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Veröffentlicht am 09.12.2020

Mehr als Miss Marple und Hercule Poirot

Agatha Christie
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Sie ist die meistübersetzte und meistverkaufte Autorin der Literaturgeschichte. Ihre Bücher haben eine Weltauflage von zwei Milliarden erreicht und seit 1952 läuft ihr Theaterstück "Die Mausefalle" ununterbrochen ...

Sie ist die meistübersetzte und meistverkaufte Autorin der Literaturgeschichte. Ihre Bücher haben eine Weltauflage von zwei Milliarden erreicht und seit 1952 läuft ihr Theaterstück "Die Mausefalle" ununterbrochen Abend für Abend. Die Superlative gehen einem aus, wenn man über Agatha Christie spricht. Doch wer war die Frau Agatha Christie? Wie war ihre Kindheit? Wie verliefen ihre Ehen und wie war ihre Einstellung zum täglichen Leben? Die Autorin Barbara Sichtermann geht diesen Fragen nach und entdeckt eine Frau, die immer an sich gearbeitet hat.

Barbara Sichtermann erzählt von einer glücklichen Kindheit, vom Verhältnis zur Mutter, deren Tod Agatha Christie sehr zu schaffen gemacht hat, von ihren zwei Ehen und von ihrem Werk; dabei lässt sie weder das zehntägige Verschwinden 1926 außen vor, noch die Tatsache, dass die Schöpferin von Miss Marple und Hercule Poirot nie professionelle Autorin werden wollte. Sie wollte schreiben, aber zu ihrem Vergnügen und nur finanzielle Nöte machten aus ihr die Autorin, die wir kennen. Sichtermann verbindet fiktive Gespräche mit Zitaten aus Christies Autobiographie und schafft so eine informative und durchaus spannende Sicht auf die Autorin, deren Ziel es immer war, mit der Zeit zu gehen. Denn sie kam aus einer Zeit, in der Frauen in erster Linie Mütter waren und niemand auch nur von "MeToo" geträumt hat. Aber in ihren Werken tauchen im Laufe der Jahre auch junge Frauen auf, die Karriere machen möchten. Auch da hat sie sich angepasst und neue Entwicklungen hinterfragt:

"Ich sehe da eine große Dummheit von Frauen, ihre durch jahrhundertelange Zivilisation erreichte privilegierte Position aufzugeben. Die Frauen der Naturvölker unterziehen sich einer unablässigen harten Plackerei. Wir scheinen entschlossen, zu diesem Zustand freiwillig - oder indem wir uns dazu überreden lassen - zurückzukehren."

Ich habe Agatha Christie über 85 Jahre begleitet. Begleitet bei ihrer Trauer über das Scheitern der ersten Ehe, ihrer Liebe zu ihrem zweiten Mann Max und ich durfte erleben, nicht nur wie Krimis entstehen, sondern auch wie Figuren entstanden sind, die jeder, egal ob aus Buch oder Film, kennt. Die Reisen in den Irak und nach Syrien, die sie genauso inspiriert haben wie die Menschen, denen sie täglich begegnet ist, ich war immer dabei. Dazu muss ich sagen, wenn man die Biographie liest, sollte man die Hauptwerke der Autorin schon kennen, denn Sichtermann spoilert an mancher Stelle absolut skrupellos.

Ich kann die Biographie auf jeden Fall empfehlen. Barbara Sichtermann transportiert die Lebenslust und die Neugier der Agatha Christie zu einer spannenden Unterhaltung. Sie ermöglicht einen Blick auf die Autorin und auch hinter die Kulissen, und sie hat mein Wissen über Agatha Christie erweitert.

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Veröffentlicht am 23.04.2020

Wie man aus geklauten Ideen Durchschnitt macht

VERGESSEN - Nur du kennst das Geheimnis
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Nachdem dem Selbstmordversuch ihres Mannes möchte Kirsty in Wales neu anfangen. Zusammen mit ihrer Familie eröffnet sie in einem alten Pfarrhaus eine kleine Pension. Zur Eröffnung erscheint auch ihre Cousine ...

Nachdem dem Selbstmordversuch ihres Mannes möchte Kirsty in Wales neu anfangen. Zusammen mit ihrer Familie eröffnet sie in einem alten Pfarrhaus eine kleine Pension. Zur Eröffnung erscheint auch ihre Cousine Selena, zu der sie vor vielen Jahren den Kontakt abgebrochen hat. Als diese ermordet wird, kommen Geheimnisse ans Licht, die immer verschwiegen wurden. Gleichzeitig scheint die dunkle Vergangenheit des Pfarrhauses ihre Bewohner einzuholen.

Dieser Thriller bietet für mich in Sprache, Verwicklungen, Figurenzeichnung und Spannung nur Durchschnitt. Ständig werden Andeutungen gemacht, Gespräche angefangen und abgebrochen, so dass die Schlussfolgerung bleibt, hier sollten nur mehr Wörter, mehr Seiten generiert werden. Dadurch wird das Ganze aber auch nicht schlüssiger, bzw. realistischer. Bei Details wie den Blumen vor der Haustür, dem Strick an der Decke oder der mysteriösen Puppe hatte ich den Eindruck, ich bin in einem Horrorhaus gelandet, wobei da auch vieles geklaut ist. Dieser Erzählstrang wird dann auf zwei Seiten aufgeklärt...WOW!

Mein Hauptproblem liegt aber in der Ich-Erzählerin Kirsty, eine Helikoptermutter, die sich außerdem ständig nur selbst bemitleidet und natürlich die einzige ist, die immer recht hat; und zum Thema geklaut: Ständig sucht sie nach ihrem Asthmaspray. Jahrelang hatte sie den Kontakt zu ihrer Cousine abgebrochen, um sich jetzt nach einem halben Gespräch zu versöhnen. Nicht besonders glaubwürdig. Auch das Klischee der herrischen Mutter und des Ehemanns, der sich selber gefunden hat, hat mich sehr ermüdet.

Was mir gut gefallen hat: Die Figuren der Kinder sind die einzigen, die wirklich gelungen sind. Bei der Suche nach dem Mörder gelingt es der Autorin außerdem sehr gut, den Verdacht auf wirklich alle Charaktere zu lenken. Da hat jeder Motiv und Möglichkeit. Zumal ich auch nicht mehr wusste, wem ich trauen konnte und wer wie viel verschweigt. An dieser Stelle des Romans bricht die Spannung aus dem Durchschnitt aus. Die Auflösung hat mich überrascht, wenn auch nicht überzeugt.

Ein Thriller, den man nicht unbedingt gelesen haben muss.

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Veröffentlicht am 21.04.2020

Hat mich sehr berührt

Die Optimisten
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Chicago 1985: Eine neuer Virus ist aufgetaucht und er lichtet die Reihen der Schwulen. Einmal infiziert, sind die Tage gezählt. Beunruhigt beobachtet Yale das Sterben um sich herum und muss gleichzeitig ...

Chicago 1985: Eine neuer Virus ist aufgetaucht und er lichtet die Reihen der Schwulen. Einmal infiziert, sind die Tage gezählt. Beunruhigt beobachtet Yale das Sterben um sich herum und muss gleichzeitig seiner Arbeit gerecht werden und eine neue Kunstaustellung vorbereiten. Paris 2015: Fiona, die ihren Bruder in den Anfängen von Aids verloren hat, begibt sich in Europa auf die Suche nach ihrer Tochter und muss sich ihrer Vergangenheit stellen.

Es geht in diesem Roman nicht nur um Aids, auch wenn man das meinen könnte. Es geht um so viel mehr. Es geht um Kunst, Liebe, Verrat, Freundschaft, Verantwortung, Tod und Hoffnung; darüber sich selber zu finden und optimistisch zu bleiben; und darüber, dass Wunden heilen können. Eine breite Palette. Ein Roman, der mich sehr mitgenommen hat; seit "Ein wenig Leben" habe ich mir bei einem Roman nicht mehr so oft die Tränen wegwischen müssen. Das ist nicht pathetisch, das ist auch nicht kitschig oder gar rührselig. Das ist real. Rebecca Makkai erschafft Charaktere, die ich sehr gerne begleitet habe, obwohl ich mir denken konnte, dass die meisten den Roman nicht überleben werden. Sie entwirft ein authentisches Bild der frühen 80er Jahre; über die Musik und die Mode. Ein Bild, das in Hinsicht auf Schwule und Aids sehr erschreckend, aber auch sehr realistisch ist. Denn die "guten" Medikamente kamen erst Mitte der 90er Jahre auf den Markt.

Die Autorin gibt allen eine Stimme, auch Nora, einer der besten Charaktere im Roman. Sie übergibt Yale frühe Werke einiger bekannter und weniger bekannter Maler, die kurz vor und nach dem Ersten Weltkrieg in Paris entstanden sind. So zieht sich die Kunst über ein Jahrhundert, bis 2015 die letzte Ausstellung des Romans stattfindet. Die Kunst, die nicht nur alle Handlungsstränge verbindet, sondern auch durch alle Zeit erhalten bleibt; nur anders gesehen wird.

Am Ende bleibt die Einsicht, das Leben im Hier und Jetzt zu leben und das passt dann auch in die Welt 2020: "Wartet man nicht eigentlich permanent darauf, das die Welt aus den Fugen gerät? Wenn die Verhältnisse stabil sind, dann immer nur vorübergehend."

Ich möchte nicht beurteilen, ob "Die Optimisten" ein gutes oder gar hoch literarisches Buch ist, aber es ist ein wichtiges Buch. Ein Buch, das trotz einer großen Traurigkeit das Leben feiert und Hoffnung gibt; darauf, dass alle Wunden heilen!

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Veröffentlicht am 11.04.2020

Gut gemeint ist das Gegenteil von gut

Wir holen alles nach
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Die Romane von Martina Borger, egal ob allein oder mit Elisabeth Straub, stehen immer für Qualität. Sie setzen sich mit dem Alltag auseinander, sie wühlen auf und sie machen nachdenklich. "Wir holen alles ...

Die Romane von Martina Borger, egal ob allein oder mit Elisabeth Straub, stehen immer für Qualität. Sie setzen sich mit dem Alltag auseinander, sie wühlen auf und sie machen nachdenklich. "Wir holen alles nach" bildet da keine Ausnahme.

Hier geht es um Sina, die alles für ihren Sohn möglich machen will, die eine gute Mutter sein will. Leider gehen in der Hektik des Alltags manche Dinge unter und der Junge geht mit seinen Gefühlen nicht hausieren, sondern macht viel mit sich selber aus. Bei seiner Nachhilfelehrerin Ellen und deren Hund hat der sensible, introvertierte Junge Freude. Aber auch mit Torsten, dem neuen Freund seiner Mutter versteht er sich gut. Als beobachtet wird, dass er plötzlich blaue Flecken am Körper hat und dazu immer stiller wird, werden Gerüchte in die Welt gesetzt, die das Leben der kleinen Patchworkfamilie komplett verändern.

Gekonnt erzählt Martina Borger vom Alltag, vom Alltag, wie er wirklich ist; sie erzählt von den kleinen Lügen des Alltags, den kleinen oder großen Geheimnissen, die wir alle haben; sie legt geschickt Spuren, die beim Leser die Vorurteile schüren und so setzt sie dem Leser, in diesem Fall mir, den Spiegel vor. Wie oft werden Beobachtungen gemacht und dann Dinge erzählt, die jeglicher Grundlage entbehren? Wie oft setzen wir selber Gerüchte in die Welt, ohne groß darüber nachzudenken? Alles unter dem Deckmantel: Aber ich habe es doch nur gut gemeint!

Der Roman ist eine Aufforderung, genau hinzusehen, das offene Gespräch zu suchen, statt hinter Rücken zu reden. Dabei hat es die Autorin nicht nötig, mit dem erhobenen Zeigefinger zu winken und sie stellt sich nicht auf eine Seite. Niemand ist immer nur gut oder böse. Weder Sina noch Torsten, weder Ellen noch die Grundschullehrerin. Alle machen sich Gedanken, aber keiner hinterfragt sich selber. Das ist sehr gut gemacht!

Für mich ein absolutes Lesehighlight; ein Roman, der die Realität spiegelt!

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Veröffentlicht am 27.03.2020

Spannender Krimi rund um Husum

Eisiger Nebel
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Im Husumer Hafen wird eine entstellte Leiche aus dem Wasser gefischt. Theo Krumme und seine Kollegin Pat stoßen bei ihren Ermittlungen auf eine Mauer des Schweigens. In einem kleinen Dorf finden sie mehr ...

Im Husumer Hafen wird eine entstellte Leiche aus dem Wasser gefischt. Theo Krumme und seine Kollegin Pat stoßen bei ihren Ermittlungen auf eine Mauer des Schweigens. In einem kleinen Dorf finden sie mehr als einen Täter.

Über diese Serie bin ich im letzten Jahr gestoIpert, als der Autor zu einer Lesung bei den Aachener Krimitagen war. Eingestiegen bin ich da direkt mit dem fünften Fall, was ich normalerweise überhaupt nicht mag. Aber bei dieser Serie hatte ich nicht das Gefühl, dass mir wichtige Informationen fehlen und ich kann sagen, dass mir die Serie rund um Theo und Pat sehr gut gefällt. Regionalkrimi mit einem Schuss Mystik in einer flotten Schreibe.

Diesmal muss ich aber sagen, dass Hendrik Berg meine Geduld auf eine Probe gestellt hat. Denn "Eisiger Nebel" braucht einige Zeit, bis er richtig in Schwung gerät. Die ersten 150 Seiten hatte ich nicht den Eindruck, dass irgendwas passiert; die ganze Geschichte tritt auf der Stelle. Ich hatte auch nicht die geringste Ahnung, worauf der Autor hier hinaus will. Aber da ändert sich alles, die Handlung geht vorwärts und das Tempo nimmt so richtig Fahrt auf. Der Krimi wird für die verbleibenden 200 Seiten zum Pageturner. Das ist richtig gut gemacht und hat mich für die Wartezeit mehr als entschädigt.

Die Ermittler und das persönliche Umfeld in diesem Regionalkrimi sind dafür gemacht, dass ich diese Reihe weiterverfolgen und die mir noch fehlenden Fälle nachholen werde. Das Wiedersehen mit dem liebenswerten Personal hat mir großen Spaß gemacht, und ich bin auf die weitere Entwicklung der Charaktere gespannt, vor allem auf Theo und seinen Hund.

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