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Veröffentlicht am 19.03.2024

Am Anfang war ein exquisites Wochenende

Der heimliche Beobachter
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Mako ist Gründer einer wachsenden Gaming-Firma und Entwickler des erfolgreichen Spiels „Red World“. Er lädt zu einem Wellness-Wochenende in ein abgelegenes Cottage mit Privatkoch und allen nur erdenklichen ...

Mako ist Gründer einer wachsenden Gaming-Firma und Entwickler des erfolgreichen Spiels „Red World“. Er lädt zu einem Wellness-Wochenende in ein abgelegenes Cottage mit Privatkoch und allen nur erdenklichen Annehmlichkeiten. Neben seiner Frau Liza will er seine Schwester Hannah mit Bruce, ihrem Ehemann, sowie Hannahs beste Freundin Cricket samt momentanem Freund verwöhnen. Die Location ist gebucht und je näher der Termin rückt, desto unruhiger wird Hanna. Sie weiß sehr wohl, dass ihre kleine Tochter bei Bruce Mutter Lulu bestens aufgehoben ist und doch mag sie nicht loslassen. Schweren Herzens fahren sie und Bruce dann doch los, es ist ja nur ein Wochenende.

Vorher – an Weihnachten – trifft sich die ganze Familie bei Hannah und Makos Eltern. Die Geschenke sind verteilt und da – liegt noch ein Päckchen unterm Baum. Wer hat es hingelegt? Keiner von ihnen war es, keiner weiß davon.

„Elegant Overlook“ nennt sich das luxuriöse Cottage, das Platz für sechs Personen bietet. Es ist auf einer Lichtung gelegen, umgeben von viel Wald, der nächste Ort ist etwa dreißig Kilometer entfernt. Eigentümer und Betreiber dieses und ähnlicher Häuser ist Bracken Jameison. Der angeheuerte Koch empfängt sie mit exquisiten Speisen und schaurigen Geschichten. Aber nicht nur er mutet seltsam an, auch Bracken ist nicht zu durchschauen. Noch ist es die Ruhe vor dem Sturm – im eigentlichen und im übertragenen Sinne. Denn nicht nur sie alle verhalten sich mehr oder weniger merkwürdig, auch die Location scheint es zu sein.

Daneben und dazwischen erzählt die Autorin von dem kleinen Henry, von seiner Mutter und von ihm als Erwachsener. Lange bleibt unklar, wie er und sein Leben in diese Geschichte passen. Auch spielt Trina eine Rolle, auch sie ist nicht so recht zuzuordnen. Und immer mal wieder liegt der Focus auf Bracken. Gut, er hat als Vermieter dafür Sorge zu tragen, dass es seinen Gästen an nichts fehlt und doch scheint er übereifrig zu sein.

Es sind ganz und gar unterschiedliche Charaktere, die hier zusammentreffen, ja aufeinanderprallen. Jeden einzelnen kann ich mir gut vorstellen, mit keinem möchte ich näher zu tun haben. Jeder scheint Geheimnisse zu haben, die Stimmung ist zunehmend angespannt. Man spürt und erwartet förmlich, dass unter jedem Stein, hinter jedem Baum, in jedem Raum Gefahr drohen könnte. Der Wechsel zwischen dem Gestern mit Henrys Geschichte und dem Heute im Cottage erhöht die Spannung zusätzlich und trägt zu noch mehr Verwirrung bei, genau so Trina. Die Frage drängt sich immer wieder zwischendurch auf, wer denn dieser „heimliche Beobachter“ sein könnte und warum diese Heimlichkeiten sein müssen. Nicht nur einen habe ich während des Lesens in Verdacht, die Auflösung diesbezüglich war letztendlich dann doch zu erahnen.

Der ganze Thriller ist spannend und lange ziemlich undurchschaubar. Was haben sie alle miteinander zu tun? Gibt es eine Verbindung und wenn ja, welche? Lisa Unger sorgt für eine durchweg beklemmende und düstere Atmosphäre und auch wenn die Story dem Ende zu unlogisch und arg am gerade noch Glaubhaften vorbeischrammt, habe ich mich nichtsdestotrotz gut unterhalten gefühlt.

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  • Spannung
Veröffentlicht am 17.03.2024

Exzellent erzählte, tief berührende Fortsetzung

Für immer, dein August (Mühlbach-Saga 2)
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Es ist Barbara Leciejewskis Großmutter, die im Roman Charlotte heißt, rund um deren Leben sich der zweite Teil der Mühlbach-Saga rankt.

Der Krieg ist vorbei. August kommt nach langer Kriegsgefangenschaft ...

Es ist Barbara Leciejewskis Großmutter, die im Roman Charlotte heißt, rund um deren Leben sich der zweite Teil der Mühlbach-Saga rankt.

Der Krieg ist vorbei. August kommt nach langer Kriegsgefangenschaft in England endlich frei, sein Weg führt ihn über Bremen zu Lotte zurück in sein pfälzisches Heimatdorf Mühlbach. Wir schreiben das Jahr 1919, der Kaiser ist weg, Friedrich Ebert Reichspräsident, die Frauen dürfen wählen – es herrscht Aufbruchstimmung. Und August sieht Lotte wieder. Lotte, seine Freundin aus Kindertagen, mit der er sich während der Kriegszeit viele Briefe geschrieben hat. Briefe, die ihn aufrecht erhalten haben. Am liebsten möchte er bei ihr in Bremen bleiben, er muss jedoch zu seiner Familie nach Mühlbach, sein Arbeitslohn wird dringend gebracht.

Schon der erste Band „In Liebe, deine Lina“ hat mich tief berührt. Die Geschichte von Lottes Mutter Lina – es ist ein Buch voller Wärme und Liebe und doch bittersüß, Linas Weg hat sie einst nach Bremen geführt und nun sieht es so aus, als ob ihre Tochter Charlotte, Lotte genannt, zurück zu ihren Wurzeln findet, denn Lotte ist in Mühlbach geboren und will nun zu ihrem August. Schon in den Nachkriegstagen des Ersten Weltkrieges, als er auf dem Weg nach Hause zuerst zu ihr kam, haben sie sich ineinander verliebt. Das Schicksal führt die beiden nun endlich zusammen, Lotte folgt August nach Mühlbach, beide sind sie fleißig und rechtschaffen und doch werden sie von den Dörflern eher an den Rand gedrängt. Aber sie haben ja sich und ihre beiden Kinder.

Neben der Familiengeschichte ziehen sich das gesellschaftliche und das politische Geschehen durchs Buch. Ist es zunächst eine Kirche, welche die Dorfgemeinschaft in Eigeninitiative erbaut, so wird es mit dem Erstarken der NSDAP zunehmend politischer und auch gefährlicher. Schlägertrupps sind unterwegs, es gibt immer mehr Arbeitslose, die Nazis versprechen Arbeit und sie versprechen Aufschwung. Sie haben Zulauf, das Dorf ist gespalten in deren Anhänger und deren Gegner. Die Kinder werden schon im Unterricht auf Linie getrimmt, eine Parteizugehörigkeit ist geboten. Das Abhören eines Feindessenders etwa hat die Todesstrafe zur Folge, jüdische Mitbewohner werden gnadenlos aussortiert und deportiert. Für den Endsieg dann werden Freiwillige, Alte, Gebrechliche und junge Mädchen herangezogen. Das letzte Aufbäumen nutzt letztendlich nichts mehr, wir wissen es. Die unmenschlichen Grausamkeiten sind nur zu gut bekannt und doch stellt sich immer mehr und immer wieder die Frage, warum denn die Menschheit nichts daraus lernt.

Barbara Leciejewski hat die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg, die Jahre dazwischen und die Anfänge und das Ende des Zweiten Weltkrieges als Hintergrund in ihre Familiengeschichte anschaulich mit eingewoben. Es sind ihre Großeltern, von denen sie schreibt. Vermengt mit fiktiven Figuren, jedoch sticht eine reale Figur – die des Lehrers Fintzberger – besonders heraus. Lediglich sein Name ist geändert, ihn mit all seiner Unerbittlichkeit, seinen Grausamkeiten, seiner Überheblichkeit hat es wirklich gegeben. Mühlbach teilt sich in zwei Lager – in die Regimetreuen, die strammen Nazis einerseits und in die Gegner dieser Verbrecher und Mörder auf der anderen Seite. Sie sind eher fiktiv dargestellt, ebenso sind die hier vorkommenden Juden fiktionalisiert. Zu was dieses verbrecherische Regime imstande war, ist hinlänglich bekannt und darf nie vergessen werden.

Trotz all des Schreckens, trotz dieser Schreckensherrschaft, hat die Autorin einen behutsamen Ton gewählt und doch konnte ich beim Lesen so manche Träne nicht zurückhalten. Zu tief war ich mit ihnen verbunden, zu sehr hat mich ihr Schicksal berührt. Ich war in Bremen bei Lina und ihrem Karl und habe mich mit Lotte und August und ihren Kindern Walter und Martha sehr verbunden gefühlt. Eine Familie, die trotz aller Widrigkeiten zusammensteht, sich gegenseitig stützt und unterstützt. Ein wundervolles Buch, ergreifend, warmherzig und sehr lesenswert.

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Veröffentlicht am 14.03.2024

Stürmische Ermittlungen

Orkantief
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„Orkantief“ ist das zweite Buch um die Freizeit-Detektivinnen Telse Himmel und Wanda Holle aus der Feder von Susanne Bergstedt, das in sich abgeschlossen ist, also ohne Vorkenntnisse gelesen werden kann.

Beim ...

„Orkantief“ ist das zweite Buch um die Freizeit-Detektivinnen Telse Himmel und Wanda Holle aus der Feder von Susanne Bergstedt, das in sich abgeschlossen ist, also ohne Vorkenntnisse gelesen werden kann.

Beim täglichen Spaziergang entdeckt Matilde Albers im Garten der Nachbarsfamilie Holthusen, dass die alte Eiche in der letzten Sturmnacht durch Blitzeinschlag schwer beschädigt wurde. Sie ist regelrecht zerborsten, der Stamm ist innen hohl und neben allerlei Blätter und dergleichen findet sie den seit drei Jahren vermissten, damals 6jährigen Kalli. Sein Vater ist mittlerweile weggezogen, von Anne, seiner Mutter, fehlt jede Spur.

Telse und Wanda bleibt der Leichenfund nicht verborgen, auch haben sie vor kurzem Annes Bruder kennengelernt und so ist es für sie nur logisch, dass Annes Verschwinden nicht nur viele Fragen aufwirft sondern dass auch nach ihr gesucht werden sollte. Ihr Nachbar, der Kriminalhauptkommissar Olaf Wuttke, sieht dies ganz anders und so bleibt ihnen nichts anderes übrig, als sich selbst auf Spurensuche zu begeben. Denn den beiden ist klar, dass hier ganz und gar was faul ist.

Es ist ihr zweites Mal, schon in „Quallenplage“ war ihr detektivischer Spürsinn gefragt und nun ist es wieder so weit. Telse Himmel und Wanda Holle sind zwei agile, gewitzte, sehr rührige Protagonistinnen, die nicht locker lassen. Ihre feinen Antennen fangen all die Infos auf, die andere leicht übersehen könnten. Sie ermitteln weitläufig und wenn sie mal nicht weiter wissen, ist schon mal Telses Tochter Juliane mit ihrer schnellen Internetrecherche gefragt.

„Orkantief“ bietet einen unterhaltsamen Krimi mit viel Lokalkolorit. Auch schätze ich sehr, dass zur ersten Orientierung eine Karte der Kieler Bucht mitsamt dem Ort des Geschehens – Schilksee – auf der rückwärtigen Buchinnenseite abgedruckt ist. Nicht nur die beiden Hauptakteurinnen, auch die anderen Charaktere sind gut getroffen. Die Dialoge sprühen nur so vor Witz und Charme, das Buch ist ein amüsantes, kurzweiliges und sehr unterhaltsames Lesevergnügen.

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Veröffentlicht am 13.03.2024

Manchmal muss man auch träumen dürfen

Annas Lied
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„Das Gerüst meines Romans basiert auf Fakten. Und ich habe sie dann fiktionalisiert und mit Geschichten und Anekdoten ergänzt, die in meiner Familie seit Generationen erzählt werden.“

Ein ganzes Leben ...

„Das Gerüst meines Romans basiert auf Fakten. Und ich habe sie dann fiktionalisiert und mit Geschichten und Anekdoten ergänzt, die in meiner Familie seit Generationen erzählt werden.“

Ein ganzes Leben erzählt Benjamin Koppel, es ist das Leben seiner Großtante väterlicherseits - Anna, die er hier Hannah nennt. Es ist die Geschichte einer jüdischen Familie, die es nicht bis in die USA geschafft hat, ihre Flucht endete einst – von Polen kommend - in Kopenhagen. Hier wächst Hannah sehr traditionsbewusst mit ihren vier größeren Brüdern auf, wir schreiben das Jahr 1929. Ihr großer Traum, als Pianistin ihren Brüdern nachzueifern, erfüllt sich nicht. Eine nach jüdischem Ritus geschlossene Ehe führt sie nach Frankreich, ihre große Liebe Aksel verliert sie aber nie so ganz aus den Augen. Es ist ein Leben voller Höhen und noch mehr Tiefen, ein pralles Leben, das bis ins Jahr 2019 reicht. Hannah ist trotz aller familiären und gesellschaftlichen Zwänge eine starke Frau, die – um nicht zu verzweifeln - in ihrer Musik Halt findet.

„Annas Lied“ ist ein wundervolles Zeugnis einer Zeit, in der nicht nur die politischen Wirren von einer Familie alles abverlangen, diese jüdische Familien-Saga gibt auch das religiöse Diktat nur zu deutlich wieder. Eingebettet in historische Fakten und gesellschaftliche Normen gewährt der Autor einen tiefen Blick in Annas Familie. Freud und Leid, Liebe, Freundschaft und Zwistigkeiten sind neben den Kriegswirren und deren Auswirkungen auf die Familie Thema, über allem schwebt ein traditionelles Pflichtbewusstsein, aber nicht nur. Auch die tröstende Liebe zur Musik ist stets spürbar, dabei kann man die Seele baumeln lassen, sich wegträumen, denn „sie hatten einander versprochen, immer zu träumen und sich immer an ihre Träume zu erinnern“.

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Veröffentlicht am 13.03.2024

Der schöne Schein bröckelt

Die Auszeit
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Ein abgelegenes Luxus-Retreat scheint der perfekte Ort für die Influencerin Viktoria Kaplan und ihre Freunde zu sein, um den bald Millionsten Follower gebührend zu feiern. Aber nicht nur das, der Deal ...

Ein abgelegenes Luxus-Retreat scheint der perfekte Ort für die Influencerin Viktoria Kaplan und ihre Freunde zu sein, um den bald Millionsten Follower gebührend zu feiern. Aber nicht nur das, der Deal mit dem Besitzer sieht vor, dass sie diese Location in ihrem Kanal bewirbt, dafür bietet ihnen Pierre mit seinem Team Luxus pur.

Zwei Zeitebenen werden im Wechsel erzählt. Bald geschieht ein Mord, das Opfer wird grausam zugerichtet am hauseigenen Strand aufgefunden. Hier beginnt dieser Erzählstrang, der sie alle – einschließlich Personal – durchleuchtet. Dazwischen wechseln die Perspektiven und erzählen Stunden vor der Tat, beginnend mit Pierre, 37 Stunden davor und Josefine, 36 Stunden davor bis hin zum Mord. In loser Abfolge kommen sie alle zu Wort, die Stunden verrinnen, der Zähler tickt dabei unerbittlich weiter. Die beiden Erzählsituationen – nach dem Mord und davor – werden zunehmend explosiv. Der schöne Schein bröckelt, das Zwischenmenschliche wird in all seinen Facetten geschildert. Sie sind exzessiv, ungehemmt und rücksichtslos. Keiner ist ehrlich, jeder sich selbst der Nächste. Der Alkohol fließt in Strömen, es gärt gewaltig, auch ist von einem Stalker die Rede und die zunehmend frostige Atmosphäre spiegelt auch das Cover bestens wider.

Ein Sturm kommt auf, die Wege unpassierbar, der Mörder unter ihnen – so oder so ähnlich habe ich es schon öfter gelesen, die Story ist nicht neu. Und doch hat Emily Rudolf ihre ganz eigene „Auszeit“ kreiert, die von Anfang bis Ende fast durchgehend spannend ist. Gut, manche Passagen im Mittelteil hätte ich nicht in aller Ausführlichkeit gebraucht, allerdings ist dies jammern auf hohem Niveau. Der Thriller ist gut geschrieben, er ist wendungsreich und schwer durchschaubar bis hin zu dem sehr starken Schluss. Die Charaktere sind so, wie man sie sich im Influencer-Milieu vorstellt – allesamt scheinen sie oberflächlich zu sein, sehr von sich überzeugt und doch substanzlos, ganz einfach unsympathisch.

„Die Auszeit“ hat mich gefesselt und mich gut unterhalten und ich hoffe, bald wieder von Emily Rudolf zu lesen.

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