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Veröffentlicht am 15.04.2021

Freiheit für Italien

Es war einmal in Italien
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Der Waisenjunge Pietro kann sein Glück kaum fassen. Ausgerechnet er wird von der Contessa ausgewählt. 16 Jahre ist er alt und kann durch Adoption der Hölle des Waisenhauses entkommen.

Auch Marta hatte ...

Der Waisenjunge Pietro kann sein Glück kaum fassen. Ausgerechnet er wird von der Contessa ausgewählt. 16 Jahre ist er alt und kann durch Adoption der Hölle des Waisenhauses entkommen.

Auch Marta hatte keinen leichten Start ins Leben. Sie war an Ketten gefesselt wie ein Hund als Melo vom Wanderzirkus das mißhandelte Kind einfach mitnimmt in ein besseres Leben.

Seine Protagonisten führt Luca di Fulvio im Kirchenstaat Rom zusammen und dass, kurz bevor hier der Freiheitskampf für ein einiges Italien ausbricht.

Der Autor hat einen bildgewaltigen historischen Roman geschaffen, ein regelrechtes Epos mit über 700 Seiten, was einen allerdings nicht abschrecken sollte, denn es macht wirklich Spaß in das Italien von 1870 zurückkatapuliert zu werden . Insbesondere wenn man das heutige Rom kennt, bereitet es großes Vergnügen die ganzen bekannten Plätze und Gebäude in einer gänzlich anderen Zeit zu erleben.

Ich bin zwischen Buch und Hörbuch, wunderbar vertont von Philipp Schepmann, hin und her gewechselt. Neben dem Freiheitskampf der Italiener bekommen wir als Leser und Zuhörer auch etwas mit über die Anfänge der Fotografie, denn Pietro kommt in Kontakt mit einem Adeligen, der seine Leidenschaft fürs Fotografieren an den Jungen weitergibt. Doch während der Principe die schönen Dinge des Lebens festhält, möchte Pietro die Wahrheit auf den Fotoplatten festhalten, die im ärmlichen Rom 1870 auch einmal darin besteht, Kinder abzulichten, die mit Pferdeäpfeln spielen, sich schimmliges Brot teilen oder eine Ratte, die durch die Straßen läuft.

Auch Marta ist zu einer starken Persönlichkeit herangereift, die sich plötzlich als Patriotin begreift und auch wenn sie eine Frau ist , nicht auf ihr politisches Engagement verzichten möchte. Blut spritzt nicht nur als die Schlacht in Rom beginnt, sondern auch, als Pietro vom rechten Weg abkommt und sich einer Bande von Kriminellen anschließt, die unter ihrem Anführer Albanese rauben und morden.

Neben der brutalen Realität des 19. Jahrhunderts kommt aber auch die Liebe nicht zu kurz. Vielleicht wird es hier sogar ein bisschen kitschig aber das habe ich Luca di Fulvio, der sprachgewaltig einen tollen atmosphärischen Roman geschrieben hat, nicht übel nehmen können.

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Veröffentlicht am 26.03.2021

Ode an die Jugend

Der große Sommer
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Frieder hat es verbockt. Den geplanten Sommerurlaub mit seiner Familie kann er vergessen. Er wird in den Ferien für die Nachprüfungen in Mathe und Latein büffeln müssen, und dafür soll er zu seinen Großeltern. ...

Frieder hat es verbockt. Den geplanten Sommerurlaub mit seiner Familie kann er vergessen. Er wird in den Ferien für die Nachprüfungen in Mathe und Latein büffeln müssen, und dafür soll er zu seinen Großeltern. Ausgerechnet sein strenger Großvater soll dafür sorgen, dass er auch wirklich lernt. Zu seiner großen Überraschung wird es trotzdem der Sommer seines Lebens werden, ein Sommer in dem er sich zum ersten Mal verliebt, in dem er viel über das Leben lernt, über Freundschaft, Angst und Tod über Respekt und Vertrauen. Es wird der Sommer an den er in späteren Jahren immer wieder zurückdenken wird, denn es war der Sommer an der Schwelle des Erwachsenwerdens.

Der Roman spielt irgendwann in den 80erJahren in einer unbenannten Stadt. Frieder's Familie ist insofern schon etwas besonderes, weil es eine kinderreiche Familie ist, bei der immer ein Grundchaos herrscht. Die Familienmitglieder gehen freundlich und liebevoll miteinander um, und zu seiner Schwester Alma, die nur wenig jünger ist als er und die aufgrund eines Praktikums ebenfalls nicht mit in die Ferien fährt, hat Frieder ein besonders inniges Verhältnis. Auch sein bester Freund Johann wird den größten Teil der Ferien in der Stadt sein. Und dann ist da noch Beate, die er zufällig im Schwimmbad kennengelernt hat und in die er sich sofort heftigst verliebt hat. Für dieses Vierergespann bleibt in der lernfreien Zeit Raum für Unternehmungen und wagemutige Aktionen und für Beate und Frieder auch die Chance sich näher zu kommen.

Ewald Arenz schafft es in seinem Roman das Gefühl der Jugend wieder heraufzubeschwören. Ich konnte diese Mischung aus Naivität,Unbeschwertheit , Wagemut und Unbesiegbarkeit sehr gut nachfühlen. Die Charaktere wirken absolut authentisch und vielschichtig. Der fast unnahbare Großvater, den Frieder noch vor kurzem hatte siezen müssen, hat auch eine sehr liebenswerte und fürsorgliche Seite, die auch der Icherzähler entdeckt. Die Liebe der Großeltern hat mich berührt. Die Gespräche zwischen Großmutter und Enkel waren bewegend . Die coole Fassade von Johann bröckelt , als dieser einen schweren Schicksalsschlag erleidet und die Freundschaft der Gruppe wird auf die Probe gestellt.

Der Sommer ist mit dem Beginn des neuen Schuljahres so unwiderruflich vorbei, wie die Unschuld der Kindheit. Deshalb klingt auch ein bisschen Wehmut mit, wenn Frieder Jahre später auf diese Zeit zurückblickt. Ewald Arenz ist ein wunderbar einfühlsamer Erzähler, der nicht nur den Sprung ins Erwachsenenleben gut eingefangen hat, sondern auch die 80er Jahre in seiner Erzählung hat aufleben lassen, und ich mochte seinen Roman wirklich sehr.

4,5 Sterne gibt es von mir für diesen sehr lesenswerten, warmherzigen Roman.

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Veröffentlicht am 21.03.2021

Leg Dich nicht mit der Russenmafia an

VANITAS - Grau wie Asche
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Carolin Bauer's ganzes Denken ist bestimmt von einem Gedanken: Überleben! In der Vergangenheit hat sie sich als Grafikerin mit Dokumentenfälschung etwas dazu verdient und ist so in die Fänge der Runssenmafia ...

Carolin Bauer's ganzes Denken ist bestimmt von einem Gedanken: Überleben! In der Vergangenheit hat sie sich als Grafikerin mit Dokumentenfälschung etwas dazu verdient und ist so in die Fänge der Runssenmafia geraten. Da kommt man normalerweise nicht lebend wieder heraus, besonders dann nicht, wenn man sich entschließt mit der Polizei zusammenzuarbeiten. Das ist unverzeihlich.

Nach einer vorgetäuschten Beerdigung und ihrer Flucht von Deutschland nach Österreich, führt Carolin ein Außenseiterleben mit einem Job in einem Blumenladen am Wiener Zentralfriedhof. Als es auf dem Friedhof einige Fälle von Grabschändung gibt, gerät Caro in das Visier der Wiener Polizei und hat natürlich Panik, dass ihre Deckung auffliegt, da nur ihr deutscher Kontaktpolizist ihre Vergangenheit kennt, und der ist plötzlich dauerhaft im "Krankenstand". Ist die Russenmafia ihr erneut auf der Spur? Caro muss davon ausgehen und trifft Maßnahmen um sich zu schützen.

In den 2.Teil von Vanitas bin ich mühelos reingekommen, obwohl die Lektüre von Teil 1 schon eine Weile zurückliegt. Das was im Einführungsband nur angedeutet wurde, Caro's Verbindung zur Russenmafia, wird bei der Fortsetzung sehr detailreich ausgeführt und man versteht Caro's ständige Angst vor der Entdeckung. Der Thriller hat mich von Beginn an gefesselt. Mir lag das Buch als Hörbuch vor und die Sprecherin Luise Helm hat einen sehr guten Job gemacht. Vielleicht ist es etwas unglaubwürdig, dass Caro die Friedhofsschändungen in ihrer Situation an der Polizei vorbei alleine aufklärt, aber sie will ja erreichen, dass sie allgemeine Aufmerksamkeit, auch die der Presse natürlich, sich wieder anderen Themen zuwendet.

Mich hat das Hörbuch jedenfalls großartig unterhalten ,und ich freue mich auf Band 3 der Reihe.

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Veröffentlicht am 02.01.2021

Den Platz im Leben finden

Dieses ganze Leben
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Bewertet mit 4.5 Sternen

In dem Buch "Dieses ganze Leben" von Raffaella Romagnolo übersetzt aus dem Italienischen, geht es um Paola de Giorgi kurz vor ihrem 16. Geburtstag. Sie hat ein schönes Zuhause. ...

Bewertet mit 4.5 Sternen

In dem Buch "Dieses ganze Leben" von Raffaella Romagnolo übersetzt aus dem Italienischen, geht es um Paola de Giorgi kurz vor ihrem 16. Geburtstag. Sie hat ein schönes Zuhause. Ihre Eltern sind wohlhabend. Sie sollte ein glücklicher und zufriedener Teenager sein. Stattdessen hadert sie mit ihrem Leben. Es fängt schon einmal damit an, dass sie ihren etwas übergewichtigen Körper hasst, ihre Schwabbelbeine, ihre Haare, ihre fettige Haut. Da ist es auch nicht hilfreich, dass ihre Mutter ihr eine Waage schenkt. In der Schule wird sie gemobbt, und der einzige Mensch dem sie uneingeschränkt vertraut ist ihr behinderter Bruder Ricci. Wenn die Mutter sie täglich zu 60 Minuten strammen Laufen verdonnert, macht sie sich mit ihrem Bruder im Rollstuhl auf den Weg und nutzt die Zeit mit ihm dem unerträglichen Alltag zu entfliehen. Dabei überqueren die Beiden dann die Schnellstraße zur Arbeitersiedlung Margeriten, die die Mutter hasst wie die Pest und stopfen sich mit Junkfood aus dem Büdchen voll. Eine Begegnung mit Antonio und dessen Bruder Filippo, die in der Siedlung zu Hause sind, die von der Baufirma der Familie di Giorgi errichtet wurde, verändert Paola's Sicht auf das Leben und ist auch für Ricci eine Bereicherung. In diesem Roman wird die Geschichte einer Familie erzählt, es gibt einen großen Familienskandal, es geht um arm und reich um Werte, die Liebe und den Umgang mit Behinderungen.

Die Ich- Erzählerin Paola erzählt in einer ausschweifenden oft schnodderigen Art, ist zynisch und weitsichtig. Es macht Spaß ihren Ausführungen zu folgen. Besonders am Anfang geht sie sehr selbstkritisch mit sich selbst zu Gericht. Auf jeden Fall hat Paola die Gabe den Finger genau in die Wunde zu drücken. Ehrlichkeit ist ihr wichtig. Umso schlimmer ist es für sie, als sie entdeckt, dass ihre Eltern Lügner sind. Zu ihrem Bruder Ricci hat Paola eine sehr enge Verbindung. Klar, necken sie sich auch wie ganz normale Geschwister, aber durch seine Behinderung hat Ricci von klein auf eine Sonderrolle in der Familie. Sein Tun wird ständig durchleuchtet, ob es ein Symptom für irgendwas ist und ob man einen Arzt hinzuziehen sollte. Nur Paola behandelt ihn normal und hat mit der Zeit eine Beziehung zu ihm aufgebaut, die über eine normale Geschwisterbeziehung hinausgeht.

Schön ist, dass sich die Figuren, die die Autorin sehr authentisch zeichnet, im Laufe des Romans weiterentwickeln. So gelingt es Paola nicht nur sich im Laufe des Buches mit ihrem äußeren Erscheinungsbild zu arrangieren, sie fasst auch wieder Vertrauen und erlaubt es sich und ihrem Bruder etwas eigenständiger zu werden.

Für mich war es ein rundherum gelungener Roman, den ich sehr gerne gelesen habe und gerne weiterempfehle. Manchmal fand ich die Sprache von Paola aber zu erwachsen für eine 16Jährige. Erwähnenswert auch die Nebenfiguren wie den Gärtner, der die Oma umschwärmte und die rumänische Nanny, die ich allerliebst fand.

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Veröffentlicht am 22.12.2020

Wie ein Monster erschaffen wird

Der rote Apfel
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Bewertet mit 4.5 Sternen

Einen koreanischen Thriller hatte ich bisher noch nie gelesen und das schwarze Cover mit der roten Schrift, der Apfelblüte, Blättern und den Blutspritzern macht es wahrlich zu ...

Bewertet mit 4.5 Sternen

Einen koreanischen Thriller hatte ich bisher noch nie gelesen und das schwarze Cover mit der roten Schrift, der Apfelblüte, Blättern und den Blutspritzern macht es wahrlich zu einem Eyecatcher. In ihrer Heimat Korea ist Mi Ae Seo eine bekannte Bestsellerautorin, und ich war sehr gespannt ob "Der rote Apfel" nach meinem Geschmack sein würde.

Der in der Todeszelle sitzende Serienmörder Lee Byongdo hüllt sich in Schweigen was seine Taten angeht. Die Polizei ist im Unklaren über seine Motivation und will auch nicht ausschließen, dass es viel mehr Opfer gibt, als bisher bekannt wurde. Um so überraschender ist sein Vorschlag doch mit einer einzigen Person zu reden, der jungen Kriminalpsychologin Sonkyong. Dieser ist der Fall zwar bekannt, sie ist sich aber sicher Lee Byongdo nie begegnet zu sein.Die Neugierde der jungen Frau überwiegt ihr Unbehagen und sie willigt ein den Mörder im Gefängnis zu befragen.

Zeitgleich nehmen Sonkyong und ihr Ehemann Chaesong dessen 10jährige Tochter aus 1. Ehe bei sich auf. Seine Ehefrau ist inzwischen verstorben und das Mädchen hatte bei seinen Großeltern gelebt, bis das Haus bis auf die Grundmauern abgebrannt ist. Während die Großeltern dem Feuer zum Opfer gefallen sind, hat die kleine Hayong den Brand überlebt. Das Zusammenleben gestaltet sich schwierig und es wird immer deutlicher, dass mit dem Kind etwas nicht stimmt.

Anders als bei anderen Thrillern wird der Leser nicht in ein Geschehen hineingeworfen, sondern wächst langsam in die Geschichte hinein. Die Autorin erzählt aus wechselnden Perspektiven, und der Verlauf der Geschichte ist bis auf das Ende folgerichtig und wenig überraschend. Auch werden weniger die Bluttaten von Lee Byongdo ausführlich gschildert, als eher die Psyche beleuchtet. Die Kernfrage dieses Buches ist, was alles passieren muss, dass ein Kindheitstrauma sich so verfestigt, dass dieser Mensch nur noch die Gewalt für sich als Ausweg sieht. Dass ein Täter irgendwo auch immer selbst ein Opfer ist, wird bei diesem Thriller mehr als deutlich. Beim Lesen bekommt man an manchen Stellen wirklich eine Gänsehaut. Sonkyong war für mich die zentrale Figur der Geschichte, eine sehr einfühlsame Protagonistin, die aber trotz ihrer psychologischer Schulung manchmal nicht so ganz gecheckt hat, was gespielt wurde.

Mir hat dieser Thriller wirklich gut gefallen, und ich empfehle ihn gerne weiter.

(Triggerwarnung -Gewalt gegen Kinder)

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