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Veröffentlicht am 13.04.2021

Inmitten der Hugenottenkriege

Die Stadt der Tränen
6

„Die Stadt der Tränen“ ist Band 2 des farbenprächtigen Epos rund um das Schicksal der Hugenotten.

Wir schreiben das Jahr 1572, die Hochzeit des Hugenottenkönigs Heinrich von Navarra mit der Katholikin ...

„Die Stadt der Tränen“ ist Band 2 des farbenprächtigen Epos rund um das Schicksal der Hugenotten.

Wir schreiben das Jahr 1572, die Hochzeit des Hugenottenkönigs Heinrich von Navarra mit der Katholikin Margarete von Valois soll den lang ersehnten Frieden bringen, ganz Paris will ausgelassen feiern. Auch Minou und Piet Reydon-Joubert erhalten eine Einladung und bald sind sie mit Familie unterwegs, beziehen in Paris Quartier. Noch ahnen sie nicht, dass es in der Nacht danach zu blutigen Kämpfen kommen wird, die später als die Bartholomäumsnacht in die Annalen eingehen wird.

Obwohl ich den ersten Teil „Die brennenden Kammern“ nicht kenne, war ich schnell im Geschehen, wobei mir das Personenverzeichnis sehr gute Dienste leistete. Ebenso hilfreich waren die historischen Anmerkungen gleich zu Anfang. Kate Mosse vereint geschichtliches gekonnt mit ihren fiktiven Charakteren.

So bin ich abgetaucht ins 16. Jahrhundert, habe mit Minou und Piet meine Sympathieträger gefunden. Sie waren mir schon bald vertraut und ihre vorwitzige kleine Marta habe ich direkt ins Herz geschlossen. Deren unbefangene, durchaus wissbegierige Art bringt sie in arge Bedrängnis. Sie alle fürchten um ihr Leben, sie müssen weg, aus Paris fliehen. Da ist noch Vidal, der erbitterte Widersacher von Minou und Piet. Ein lange im Verborgenen schlummerndes Geheimnis droht ans Licht zu kommen, wodurch Vidal alle Hebel in Bewegung setzt und vor keiner noch so schändlichen Tat zurückschreckt.

Historische Personen und die Ereignisse rund um die Religionskriege werden mit der fiktiven Geschichte und den Romanfiguren geschickt verwoben. Gestaunt habe ich über die doch recht weiten Reisen der damaligen Zeit, sie waren beschwerlich und nicht ganz ungefährlich. Eine durchweg bild- und sprachgewaltige Erzählweise mit sehr emotionalen Elementen bilden ein gut zu lesendes rundes Gesamtbild.

Ein unterhaltsamer Mittelalter-Roman, der unbedingt Lust auf den dritten Band macht.

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Veröffentlicht am 12.04.2021

Sie kennen keine Gnade

Der Abstinent
1

Düster geht es los an diesem nasskalten November des Jahre 1867 in Manchester. Drei Unabhängigkeitskämpfer werden gehängt. Die Fenians gegen die englische Polizei. Es heißt Mann gegen Mann – unerbittlich, ...

Düster geht es los an diesem nasskalten November des Jahre 1867 in Manchester. Drei Unabhängigkeitskämpfer werden gehängt. Die Fenians gegen die englische Polizei. Es heißt Mann gegen Mann – unerbittlich, gefühllos und äußerst brutal. Sie kennen keine Gnade.

Constable James O´Connor, von Dublin nach Manchester versetzt, bekommt nach seinen Alkoholexzessen hier nochmal eine Chance. Um an die Fanians heranzukommen, bedient er sich der Spitzel. Ein gefährliches Unterfangen, zumal die Iren vor keiner Grausamkeit zurückschrecken.

Stephen Doyle, ein amerikanischer Ire und von Kämpfen besessener Kriegsveteran, heftet sich an O´Connors Fersen. Unter falschem Namen setzt er über, wird jedoch an seiner auffälligen Narbe erkannt. In den Gassen von Manchester taucht er unter, seine Helfer sind überall und nirgends.

In den Fenian-Kneipen treffen sich alle, auch die Spitzel der Polizei sind darunter. Einmal enttarnt, ist das Leben der hier eingeschleusten verwirkt und als Zeichen der Stärke knöpft dann die Obrigkeit einen von der Gegenseite auf. Ein nie endendes Drama.

Ein historischer Roman, der einem Thriller nahe kommt. „In der Schlacht sind alle gleich und man hat geradezu die Pflicht, seine hässliche Seite zu zeigen“ so denkt und handelt Doyle. Und genau so lese ich dieses Buch, werde in all diese abstoßenden Handlungen direkt hineingezogen. Täuschen und tricksen haben beide Seiten drauf, die Iren mit ihrem dicht verwobenen Netz an Sympathisanten haben mit den Jahren ihre Vorgehensweise perfektioniert.

„Eine fiktive Geschichte, die auf historischen Tatsachen beruht.“ Anders als üblich und nicht vorhersehbar endend hat Ian McGuire einen bedrückend dichten Roman über einen Kampf für Wahrheit und Gerechtigkeit, gegen Tyrannei und Lügen vorgelegt, der mich überzeugt hat.

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Veröffentlicht am 12.04.2021

Eine starke junge Frau

Die Bildhauerin
1

Die Academie Colarossi im Paris des Jahres 1881 ist ihr Ziel. „Ich bin Bildhauerin“ stellt sich die siebzehnjährige Camille Claudel dem jungen Achille-Claude Debussy nach ihrem unfreiwilligen Zusammenstoß ...

Die Academie Colarossi im Paris des Jahres 1881 ist ihr Ziel. „Ich bin Bildhauerin“ stellt sich die siebzehnjährige Camille Claudel dem jungen Achille-Claude Debussy nach ihrem unfreiwilligen Zusammenstoß vor. Erstaunt von der blutjungen Träumerin meint er, der Pianist, der sich in den himmlischen Sphären der Musik sieht, eines dieser Malweiber vor sich zu haben. Ihre Wege werden sich noch öfter kreuzen.

Ein gelungener Anfang, der mich sofort in diese Zeit zurückversetzt. Camilles erster Förderer war Boucher. Nachdem dieser nach Florenz ging, machte er sie mit dem sehr viel älteren Auguste Rodin bekannt, dem sie bald nicht nur Muse war. Beruflich und privat war sie an ihn gebunden, er unterstütze sie, half ihr, sich auf dem umkämpften Kunstmarkt zu behaupten, machte sie mit einflussreichen Kunstliebhabern bekannt.

Pia Rosenberger zeichnet das Bild einer begabten jungen Frau, die trotz vieler Hindernisse ihren eigenen Weg verfolgt. Schon früh wusste sie, dass sie für ein konventionelles Leben nicht geschaffen war. Ihre ganze Leidenschaft galt der Bildhauerei. Die Beziehung zu Rodin, ihre Jahre mit ihm wird hier thematisiert. Eine starke Frau, eine bemerkenswerte Künstlerin, die sich in dieser Männerdomäne nie beirren ließ.

Episoden aus ihrer Kindheit sowie ihrer Familie werden zwischendurch erzählt, wie etwa die schlafende Taube, welche ihre kindlichen Hände erschufen, sie dürfte sechs Jahre alt gewesen sein. Seither sah Camille in einem unförmigen Klumpen Lehm sofort die Gestalt, die sie daraus modellieren wollte. In ihrem Vater hatte sie eine Stütze, er sah ihr Talent.

In der Reihe „Außergewöhnliche Frauen zwischen Aufbruch und Liebe“ beleuchtet dieser biografische Roman hauptsächlich ihre Zeit mit Rodin - eine talentierte Frau, die sich in ihren Zielen nie beirren ließ. Ihre Zeit nach Rodin hätte ich mir zumindest als kurze Episode gewünscht, um das Bild rund zu machen.

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Veröffentlicht am 10.04.2021

Ein moderner Klassiker - zeitlos

Drei Sommer
1

Bereits im Jahre 1946 erschien „Drei Sommer“ von Margarita Liberaki im Original und noch heute hat dieser Klassiker der modernen griechischen Literatur nichts an seiner Kraft, seiner Aktualität eingebüßt. ...

Bereits im Jahre 1946 erschien „Drei Sommer“ von Margarita Liberaki im Original und noch heute hat dieser Klassiker der modernen griechischen Literatur nichts an seiner Kraft, seiner Aktualität eingebüßt.

Drei Schwestern leben mit ihrer Mutter Anna, ihrer Tante Tereza und ihrem Großvater auf einem Landgut nahe Athen. Drei Sommer lang begleite ich sie. Katerina, mit ihren 16 Jahren die jüngste, bringt die Familiengeschichte näher. Sie träumt von Reisen in fremde Welten, verliebt sich in David. Ihre 18jährige Schwester Infanta liebt Pferde, findet in Nikitas viel Verständnis und mehr. Dann ist da noch Maria, mit 20 Jahren die älteste, erfahrenste.

Es ist eine Reise in den Sommer, in die griechische Landschaft, all die Gerüche, die Früchte nehme ich intensiv wahr, bin so richtig abgetaucht. Mit den Menschen gehe ich zurück in eine Zeit, deren Gesellschaft sehr genau hinschaut, die toleriert aber auch verurteilt und verzeiht. Ein Blick auf das Damals, auf die Grenzen und Entfaltungsmöglichkeiten. Lässt das traditionelle Frauenbild ein selbstbestimmtes Leben zu? „Manchmal fühlt man den Drang, über ein einziges Leben hinauszugehen.“ Was für ein lebendiger Satz, voller Poesie. Es gibt immer wieder Zeiten in jeder Lebensphase, da möchte man genau das – darüber hinausgehen. Das Leben spüren in all seinen Facetten, dem altgedienten entfliehen, Neues zulassen, seinen Platz finden. Und genau diese Momente fängt Margarita Liberaki wunderbar ein, sehr dezent, zart, ja filigran. Das Leben in seiner ganzen Fülle – bittersüß zuweilen.

Ein leises Buch, wie ein Zaungast komme ich mir manchmal vor. Es sind diese alltäglichen Geschichten, die ein jeder von uns kennt, so oder so ähnlich erlebt hat. Die erste Liebe – was gibt es schöneres.

Mit der polnischen Großmutter fängt unsere Geschichte an und mit ihr schließt sich der Kreis. Ein sehr moderner Klassiker, der weibliche Entfaltungsmöglichkeiten, eigene Lebensentwürfe sehr wohl zulässt, ein selbstbestimmtes Frauenbild vermittelt. Vor 75 Jahren genauso wie heute. „Drei Sommer“ zeichnet ein gesellschaftskritisches Bild von immerwährender Gültigkeit. Alles fließt…

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Veröffentlicht am 04.04.2021

Eine Spurensuche

Was von Dora blieb
1

Isa, die gerade dabei ist, Abstand von ihrem Mann zu finden, erhält eine Kiste – voll mit alten Schriften ihrer Großmutter Dora. Um dem eigenen Schmerz zu entkommen, taucht sie tief ein in deren Leben. ...

Isa, die gerade dabei ist, Abstand von ihrem Mann zu finden, erhält eine Kiste – voll mit alten Schriften ihrer Großmutter Dora. Um dem eigenen Schmerz zu entkommen, taucht sie tief ein in deren Leben. Bald findet sie heraus, dass diese mit ihrem Jugendfreund Frantek und ihrer besten Freundin Maritz die spätere Folkwangschule besuchte, alle drei waren künstlerisch sehr begabt. Und Isa, die sich in die Wohnung einer Bekannten einquartiert, findet in ihrem Nachbarn Gustav einen, der in Geschichten aus alten Zeiten nur zu gerne abtaucht.

Der doch recht holprige Start ins Buch ist Neugier auf Doras Geschichte gewichen. Sie war eine aufgeschlossene, lebensbejahende junge Frau. Ihr stand die Welt offen, sie musste nur noch zugreifen. Das Schicksal, die Nationalsozialisten, der Krieg – vieles kam dazwischen, das Leben verläuft nie geradlinig.

Eine Story - zwei Zeitebenen. Doras Part war nach dem schleppenden Anfang einer unterhaltsamen Geschichte gewichen, die sehr anschaulich ihre Freundschaften, ihre Leidenschaften beschreibt, um dann im Erwachsenenalter mehr und mehr unnahbar zu werden.

Sehr poetische Momente beeindrucken neben einem immer wieder durchschimmernden unterkühlten Stil, der viel Positives zunichte macht. Schade auch deshalb, weil lyrische Sequenzen dadurch nicht so recht hervortreten, nicht glänzen können. Es sind da Passagen, an denen ich nahe dran bin, ins Geschehen hineingezogen werde, es mich regelrecht aufsaugt, um dann wieder in diese bruchstückhafte Erzählweise abzugleiten. Ich bin mit einer Figur mittendrin, die dann im Nichts versandet. Es wird einfach nicht auserzählt. So hatte ich oft das Gefühl, dass ich die Charaktere aus weiter Ferne beobachte.
Der historische Part war in Großen und Ganzen gut erzählt, ich konnte mich Dora annähern, ihr Tun nachempfinden, wenn auch nicht immer akzeptieren.

Das Heute um Isa empfand ich hingegen in weiten Teilen überflüssig. Hier wäre weniger vielleicht mehr gewesen, sie blieb für mich farblos.

Was bleibt von Dora? Ein historischer Roman mit Höhen und Tiefen, der mich trotz allem gut unterhalten hat.

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