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Veröffentlicht am 31.07.2024

Wendungsreicher Ostsee-Krimi

AngstInselUsedom (Usedom-Krimi)
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Jette Curth kehrt nach fünfzehn Jahren in Potsdam zurück auf ihre Insel, auf die Ostseeinsel Usedom. Kaum angekommen, wartet auch schon ein Todesfall auf sie. Es sieht ganz danach aus, als ob der auf seinem ...

Jette Curth kehrt nach fünfzehn Jahren in Potsdam zurück auf ihre Insel, auf die Ostseeinsel Usedom. Kaum angekommen, wartet auch schon ein Todesfall auf sie. Es sieht ganz danach aus, als ob der auf seinem Kutter gefundene Fischer in die Schiffsschraube geraten wäre. Ist dies ein tragisches Unglück oder könnte hier gar ein Tötungsdelikt vorliegen? Jette und ihr neuer Kollege Theo Döring ermitteln im Umfeld von Reiner Briesewiz, dem Toten. Das Verhältnis zu seiner Tochter war zwar nicht das Beste, ansonsten aber war er allseits beliebt. Bald steht fest, dass Briesewiz ermordet wurde und noch während sie in den Ermittlungen stecken, geschieht ein zweiter Mord.

Jette und Theo arbeiten gut zusammen, sie harmonieren sowohl dienstlich als auch privat und auch das Team um sie herum ist gut und glaubhaft dargestellt. Und da ist ein junger Rechtsmediziner, der Jettes Herz höher schlagen lässt. Ein wenig flirten, ein wenig schäkern – es ist die genau richtige Dosis Privatheit, die dem Krimi gut tut, denn die Ermittlungsarbeit steht stets im Vordergrund.

„AngstInselUsedom“ ist mein zweiter Krimi aus der Feder von Nele Bruun. Nachdem mich ihr Nordseekrimi „Frieslandopfer“ vor Kurzem gut unterhalten hat, war ich auf ihr neuestes Werk gespannt - und ich wurde nicht enttäuscht. Das sympathische und sehr kompetente Ermittlerduo gibt alles in dem wendungsreichen Krimi mit viel Küstenflair, der bis zum Schluss fesselt.

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Veröffentlicht am 27.07.2024

Fesselnder Zeeland-Krimi

Die Toten von Veere. Ein Zeeland-Krimi
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Liv de Vries, Hoofdinspecteur der Landespolizei, gibt stets alles. So auch bei einem Einsatz, der außer Kontrolle gerät. Ihr Vorgesetzter Adriaan Verlaat nimmt sie aus der Schusslinie und betraut sie mit ...

Liv de Vries, Hoofdinspecteur der Landespolizei, gibt stets alles. So auch bei einem Einsatz, der außer Kontrolle gerät. Ihr Vorgesetzter Adriaan Verlaat nimmt sie aus der Schusslinie und betraut sie mit einem, wie es den Anschein hat, banalen Vermisstenfall. Dafür muss sie in die niederländische Provinz Zeeland, ihre neue Kollegin Noemi Bogaard begleitet sie.

Rob van Loon ist von einem Kurztrip nicht zurückgekehrt, seine Freundin macht sich große Sorgen. Die Recherchen zu diesem Fall führen unter anderem zurück zu einem seit zehn Jahren vermissten Mädchen mit surinamischen Wurzeln. Esmée. Gibt es einen Zusammenhang? Liv gräbt tief, dabei kommt sie einer sehr rechten Gruppe ins Gehege. Und nicht genug damit - ein Journalist wird in seinem Haus tot aufgefunden. Er wetterte gegen Flüchtlinge und Asylanten, sein Tod jedoch soll ein häuslicher Unfall gewesen sein. Der Rechtsmedizinerin Ann-Remi fallen Merkwürdigkeiten auf, ihr Chef jedoch verbietet ihr jegliche Einmischung, der von ihm diagnostizierte Herzinfarkt, dem ein Treppensturz folgte, ist unumstößlicher Fakt.

Es kommt noch so einiges mehr ans Tageslicht, der eigentlich profane Vermisstenfall erweist sich als äußerst vielschichtig. Liv und Noemi arbeiten mit der örtlichen Polizei zusammen, auch hat Ann-Remi ihren ermittlerischen Anteil.

„Die Toten von Veere“ führen in einem weiteren Erzählstrang zurück in den Oktober 1944 auf die Halbinsel Walcheren nach Westkapelle. Es war in den letzten Kriegswirren des Zweiten Weltkrieges, die Alliierten bombardierten die Deiche, das einströmende Wasser wurde den Bewohnern zum Verhängnis.

Maarten Vermeers vielschichtig angelegter Zeeland-Krimi lässt die rechtsradikale Szene in all seiner Hässlichkeit mit einfließen. Und es gibt Parallelen zu den Kriegsereignissen von damals und dem offenen Hass den Deutschen gegenüber. Die einzelnen, komplexen Handlungsstränge stehen jeder für sich, jedoch führen sie eher oder später alle zusammen. Zunächst ist unklar, was die damaligen Ereignisse in Westkapelle mit dem Heute zu tun haben. Das ganze Ausmaß dessen wird erst ziemlich zum Schluss in all seiner erschreckenden Gänze sichtbar. Auch wird so manche Figur, die anfangs reell und integer scheint, entzaubert. Allesamt sind sie glaubhaft dargeboten, sie sind sympathisch oder eher das Gegenteil, mit so manchem möchte man nichts zu tun haben.

Ein wenig hineinschnuppern, ein wenig hineinlesen wollte ich in „Die Toten von Veere“ und bin direkt hängen geblieben. Die 575 Seiten lesen sich weg wie nix. Die Ermittlungen stehen im Vordergrund, sie geben auch Raum für das Zwischenmenschliche und den geschichtlichen Hintergrund, die politisch aufgeheizte rechte Szene ist leider allgegenwärtig, auch sie darf und sollte nicht ausgeklammert werden. Es ist ein spannender, extrem fesselnder Krimi vor herrlicher Kulisse – sehr lesenswert.

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Veröffentlicht am 24.07.2024

Ein schmales Buch, gefüllt mit Leben

Komm tanzen!
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„Komm tanzen!“ ist ein schmales Buch mit viel Inhalt. Es ist ein Buch, dem man sich ganz widmen, dem man Zeit geben sollte. Es ist ein Buch, das nachdenklich macht. Und es ist ein Buch, gefüllt mit Leben. ...

„Komm tanzen!“ ist ein schmales Buch mit viel Inhalt. Es ist ein Buch, dem man sich ganz widmen, dem man Zeit geben sollte. Es ist ein Buch, das nachdenklich macht. Und es ist ein Buch, gefüllt mit Leben.

Sie sind jung, sie feiern gern und ausgiebig, denn „der Sommer ist ja wohl immer noch der beste Grund, um zu feiern.“ Und so lassen sie sich wegtragen von der Musik, schwelgen in ihren gemeinsamen Erlebnissen, haben ihre Lieblingsorte, ihre Lieblingswitze und ihre Lieblingssongs. Der laue Abend gehört ihnen, sie sind am Wannsee, es gibt genug zu trinken, heute vergessen sie alle Sorgen. Auch Claire ist dabei, auf ihren elfjährigen Sohn passte ein Freund auf, ihre Geschichte ist nicht ganz einfach. Lucia Jay von Seldeneck lässt tief blicken, auch erfahre ich von den anderen der Freundes-Clique - wie sie leben, was sie bewegt.

Man soll die Feste feiern, wie sie fallen – dieser Satz blitzt beim Lesen immer wieder auf. Denn nicht alles ist eitel Sonnenschein. Und da sind sie jetzt – mit vielen Gesprächen, mit viel Bowle. Sie tanzen sich frei von allen Themen, denn Tanzen ist die eigentlich schönste Form, um loszulassen. So lese ich es sinngemäß und genau so sehe ich es auch, mit dieser Aussage bin ich sehr einverstanden.

Um mich vollends einzufangen, hat dieser kleine, feine, gerade mal 137 Seiten umfassende Roman einige Seiten gebraucht. Anfangs waren gefühlt alle Personen sofort da, was mich kurz überfordert hat. Aber dann nimmt die Geschichte Fahrt auf. Es ist schon weit nach Mitternacht, als sie es hören – das Sirren der Havelnixe. Und auch wenn ich meine, dieses Mystische eher nüchtern zu betrachten, so lockt auch mich die Nixe…

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Veröffentlicht am 24.07.2024

Ben, der Anti-Held

Sobald wir angekommen sind
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Ben Oppenheim ist eher Anti-Held denn strahlender Sieger. Er ist liebenswert verpeilt, sieht sich immer in der Opferrolle und entzaubert sich dabei immer wieder selbst. Julia ist seine Freundin, seine ...

Ben Oppenheim ist eher Anti-Held denn strahlender Sieger. Er ist liebenswert verpeilt, sieht sich immer in der Opferrolle und entzaubert sich dabei immer wieder selbst. Julia ist seine Freundin, seine Geliebte, auch wenn er noch mit Marina verheiratet ist und trotz Trennung mit den beiden Kindern überwiegend in der gemeinsamen Wohnung in Zürich lebt. Für zwei Wohnungen fehlt schlichtweg das nötige Kleingeld. Er lebt vom Schreiben, seit seinem letzten Roman ist jedoch schon einige Zeit verstrichen. Ach ja, Jude ist er auch und als solcher sieht er sich dem nahenden Krieg hilflos ausgeliefert. Nichts wie weg, auch Marina ist dieser Ansicht. Kurzentschlossen kauft sie für die Kinder, für Ben und für sich selbst Flugtickets. Schon heute geht es gen Brasilien. Dabei ist ihm, dem Schriftsteller, Stefan Zweig ein leuchtendes Vorbild, wenngleich er nicht wie dieser im Exil in Petrópolis landet, sondern im nördlich davon gelegenen Recife.

Ben wandelt auf Stefan Zweigs Spuren – was will ein Schriftsteller mehr. Wenn ihm dabei nicht ständig das profane Leben dazwischenkommen würde. Außerdem ist er hin- und hergerissen zwischen seiner Noch-Ehefrau und seiner Geliebten. Er lechzt nach Anerkennung, setzt dabei Prioritäten, die sich viel zu oft als falsch gesetzt erweisen.

Das Buch ist ein Quell aus köstlichen Dialogen, nicht immer witzig für Ben, eher für Außenstehende, für die Leser. Der drohende Atomkrieg ist Thema, genau so das Judentum an sich, wenngleich Ben hier mit allzu großen Wissenslücken glänzt. Sein dominanter Vater, seine kaputte Ehe und die damit einhergehenden prekären Wohnverhältnisse machen seine Situation nicht gerade angenehmer. Und da ist noch Julia, die er zurückgelassen hat. Ben ist ein Getriebener seiner selbst.

„Sobald wir angekommen sind“ ist amüsant zu lesen, das Buch ist trotz des aus Bens Sicht beängstigendem Hintergrundes launig erzählt. Ein gar kurzweiliger, vergnüglicher Lesespaß.

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Veröffentlicht am 23.07.2024

Wenn die Vergangenheit dich einholt

Kleine Monster
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„Frauen muss man glauben – ohne Wenn und Aber.“ Ist das wirklich so? Die Eltern von dem 7jährigen Luca werden in die Schule zitiert, ihr Sohn soll sich einem Mädchen gegenüber ungebührlich verhalten haben. ...

„Frauen muss man glauben – ohne Wenn und Aber.“ Ist das wirklich so? Die Eltern von dem 7jährigen Luca werden in die Schule zitiert, ihr Sohn soll sich einem Mädchen gegenüber ungebührlich verhalten haben. Was genau das war, darüber kann man eher rätseln, denn Lucas „Verfehlung“ wird eher angedeutet und umschrieben. Auch die Aussage „Jungen sind Täter und Mädchen sind Opfer“ empfinde ich als sehr unangenehm, ja direkt übergriffig. So werden Vorurteile gelebt. Nun, Lucas Vater Jakob steht voll hinter ihm, er glaubt keine Sekunde an die Anschuldigung. Bei Pia, seiner Mutter, sieht es da schon anders aus.

Jessica Lind geht noch sehr viel tiefer, sie lässt Pia zurückblicken, lässt sie von ihrer Herkunftsfamilie erzählen. Von ihren Schwestern Romi und Linda und davon, was damals geschehen ist. Diese Geschichte ist es, die den Großteil des Buches einnimmt und dabei immer wieder Bezug zu den aktuellen Vorwürfen nimmt.

Die beiden Zeitebenen fließen übergangslos ineinander. Anfangs habe ich diese Erzählweise als sehr sprunghaft und lesehemmend empfunden, ich habe ein wenig gebraucht, um mich ganz auf Pia und ihre Geschichte einlassen zu können. Und auch, wenn ich der Person Pia emotional nicht näher gekommen bin, so konnte ich ihre Gedanken schon irgendwie nachvollziehen, wenngleich ich sie nie gutheißen konnte. Auch die anderen Familienmitglieder sind gut gezeichnet und doch alle irgendwie unnahbar, nicht so recht greifbar.

So nach und nach erfährt man von einem traumatisierenden Familiendrama. Auch nach vielen Jahren wird klar, dass die Zeit keine Wunden heilt. Es genügt ein beunruhigendes Ereignis und schon sind die Geister der Vergangenheit wieder allgegenwärtig. „Kleine Monster“ zerlegt die Figuren, offenbart schonungslos jede Kleinigkeit. Ein tragischer Verlust zieht sich durch ihre Leben und wirkt auch dann noch nach, wenn die Verhältnisse ganz andere sind - das Kindheitstrauma hallt nach. Es ist ein sehr emotionaler Roman, ein tiefgehendes psychologisches Drama, das schockiert. Das mich trotz und gerade wegen des ernsten Themas sofort ins Geschehen gezogen hat.

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