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Veröffentlicht am 21.08.2023

Kampf gegen Dämonen

Liebewesen
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Dieses Debüt ist wirklich besonders, modern mit Witz, schlagfertigen Dialogen und einer sehr direkten aber nicht vulgären Sprache, dreht Protagonistin Lio ihr Innerstes nach außen.
Ihre Kindheit in einer ...

Dieses Debüt ist wirklich besonders, modern mit Witz, schlagfertigen Dialogen und einer sehr direkten aber nicht vulgären Sprache, dreht Protagonistin Lio ihr Innerstes nach außen.
Ihre Kindheit in einer dysfunktionalen Familie mit einem schwachen, alkoholkranken Vater und einer lieblosen, gewalttätigen Mutter, die die Geburt ihrer Tochter Tag für Tag verflucht, hat deutliche Narben hinterlassen. Lio ist ihrem Körper fremd, tut sich schwer mit Berührungen.
Dennoch findet sie mit Hilfe ihrer Freundin und der Tinder App ihren Freund Max, der allerdings selbst große Probleme hat. Für ihn gibt es immer wieder dunkle Zeiten, in denen Depressionen sein Leben bestimmen.
Als Lio ungewollt schwanger wird, will sie das Kind auf keinen Fall bekommen.

Seite 124
„ ich war immer davon ausgegangen, dass ich gar nicht schwanger werden konnte. Mein Körper war kein richtiger Frauenkörper, allenfalls ein ausrangierter Prototyp. Außerdem musst die Natur doch ein Interesse daran haben, dass so jemand, wie ich sich nicht fortpflanzte.“

Mit ihrer Vorgeschichte, so ist sie sich sicher, sollte sie nicht die Verantwortung für ein anderes Lebewesen übernehmen. Max dagegen, dem sie nichts von ihrer Schwangerschaft erzählt hat, hält die Gründung einer Familie für die Lösung all ihrer Probleme.

Caroline Schmitt hat eine sehr reflektierte Protagonistin geschaffen, in deren Gefühlswelt man sich sehr gut einfühlen konnte.
Schade fand ich, dass die Probleme von Max und deren Ursache nicht noch tiefer beleuchtet wurden.

Das Buch ist mit seinen knapp über 200 Seiten sehr intensiv, trotzdem sehr flüssig zu lesen und bietet eine Menge Stoff zum Nachdenken. Ich mochte den Roman, der aber nicht für jeden etwas ist.
Eine Triggerwarnung hätte ich mir für sensible Leser:innen noch gewünscht.

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Veröffentlicht am 15.08.2023

Ein Sommerbuch par excellence

Adas Fest
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Ada‘s Fest ist ein Buch mit ganz viel Sommerflair, dass wirklich toll ein Frankreich- Urlaubsfeeling und die französische Lebensart transportiert ohne seicht oder kitschig zu sein.



Hauptfigur ist die ...

Ada‘s Fest ist ein Buch mit ganz viel Sommerflair, dass wirklich toll ein Frankreich- Urlaubsfeeling und die französische Lebensart transportiert ohne seicht oder kitschig zu sein.



Hauptfigur ist die 74 jährige Ada , die mit ihrem verstorbenen Mann ein Sommerhaus an der französischen Atlantikküste besitzt. Zu Lebzeiten ihres Mannes Leo, der ein berühmter Maler war, wurden in dem Haus mit dem Namen „Les Vagues“ (Die Wellen) regelmäßig rauschende Parties mit Familie und Freunden, Nachbarn und Geschäftspartnern gefeiert. Dieser Tradition folgend möchte Ada jetzt ein letztes Mal ein großes Fest feiern, denn sie wird dieses Haus in Kürze aufgeben müssen. Die heftigen Stürme der letzten Jahre haben an der Küste genagt, und um wirkungsvollen Küstenschutz betreiben zu können, wird ihr Haus abgerissen werden müssen, um das dahinterliegende Dorf zu retten.

Dieses Fest soll sowohl ein Abschied als auch eine Hommage an ihren Mann sein und wird für ihre Kinder eine Überraschung werden, denn diese ahnen nicht, dass das geliebte Strandhaus aufgrund des Klimawandels derart bedroht ist.

Ada‘s Töchter Esther, Imme und Kiki reisen an, jede von ihnen mit den eigenen Problemen ihres Erwachsenenlebens im Gepäck. Nachdem sie alle Sommer ihrer Kindheit an diesem Ort verbracht haben, sind sie nicht nur tief verbunden mit dem Haus, sondern auch mit Vincent und seinem Sohn Joèl , die ein Restaurant im Nachbarort betreiben und sich auch wie Familie anfühlen. Wie werden sie den Verlust ihres Paradieses aus Kindertagen aufnehmen?



Katrin Burseg erzählt eine atmosphärisch dichte Familiengeschichte, und natürlich gibt es auch noch dunkle Familiengeheimnissen , die im Laufe der Geschichte noch aufgedeckt werden. Die Charaktere dieses Roman‘s habe ich als sehr authentisch empfunden, sie waren vielschichtig und hatten alle ihre besonderen Eigenarten. Auch der Schreibstil der Autorin war wunderbar, und man flog förmlich durch die Seiten.

Am Ende überschlagen sich dann die Ereignisse. Es gibt noch einen sehr überraschenden Twist, und ich hadere noch ein bisschen mit mir, aber der war mir dann doch zuviel.



Trotzdem habe ich das Buch sehr genossen. Es eignet sich hervorragend zur Urlaubslektüre ,ein Fast-Highlight Buch, dass ich gerne weiter empfehle.

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Veröffentlicht am 15.08.2023

Ein großer Genuss

Der Markisenmann
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Das Cover dieser Geschichte taugt auf jeden Fall zum hässlichsten Bucheinband des Jahres und ist wirklich abschreckend. Ein Wunder fast, dass die Marketingabteilung des Verlags es trotzdem gewagt hat, ...

Das Cover dieser Geschichte taugt auf jeden Fall zum hässlichsten Bucheinband des Jahres und ist wirklich abschreckend. Ein Wunder fast, dass die Marketingabteilung des Verlags es trotzdem gewagt hat, damit auf den Markt zu gehen. Aber… es passt zu dem Roman, wie die Faust aufs Auge.

Worum geht es?

In diesem wirklich herzerwärmenden Coming of Age Roman mit ganz viel Ruhrpottcharme lernen wir Ich-Erzählerin Kim und ihre Familie kennen. Sie ist eine aufmüpfige 15Jährige , die mit ihrer Mutter, ihrem Stiefvater und dem kleinen Bruder in einer Schicki - Micki Gegend im Speckgürtel von Köln wohnen und wie das bei Pubertierenden so ist, fühlt sie sich übersehen, ungeliebt und unverstanden. Nachdem sie es mit ihren Aktionen auf die Spitze getrieben hat und ihren kleinen Bruder ernsthaft verletzt hat, beschließt die Familie, dass Kim die Sommerferien besser bei ihrem leiblichen Vater verbringen solle, damit wieder Ruhe in das Familienleben einkehren könne. Kim soll obwohl sie ihren Vater überhaupt nicht kennt, die Ferien bei diesem Fremden verbringen. Ihr Vater, optisch schon mal enttäuschend, holt sie am Duisburger Bahnhof ab und nimmt sie mit in eine völlig neue Welt. Hat Kim in der 1. Nacht noch Fluchtgedanken, so macht sie doch eine tolle Entwicklung durch und kehrt nach 6 Wochen Duisburg Meiderich mit Tränen in den Augen in ihr Elternhaus zurück, weil es der beste Sommer ihres Lebens war.

Während ihr Stiefvater reich und arrogant ist, ist der „Unscharfe“ wie sie ihren Vater insgeheim nennt, weil er auf dem einzigen Foto was sie von ihm hat nur verschwommen zu erkennen ist, ein armer Schlucker. Er lebt in einer heruntergekommenen Halle im Industriegebiet und versucht mehr schlecht als recht Markisen im Direktvertrieb an der Haustür zu verkaufen. Sein Verkaufstalent ist unterirdisch, die Markisen, die aus DDR Restbeständen stammen grauenhaft hässlich. Da braucht es schon eine pfiffige Teenagertochter die seine Verkaufsgespräche mit ein paar Tricks ein bisschen pusht.

Kim hat endlich das Gefühl ,dass man ihr zuhört. Sie ist auch bei Papa Ronald Papen‘s Kumpels voll akzeptiert wenn die beiden abends in Rosie‘s Pilstreff etwas Geselligkeit suchen.

Und auch wenn ihr Papa eigentlich nichts zu bieten hat, gibt er seiner Tochter in diesen Ferien doch eine ganze Menge mit für ihr weiteres Leben, vor allem Liebe.

Ich hätte nie gedacht, dass mich dieses Buch so begeistern würde, aber Jan Weiler hat die Geschichte mit einem tollen Humor und trotzdem ganz viel Tiefe sehr einfühlsam erzählt. Es sind immer wieder ganz tolle Bilder, die der Autor , mit seiner Erzählweise hervorruft.

„Der Markisenmann“ ist ein tolles Sommerbuch, eine klasse Urlaubslektüre, ein Buch, dass immer passt und ja tatsächlich ein Überraschungshighlight.



Unbedingt lesen!

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Veröffentlicht am 11.08.2023

Traumhafte Radtouren in NRW

NRW-Radtouren – Band 1: Nord–West
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Dieser tolle und informative Radwanderführer führt in 2 Bänden in die schönsten Ecken von NRW. In dem mir vorliegenden Band 1 Nord - West gibt es interessante Tagestouren rund um die Städte:

Bocholt, ...

Dieser tolle und informative Radwanderführer führt in 2 Bänden in die schönsten Ecken von NRW. In dem mir vorliegenden Band 1 Nord - West gibt es interessante Tagestouren rund um die Städte:

Bocholt, Dinslaken, Duisburg, Düsseldorf, Gelsenkirchen, Gronau, Haltern am See, Herten, Kleve, Krefeld, Mettmann, Moers, Mönchengladbach, Münster, Neuss, Ratingen, Rheinberg, Rheine, Solingen, Steinfurt, Warendorf, Wesel, Wuppertal und Xanten

Eine Übersichtskarte findet man direkt am Anfang des kompakten Radführers. Hier sind auch die Ziele von Band 2 aufgeführt.

Nach einer kurzen Einführung, in der auch die Icons, die jeder Tour zugeordnet werden, erklärt sind und in der man einen QR Code zum Downloaden der GPS Daten findet, geht es direkt los.
Immer ist jeder Fahrradtour eine Karte mit der eingezeichneten Tour vorangestellt. Die Startpunkte, und das fand ich im Praxistest wirklich schön, befinden sich in der Regel an Bahnhöfen, so dass man bequem auch mit dem Zug an- und abreisen kann.
Das Herunterladen der GPS Daten funktionierte einwandfrei und wir haben, obwohl wir zunächst wohnortnahe Strecken getestet haben, auch neue Wege kennengelernt. Die Fotos der Highlights jeder Strecke machen Lust sich direkt auf den Sattel zu schwingen.
Die bisher getesteten Touren waren sehr abwechslungsreich und durch die anschaulichen Erklärungen der Wegpunkte und Sehenswürdigkeiten erfährt man ganz nebenher viel Interessantes über die Region.
Die hintere Umschlagseite enthält darüber hinaus neben nützlichen Apps und Webseiten für Fahrradfreunde auch eine Checkliste vor der Radtour und eine Packliste mit den wichtigsten Dingen, die auf keiner Radtour fehlen sollten.
Ich bin wirklich begeistert von dem tollen Radführer und empfehle ihn sehr gerne weiter.

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Veröffentlicht am 06.08.2023

Kinderschutz auf die Spitze getrieben

Institut für gute Mütter
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Diese Dystopie von Jessamine Chan, die auch ihr Debüt ist, hat mich berührt, verstört und wütend gemacht. Ich musste dieses Buch ( in meinem Fall das Hörbuch) ganz oft eine Weile an die Seite legen, weil ...

Diese Dystopie von Jessamine Chan, die auch ihr Debüt ist, hat mich berührt, verstört und wütend gemacht. Ich musste dieses Buch ( in meinem Fall das Hörbuch) ganz oft eine Weile an die Seite legen, weil ich die Geschichte kaum ertragen konnte.

In einem recht nüchternen Schreibstil erfahren wir von der schleichenden Entwicklung eines Gesellschaftssystems, dass sich anmaßt zunehmend in den privaten Bereich der Erziehung massiv einzugreifen. Dass zu lesen, ist beängstigend und verstörend und leider gar nicht so undenkbar.

Aus Sicht von Frida, der alleinerziehenden Mutter der 18 Monate alten Harriet erfahren wir, wie ihr „richtig schlechter Tag“ in der Katastrophe mündete. Nachdem ihr Baby aufgrund einer Mittelohrentzündung schon den ganzen Tag durchgeschrien hatte, entschloss sie sich kurz zu ihrer Uni zu fahren, um Unterlagen für ihr Homeoffice zu holen, die sie vergessen hatte. Letztendlich ließ sie ihr Kind zwei Stunden unbeaufsichtigt, und das blieb in der Nachbarschaft nicht unbemerkt. Frida wurde bei der zuständigen Kinderschutzbehörde angezeigt.



Wie Frida dann von ihrer Freundin und Anwältin erfährt, passierte dieser Vorfall zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt. Von staatlicher Seite hatte man die Kinderschutzbehörde gerade reformiert, und mit neuen Befugnissen ausgestattet. Viel schneller als früher war die Behörde nun berechtigt „unfähigen“ Eltern ihre Kinder zu entziehen, und diese zu einem neuen 1jährigen Schulungsprogramm zu zwingen. Natürlich war dieses Programm ein „freiwilliges“ Angebot, aber ein Muß für jeden, der die Chance erhalten wollte, sein Kind jemals zurück zu bekommen.



Das ewige Mantra dieser Schule, und das spricht schon für sich, lautete:

„Ich bin eine schlechte Mutter, aber ich lerne eine Gute zu sein.“



Mit Hilfe von KI Puppen soll Frida in dem Institut nun all die Kompetenzen erlernen, die eine gute Mutter ausmachen, während Frida‘s Exmann derweil das vollständige Sorgerecht für Harriet bekommt und sich zusammen mit Susanna seiner neuen Frau um deren Wohlbefinden kümmert.

Der Roman ist bitterböse und provokant und weist deutlich auf Missstände in den USA, dem Heimatland Chan’s hin.

Höchst fragwürdige, oft antiquierte Erziehungsmethoden werden unter totaler Überwachung, inklusive ständiger Gehirnwäsche mit den Puppenkindern trainiert. Misserfolge werden sofort sanktioniert. Gerne werden z.b Telefongespräche nach Hause für mehrere Monate gestrichen. Neben dem Institut für Frauen, gibt es auch noch eine weitere Schule für Männer, natürlich mit wesentlich lockereren Regeln.

Eins lernt Frida recht schnell, nämlich, das von ihr erwartet wird eigene Bedürfnisse komplett aufzugeben. Eine Mutter hat sich vollkommen aufzuopfern.

Für diese Geschichte braucht es einen etwas längeren Atem, und sie ruft natürlich vielerlei Emotionen hervor. Ich fand diese erschreckende Dystopie sehr gelungen.

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