That Girl - keine Liebesgeschichte
That GirlTess, 25 Jahre jung, Influenzerin und Autorin ist ein That Girl, so wie es viele sind in den Sphären der sozialen Medien. Sie hängt an ihren Routinen - so sehr, dass es fast sklavisch wirkt. Die Begriffe ...
Tess, 25 Jahre jung, Influenzerin und Autorin ist ein That Girl, so wie es viele sind in den Sphären der sozialen Medien. Sie hängt an ihren Routinen - so sehr, dass es fast sklavisch wirkt. Die Begriffe kenne ich durch meine Teenager Töchter und ich hatte sofort ein Bild vor Augen!
Als eine Frau einer ganz anderen Generation - ich bin 20 Jahre älter als die Protagonistin - hat es mich sehr amüsiert, tiefer in diese Welt einzutauchen, die trotz aller Bemühungen originell zu sein, mich doch sehr an meine alten Single-Bücher erinnert hat. Bridget Jones 2024, keine Schokolade zum Frühstück, aber unfassbar ordentliche Wohnung, Fotos der Avocado Toasts für die Follower - bei der Gelegenheit muss ich nochmal betonen, wie schlecht die Öko-Bilanz von Avocado ist, warum also wird sie immer noch so gehypt?????, regelmäßiges Yoga und Meditation und das tägliche Schrittziel wird zur Not abends mit einer Runde um den Block noch schnell erreicht, weil das Laufband heiß gelaufen ist. Okay.
Doch der Verlauf der Geschichte hat mich dann doch positiv überrascht. Es ist KEINE klassische Liebesgeschichte, auch wenn streckenweise eine zuckersüße, fast schon zu kitschige Liebesgeschichte zwischen Tess und Leo entsteht. Tess´ Beziehungen zu Männern stehen zwar durchaus im Vordergrund, aber es geht auch um vieles mehr. Ihre Beziehungen zu ihren Freundinnen sind ein wesentlicher Teil des Buches und Knackpunkt für die Entwicklung, die wir verfolgen werden.
Ihre Freundinnen selbst sind auch wirklich interessante Personen, hier hebe ich besonders Cora hervor! Ihr Ausbruch, als sie Tess komplett ehrlich sagt, wie es eigentlich ist, wenn man nicht die normschöne Gestalt hat, sondern übergewichtig ist, hat mich tief betroffen gemacht und war eine sehr starke Szene. Hier gefiel mir Cora wirklich auch viel besser als die streckenweise ein bisschen zu selbstmitleidige Tess, die mich dann doch sehr an meine ehemaligen Heldinnen erinnert hat und der ich gerne öfter mal ein - chill mal! zugerufen hätte. Ich war auch ab und an genervt davon, wie schwierig es für Tess war, einfach mal zu kommunizieren und mit dem Konzept des Ghostings werde ich niemals warm werden! Sehr amüsant war für mich, dass Tess sich in ihrem Liebeskummer NICHT in Junkfood und Alkohol flüchtet, sondern statt dessen ihr Schrittziel erhöht und einen besonders teuren Yoga Kurs besucht.
Der Stil des Romans gefällt mir ausnehmend gut - die Autorin wechselt zwischen den langen Kapiteln aus Sicht der Ich-Erzählerin Tess auflockernd den Schreibstil, indem sie Passagen aus Tess´ 1. Buch (gedruckte Version), später gestrichene Passagen aus demselben Buch (mit den übertrieben freundlichen Kommentaren der "Zensorin" - das Buch scheint absolut glatt gespült erst raus gekommen zu sein und alles zu tiefgründige oder negative wurde geskippt), Textmessages und Instagram Posts mit Kommentaren der Follower von Tess.
Ich habe das Buch wirklich verschlungen und werde es meinen Töchtern geben - auch, um ihre Meinung zu hören.
Ein gut geschriebenes, sehr lesbares Buch, das mich nachdenklich gestimmt hat, aber auch sehr gut unterhalten hat!
Klare Leseempfehlung und danke euch Mädels für das Muttertagsgeschenk ♥