Hat mich sehr enttäuscht. Konnte zu den Figuren keinen Zugang finden, Genremix nach meinem Geschmack mißlungen, Geschichte zäh, sperrig und über große Strecken langweilig.
Die Geschichte verliert sich ...
Hat mich sehr enttäuscht. Konnte zu den Figuren keinen Zugang finden, Genremix nach meinem Geschmack mißlungen, Geschichte zäh, sperrig und über große Strecken langweilig.
Die Geschichte verliert sich immer wieder in Nebensächlichkeiten. Ich habe über 300 Seiten durchgehalten und dann doch noch abgebrochen, weil das Ende mir schlichtweg egal war.
„Es war wie im kalten Krieg, nur das ich nicht wusste, wer von beiden der Ostblock war.“
Ela, die kindliche Erzählerin des Romans steht zwischen den Fronten. Obwohl ihr Vater sich für einen Familienmenschen ...
„Es war wie im kalten Krieg, nur das ich nicht wusste, wer von beiden der Ostblock war.“
Ela, die kindliche Erzählerin des Romans steht zwischen den Fronten. Obwohl ihr Vater sich für einen Familienmenschen hält, sind die heimischen vier Wände sein Dauerkriegsschauplatz.
Dazu braucht es bei ihm keine Fäuste, der Psychoterror, mit dem er seine Frau überzieht, reicht aus, das Familienklima nachhaltig zu vergiften.
Immer wieder ist das Gewicht der Mutter Thema. Das Übergewicht seiner Frau zerstörte nach seinem Empfinden seine Karriere, da er keine vorzeigbare Gattin hatte. Er ging sogar so weit seine Frau regelmäßig vor seinen Augen auf die Waage zu zwingen.
Ein kleines Dorf im Hunsrück in den 80er Jahren, die Schwiegereltern im Haus, ein gesellschaftliches Umfeld, in dem die Frau die gesamte Care- Arbeit alleine wuppen musste und die, wenn der Hausherr es erlaubte, noch ein bisschen Geld dazuverdienen durfte, keinesfalls aber selbst Karriere machen sollte.. All das erscheint so rückständig und so furchtbar lange her, ist es aber nicht. Vieles an Zeithistorischem, was die Autorin in diesem autofiktionalen Roman schildert, weckt bei mir Erinnerungen. Ja es war wirklich so, und auf dem Dorf hielt sich das traditionelle patriarchalische Rollenbild der Nachkriegszeit noch ein bisschen länger als in der Stadt.
Ela‘s Mutter hatte über viele Jahre kaum eine Chance aus dieser Ehehölle auszubrechen. Die Sorge für andere (Kinder, Eltern, Schutzbefohlene) ließ sie stets eigene Bedürfnisse zurückstecken, sei es beruflich oder privat..Trotzdem unternahm sie immer mal wieder einen Fluchtversuch. Sie hatte aber keine nennenswerte Unterstützung gegen ihren tyrannischen Mann, weder durch die Schwiegereltern, sie sprach ja nicht mal Dialekt, noch durch ihre eigene Familie, die den Schwiegersohn nicht mochte, aber wie in dem verhassten Sprichwort „Wie man sich bettet so liegt man“, sollte sie schön alleine klarkommen.
Die Autorin, Daniela Dröscher hat ihre Protagonistin Ela nicht nur mit ihrem kindlichen Blick, zu Beginn des Buches ist sie erst 6 Jahre alt, auf dieses Ehedrama schauen lassen. Auch die erwachsene Ela kommt hin und wieder reflektierend zu Wort. Das fand ich ziemlich schlau, denn ein Kind kann kaum durchschauen, wie armselig das Verhalten des Vaters eigentlich war, wie er seine Frau zum ewigen Sündenbock machte, um die eigene Unzufriedenheit und die eigenen Unzulönglichkeiten zu verdecken. Für die kindliche Ela war der Vater trotz allem immer noch eine wichtige Bezugsperson, genau wie die Mutter deren beider Liebe sie bedurfte. Sie hätte es am liebsten gehabt , wenn die Eltern nicht mehr gestritten hätten. Als Kind sitzt man halt zwischen allen Stühlen. Ela‘s Mutter ist komplett überfordert und so kann sie ihrer Mutterrolle auch oft nicht gerecht werden. In gewisser Weise ist das Aufschreiben der Geschichte für die Autorin also auch eine Art Therapie, ihre Kindheit aufzuarbeiten.
Ich muss zugeben, Ela‘s Vater hat mich zunehmend aggressiv werden lassen. Wie schamlos er seine Frau den ganzen Tag schuften ließ, um dann auf dem Tennisplatz zu verschwinden. Im Geld aus dem Fenster schmeißen, dass seine Frau erwirtschaftet bzw. geerbt hatte, war er auch ganz groß. Hauptsache man machte nach außen hin etwas her und hatte Statussymbole, die widerspiegelten, dass man den Aufstieg von der Arbeiterklasse in die Mittelklasse geschafft hatte.
Sprachlich ist der Roman schon aufgrund seiner sehr jungen Erzählerin recht einfach gehalten. Er lässt sich aber flüssig lesen und war auch als Hörbuch überzeugend. Mir gefiel dieses 80er Jahre Feeling, dass in mir Erinnerungen an meine eigene Jugend wachgerufen hat. Das Buch ist eine tolle Sozialstudie dieser Zeit. Die Figuren wirkten auf mich sehr authentisch. Tragisch ist tatsächlich, dass die Mutter und auch die Kinder jahrelang in dieser toxische Beziehung gefangen waren. Ob ihre Erbschaft die Mutter wirklich finanziell unabhängig gemacht hat, kann ich nicht beurteilen. Hatte sie denn tatsächlich die volle Verfügungsgewalt über ihr Geld? Ich denke sie hat ihr Möglichstes getan. Es hat zwar sehr lange gedauert, aber letztendlich hat sie sich ja doch noch emanzipieren können und ist nicht in ihrer Opferrolle verblieben.
Ich finde den Roman empfehlenswert . Er bietet einiges an Diskussionsstoff und könnte für mehr Verständnis gegenüber der älteren Generation sorgen.
Stella ist von Beruf Ökonometrikerin und arbeitet sehr erfolgreich in einem großen Unternehmen, dass sich mit personalisierter Werbung beschäftigt. Wirtschaft und Mathematik sind ihr Steckenpferd. Sie ...
Stella ist von Beruf Ökonometrikerin und arbeitet sehr erfolgreich in einem großen Unternehmen, dass sich mit personalisierter Werbung beschäftigt. Wirtschaft und Mathematik sind ihr Steckenpferd. Sie liebt ihre Arbeit so sehr, dass sie schon mal den Feierabend vergisst oder auch am Wochenende ins Büro geht. Als ihre Mutter ihr zu verstehen gibt, dass auch ihre biologische Uhr tickt und sie mit 30 Jahren vielleicht doch mal eine feste Beziehung anstreben sollte, ist Stella verunsichert. So gut sie in ihrem Beruf mit ihren Zahlen und Statistiken ist, so schlecht kann sie mit Menschen, und Sex ist ihr ein Graus. Ihre bisherigen Erfahrungen mit Männern und mit Sex waren Katastrophen. Stella ist Asperger Autistin, hochintelligent aber der Umgang mit anderen Menschen bereitet ihr Schwierigkeiten, und alles was sich außerhalb ihrer Routinen bewegt, verursacht Panik bei ihr. Sie beschließt ihr Problem auf professioneller Ebene zu lösen und einen Callboy einzustellen, der ihr in Sachen Sex ein paar Übungsstunden gibt.
Die Escortagentur schickt ihr Michael, der erstaunt, dass ihn eine hübsche junge Frau wie Stella gebucht hat. Normalerweise sind seine Kundinnen viel älter und nicht unbedingt so attraktiv. Ohne ihren Autismus beim Namen zu nennen, denn Stella will auf keinen Fall Mitleid, ist Michael bereit seiner neuen Kundin Nachhilfe beim Küssen und beim Sex zu geben. Dabei kommt es zu manch einer witzigen Situation, denn Stella geht ihr Problem streng wissenschaftlich an. Und natürlich verlieben sich dann beide ineinander, es ist ja schließlich ein Liebesroman.
Das Buch ist wirklich locker, flockig und humorvoll und enthält jede Menge Erotik. Ich hätte das in den Ausmaßen nicht unbedingt gebraucht.
Was mich aber viel mehr gestört hat, ist dann ein Konflikt der beiden Protagonisten, der durch klare Kommunikation, hätte vermieden werden können.
Die Charaktere mochte ich sehr. Stella‘s analytische und freundliche Art war mir sehr sympathisch. Schön, dass die Autorin einen vietnamesisch stämmigen Mann mit einer besonderen Begabung als Stella‘s Loveinterest ausgewählt hat. Das war mal etwas anderes.
Fazit:
Alles in allem war dieser Liebesroman für meinen Geschmack solide, ein bisschen zu erotiklastig, mit etwas zu konstruierten Konflikten, die sich durch Gespräche schnell hätten entschärfen lassen. Ich kann aber die vielen positiven Stimmen zu dem Buch durchaus nachvollziehen.
Die Farbe Lila“ ist 1983 erstmals erschienen, erhielt den Pulitzer Preis und ist vielen wahrscheinlich bekannt durch die Verfilmung von Steven Spielberg mit Whoopi Goldberg in der Hauptrolle.
Der Roman ...
Die Farbe Lila“ ist 1983 erstmals erschienen, erhielt den Pulitzer Preis und ist vielen wahrscheinlich bekannt durch die Verfilmung von Steven Spielberg mit Whoopi Goldberg in der Hauptrolle.
Der Roman wurde 2021 neu übersetzt und errang so erneut Aufmerksamkeit.
Zum Inhalt:
Die Geschichte spielt im Süden der USA, Anfang des 20. Jahrhundert.
Die junge afroamerikanische Celie, wächst im ländlichen Georgia in einer dysfunktionalen Familie auf. Vom Vater schon im Alter von 13 Jahren missbraucht, werden ihr ihre 2 Babies weggenommen und verkauft, und sie selbst wird zwangsverheiratet an einen Witwer, der einen Babysitter für seine Kinder benötigt. Die einzige Liebe, die Celie erfährt ist die Liebe zu ihrer jüngeren Schwester Nettie, die sie nach Kräften vor ihrem Vater zu schützen versucht. Die Schwester flieht zu der verheirateten Celie, doch ihr Ehemann Albert vertreibt sie alsbald. Nach der Hochzeit geht es Celie nicht viel besser als zu Hause, denn ihr Ehemann, den sie nur Mr. nennt, schlägt sie und behandelt sie furchtbar. Das ändert sich erst, als er seine ehemalige Geliebte, die Sängerin Shug ins Haus holt. Durch Shug lernt Celie erstmals Selbstliebe und gewinnt an Selbstbewusstsein.
Besonders an diesem Roman ist auch, dass es sich um einen Briefroman handelt. Zunächst schreibt Celie verzweifelte Briefe an Gott, dem sie ihren trostlosen und furchtbaren Alltag schildert. Später nachdem sie erfahren hat, was aus ihrer Schwester geworden ist, und Briefe an sie von ihrer geliebten Nettie zu ihr gelangen, schreibt Celie auch an ihre Schwester.
Der Roman ist berührend und eindrücklich zeigt deutlich auf, wie im Süden der USA auf dem Papier die Abschaffung der Sklaverei zwar beschlossen war, eine wirkliche Gleichberechtigung aber eigentlich bis heute nicht erreicht werden konnte. Neben Rassismus geht es in dem Buch um Inzest, Geschlechterrollen, gleichgeschlechtliche Liebe, den Sinn von Missionierung und unser Gottesbild.
Ich kenne die ursprüngliche Übersetzung nicht, fand die Neuübersetzung von Cornelia Holfelder-von der Tann aber auf jeden Fall überzeugend. Das Hörbuch ist toll vertont von Menck, Sithembile.
Das Leuchten der Rentiere“ von Ann Helén Laestadius nimmt uns Leser mit nach Nordschweden, wo die Volksgruppe der Sámi mit ihren Rentierherden leben. Unsere Protagonistin Elsa ist im 1. Teil des Buches ...
Das Leuchten der Rentiere“ von Ann Helén Laestadius nimmt uns Leser mit nach Nordschweden, wo die Volksgruppe der Sámi mit ihren Rentierherden leben. Unsere Protagonistin Elsa ist im 1. Teil des Buches erst 9 Jahre alt, als sie miterleben muss, wie ihr Rentierkalb grausam ermordet wird. Der Täter gibt ihr eindeutig zu verstehen, was mit ihr passieren wird, wenn sie ihn verrät. Also schweigt Elsa, ist ängstlich und traumatisiert. Ihr Leben ist von jetzt auf gleich nicht mehr dass, was es vor der Tat war.
Gemeinsam mit Elsa möchte man verzweifeln, denn der feige Rentiermord ist kein Einzelfall. Als Elsa zu einer jungen Frau herangewachsen ist, die trotz allem in den Familienbetrieb einsteigen will, haben sich an die 100 Anzeigen angehäuft. Da das Töten eines Rentieres aber als Sachbeschädigung geahndet wird und es nie Zeugen gibt, haben alle diese Anzeigen bisher nicht zu einer einzigen Anklage geführt, und das Morden geht immer weiter.
Ich muss zugeben, dass mir die Beschreibung dieser grausamen Tierquälereien schon zugesetzt hat, so dass ich das Buch auch schon mal eine Weile weglegen musste.
Darüberhinaus lernt man aber auch unglaublich viel über die Kultur der Sámi und die tiefe Kluft die sich durch die schwedische Gesellschaft zieht. Die Autorin kritisiert aber nicht nur das Unverständnis und die Feindseligkeit gegenüber der indigenen Bevölkerungsgruppe, sondern auch die patriarchalischen Strukturen innerhalb der Dorfgemeinschaften der Samen , die es einer Frau wie Elsa fast unmöglich machen die Arbeit mit den Rentieren durchzuführen und auch respektvoll behandelt zu werden.
Die Landschaften werden sehr atmosphärisch beschrieben, und auch die veränderten Lebensbedingungen für Mensch und Tier aufgrund des Klimawandels werden thematisiert. Die Charaktere wirken authentisch und man kann ihre Prägung durch ein hartes, naturverbundenes Leben gut nachvollziehen. Besonders Elsa mochte ich sehr. Wo viele junge Männer aufgeben, sich sogar aus Verzweiflung das Leben nehmen, glaubt sie fest an die Gerechtigkeit und kämpft weiter gegen alle Widerstände.
Ich mochte den Roman sehr und fand nicht nur das Setting sondern auch die Protagonisten einfach großartig.