Platzhalter für Profilbild

Marakkaram

Lesejury Star
offline

Marakkaram ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Marakkaram über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 12.01.2020

Zwischen Botanik, Liebe und Familie

Die englische Gärtnerin - Blaue Astern (Die Gärtnerin von Kew Gardens 1)
0

* "Nur, wenn es um den Verdienst geht, wirst du als Botanikerin dort genauso schlecht bezahlt wie an der Universität. Wissenschaft und Forschung werden immer noch von Idealisten überschwemmt, die sich ...

* "Nur, wenn es um den Verdienst geht, wirst du als Botanikerin dort genauso schlecht bezahlt wie an der Universität. Wissenschaft und Forschung werden immer noch von Idealisten überschwemmt, die sich für einen Hungerlohn ein Bein ausreißen." <..> Charlotte spürte Unbehagen bei dem Gedanken, dass es auf Roberts Schultern lastete, ob sie das Haus in der Hunter Street halten konnten. *

England 1920: Schon als Kind hat Charlotte davon geträumt als Botanikerin in den prachtvollen Kew Gardens zu arbeiten; wie ihr Großvater auf Expeditionen zu gehen und vielleicht sogar eine neue Pflanze zu entdecken. Sie kämpft hart für die Verwirklichung ihres Traums und die Liebe zu einem Kollegen. Doch dann trifft ein familiärer Schicksalsschlag sie unerwartet heftig und Charlotte muss eine folgenreiche Entscheidung treffen...

"Blaue Astern" ist der Auftakt zur Gärtnerin-Trilogie und hat mich vollkommen in seinen Bann gezogen. Ich liebe die Botanik, mich faszinieren ihre Entdecker und ich stecke selber gerne bis zu den Ellbogen im Dreck. Allein schon deswegen war dieser Roman die perfekte Unterhaltungslektüre für mich.

Charlotte ist eine tolle Frau mit einem starken, sehr ehrlichen Charakter. Sie ist leidenschaftlich, idealistisch und geht in ihrem Beruf auf. Auf der anderen Seite stehen die Zwänge, die Erwartungen an eine Frau insbesondere eine Ehefrau in dieser Zeit.

Mir haben alle Figuren unheimlich gut gefallen. Sie sind vielfältig - vom Industriellen, einer ledigen Cousine, dem gehandicapten Bruder ... - und toll ausgearbeitet. Jeder kann in seiner Rolle überzeugen und hat eine interessante Persönlichkeit.

Die bildhaften Landschaftsbeschreibungen, üppigen und exotischen Blumen, aber auch das vernachlässigte Anwesen haben mich total in den Bann gezogen. Und auch die innerfamiliären Beziehungsgeflechte werden großartig geschildert. So bleibt es Seite um Seite spannend und interessant.

Ich freue mich schon unheimlich auf den zweiten Teil, der voraussichtlich im März erscheinen wird.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 03.01.2020

ganz leiser Roman über das Leben unverheirateter Frauen nach dem 1 Weltkrieg

Violet
0

* Für eine Schreibkraft war das ein gutes Gehalt, doch immerhin arbeitete Violet auch schon zehn Jahre lang für dieselbe Gesellschaft und tippte außerdem schnell und akkurat. Als sie noch bei ihren Eltern ...

* Für eine Schreibkraft war das ein gutes Gehalt, doch immerhin arbeitete Violet auch schon zehn Jahre lang für dieselbe Gesellschaft und tippte außerdem schnell und akkurat. Als sie noch bei ihren Eltern lebte, konnte sie sich fast jeden Tag ein warmes Mittagessen leisten und musste nicht jeden Penny zweimal umdrehen, wenn sie sich Zigaretten oder einen neuen Lippenstift kaufen wollte. *

England 1932: Nachdem ihr Bruder und ihr Verlobter im Krieg gefallen sind, geht man davon aus, dass die Tochter als sogenannte "Alte Jungfer" im Haus der Mutter bleibt und diese versorgt. Ein Weg, den Violet nicht gehen will. Sie möchte selbst über ihr Leben bestimmen und zieht nach Winchester in ein kleines Kämmerlein. Beim Besuch der dortigen Kathedrale erfährt sie von einer Gruppe Frauen, die in einem Stickkreis wunderschöne Knie- und Sitzkissen anfertigen. Violet ist neugierig und schließt sich den Strickerinnen an. Findet sie dort nicht nur Freundinnen, sondern in Glöckner Arthur auch eine neue Liebe? Doch Arthur ist verheiratet....

"Violet" ist eine ruhige, unaufgeregte Geschichte, über ein bescheidenes, oft einsames, aber trotz allem erfülltes Leben einer alleinstehenden jungen Frau nach dem ersten Weltkrieg. Ein Sittenbild dieser Zeit.

Dabei bekommt man als Leser tiefe Einblicke ins Sticken und Glockenläuten. Das war zu erwarten und hätte mich im Vorfeld beinahe abgeschreckt, aber es fügt sich wunderbar in die Geschichte ein und sie bleibt auch in diesen Passagen sehr flüssig und unterhaltsam.

Es ist ein leiser, unheimlich ruhiger Roman, der auch bei Drama nicht lauter wird und sich wirklich angenehm liest.Tracy Chevalier hat sehr unterschiedliche, vielschichtige und authentisch wirkende Frauen geschaffen und nicht wenige von ihnen haben ihr Päckchen zu tragen. Mir persönlich waren es beinah schon zu viele Themen auf 350 Seiten. Es wirkt fast, als wollte die Autorin alles einbringen.

Wer einen Liebesroman erwartet, der ist hier falsch. Es geht vor allem um Freundschaft, Selbstbewusstsein, füreinander einstehen und sich nicht verstecken müssen.

"Violet" ist ein schöner Roman, den ich an einem regnerischen Sonntag verschlungen habe. Trotzdem bezweifel ich, dass er mir nachhaltig in Erinnerung bleiben wird.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 31.12.2019

Gegensätze ziehen sich an

Sinking Ships
0

* Weil sie mich nicht wirklich hasste. Weil ich sie durcheinanderbrachte. Weil ihr Atem ins Stocken geriet, wenn ich sie berührte und ich zumindest die Hoffnung hatte, dass es sich für sie genauso unglaublich ...

* Weil sie mich nicht wirklich hasste. Weil ich sie durcheinanderbrachte. Weil ihr Atem ins Stocken geriet, wenn ich sie berührte und ich zumindest die Hoffnung hatte, dass es sich für sie genauso unglaublich anfühlte wie für mich. *

"Sinking Ships" ist bereits der zweite Teil der Fletcher University Reihe, doch man muss den Vorgänger "Burning Bridges" nicht unbedingt kennen und kann sie unabhängig voneinander lesen/hören.

Für Carla war Mitchell immer nur der zu nette, zu gutaussehende Bruder ihrer Freundin Savannah. Die taffe Latina hätte für die Liebe sowieso keine Zeit. Ihr Studium, ihr Job in der Bar und ihre beiden Brüder halten sie auf Trab. Mitch hingegen hat schon lange ein Auge auf das unnahbare Mädchen mit der harten Schale geworfen. Als Carla bei der Party seiner Schwester in den Pool stürzt und er sie rettet, bröckelt ihre Fassade für einen kurzen Augenblick.... Doch bekommt der nette Kapitän des Schwimmteams tatsächlich eine Chance?

Diese vertauschten Rollen, der nette Junge und das Bad Girl, verleihen der Geschichte einen ganz besonderen Charme.

Mitchell hat einen wirklich tollen, sympathischen und sehr offenen Charakter. Carla hingegen ist unheimlich verschlossen, kratzbürstig und glaubt ihr Geheimnis mit niemandem teilen zu können, so dass sie ihren Mitmenschen oft vor den Kopf stösst. Sie ist unglaublich stark, keine Frage, aber auch sehr stur und kein einfacher Charakter. Und trotzdem hatte ich sie vom ersten Moment an gern...

Auch die Nebenprotas sind klasse. Man merkt, wie viel Liebe in ihnen steckt. Vom Barkeeper (auf den ich mich jedes Mal gefreut habe) bis hin zum Frisiersalon voller mexikanischer Chicas. Das macht einfach Spaß! Auch Carla flucht auf spanisch, wenn sie emotional wird.

Die Liebesgeschichte baut sich ganz langsam auf. Es strotzt nicht so vor Erotikszenen, sondern knistert oftmals ganz gewaltig. Die elektrisierende Atmosphäre kann man regelrecht hören.

Und damit wären wir beim Knackpunkt, den Sprechern. Fanny Bechert ist zwar keine Latina, passt aber sprachlich sehr gut zu Carla. Was man von Oliver Dupont nicht unbedingt sagen kann. Er hat eine großartige Charakterstimme, keine Frage, aber er klingt Welten zu alt und passt nicht zu Mitchell. Das hat es mir anfangs etwas schwer gemacht.

Tami Fischer hat einen unglaublich tollen Schreibstil. Ich werde "Sinking Ships" auf jeden Fall auch noch einmal selber lesen und denke, dass mich die Geschichte dann noch tiefer erreicht.

Das Hörbuch ist übrigens leicht gekürzt, aber sehr geschickt und passend. Mir ist es nicht ein einziges Mal aufgefallen, das kenne ich auch anders.

Fazit: Ich bin großer Fan der Fletcher University Reihe. "Sinking Ships" ist ein großartiger zweiter Teil, der zwar an Drama, Ecken und Kanten nicht ganz an "Burnning Bridges" herankommt, aber das muss auch gar nicht immer sein. Ich freue mich schon sehr auf den 3. Band.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 29.12.2019

schleichende Gänsehaut

Das verlassene Haus
0

* Dieses verfluchte Haus werden wir niemals verkaufen, Howard! Selbst mit der Zwangsvollstreckung ist es hoffnungslos. Du kannst der Bank mitteilen, dass sie sich eine andere Maklerin suchen soll. *

Doch ...

* Dieses verfluchte Haus werden wir niemals verkaufen, Howard! Selbst mit der Zwangsvollstreckung ist es hoffnungslos. Du kannst der Bank mitteilen, dass sie sich eine andere Maklerin suchen soll. *

Doch dann kommen die Spielmans auf der Suche nach einem neuen Zuhause. Nach einigen familiären Problemen hoffen sie auf einen Neuanfang und kaufen das leerstehende, heruntergekommene Rawlingswood. Doch schon die Renovierung läuft schleppend, das Haus scheint ein Eigenleben zu haben und sperrt sich. Hunter merkt, dass seine Eltern immer nervöser werden und versucht mehr über Rawlingswood herauszufinden.

Ein altes Haus und seine Geschichte. Und ein sehr spannender Romanaufbau.

Als Einstieg findet man eine Übersicht der Familien incl. Info wann sie in Rawlingswood gelebt haben, sowie die Aufteilung des Erdgeschosses, 1. Stockwerks und des Dachbodens.

Die Geschichten der 5 Familien werden nicht chronologisch erzählt. Im Mittelpunkt steht die Gegenwart mit Hunter und seinen Eltern. Allerdings gibt es stetig Kapitelwechsel, die mit der jeweiligen Familie sowie der Jahreszahl perfekt gekennzeichnet sind.

Der Roman beginnt gemächlich. Durch die wechselnden Familien und dazugehörigen Personen musste ich tatsächlich ein paar Mal zur Übersicht zurückblättern, bis ich ganz drin war. Der Schreibstil von D. M. Pulley ist sehr angenehm und gut lesbar, vielleicht nicht immer ganz so flüssig, was meiner Meinung nach an der Übersetzung liegt, aber ab einem gewissen Punkt kann man das Buch einfach nicht mehr aus der Hand legen.

Was das Ganze so spannend macht, es bewegt sich immer ein wenig am Rand des Mystischen. Man weiß nicht so genau, was wirklich alles in diesem Haus passiert ist, ist es verflucht, waren es reine Zufälle, Urban Legends... und sind es die Geister der Toten, deren Schritte man auf dem Dachboden hört....

Man tappt lange im Dunkeln, ehe man der Wahrheit Stück für Stück näher kommt.

Diese 5 Familienschicksale sind spannend, unheimlich interessant und jede für sich, recht realitätsnah und bewegend.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 27.12.2019

Auf der Suche nach den eigenen Wurzeln

Geteilt durch zwei
0

* Ich legte den Teppich auf seinen Platz zurück, und in diesem Moment wurde mir etwas klar: unter etwas Zugedecktem ist immer irgendwas. Und nie nichts. *

Eine Familienzusammenführung, die unter die Haut ...

* Ich legte den Teppich auf seinen Platz zurück, und in diesem Moment wurde mir etwas klar: unter etwas Zugedecktem ist immer irgendwas. Und nie nichts. *

Eine Familienzusammenführung, die unter die Haut geht.

Barbara Kunrath ist es gelungen ein sehr ernstes Thema in eine interessante Familiengeschichte zu packen, die oftmals schlucken lässt, aber nicht erdrückt.

Nadja ist bereits 40, als sie durch einen Zufall entdeckt, dass sie eine Zwillingsschwester hat. Obwohl mit der Tatsache, dass sie adoptiert ist, irgendwann recht offen umgegangen wurde, waren die näheren Umstände, ihre leibliche Mutter oder gar ihr Vater immer ein rotes Tuch. Jetzt hat sie eine Schwester, die ihr zum verwechseln ähnlich sieht und doch so ganz anders ist. Auch sie, obwohl bei der Tante großgeworden, weiß nicht viel über ihre Herkunft. Zusammen machen die beiden sich auf Spurensuche. Doch werden sie die Wahrheit verkraften?

Ich habe einen unterhaltsamen Familienroman erwartet, was er auf der einen Seite auch ist - doch er hat auch eine Tiefe, die mich überrascht hat. Die Geschichte ist vielschichtig und wird ab einem gewissen Punkt auf zwei Zeitebenen erzählt. Die Gegenwart 2017 durch Nadja und in den 70-iger Jahren Corinna`s Geschichte aus der Sicht ihrer Schwester Sibille, der Vermieterin und dem Vater der Zwillinge. Das ist irgendwann so spannend, dass man das Buch gar nicht mehr aus der Hand legen mag.

Barbara Kunrath erzählt sehr realistisch. Und das hat mir gut gefallen. Es ist nicht alles FriedeFreudeEierkuchen. Die beiden Schwestern spüren vor allem ihre Unterschiede, nähern sich nur langsam an.

Nadja, Pia und auch ihre Tante Sibille...ja, eigentlich die ganze Familie, sind schwierige, manchmal anstrengende und auch nicht immer sehr sympathische Charaktere. Das ist geschickt gemacht, ohne zäh zu werden oder dass der angenehm, flüssige Schreibstil darunter leidet. Allerdings bin ich nicht so richtig warm mit ihnen geworden, selbst bei Nadja fiel es mir oft schwer, so dass ich eher distanzierter Zuschauer blieb, wo bei einem emotionaleren Schreibstil, aufgrund der Vergangenheit, Tränen geflossen wären.

Fazit: Ein bewegender Roman, über die Suche nach den Wurzeln und Geheimnissen der Vergangenheit, der mich mit seiner Tiefe überrascht und begeistert hat.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere