Wie andere mich sehen
Wie du mich siehst„Wie andere mich sehen“ wäre ebenfalls kein verkehrter Titel für dieses so wichtige Buch gewesen. Denn was Shirin am Umziehen am meisten nervt, sind die lauten und leisen Vorurteile der neuen Mitschüler. ...
„Wie andere mich sehen“ wäre ebenfalls kein verkehrter Titel für dieses so wichtige Buch gewesen. Denn was Shirin am Umziehen am meisten nervt, sind die lauten und leisen Vorurteile der neuen Mitschüler. Komische verhaltenen Blicke, Beschimpfungen wie „Terroristin“, offene Ausgrenzung oder aber auch körperliche Attacken ist sie schon gewohnt. Und das alles nur, weil die junge Californierin mit iranischen Wurzeln Kopftuch trägt.
Dieses Buch hat mich mitgerissen. Nachdenklich gemacht. Wütend gestimmt. In unserem Kulturkreis ist es verwerflich, wenn man sich offen zu seiner Religion bekennt. Dabei zeigt die Autorin mit Shirins Charakter, dass sie doch ein ganz normales Mädchen ist und sich kaum von Gleichaltrigen unterscheidet. Bis auf Äußerlichkeiten. Gewohnt an Mobbing und Ausgrenzung hat Shirin eine Mauer um sich errichtet, die sich in einer spitzen Zunge, gepaart mit etwas Aggressivität, äußert. Innerlich ist sie wütend auf die Oberflächlichkeit der Menschen, auf ihre Vorurteile und Unkenntnis. Im krassen Gegensatz dazu steht ihr Bruder, der genau wegen seines „exotischen“ Aussehens bei den Mädchen ganz besonders beliebt ist. Seine Religion? Die spielt hier keine Rolle. Warum auch, man sieht sie ihm ja nicht an.
Wir Menschen neigen dazu, in Schwarz-Weiß zu denken. Das ist im Cover sehr schön abgebildet. Ocean, der sich nicht vorstellen kann dass Shirin tagtäglich wegen ihrer Religion diskriminiert wird, beginnt im Laufe der Geschichte auch in Grauzonen zu denken. Die beiden geben sich viel, denken über den Tellerrand hinaus. Gezwungenermaßen, denn das junge Paar hat einige Hürden zu überwinden. Insbesondere Ocean tut sich schwer damit, kann er einfach nicht verstehen, warum die Leute sich an einem Stück Stoff auf dem Kopf seiner Freundin so aufregen. Shirin denkt anfangs allerdings auch nicht weit, denn in ihren Augen sind alle anderen Menschen Rassisten. So kann sie gar nicht zulassen oder aktiv mithelfen, dass Vorurteile abgebaut werden.
Der sehr lebendige Schreibstil hat bewirkt, dass ich mich sehr gut in Shirin hineinversetzen konnte. Gleich zu Beginn legt die Autorin los, lässt dem Leser keine Schonfrist. Tahereh Mafi hat in dieser Geschichte auch viele eigene Erlebnisse verarbeitet. Das zu lesen, hat mich sehr traurig gestimmt. Zwar spielt die Handlung zwischen 2003 und 2005, jedoch hat sich in den letzten fast fünfzehn Jahren nichts gebessert. Das ist nicht akzeptabel und wie sollten alle darauf hinarbeiten, Rassismus – egaö in welcher Form oder gegen was - keinen Platz in unserer Gesellschaft zuzugestehen.