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Veröffentlicht am 15.04.2020

Schöner Krimi für nebenbei

Mord in Barcelona
1

„Mord in Barcelona“ von Isabella Esteban erzählt von einem Todesfall, der sich als Mord entpuppt und den Leser mitnimmt, den vielen Spuren zu folgen und so nebenbei ein wenig die wunderschöne Stadt kennenzulernen.

Die ...

„Mord in Barcelona“ von Isabella Esteban erzählt von einem Todesfall, der sich als Mord entpuppt und den Leser mitnimmt, den vielen Spuren zu folgen und so nebenbei ein wenig die wunderschöne Stadt kennenzulernen.

Die Sonntagsruhe war dahin, die Nachricht auf dem Handy von Comissari Jaume Soler Marti „Leichenfund auf dem Cementiri de Montjuic“ sorgt dafür. Eine Leiche auf dem Friedhof? Ist das so ungewöhnlich? Die Teilnehmer der Friedhofstour entdeckten auf einem Plateau mit fünf alten Familiengräbern, jedes mit einer Platte abgedeckt, ein offenes Grab. Die Verschlussplatte war unfachmännisch ein Stück weit aufgeschoben. Dort unten lag ein Mensch, seltsam verdreht. Maria Colavida in ihrer Funktion als Friedhofsguide erklärt dem Comissari, dass die vielen hier lebenden Katzen die Aufmerksamkeit ihrer Gruppe auf das etwas abseits von ihrer Route liegende Grab gelenkt haben. Die ersten Selfies werden gemacht, so makaber das auch sein mag. Und – im Internet kursiert schon ein Video vom Fundort mit Schwenk auf das Innere des Grabes - der Leiche. Wer ist die Tote? Die Ermittlung beginnt, wobei nicht nur Jaume und sein Team daran arbeiten, den Fall zu lösen. Auch Jaumes Mutter Ignacia und seine Schwester Montse zeigen reges Interesse und nicht genug damit: Montse beginnt selbst zu „ermitteln“, auch wenn ihr Bruder, der Comissari, lange davon nichts weiß.

Ein Barcelona-Krimi, der Lust auf die Stadt mit ihren wunderschönen Ecken macht, der bei der Beschreibung all dieser Köstlichkeiten, die das Land zu bieten hat, Appetit macht. Appetit auf einen Trip in diese Stadt mit all ihren Sehenswürdigkeiten und den verführerisch beschriebenen regionalen Schmankerln.

Die recht kurzen und somit gut nachvollziehbaren Kapitel mit den Datums- und Uhrzeitangaben sowie die jeweiligen Namen der gerade handelnden Personen machten es leicht, den Überblick zu behalten. So war ich gleich drin im Geschehen. Der Fluch des Internetzeitalters macht sich auch hier sehr unschön bemerkbar. Diese Sensationslust, diese Gier nach Neuigkeiten - und mögen sie noch so schrecklich sein - wird wohl nie befriedigt werden. Kaum ist die Tat entdeckt, kursiert schon ein Video im Netz und genau diese Unart, welche unser aller Leben heute immer mehr beeinflusst, ist hochaktuell und gut in die Geschichte eingebettet. Das Drumherum auf dem Friedhof ist gut beschrieben, man kann sich die Umgebung, die offene Grabplatte mitsamt den vielen Katzen vorstellen.

Ein Softkrimi mit viel Lokalkolorid, leicht und unterhaltsam zu lesen, jedoch plätschert die Erzählung immer mal wieder so dahin. Man ist zwar dabei und erfährt so manches über die Protagonisten, aber es bleiben auch viele Erzählstränge im Nirgendwo stecken. Ich hatte das Gefühl, dass so einiges nicht auserzählt ist bzw. dass viele Wendungen arg konstruiert und unlogisch daherkamen. Ein bisschen Liebelei durfte natürlich auch nicht fehlen – für diesen unblutigen Krimi aber durchaus erträglich. Und - diese Barcelona-Momente gefielen mir sehr gut, was aber eher für einen Reiseführer sprechen würde. Um mittendrin zu sein, suchte ich mir Bilder von der Stadt, den erwähnten Orten und so manchen Sehenswürdigkeiten und so hatte ich einen ganz guten Einblick.

Eine Kleinigkeit so nebenbei: Was ich immer wieder schön fand, war die Begegnung auf dem Friedhof zwischen Jaume und der „schwarzen Schönheit“. Sehr schön formuliert.

Ein Wort zum Cover: Das südliche Ambiente dieser Stadt ist hier eingefangen, wenn nicht „Mord in Barcelona“ zu lesen wäre, könnte man wiederum meinen, einen Reiseführer in Händen zu halten. Trotz alledem wollte ich wissen, „wer es war“ und hatte schon das Gefühl, gut unterhalten zu werden.

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Veröffentlicht am 18.03.2020

Gefühlschaos

Die Glasschwestern
2

Die Glasschwestern, Dunja und Saphie, sind am selben Tag geboren und ihre Männer am selben Tag gestorben. Der eine fiel vom Gerüst und der andere vom Hometrainer. Nachdem sie beide unter die Erde gebracht ...

Die Glasschwestern, Dunja und Saphie, sind am selben Tag geboren und ihre Männer am selben Tag gestorben. Der eine fiel vom Gerüst und der andere vom Hometrainer. Nachdem sie beide unter die Erde gebracht haben, zieht Dunja, die mit ihren zwei Kindern in der Großstadt lebt, zu ihrer Zwillingsschwester Saphie in deren Hotel aufs Dorf an der ehemals deutsch-deutschen Grenze. Neben den Zwillingsschwestern und Dunjas Kinder ist da noch ihre jüngere Schwester Lenka, die Diva, die ihr absolutes Eigenleben führt.

Sie sinnieren über den Sinn des Lebens, über das „was wäre gewesen, wenn…“. Saphies Lebenssinn war das Hotel, dachte sie. Ohne Gilbhart dann doch nicht. Sie verpackt das Leben mit ihm in stabile Pappkartons, welche sie nie wieder auspacken wird. Ich sehe das als Metapher, als Endgültigkeit. Stück für Stück hat sie sich nach Gilbharts Tod befreit, nun vollzieht sie den letzten Schritt in ein neues, befreites Ich. Dunja definierte sich über ihre Kinder. Und nun? Stellen beide fest, dass das Leben doch noch Anderes bereit hält.

An den Schreibstil musste ich mich erst gewöhnen, aber schnell empfand ich diese Erzählweise angenehm und sehr unterhaltsam. Zunächst fremdelte ich mit den einzelnen Kapitel-Überschreibungen. Als ich mich ins Buch eingelesen habe, blätterte ich nochmal zurück und sah die Sprichwort-Überschriften mit ganz anderen Augen, hatten diese doch zu dem Geschriebenen durchaus einen Bezug. Ich finde das sehr poetisch und nicht alltäglich. Auch die ungewöhnlichen Namen leiten sich laut Autorin von den altdeutschen Monatsnamen ab. Wenn man diese Hintergrundinformation erst einmal hat, sieht man so manches klarer.

Das Buch sorgte für Gefühlschaos. Gleich zu Anfang wusste ich nicht recht, was anfangen mit dieser Einführung ins Leben der Zwillingsschwestern. Ich legte das Buch beiseite und gab ihm dann doch eine zweite Chance. Je weiter ich las, desto mehr gefiel mir die Story, das Geheimnisvolle um den Tunnel und das schwer greifbare Wesen, den gläsernen Menschen. Was habe ich hineininterpretiert in diese beiden unbekannten, schwer zu fassenden, immer wieder vorkommenden Hirn-Gespinsten. Dem Schluss fieberte ich ob dieser Unwägbarkeiten entgegen. Was daraus geworden ist? Der gläserne Mensch? Taucht immer wieder auf, sehr geheimnisvoll – zu Anfang des Buches öfter und irgendwie läuft er schön langsam ins Leere – er verschwindet. Sobald die beiden Schwestern ihren eigenen, ihren künftigen Weg gefunden haben, wird er nicht mehr gebraucht, er hat sich selbst erledigt. Die Sache mit dem Tunnel hat mir nicht so gefallen. Was war hier die Message?

Ein Buch, das man liest und zwischendurch immer mal wieder weglegen, den eigenen Gedanken Raum lassen muss. Ein Buch, das zum Nachdenken anregt. Leben wir nicht alle ein Leben mit allen denkbaren Höhen und Tiefen und dann kommt irgendein Ereignis und alles ist plötzlich ganz anders. Man folgt einem anderen Weg als den, den man für sich vorgesehen hat.

Franziska Hauser gibt dem Leser Denkanstöße mit auf den Weg, will nicht belehren, will anregen, seine eigene Interpretation finden, mutig sein.

Das alles ist positiv und abseits des Mainstreams, jedoch finde ich die Spannung, die offenen Fragen, welche während des Lesens immer wieder aufkamen, so gar nicht gelöst. Das allzu banale Ende hat mich doch sehr enttäuscht zurückgelassen (der gläserne Mensch, der Tunnel, das Familiengeheimnis, die ach so taffe und jetzt kreuzbrave Lenka), auch wenn im Großen und Ganzen die Denkanstöße und das eigene Vorstellungsvermögen im Vordergrund standen. Eine Geschichte, die wohl nicht für jeden das Richtige ist. Wer jedoch ein nebulöses, interpretationsfähiges Ende bevorzugt, der wird hier wohl seine Freude am Lesen haben.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Charaktere
  • Geschichte
  • Erzählstil
Veröffentlicht am 28.02.2020

Nervenaufreibend

Die Tochter – Deiner Vergangenheit entkommst du nicht!
1

„Die Tochter“ von Rose Klay erzählt eine Geschichte über Familie, die Gehässigkeit der lieben Mitmenschen und deren Schäbigkeit, über sehr viel Lug und Trug, aber auch über Zusammenhalt.

Die alleinerziehende ...

„Die Tochter“ von Rose Klay erzählt eine Geschichte über Familie, die Gehässigkeit der lieben Mitmenschen und deren Schäbigkeit, über sehr viel Lug und Trug, aber auch über Zusammenhalt.

Die alleinerziehende Kathi lebt mit ihrer Tochter Lucy im Haus ihrer Kindheit. In ihrer Familie ist schreckliches passiert, sie aber versucht, das Vergangene zu verdrängen. Als eine von Lucys Mitschülerinnen spurlos verschwindet, kommt alles wieder hoch. Exakt von diesem vermissten Mädchen wurde Lucy gemobbt und noch dazu hat Kathi diese als letzte gesehen. Jennifer eilt ihr zu Hilfe, sie ist auch für sie da, als Kathi in Verdacht gerät, irgendetwas mit dieser Sache zu tun zu haben. Sie drängt sich förmlich in Kathis Leben und ist stets zur Stelle, um zu helfen.

Gleich zu Beginn war bei mir ein beklemmendes Gefühl beim Lesen da. Die Geschichte beginnt rasant, was einen sofort in die Handlung hineinzieht. Immer mal wieder atmet man auf, es scheint sich alles in Wohlgefallen aufzulösen, um dann gleich in die nächste Krise zu stürzen. Mobbing ist leider Gottes allgegenwärtig und wird hier aufs anschaulichste thematisiert.

Rose Klay versteht es in ihrem Erstlingswerk, die Spannung hochzufahren. Zwischendurch scheint es eine Auflösung zu geben, um dann doch wieder in eine andere Richtung zu driften. Ganz perfide Psychospielchen werden mit Kathi gespielt. Ein Thriller vom Feinsten, das kann ich ohne Übertreibung hier sagen. Atemlos musste ich immer weiterlesen, es ging einfach nicht anders.

Wer dieses Genre liebt, muss „Die Tochter“ einfach lesen. Eine Story, die im Gedächtnis haften bleibt. Klare Kauf- und Leseempfehlung von mir.

  • Einzelne Kategorien
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Veröffentlicht am 19.01.2020

Geschichte hautnah

Der Attentäter
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Drei 19jährige Serben sind auf dem Übungsplatz, sie lernen schießen. So beginnt dieser Thriller, dieses historische Drama. Das Attentat auf den Thronfolger Österreich-Ungarns, Franz Ferdinand, am 28. Juni ...

Drei 19jährige Serben sind auf dem Übungsplatz, sie lernen schießen. So beginnt dieser Thriller, dieses historische Drama. Das Attentat auf den Thronfolger Österreich-Ungarns, Franz Ferdinand, am 28. Juni des Jahres 1914 in Sarajewo. Ein bekanntes Geschehen, welches – sollte die Erinnerung an das irgendwann gelernte nicht mehr da sein – man heutzutage schnell nachlesen kann. In meinen Augen ist hierüber ein Buch zu schreiben ein äußerst schwieriges Unterfangen. Nicht jedoch für den Autor dieses Werkes, Ulf Schiewe. Er versteht es, die geschichtlichen Tatsachen so darzustellen, dass man regelrecht gefangen ist und immer weiterlesen will, alles erfahren möchte.
Er beschreibt diese eine Woche im Juni 1914 aus verschiedenen Perspektiven:
- Zum einen aus der Welt der drei für die Tat vorgesehenen jungen Serben Gavrilo, Nedeljko und Trifko, welche alle an der Schwindsucht leiden und deren Hintermänner. Hier wird der Leser mitgenommen in die Vorbereitungen, erfährt so einiges über deren Idealismus und patriotische Haltung, ihre Zugehörigkeit zum Geheimbund Mlada Bosna und die Schwarze Hand.
- Dann die letzte Woche des Thronfolgers Franz Ferdinand und Sophie von Hohenberg, seinem Sopherl. Die beschriebene Zweisamkeit der beiden nehmen dem Geschehen für einige Augenblicke das allzu Dramatische. Er war ja als Choleriker gefürchtet, war sehr unwirsch im Umgang mit den Leuten, was auch hier gut beschrieben ist.
- Nicht zuletzt nimmt er den Geheimdienst unter die Lupe. Hier kommt auch der fiktive Major Rudolf Markovic in Spiel, mit ihm u. a. Svjetlana… Historisch belegt ist hingegen die unrühmliche Rolle des Oskar Potiorek, Feldzeugmeister und Landeschef Bosnien-Herzegowinas. Die sehr laxen Sicherheitsvorkehrungen machen aus heutiger Sicht fassungslos.

Beim Lesen habe ich mich öfters ertappt, mit den drei vorgesehenen Tätern zu leiden. Obwohl das tragische Ende unausweichlich ist, beginnt man zu hoffen, das Attentat würde nicht geschehen. Gleichzeitig fiebert man mit und will, dass sie nicht auffliegen, nicht geschnappt werden. Ganz schön verrückt, zumal man ja weiß, wo das alles letztendlich hinführt, hingeführt hat. Und genau hier besteht die große Kunst des Schreibens. Der Leser wird mitgenommen in diese Welten, taucht ganz ein in das Beschriebene, wird aufs beste unterhalten und bekommt noch dazu vorzüglichen Geschichtsunterricht. Immer mal wieder habe ich nachrecherchiert, mir die Fotos sowohl der Täter als auch des Thronfolgerpaares angeschaut, habe die Routen der Protagonisten verfolgt, ich war mittendrin im Geschehen.

Dieses Genre der historischen Thriller mag ich sehr gerne, greife immer mal wieder danach, habe somit Vergleichsmöglichkeiten. „Der Attentäter“ sticht sehr positiv heraus aus der Vielzahl der guten Bücher. Ein brillant geschriebener Roman, aus dem man sehr viel mitnimmt. Er versteht es aufs vortrefflichste, dem Leser ein Stück Zeitgeschichte unterhaltsam näherzubringen, wobei er sich an die bekannten Fakten hält und diese durch fiktive Personen und Gespräche, die so stattgefunden haben könnten, anreichert. Ein wichtiges Kapitel für uns Europäer bleibt so für immer im Gedächtnis haften - eine absolute Leseempfehlung von mir.

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