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Veröffentlicht am 05.01.2021

Unterhaltsame Familiengeschichte

Das schwarze Gold des Südens
1

„Das schwarze Gold des Südens“ von Tara Haigh ist die Geschichte eines vor dem Abgrund stehenden Familienunternehmens, angesiedelt im 19. Jahrhundert. Ihr Süßholz, die Rohlakritze, das zur Herstellung ...

„Das schwarze Gold des Südens“ von Tara Haigh ist die Geschichte eines vor dem Abgrund stehenden Familienunternehmens, angesiedelt im 19. Jahrhundert. Ihr Süßholz, die Rohlakritze, das zur Herstellung verschiedener Pastillen von Apotheken benötigt wird, aber auch als Basis für süße Köstlichkeiten dient, ist von Parasiten befallen, die Ernte fällt katastrophal aus. Eine Vernunftehe, so wie sie damals üblich war, wäre die Rettung. Doch Elises Entschluss steht fest, sie hat andere Pläne. Mit Ferdinand, ihrem Geliebten, macht sie sich heimlich auf nach Paris. Er ist vom Projekt Eiffelturm fasziniert, will von Anfang an dabei sein und sie kommt ihrem Traum von einer eigenen Confiserie näher. Derweilen fügt sich ihre Schwester Amalie in ihr Schicksal, heiratet und fühlt sich verantwortlich, den Süßholzanbau in Kalabrien voranzutreiben.

Ich fühlte mich gleich wohl mit den Schwestern, vor allem Elise in ihrer selbstbestimmten Art hatte es mir angetan. Wobei ich natürlich Amalie durchaus verstehen konnte. Sie ist die pflichtbewusste, auf Tradition achtende, verlässliche Tochter ihres Vaters. Doch was konnte damals eine Frau alleine bewerkstelligen? Ohne Mann im Hinter- oder besser gesagt im Vordergrund ging gar nichts. Vergnüglich reiste ich mit nach Paris, nach Venedig und sehr gerne nach Kalabrien. Den Charakteren mit all ihren Eigenheiten hauchte die Autorin viel Leben ein, es waren kurzweilige und auch informative Lesestunden. So manche Landschaft, allen voran Kalabrien, konnte ich direkt vor mir sehen.

Die Geschichte um die Familie Imhoff und ihr Süßholzimperium empfehle ich gerne weiter.

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Veröffentlicht am 05.01.2021

Schwein gehabt ;-)

Mookie – Weihnachten mit Schwein
1

„Mookie – Weihnachten mit Schwein“ von Laura Wohnlich ist die etwas andere Geschichte, die mit Weihnachten nicht viel zu tun hat. Es ist eher die Suche nach dem Sinn des Lebens. Wie geht das Leben eigentlich ...

„Mookie – Weihnachten mit Schwein“ von Laura Wohnlich ist die etwas andere Geschichte, die mit Weihnachten nicht viel zu tun hat. Es ist eher die Suche nach dem Sinn des Lebens. Wie geht das Leben eigentlich nochmal? Irgendwann hat er das verlernt.

Joachim – er verzapft ziemlich viel Mist. Trinkt zu viel, zieht sich seit neuestem so manchen Joint rein, zur Arbeit geht er auch nicht mehr. Öde Tage, die nicht vergehen wollen. Joy, seine Zufallsfreundin, hat sich Muhammed geschnappt oder er sich sie – so genau weiß man das nicht. Was solls, vorbei!

Dann liegt ein ziemliches schweres Paket mit Luftlöchern vor der Haustür, an ihn adressiert. Was ist das denn? Ein 15 kg schweres Schwein grunzt fröhlich vor sich hin in Joachims Bude. Wer hat ihm dieses Geschenk vor die Tür gestellt? Nicht genug damit: Über ne Dating-App lernt er Madeleine kennen und gemeinsam machen sie sich auf, den edlen Schenker zu finden.

Die etwas andere, eigenwillige Art, sein Leben aufzuräumen, in andere Bahnen zu lenken. Sich selbst zu erkennen, sich neu zu definieren. In sich hineinhorchen, wer man ist, wo man steht, wohin man will. Madeleine führt ihn auf die Spur seines Vaters, über den Umweg zu seiner Mutter. „Darf ich vorstellen: Mookie, mein Weihnachtsgeschenk.“

Ein kurzweiliger, ja ein amüsanter Schreibstil. Der Vater, nach dem er nie gesucht hat, die Frau, die er gesucht und gefunden hat, die sein Leben kurzerhand umkrempelt. Sie kennt ihn zwar erst seit ein paar Minuten, weiß aber genau, was ihm fehlt. Wenn das kein Wink des Schicksals ist! Und sein Seelenfrieden ist endlich wieder hergestellt. Joachim, der Suchende…

Für zwischendurch eine ganz unterhaltsame (Weihnachts)-lektüre.

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Veröffentlicht am 03.01.2021

Eine Familiengeschichte in unsicheren Zeiten

Hannah und Ludwig
1

Rafael Seligmann erzählt mit „Hannah und Ludwig – Heimatlos in Tel Aviv“ ein dunkles Stück deutsch-jüdischer Geschichte, es ist der zweite Teil seiner ergreifenden Familiensaga. Ein in vielen Facetten ...

Rafael Seligmann erzählt mit „Hannah und Ludwig – Heimatlos in Tel Aviv“ ein dunkles Stück deutsch-jüdischer Geschichte, es ist der zweite Teil seiner ergreifenden Familiensaga. Ein in vielen Facetten gelebtes Leben, das vom Nationalsozialismus und seinem Judenhass in weiten Teilen geprägt war.

Ludwig und Heinrich Seligmann, die zwei ungleichen Brüder, fliehen 1933 aus Deutschland. In Tel Aviv angekommen, suchen und finden sie Arbeit, holen später ihre Eltern und den jüngeren Bruder nach. Irgendwann muss auch Thea, ihre Schwester einsehen, dass es in Deutschland zu gefährlich für sie, die Jüdin, ist. Rafael Seligmann lässt seinen Vater Ludwig die sehr bewegende Familiengeschichte erzählen. Mit viel Fleiß und fachlichem Können arbeitet sich Ludwig von ganz unten zum Prokuristen hoch. Er ist immer für seine Familie da, kauft für seine Eltern einen Hof, damit sie sich hier in Palästina einigermaßen heimisch fühlen können. Er lässt sich nie unterkriegen, scheut sich auch nie, Neues auf die Beine zu stellen. Als er Hannah kennenlernt, ist es um ihn geschehen. Sogleich weiß er: Die oder keine. Erst als sie seinem Vater begegnet, lässt auch sie es geschehen. Im Gegensatz zu Ludwig, der die Ehrlichkeit in Person ist, ist seine Hanni viel mehr die gewiefte Geschäftsfrau. Jedoch lässt sie ihn immer wieder spüren, dass sie nicht vorbehaltlos hinter ihm steht.

Auch im noch jungen Staate Israel kehrt nicht der erhoffte Friede ein. Ludwig würde gerne wieder zurückkehren in seine alte Heimat, Hannah jedoch kann den Deutschen ihren Judenhass nicht verzeihen. Gesundheitliche Probleme lassen sie umdenken, das Klima hier ist für sie Gift: „Verweht! Wir gehen zurück in die alte Heimat, Ludwig. Deutschland ist jetzt unsere Zukunft.“

Eine schreckliche Zeit, von der uns Rafael Seligmann erzählt. Ungeschönt und doch sehr liebevoll verrät er uns Lesern ein wenig von ihrem Dasein als Familie, er fühlt sich immer für die Seinen verantwortlich. Man spürt, wie nah sie sich sind.

Ein sehr berührendes Buch, eine faszinierende Familiengeschichte – vom Leben, Arbeiten, füreinander da sein. Vom Streiten und vom Lieben, sich verstehen und entzweien. Das wirkliche Leben – so wie es ist, so wie es war. Er nimmt uns mit in die Zeit des Nationalsozialismus, eine für Juden tödliche Zeit. Und doch ist es ein lebensbejahendes Buch. Seine Leichtigkeit spürt man beim Lesen, ohne die allzu bittere Realität auszublenden.

Eine Familiengeschichte, die nachdenklich macht. Unter all den lesenswerten Büchern ist dieses hier eine ganz besondere Perle.

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Veröffentlicht am 01.01.2021

Spannend und äußerst mysteriös

Der Mädchenwald
1

Die 13jährige Elissa bestreitet ein Jugendschachturnier, gehört zu den Besten. Sie hat was im Auto vergessen, will es holen und wird entführt. Als sie erwacht, ist alles dunkel. Wo ist sie? Sie ...

Die 13jährige Elissa bestreitet ein Jugendschachturnier, gehört zu den Besten. Sie hat was im Auto vergessen, will es holen und wird entführt. Als sie erwacht, ist alles dunkel. Wo ist sie? Sie tastet sich voran und merkt, dass sie angekettet ist. Ihren sehr begrenzten Raum unterteilt sie gedanklich in Schachfelder, um sich so einigermaßen zu orientieren. Als Elijah sie in ihrem Kellerverließ entdeckt, hofft sie auf Rettung. Sie nennen sich Hänsel und Gretel, draußen ist der Mädchenwald. Währenddessen bangt Elissas Mutter Lena um sie und hofft, dass die Polizistin Mairead MacCullah ihre Tochter unbeschadet wiederfindet.

Der Beginn ist schon mal unheimlich. Der Junge, der die andere Gretel nicht mehr findet. Mutter und Vater und die Befragung auf der Polizeiwache – alles ist von Anfang an äußerst mysteriös. Aus verschiedenen Perspektiven bekommt der Leser Einblicke ins Geschehen. Da ist Elissa, das Entführungsopfer: Sie ist sehr clever, denkt dank ihres Schachspiels sehr analytisch. Aus Elijahs Handlungsweise wird man nicht so recht schlau, da schwingt immer wieder sehr viel Ungewissheit mit. Einerseits ist er der unbedarfte 12jährige, dann wieder zweifelt man, ob es ihn wirklich gibt. Ein sehr perfides, ja teuflisches Spiel, welches der Autor mit seiner Leserschaft hier treibt. Lange habe ich gerätselt, immer wieder in eine Richtung geblickt, um dann doch wieder zu zweifeln. Es ist nichts, wie es scheint, es gibt immer wieder überraschende Wendungen.

Es war wenig Privates, aber genau dieses sehr Private um die Kommissarin war zu viel. Diese sehr eigenwillige Story neben der Story passt so gar nicht hinein. So, als ob mit Gewalt ein Nebenschauplatz aufgemacht werden müsste. Hier gilt die Devise: Weniger ist mehr.

Gerne bin ich Sam Lloyd ins Unterholz gefolgt. Ja, er hat mich wieder zurück gebracht. Nicht zerkratzt, nicht verletzt, aber zutiefst nachdenklich, ja geschockt. Eine seltsame Stimmung breitet sich in mir aus. Thriller lese ich immer wieder gerne und so manches Mal meine ich, die Story schon so ähnlich gelesen zu haben. „Der Mädchenwald“ hat eine ganz andere Qualität, ist so ganz eigen.

Ein richtig gut erzählter Gänsehautthriller, so lasse mich gerne in die Irre führen. Nicht alltäglich, sehr zu empfehlen.

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Veröffentlicht am 01.01.2021

Eine Kindheit inmitten des Krieges

Der Hütejunge
1

Der Junge, dessen Namen die Mutter nicht aussprechen mag, wird 1934 in ein kleines Eifeldorf hineingeboren. Vor dem Krieg mussten schon alle mit anpacken und der heranwachsende Junge war stolz, seinen ...

Der Junge, dessen Namen die Mutter nicht aussprechen mag, wird 1934 in ein kleines Eifeldorf hineingeboren. Vor dem Krieg mussten schon alle mit anpacken und der heranwachsende Junge war stolz, seinen Beitrag als Hütejunge zu leisten. Auf die Kühe aufpassen, das konnte er. Ein aufgeweckter, neugieriger Junge, der seine Welt erobern will. Fast könnte man meinen, es sei eine glückliche Kindheit gewesen. Dann war Krieg, sie hatten nicht viel. Nie viel gehabt. Der Vater war früh gestorben, das Geld immer knapp. Mutter hielt alles zusammen, sie alleine musste die Familie, die sechs Kinder, durchbringen.

Ulrike Blatter beschreibt mit ihrem „Hütejungen“ ein Stück Zeitgeschichte. Es sind die Kindheitserinnerungen ihres Vaters, fiktiv verändert. Aus Kindersicht, ohne erhobenen Zeigefinger, sind all diese Schrecken, die grausamen, ja unmenschlichen Vorkommnisse in Kriegszeiten behutsam erzählt. Der Leser begleitet den Jungen, seine Familie und die Dorfbuben durch diese entbehrungsreichen Jahre, durch die Sommer und die eiskalten Winter. Seine jugendliche Neugier erspäht so einiges. Er sieht viel, ist ein guter Beobachter und ein sehr liebenswerter Charakter. Wir sind immer nah dran am Jungen und sehen die Welt oft mit seinen Augen, als ob er einen an die Hand nimmt und durch diese schwere Zeit führt, dem Schrecken das allzu tragische nimmt. Man spürt so richtig, dass es hier ums Überleben geht - irgendwie. Jeder leistet seinen Beitrag, so gut er eben kann.

Ein sehr eindringliches Buch, dessen Geschichte mich sofort mitgenommen hat. Mit dem Jungen und seiner Familie ging, durchlitt und durchlebte ich diese Jahre, konnte deren Handlungsweise gut nachvollziehen und war und bin unendlich dankbar, dass ich in Friedenszeiten ohne große Not groß werden konnte. Sehr schön und aufschlussreich finde ich den bebilderten Teil in der Buchmitte, so wird das gelesene nochmals sehr anschaulich dargestellt.

Die Autorin erzählt alles, ungeschönt. Und doch wendet man sich nicht ab, liest weiter. Das geht, das kann man aushalten. Lebendig, ja behutsam geschrieben. Ein sehr schöner, ein leiser Erzählstil. Wie ich finde, ein sehr wichtiges Buch, das jeder lesen sollte.

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