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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 23.06.2019

Mallorquinische Familiengeschichte aus der dunkelsten Zeit

Das Tal der Orangen
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* Die berühmten Ensaimadas, die meine Kunden so gern genossen, waren zu Schnecken gerollt, so golden gebacken, dass sie die Sonne verblassen ließen, und nur von einem ganz leichten Schleier aus Puderzucker ...

* Die berühmten Ensaimadas, die meine Kunden so gern genossen, waren zu Schnecken gerollt, so golden gebacken, dass sie die Sonne verblassen ließen, und nur von einem ganz leichten Schleier aus Puderzucker überhaucht. *

Mallorca, 1935: Die junge Bäckerin Magdalena lernt den charmanten Jaime kennen und lieben. Doch kurz nach ihrer Hochzeit bricht der Bürgerkrieg aus....

Paris, 2017: Das Cafe von Anais ist berühmt für ihre spanische Spezialität, ihre Ensaimadas. Als bei Bauarbeiten in Marseille eine Blechdose mit persönlichen Gegenständen ihrer Urgroßmutter gefunden wird, ist sie verblüfft und muss sich die Frage stellen, was genau sie eigentlich über diese Frau weiß. Sie hat ihr das Backen der Ensaimadas beigebracht, aber über ihre Jugend auf Mallorca und den Umständen unter denen sie nach Frankreich kam, hat sie nie gesprochen.
Anais begibt sich auf Spurensuche....

"Das Tal der Orangen" ist ein schöner Urlaubsroman mit ganz viel Mallorca-Flair, der allerdings in der Vergangenheit manchmal ein wenig Tiefe vermissen lässt.

Anais ist eine starke, unabhängige Frau und es hat mir unheimlich gut gefallen, wie Beatrice Courtot sie auf akribische Spurensuche gehen lässt. Dabei reist sie nicht nur nach Marseille, sondern auch nach Mallorca. Sie sucht und spricht mit Menschen, die Magdalena kannten, die den Bürgerkrieg überlebt haben. Dadurch war sie mir nicht nur sehr sympathisch, sondern ihr Erzählstrang, ihre Zeitebene hat mir auch die Gräuel des Krieges und Magdalenas Geschichte emotional sehr viel näher gebracht, als es Magdalena selbst vermochte.

Die historische Ebene um 1935/38 verlief mir oftmals zu distanziert. Es gab wenig Gedanken oder Gefühle die Magdalena preisgab, vieles wurde nur kurz angerissen, grade auch was den Krieg betraf und so fehlte mir die Tiefe, die ich bei dieser Thematik grade in der Vergangenheit, erwartet hatte.

Abgesehen davon ist dieser Roman eine Liebeserklärung an Mallorca und perfekt für alle Mallorca-Liebhaber abseits des Ballermanns und die, die die Insel gerne einmal von ihrer landschaftlichen, dörflichen Seite kennenlernen möchten. Die Autorin beschreibt Mallorca, das Dörfchen Sóller, die Buchten und Früchte so lebendig, authentisch und bildhaft, dass ich den Duft der Orange in der Nase hatte, die Miquel grade aufschnitt. Das ist wirklich traumhaft.
Zudem gibt es auch eine handvoll mallorqinischer Rezepte, die den Kapiteln vorangestellt sind.

Fazit: "Das Tal der Orangen" ist eine schöne Familiengeschichte, die den Leser nicht nur nach Mallorca entführt, sondern auch seine dunkelste Geschichte enthüllt. Es war ein spannender und interessanter Kurztrip, der gerne noch ein paar Seiten mehr hätte haben dürfen.

Veröffentlicht am 23.06.2019

Liebe, Gier, Verrat - ein spannender Hanse-Roman

Das Handelshaus
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** Der Wächter beugte sich zu Stephan herunter. Er spürte den Atem des Mannes auf seiner Wange, als der leise aber bestimmt sagte: "Ich sag`s dir nur ein Mal im Guten, Bursche. Nimm dir ne Kammer in irgendeinem ...

** Der Wächter beugte sich zu Stephan herunter. Er spürte den Atem des Mannes auf seiner Wange, als der leise aber bestimmt sagte: "Ich sag`s dir nur ein Mal im Guten, Bursche. Nimm dir ne Kammer in irgendeinem Gasthaus außerhalb der Stadt, wo man keine Fragen stellt, woher Galgenvögel wie du Geld haben. Kehr um und geh mir aus den Augen..." Da rief jemand: " Stephan? Stephan Loytz? Bei Gott, bist du das?"

Axel S. Meyer`s Roman ist eine Familien- und Handelsgeschichte zur Hansezeit. 3 Brüder, Liebe, Gier, Verrat und ein mächtiges Imperium vor dem Untergang.

1566: Nach dem frühen Tod des Vaters übernimmt der älteste Sohn, Michael die Führung des Handelshauses Loytz, eines der mächtigsten und reichsten in Nordeuropa. Um sich zu behaupten, schickt er seinen Bruder Stephan nach Italien. Der jüngste, Simon, der sich für den Tod des Vater verantwortlich fühlt, hat genug mit sich selbst zu kämpfen und stellt keine Gefahr für ihn dar.
Doch nach ein paar Jahren kehrt Stephan zurück um sich seinen Platz im Familienimperium zu erobern....

Ich liebe es, wenn mir historische Romane ein Gefühl der damaligen Zeit vermitteln und gekonnt recherchierte Fakten, Gebräuche etc. einfliessen lassen, ohne dass es trocken wird oder vor Fremdwörtern nur so strotzt. Und das ist Axel S. Meyer mit seinem Handelshaus hervorragend gelungen.

Ein sehr lebendiger, fesselnder, authentischer Roman, der den Leser ins 16. Jahrhundert katapultiert und fassungslos zum Zeugen einer Familientragödie macht. Mit einem Schreibstil der dabei so bildhaft ist, dass man die Salzheringe und den Hafen förmlich riechen kann. Auch die Umgebung und Menschen hat man glasklar vor Augen.

Ganz geschickt verwebt er die Geschichte der drei Brüder mit dem damaligen Zeitgeschehen, dem Dreikronenkrieg, dem Niedergang der Hanse, dem Kurfürsten Joachim von Brandenburg und all den vorherrschenden politischen Intrigen und Spielchen.

Ein gelungenes Nachwort trennt Fiktion von Realität und zeigt dabei auch den Grundstein für diese Geschichte.

Fazit: Ein unheimlich spannender und fesselnder historischer Roman über Gier, Hass und Verrat innerhalb einer Handelsfamilie und den politischen Machenschaften zur Zeit der Hanse.

Veröffentlicht am 16.06.2019

Russische Seele - sehr politisch und etwas distanziert

Die Zarin und der Philosoph (Sankt-Petersburg-Roman 2)
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* Ihr Mitleid für Inna hielt sich in Grenzen. Aber wie rücksichtslos die Zarin über das Schicksal zweier Menschen entschied, das verursachte ihr Magendrücken. Ob sich diese Verhältnisse jemals ändern ...

* Ihr Mitleid für Inna hielt sich in Grenzen. Aber wie rücksichtslos die Zarin über das Schicksal zweier Menschen entschied, das verursachte ihr Magendrücken. Ob sich diese Verhältnisse jemals ändern würden? *

"Die Zarin und der Philosoph" ist der zweite Band der St. Petersburg Reihe aus der Feder von Martina Sahler und kann völlig unabhängig vom ersten Teil gelesen werden.

Die Autorin konzentriert sich diesmal auf den Zeitraum 1762-75, die Zeit Katharina der Großen. Sie stellt ihr dabei fiktive sowie historisch belegte Personen an die Seite und verwebt sie geschickt miteinander. Trotz eines Personenregisters musste ich mich auf diese Vielzahl an Personen, auch Hauptpersonen und mehr oder weniger wichtige Handlungsstränge, erst einmal einstellen.

Genauso wie auf den Schreibstil, der die "russische Seele" hervorragend wiederspiegelt. Und der an sich auch recht angenehm zu lesen ist, aber hier und da auch etwas trocken und vor allem distanziert.

Ich hatte einen tieferen Einblick in das Leben Katharina der Großen erwartet, mehr private Gedanken und die persönliche Seite der Zarin. Aber die Geschichte wimmelt nur so von vielschichtigen Figuren und da kommt die Zarin tatsächlich irgendwie zu kurz. Martina Sahler beleuchtet sie sehr gut von aussen, über die Meinung anderer, aber sie bringt sie einem nicht wirklich näher. Das fand ich unheimlich schade. Sie ist definitv eine starke, polarisierende Persönlichkeit und als Leser schwankt man immer wieder zwischen Entsetzen und Bewunderung. Allein schon aus diesem Grund, hätte ich gern einen tieferen Zugang zu ihr gehabt.

Das betrifft auch ihre Ziehtochter Sonja. Es fehlte das Zwischenmenschliche, das ihren Hass wirklich greifbar macht.
Der Roman setzt sich einfach aus vielen Momentaufnahmen mit großen Zeitsprüngen zusammen. So werden Themen oft nur angeschnitten.

Die historischen Fakten sind gut recherchiert und man spürt die Liebe der Autorin zu St. Petersburg und dem Land. Mir persönlich war es leider ein wenig zu politisch und die Charaktere zu unnahbar. Wie immer ist alles Geschmackssache, aber ich hatte gehofft, dass mir der Roman Russland und seine Geschichte ein wenig näher bringt und in der Hinsicht hat er meine Erwartungen nicht so ganz erfüllt.

Veröffentlicht am 14.06.2019

Green Valley zum Verlieben

New Beginnings
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* "Ich seh mir noch die anderen Zimmer an", presste ich hervor und entfernte mich mit einem Lächeln auf dem Gesicht, das so aufgesetzt war, dass es mich nicht gewundert hätte, wenn es heruntergerutscht ...

* "Ich seh mir noch die anderen Zimmer an", presste ich hervor und entfernte mich mit einem Lächeln auf dem Gesicht, das so aufgesetzt war, dass es mich nicht gewundert hätte, wenn es heruntergerutscht und auf dem Boden zerschellt wäre. *

Lena ist ein richtiges Berliner Großstadtgirl. Deswegen träumt sie von einer Au pair Stelle in New York oder Manhattan und landet in einem kleinen Kaff in den Rocky Mountains. Doch ihre Gastfamilie, die Coopers sind großartig und in der flippigen Izzy hat sie sofort eine Freundin gefunden. Lena fühlt sich in dem knapp 800 Seelen Dörfchen richtig wohl und fängt sogar an, sich mit der ganzen Natur rundherum anzufreunden. Wenn da nur nicht Ryan wäre, Jacks übellauniger jüngerer Bruder, der nach dem abrupten Ende seiner Profi-Karriere vorübergehend auch dort wohnt und mit dem sie gleich bei ihrer Ankunft eine unliebsame Begegnung hatte....

Lilly Lucas ist nicht nur ein neuer Stern am New Adult Himmel, sie sticht auch absolut aus der Masse heraus.
"New Beginnings" ist (m)ein Lesehighlight 2019!

Hier passt einfach alles.
Das Setting, ein Skigebiet in den Rocky Mountains ist traumhaft schön und unheimlich romantisch ohne verkitscht zu sein.
Man hat beim Lesen das Gefühl im Green Valley Urlaub zu machen und ich hätte im Anschluss am liebsten sofort meine Koffer gepackt - obwohl ich absolut kein Schneemensch bin und das heißt schon was.

Auch von den Personen hatte ich ein ganz klares Bild vor Augen. Ich habe jeden Einzelnen dieser unverwechselbaren Charakterköpfe geliebt. Sie haben Ecken und Kanten und menschliche Schwächen und sind deswegen so wunderbar authentisch. Die Coopers sind eine ganz normale Durchschnittsfamilie und auch Lena ist das sympathische Mädchen von nebenan, man kann sich wunderbar mit ihnen identifizieren.

Richtig begeistert hat mich auch das Tempo und die angenehmen Liebesszenen. Was soviel heißt, wie, die Geschichte entwickelt sich nicht ab einem bestimmten Punkt zu einem puren Erotikroman mit seitenweise detaillierten Beschreibungen. Und trotzdem knistert und funkt es gewaltig. Eine Achterbahn der Gefühle.

Lilly Lucas hat einen Schreibstil mit Suchtpotential und dazu so einen spritzig-sarkastischen Humor, der mich so manches Mal umgehauen hat. Zwischen den beiden fliegen nicht nur die Funken, sondern auch der ein oder andere geniale Schlagabtausch.

Ich kann mich nur wiederholen: Mein absolutes Lesehighlight und ich kann es kaum erwarten, bis der zweite Band der Green Valley-Reihe erscheint.

Lesen! Lesen! Lesen! Es lohnt sich!

Veröffentlicht am 13.06.2019

Liebesgeschichte mit ungewöhnlichem Thema und mehr Tiefgang als erwartet

Love to share – Liebe ist die halbe Miete
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* Ich denke oft, wie anstrengend es sein muss, Tiffy zu sein, selbst ihre Nachrichten stecken voller Energie. *

Erst hat ihr On/Off Freund Justin die Beziehung endgültig beendet und dann setzt er Tiffy, ...

* Ich denke oft, wie anstrengend es sein muss, Tiffy zu sein, selbst ihre Nachrichten stecken voller Energie. *

Erst hat ihr On/Off Freund Justin die Beziehung endgültig beendet und dann setzt er Tiffy, die voller Hoffnung in der Wohnung geblieben ist, auch noch vor die Tür. Der absolute Albtraum, denn eine bezahlbare Bleibe ist in London nicht zu finden.
Leon hingegen braucht dringend Geld um den Anwalt für seinen Bruder zu bezahlen. Da er nur Nachts arbeitet, kommt ihm die Idee seine kleine Wohnung für diese Stunden zu vermieten. Die Sache hat allerdings einen klitzekleinen Haken, es gibt nur ein Bett.
Skeptisch, aber mangels jeglicher Alternative, lässt sich Tiffy auf diese ungewöhnliche WG ein.

Und das ist sie wirklich: ungewöhnlich. Die große, flippige, extrovertierte Tiffy, die voller Energie und DIY-Ideen steckt und der ruhige, wortkarge, eher introvertierte Paliativpfleger Leon.

Das spiegelt sich auch im Schreibstil wieder. Und ich geb zu, an den musste ich mich anfangs erst gewöhnen. Zum einen hat Beth O`Leary einen typisch englischen Schreibstil (a la Jojo Moyes), dann sind die Kapitel abwechselnd aus Tiffys und Leons Sicht geschrieben und der macht, im Gegensatz zur übersprudelnden Tiffy, nicht wirklich viele Worte. Das kommt oft sehr abgehackt und hart rüber, verleiht der Figur andererseits aber auch ihre Authenzität und später merkt man immer mehr, er wählt seine Worte mit Bedacht.

Anfangs kommunizieren die beiden ausschliesslich über Post its und ich fand es unheimlich interessant dabei zuzusehen, wie sie sich - ohne sich je begegnet zu sein - leise, ja fast schon schleichend, näherkommen, diese zwei so unterschiedlichen Menschen, die scheinbar nichts gemeinsam haben. Sie erkennen die Gefühlslage des anderen am Abstellplatz der Kaffeetasse oder Größe des Kuchens.

Was für mich überraschend kam, im Laufe der Zeit und mit ein wenig Abstand, beginnt Tiffy ihre Beziehung zu Justin zu reflektieren und die hatte es wirklich in sich. Das ist nicht nur ein spannendes Thema, es verleiht dem Roman auch eine unerwartete Tiefe, die mir sehr gefallen hat.

Der Schreibstil ist, wie gesagt, sehr englisch und langsam. Beth O`Leary gibt ihren Figuren Zeit und Raum sich zu entwickeln. Trotzdem wird es nie langweilig und es gibt viele tolle Momente. "Love to share" ist eine schöne Liebesgeschichte, mit eigensinnigen, authentischen Charakteren, die man gerne begleitet.