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Martinchen

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 25.05.2024

Die Höhle am Rocher du Rocalinaud

Lavendel-Sturm
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In einer geheimnisumwitterten Sandsteinhöhle wird Angeline Cravsse tot aufgefunden, offenbar an einer Überdosis gestorben. Zunächst wird ein Unfall vermutet, die Auffindsituation deutet auf einen Täter ...

In einer geheimnisumwitterten Sandsteinhöhle wird Angeline Cravsse tot aufgefunden, offenbar an einer Überdosis gestorben. Zunächst wird ein Unfall vermutet, die Auffindsituation deutet auf einen Täter hin. Ins Visier gerät Angelines Freund Pascal Bech, der nicht nur Musiker ist. Doch dann stirbt auch er.

„Lavendel-Sturm“ ist der sechste Band der Reihe um die junge Kommissarin Lilou Braque. Ihre Geschichte wird weiter erzählt, der Fall an sich ist abgeschlossen und kann unabhängig von den Vorgängerbänden gelesen werden.

Die meisten Figuren sind bereits aus den Vorgängerbänden bekannt, dennoch sind sie auch für Neueinsteiger lebendig beschrieben. Auch diejenigen, die im Zuge der Ermittlungen eine Rolle spielen, sind gut vorstellbar. Interessanterweise erobert vor allem Digne die Herzen – auch meines.

Es gibt keinen vielversprechenden Ansatz für die Ermittlungen, was die Autorin nutzt, um die mühsame Kleinarbeit der Polizei und das gute Zusammenspiel innerhalb des Teams zu beschreiben.
Flasche Fährten und unerwartete Wendungen führen zu einer Lösung, die keine Fragen offen lässt, aber einige Veränderungen für das Team um Lilou mit sich bringen.

Natürlich spielen auch die Landschaft und das französische Savoir-vivre eine Rolle, wenn auch vielleicht etwas weniger als in den anderen Bänden.

Fazit: eine absolut gelungene Fortsetzung, die Lust auf weitere Bände macht

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Veröffentlicht am 24.05.2024

Ein Traum wird wahr - dann kommt der Alltag

Das kleine Haus am Küstenweg
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Das Versprechen des Covers nach schönen Lesestunden wird eingehalten, aber anders als gedacht. Luise Holthausen beginnt ihren Roman mit dem ersten Aufeinandertreffen ihrer Protagonisten. Ihre Gefühle füreinander ...

Das Versprechen des Covers nach schönen Lesestunden wird eingehalten, aber anders als gedacht. Luise Holthausen beginnt ihren Roman mit dem ersten Aufeinandertreffen ihrer Protagonisten. Ihre Gefühle füreinander sind sehr stark, so dass sie bald ein Paar werden. Die hier massiv auftretenden Schwierigkeiten können sie nur miteinander meistern.

Die Protagonisten sind lebendig, überwiegend sympathisch und gut vorstellbar beschrieben. Schnell wird klar, dass weder bei Hannas Mutter noch bei ihrer Schwester alles so ist, wie es den Anschein hat. Luise Holthausen lässt vor allem Hanna Raum, sich von einer naiven Frau mit unrealistischen Träumen, die sich kleiner macht als sie ist, zu einer selbstbewussten und durchsetzungsfähigen Frau zu entwickeln.

Luise Holthausen hat einige originelle Ideen, die zu etwas überraschenden Wendungen führen. Manches habe ich als sehr realistisch empfunden, anderes ging mir etwas zu glatt oder auch zu schnell, was sowohl dem Genre als auch der Länge geschuldet ist.

Quasi nebenbei gibt es auch ein wenige Küstenflair, das sofort Lust auf eine Segeltour (bei schönem Wetter) macht.

Fazit: ein gelungener Roman, der sich von anderen abhebt

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Veröffentlicht am 07.05.2024

Eine Familie, viele Geheimnisse

Treibgut
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Der 70. Geburtstag des Meeresbiologen Adam Gardner steht bevor. Er selbst sieht sich kurz vor einem Durchbruch in der Erforschung der Walgesänge und ist manisch-depressiv. Sein Sohn Ken, verheiratet mit ...

Der 70. Geburtstag des Meeresbiologen Adam Gardner steht bevor. Er selbst sieht sich kurz vor einem Durchbruch in der Erforschung der Walgesänge und ist manisch-depressiv. Sein Sohn Ken, verheiratet mit Jenny, Vater von Zwillingen und erfolgreicher Immobilienmakler steckt in einer tiefen Krise. Abby, Adams Tochter, ist Künstlerin und lehnt trotz ihrer Liebe zu David eine Ehe ab. Sie steht kurz vor ihrem Durchbruch, als sie entdeckt, dass sie schwanger ist. Jenny ist die perfekte Ehefrau für Ken, vergisst dabei jedoch sich selbst. Außerdem gibt es noch Steph Murphy, die nach der Geburt ihres Sohnes ihre Familiengeschichte klären will.

Adrienne Brodeur lässt ihre Protagonisten abwechseln erzählen. Diese Perspektivwechsel, verbunden mit einem lebendigen Sprachstil, der mitunter poetisch ist, macht das Lesen kurzweilig. Der Zauber der Landschaft auf der Halbinsel Cape Cod wird beim Lesen quasi erlebbar, der wunderbare Sommer, in dem die Geschichte spielt, tut ein übriges. Im Gegensatz dazu stehen die
Konflikte und Probleme der Protagonisten. Dabei ist vieles zwischen den Zeilen zu lesen, doch damit ergibt sich ein stimmiges Gesamtbild der Familie.

Der Roman spielt von April bis Oktober 2016, die US-Präsidentschaftswahl steht bevor, wobei die Kandidatin als haushohe Favoritin galt. Die Autorin nimmt darauf an mehreren Stellen Bezug, wobei auch die Aufbruchstimmung und die Zukunftsängste eine Rolle spielen.

Viele Themen werden angesprochen: die manisch-depressive Erkrankung des Vaters, die enge Beziehung zwischen den beiden Geschwistern, die sich nahezu ins Gegenteil verkehrt, als die beiden erwachsen werden, Jenny, die zwischen Ehemann und bester Freundin steht, Steph lebt in einer gleichgeschlechtlichen Beziehung, Abbys Freund ist verheiratet, Kens massive Probleme mit seinem Selbstwertgefühl und noch andere mehr.

Das Cover bringt einen Aspekt des Romans wunderbar zum Ausdruck. Mir persönlich gefällt der Originaltitel (Little Monsters) besser, auch in der deutschen Übersetzung, weil er den Punkt trifft. Allerdings kann der deutsche Titel auf zweierlei Weise mit dem Inhalt in Verbindung gebracht werden, so dass er so abwegig nicht ist.

Adrienne Brodeur ist Geschäftsführerin einer Non-Profit-Organisation und Mitbegründerin der Literaturzeitschrift „Zoetrope“, zusammen mit Francis Ford Coppola. Sie pendelt zwischen Cambridge und Cape Cod. Letzteres ist ihrem Roman in wundervoller Weise anzumerken.

Karen Witthuhn hat diesen Roman wunderbar übersetzt. Sie übersetzt seit 2000 Theatertexte und Romane, darunter Simon Beckett, D.B. John, Ken Bruen. Sie hat 2015 und 2018 Arbeitsstipendien des Deutschen Übersetzerfonds erhalten.


Fazit: ein poetischer und vielschichtiger Sommerroman, der nachhallt

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Veröffentlicht am 04.05.2024

Das Trauma der Nachgeborenen

Im Angesicht der Angst
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„Im Angesicht der Angst“ ist der zweite Fall für Kommissar Bartholomé und seinen Kollegen Simon Glauber. Der erste Band ist zum Verständnis nicht nötig, weil jeder Band in sich abgeschlossen ist. Wenn ...

„Im Angesicht der Angst“ ist der zweite Fall für Kommissar Bartholomé und seinen Kollegen Simon Glauber. Der erste Band ist zum Verständnis nicht nötig, weil jeder Band in sich abgeschlossen ist. Wenn er so spannend ist wie der vorliegende, ist es zu empfehlen.

Auf dem Drachenfels verbrennt sich vor den Augen einer Familie eine junge Frau, deren Identität lange unklar ist. Bartholomé und Glauber haben auch aus diesem Grund zunächst keine Idee, wo sie ansetzen sollen. Insbesondere Glauber ist von den Geschehnissen sehr mitgenommen, zumal ein kleines Mädchen den Suizid ansehen musste, arbeitet jedoch professionell weiter. Mit Wiebke Heuer, die die beiden Ermittler unterstützen soll, nimmt die Sache Fahrt auf. Zunächst sind Bartholomé und Glauber nicht sehr begeistert, handelt es sich doch um die Tochter des Polizeipräsidenten, entsprechende Kommentare inbegriffen. Doch sie täuschen sich: Wiebke kann ausgezeichnet recherchieren und wird eine wertvolle Hilfe bei den weiteren Ermittlungen. Diese führen tief in die Vergangenheit und sind doch hochaktuell.

Kurze Kapitel und Szenenwechsel machen den Thriller sehr spannend. Trotz des furchtbaren Geschehens gibt es immer wieder auch Szenen, die zumindest zum Schmunzeln anregen. So gibt es kleine, völlig unbedeutend scheinende Hinweise auf Comics, Treffen mit Helene und einer wunderschönen Déesse und das überraschende Auftauchen eines attraktiven jungen Mannes bei Lucien Bartholomé. Dieser wird in den hoffentlich folgenden Bänden sicher eine Rolle spielen.

Mick Saunter hat sehr gut recherchiert und zeigt die Auswirkungen langer zurückliegender Geschehnisse auf Kinder und Enkel.

Fazit: Leseempfehlung für einen spannenden Thriller mit Überraschungen

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Veröffentlicht am 29.04.2024

Liedtragende des Krieges

Wo die Asche blüht
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In „Wo die Asche blüht“ erzählt Nguyễn Phan Quế Mai die Geschichte der Amerasier, Kinder von vietnamesischen jungen Frauen und amerikanischen Soldaten, die während des Vietnamkrieges gezeugt wurden. In ...

In „Wo die Asche blüht“ erzählt Nguyễn Phan Quế Mai die Geschichte der Amerasier, Kinder von vietnamesischen jungen Frauen und amerikanischen Soldaten, die während des Vietnamkrieges gezeugt wurden. In drei Erzählsträngen verknüpft die Autorin die Geschichten der Schwestern Trang und Quỳnh, die nach Sài Gòn gingen, um mit dem dort verdienten Geld ihre verschuldeten Eltern zu unterstützen. Worin ihre Arbeit bestand, war ihnen zunächst nicht klar. Dann geht es um Phong, einen Amerasier, der im Waisenhaus aufgewachsen ist, sucht verzweifelt nach seinen Eltern. Der dritte Erzählstrang schließlich erzählt von Dan, einem Soldaten, der im Vietnamkrieg eingesetzt war. Er hat seine schwangere Freundin zurückgelassen und kommt knapp 50 Jahre später nach Vietnam zurück, um sein Kind zu suchen.

Nguyễn Phan Quế Mai erzählt die Geschichten ihrer lebendig beschriebenen Protagonisten mit Empathie. Sie versteht es hervorragend, in einem ruhigen Erzählstil, wunderbar übersetzt von Claudia Feldmann, die einzelnen Schicksale mit ihren Auswirkungen und das Grauen des Krieges darzustellen. Ihre Sorgen, ihre Gefühle, ihre Fragen, ihr großes Leid kommen in jeder Zeile des Romans zum Ausdruck. Es wird sehr deutlich, dass alle Leidtragende sind: die jungen amerikanischen Soldaten, deren eine völlig falsche Aufgabe vermittelt worden war, die jungen Frauen, deren Not ausgenutzt wurde, die vietnamesische Landbevölkerung, der die Lebensgrundlage genommen wurde und natürlich und vor allem die Kinder, die aus den Beziehungen zwischen Amerikanern und Vietnamesinnen hervorgingen.

Nguyễn Phan Quế Mais Forschungen und Recherchen für ihre Doktorarbeit sind die Grundlage für diesen Roman, der zwar fiktiv ist, jedoch auf realen Ereignissen basiert. In ihrem lesenswerten Nachwort gibt sie weitere Informationen dazu.

Fazit: ein wunderbarer, berührender, bewegender Roman über Schuld und Vergebung

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