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Veröffentlicht am 12.05.2020

Flori`s Geschichte - die Liebe und die Kunst

Die Schwestern vom Ku'damm: Tage der Hoffnung
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* Flori musste die Stacheln ausfahren, damit man sie nicht übersah, musste aufbegehren gegen das, was ihr zuwider war, und sich vor allem anstrengen, alles immer ganz, ganz anders zu machen als die beiden. ...

* Flori musste die Stacheln ausfahren, damit man sie nicht übersah, musste aufbegehren gegen das, was ihr zuwider war, und sich vor allem anstrengen, alles immer ganz, ganz anders zu machen als die beiden. *
Im 3. Band der Thalheim-Schwestern dreht sich alles um Nesthäkchen Florentine. Die einem vor allem noch als kleiner Rebell in Erinnerung gebliebene Jüngste wird erwachsen und sucht die große Liebe und ihren Platz in der Welt.
Flori`s Herz schlägt für die Kunst, die Malerei. Sie möchte sich nicht im familieneigenen Kaufhaus einbringen und dort als Dekorateurin versauern. Ihr Ziel ist die Berliner Kunstakademie, denn wenn sie malt sprechen die Farben zu ihr und die Welt wird ruhiger. Synästhesie nennt man ihre Gabe und sie lernt langsam zu verstehen, dass es ein Geschenk ist und kein Fluch...
Auch der sehnsüchtig erwartete 3. Band der Ku`damm Schwestern hat mich wieder gefangen genommen und direkt ins Berlin der späten 50iger katapultiert. Wie schon in den Vorbänden ist es eine gelungene Mischung aus historischen Fakten und fiktiver, authentisch wirkender Familiengeschichte - unheimlich akribisch recherchiert.
Brigitte Riebe versteht es einfach deutsche Geschichte wieder lebendig werden zu lassen und geht oft sehr in die Tiefe. Dadurch entsteht ein grandioses Kopfkino! Ich habe den Bau der Berliner Mauer aus einem ganz anderen, unheimlich interessanten Blickwinkel miterlebt. Man hatte das Gefühl dabei zu sein, vor dem Stacheldrahtzaun zu stehen und man hat vor allem auch die Verunsicherung über das was hier grade geschieht, gespürt. Gänsehautfeeling! Das habe ich so noch nicht gelesen. Und auch die Auftritte von Willy Brandt und seiner Frau sowie einiger anderer Berühmtheiten haben mich sehr berührt.
Man wird zurückversetzt in die Zeit der Besatzung, als der Ost-West Konflikt langsam eskaliert, bis hin zum Mauerbau, den auseinandergerissenen Familien und Fluchtgedanken - aber es ist auch eine Zeit des Wandels und Aufbruchs, der Kreativität, der neuen Mode und Musikeinflüssen....
Konnte man in Band 2 noch mehr oder weniger quer einsteigen, würde ich es jetzt nicht mehr empfehlen, denn die Thalheims sind eine Familie voller Geheimnisse, Eskapaden und stetem Zuwachs. Das Tolle daran, die bekannten Gesichter und charismatischen Nebenfiguren bleiben einem immer erhalten. Ich finde die Charaktere großartig - auch die vielleicht nicht ganz so sympathischen - denn sie sind alle sehr authentisch mit ihren Fehlern, Ecken und Kanten. Der Autorin gelingt es, dass man die so unterschiedlichen Schwestern immer wieder aus einem anderen Blickwinkel wahrnimmt und neue Seiten an ihnen erkennt. Ich habe Flori zu Beginn ganz oft nur als verzogene Göre gesehen. Mittlerweile kann ich sie verstehen und im Nachhinein auch ihre früheren Aktionen nachvollziehen.
Flori ist stark und eigensinnig, hat aber auch eine sehr verletzliche und unsichere Seite. Sie fühlt sich stets außen vor und sucht nicht nur ihren Platz in der Familie, sondern auch ihren Weg im Leben und in der Liebe. Ganz unerwartet ist mir die emotionale Jüngste unheimlich ans Herz gewachsen.
Fazit: Krönender Abschluss einer fesselnden und interessanten Familiengeschichte, die nicht nur wieder einmal tiefe Einblicke in das Zeitgeschehen bietet, sondern auch in die Welt der Kunst, der Malerei und Fotografie. Für mich hätte die Reihe um die Thalheims gerne noch weitergehen können.
Im Anhang befindet sich übrigens auch diesmal eine Zeittafel, die chronologisch die wichtigsten historischen Fakten aufführt.

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Veröffentlicht am 04.05.2020

Die Geschichte einer starken Frau mit viel historischem Sylt-Flair

Die Strandvilla
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* Er liebte dieses weiche Gur Dai, es klang viel schöner als das harte Moin zu Begrüßung, bei dem man stets versucht war, zugleich zu salutieren. *
Sylt 1913: Moiken verliert mit dem Tod ihres Mannes auch ...

* Er liebte dieses weiche Gur Dai, es klang viel schöner als das harte Moin zu Begrüßung, bei dem man stets versucht war, zugleich zu salutieren. *
Sylt 1913: Moiken verliert mit dem Tod ihres Mannes auch ihr kleines Häuschen und plant mit Tochter Emma einen Neuanfang in Hamburg. Doch der Hotelier Theodor von Lengenfeldt hat längst ein Auge auf die junge Witwe geworfen und holt sie als Konditorin in die "Strandvilla", sein mondänes Hotel auf Westerland. Westerland, dorthin, wo Moiken nach dem Tod ihres Bruders eigentlich nie wieder zurückkehren wollte. Doch die Stelle gefällt ihr und verspricht finanzielle Sicherheit. Aber nicht nur der Hotelier macht ihr Avancen, da ist auch plötzlich Boy zurück, ihre erste große Liebe...
Kopfkino pur!
Sina Beerwald hat mich mit ihrem Roman schlichtweg begeistert. Es ist keine seichte Unterhaltung, wie das Cover vielleicht vermuten lässt und auch gar nicht so sehr eine Liebesgeschichte. Hier geht es wirklich um den steinigen Weg einer mutigen Frau, kurz vor Beginn des 1. Weltkriegs. Die Autorin nimmt einen mit ins historische Sylt zu den Anfängen des Tourismus. Dabei schildert sie das damalige Leben mit so viel Liebe zum Detail, das man die akribische Recherche und das tiefe Eintauchen in das Thema mit jeder Zeile spürt. Das macht Spaß und lässt die Epoche der Sommerfrischler, der Strandfotographen und Badewagen wieder aufleben. Wirklich Kopfkino pur.
Und diese großartige Atmosphäre erreicht sie nicht nur durch den sehr lebendigen Schreibstil, sondern auch durch die vielen historischen Fakten und Persönlichkeiten, wie Modje Köhler oder den Buchhändler Julius Meyer, die sie geschickt mit einbaut.
Moiken und ihre Tochter Emma sind sehr starke Persönlichkeiten und mir haben eigentlich alle Charaktere unheimlich gut gefallen. Sie haben Tiefe und alle ihre Fehler, Stärken und Schwächen. Wie aus dem Leben gegriffen. Niemand ist von Grund auf Böse und man schwankt auch ganz oft mit seiner Sympathie, denn irgendwie kann man manche Dinge ja dann auch doch verstehen; wir machen alle mal Fehler. Das ist großartig gemacht. Sie sind einfach authentisch und passen in die Zeit - das zieht sich durch bis in die Nebenfiguren. Und auch die landschaftliche Beschreibung ist herrlich und sehr bildhaft, ohne aufdringlich und dröge zu sein.
Fazit: Ein Roman über eine starke Frau mit herrlich nostalgischem Sylt-Feeling. Eine absolute Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 03.05.2020

Action, Action, Action

Secret Protector, Band 1: Tödliches Spiel
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* Rasch zerrte er dann ein paar Trümmerteile aus dem zerstörten Kiosk und lehnte sie gegen den Haufen aus Dach und Rollladen, sodass sich eine provisorische Sprungschanze ergab die in Richtung des Nashorngeheges ...

* Rasch zerrte er dann ein paar Trümmerteile aus dem zerstörten Kiosk und lehnte sie gegen den Haufen aus Dach und Rollladen, sodass sich eine provisorische Sprungschanze ergab die in Richtung des Nashorngeheges wies. *

Lucas lebt in seinem alten Wohnmobil auf abgelegenen Parkplätzen und bleibt gern unter dem Radar. Sobald er das Gefühl hat, die Leute kommen ihm zu dicht, verschwindet er in eine neue Stadt. Doch als bei einem Event vor seinen Augen der kleine Bruder der Profi-Gamerin Una entführt wird, nimmt er die Verfolgung auf und eine abenteuerliche Jagd beginnt.

Die neue Serie von Andrew Lane lebt von rasanter Action und coolen Charakteren. Und anfangs hat mich das Konzept auch voll abgeholt. Ich fand Lucas und sein Job im Zoo sehr interessant und es geht auch recht flott zur Sache.

Der Schreibstil ist rasant, flüssig und spannend - die Ideen unkonventionell und teilweise herrlich überzogen, aber das macht Spaß. Und irgendwie, klar, lebt der Roman davon. Nur mit der Zeit verflog der Reiz, es wurde too much und auch die Erfolgssträhne unseres Helden wurde ein wenig unrealistisch. Was also zu Beginn noch etwas drüber, aber unterhaltsam, spannend und frisch war, hat später leicht genervt. Ein paar Szenen mit weniger überzogener Action und etwas mehr Tiefe hätten der Geschichte ganz gut getan.

So bleiben die Protagonisten allesamt leicht undurchsichtig und distanziert. Man erfährt zwar etwas über Lucas Vergangenheit und Familie, aber nicht wie er zum Secret Protector wurde. Er ist absoluter Einzelgänger und wirkt unheimlich emotionslos, er kämpft um Menschenleben ohne eine Verbindung zu Ihnen aufzubauen. Er ist ein interessanter Charakter, aber so richtig warm wurde ich mit ihm nicht.

Trotzdem hat mich der Roman gut unterhalten mit seinen Verfolgungsjagden rund um den Globus, kreativen Ideen und durchgehender Action - auch wenn er manchmal ein bisschen übers Ziel hinausschiesst.

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Veröffentlicht am 02.05.2020

Eine Familiendynastie - Bremen im Wandel der Zeit

Das Erbe der Altendiecks
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* ...somit zeigt sich an diesem Werk des Herrn Altendieck, was ein bremischer Handwerksmeister zu leisten vermag, der von Sorgfalt und Tugendhaftigkeit geleitet wird und von Müßiggang und anderem verderblichen ...

* ...somit zeigt sich an diesem Werk des Herrn Altendieck, was ein bremischer Handwerksmeister zu leisten vermag, der von Sorgfalt und Tugendhaftigkeit geleitet wird und von Müßiggang und anderem verderblichen Laster Abstand hält. *
"Das Erbe der Altendiecks" umfasst 4 Generationen einer Uhrmacherfamilie aus Bremen. Er startet 1766 mit Johann, dessen Vater Nicolaus mit akribischem Fleiß die Werkstatt gegründet hat und endet 1848 mit seinem Ururenkel Ernst-Theodor und Familie. Die Generationen dazwischen bestehen aus taffen Frauen mit großen Träumen, wie Gesche auf ihrer Suche nach Erfolg, Anerkennung und Liebe; und Männern, die harte Entscheidungen treffen und sich dem Familienunternehmen unterordnen. Es geht um Familie, Liebe, Rivalität, Krieg und Aufstände. Und das ist die andere Seite der Geschichte, im weiteren Verlauf wird zeitweise ein großer Teil von Politik und Kriegsgeschehen bestimmt, was die Uhrmachermeisterei ein wenig in den Hintergrund drückt.
Hendrik Lambertus erzählt seinen perfekt recherchierten historischen Roman mit leichter Hand und schnörkellosem, flüssigen Schreibstil.
Die 4 Zeitsprünge zwischen den Generationen beginnen jeweils mit einem Stammbaum zur Orientierung. Sie straffen die umfangreichen Jahre und lockern die Geschichte auf, andererseits bleiben dadurch einige Charaktere ein wenig auf Distanz und manche interessante Randfigur verschwindet sang und klanglos wieder. Mir persönlich hat oft ein wenig Familienleben gefehlt, man bekommt z.B. mit das geheiratet wird, aber nicht wie die Paare sich zusammenraufen, neue Ideen umsetzen usw.
Die Charaktere können dennoch überzeugen. Sie sind authentisch und toll ausgearbeitet. Oftmals spürt man ihren Antrieb und auch ihre Zerrissenheit. Die Familie mit den rauchgrauen Augen bringt eine Reihe sehr unterschiedlicher Persönlichkeiten hervor, denen das Familienunternehmen nicht immer nur Glück bringt.
Besonders gut gefallen hat mir, dass der Autor die historischen Begebenheiten, insbesondere auch die Entwicklung Bremens mit einbringt. Auch im Bereich des Uhrmacherhandwerks spürt man die akribische Recherche. Das macht es unheimlich interessant und ich hätte so manches Mal gern noch mehr davon gelesen.

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Veröffentlicht am 24.04.2020

Düsterer Thriller mit Gruselfaktor

Das Dorf der toten Seelen
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* "Was in Gottes Namen ist hier passiert?", fragte er bestürzt. Darauf wusste Albin nichts zu erwidern. Er schwieg, so wie auch das verlassene Dorf eine Antwort schuldig blieb. *
Ich liebe Thriller, die ...

* "Was in Gottes Namen ist hier passiert?", fragte er bestürzt. Darauf wusste Albin nichts zu erwidern. Er schwieg, so wie auch das verlassene Dorf eine Antwort schuldig blieb. *
Ich liebe Thriller, die atmosphärisch dicht sind, mit einer unheimlichen Grundstimmung und am Ende eine logische und nicht an den Haaren herbeigezogene Auflösung. "Das Dorf der toten Seelen" ist so einer. Großartige, spannende Unterhaltung.
Es fängt alles ganz harmlos an, aber das ändert sich recht schnell und steigert sich dann Seite um Seite. Alice hat sich vorgenommen eine kleine Dokumentation über das verlassene Dorf Silvertjärn zu drehen. Von einem Tag auf den anderen sind dort vor 60 Jahren rund 900 Menschen spurlos verschwunden. Zurück blieb nur eine gesteinigte Tote auf dem Marktplatz und ein Baby. Niemand hat je herausgefunden, was passiert ist und Alice, deren Großmutter das Dorf kurz vorher verlassen hatte, hofft vielleicht einen Anhaltspunkt zu finden...
Diese beklemmende, leicht bedrohliche Atmosphäre des Dorfes kriecht bereits mit der Ankunft von Alice Gruppe durch die Zeilen. Schon der Prolog hat eine ganz besondere Atmosphäre. Doch dann wechselt die Autorin kurz in die Vergangenheit und mit einem Mal erscheint es einem wie ein - recht abgeschiedenes - doch ansonsten ganz normales Dorf. Camilla Sten wechselt kontinuierlich zwischen Vergangenheit und Gegenwart, wobei die größeren Parts im Hier und Jetzt spielen und der Leser spürt, wie sich die Stimmung 1959 schleichend verändert. Gänsehaut pur.
Aber nicht nur die Storyline hat mich total begeistert, auch die Charaktere sind unheimlich lebendig und authentisch. Man nimmt den Figuren alles ab, es gibt keine idiotischen Handlungen, manchmal fragt man sich sogar, was man selber an der Stelle getan hätte. Mich konnten die Charaktere durchweg überzeugen; sie hatten Tiefe und ihre Intentionen waren nachvollziehbar, bis hin zum bitteren Schluss. Und da war ich glücklich, dass es kein offenes Ende gab, sondern eine grandiose Auflösung.
Auch der lebendige, bildhafte Schreibstil trägt dazu bei, dass man die Umgebung, die verlassenen, verfallenen Häuser vor Augen hat, selbst diese absolute Stille ist spürbar. Camilla Sten versteht ihr Handwerk.
Fazit: Ein toller Thriller mit einer düsteren, beklemmenden Grundstimmung und einer sich nach und nach steigernden Spannung, der mich total mitgerissen hat. Ich hoffe, es gibt bald mehr von der Autorin - ich wäre sofort dabei.

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