschaft, das Miteinander. Die Jugend ist die Zeit des Aufbruchs. Dem Leben eine Richtung geben, sich ausprobieren und auch mal scheitern. Nicht aufgeben, neue Wege suchen und auch Hilfe annehmen können. Der mitunter steinige Weg ins Erwachsenenleben muss gegangen werden und nur wer nicht aufgibt, wird ankommen.

Frieder erzählt dem Leser von diesem einen Sommer, in dem er so viel Neues erlebt. Hier konnte er sich von der Kindheit verabschieden, sich einem nächsten Lebensabschnitt nähern. Momente voller Leben und Liebe, Vertrauen und Freundschaft wechseln sich ab mit ausgelassenen, sehr fröhlichen Augenblicken.

„Der große Sommer ist tatsächlich ein sehr autobiografischer Roman. Verwoben mit viel Erdichtetem.“ So lässt uns der Autor wissen und so kann es auch nur sein. Welcher junge, noch sehr unerfahrene Mensch will sich nicht erproben, seine Grenzen zuweilen ausloten? Sich aus der Geborgenheit der Familie hinein ins Erwachsenenleben tasten heißt auch, Rückschläge wegzustecken. Aber auch auf Unbekanntes zugehen, die erste Liebe erspüren, sich ihr zu öffnen. Ganz einfach – sich die Welt erobern mit all ihren Facetten.

Dass Frieder im Nachhinein diesen Sommer, der so gar nicht begann, wie er ihn sich vorgestellt hat, als groß empfindet, macht deutlich, dass vieles anders kommt, ja besser wird, als man zunächst meint. Ein ganz besonderes Buch, eine wundervolle Geschichte, die einen ein Lächeln ins Gesicht zaubert. Sie zu lesen, macht nachdenklich, aber auch sehr glücklich.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere