Schwarzhumorig
TöchterMartha und Betty verbindet eine lange Freundschaft, deshalb lehnt Betty auch nicht ab, als Martha sie um einen besonderen Gefallen bittet. Martha's Vater Kurt ist todkrank und möchte zum Sterben in die ...
Martha und Betty verbindet eine lange Freundschaft, deshalb lehnt Betty auch nicht ab, als Martha sie um einen besonderen Gefallen bittet. Martha's Vater Kurt ist todkrank und möchte zum Sterben in die Schweiz gebracht werden. Da Martha nach einem traumatischen Unfall nicht mehr Auto fährt, soll ihre beste Freundin Betty als Fahrerin diese Reise begleiten. Im Grunde empfindet Martha die Bitte ihres Vaters als Zumutung, denn in ihrem Leben war er eigentlich immer nur abwesend. Jetzt zum Sterben meldet er sich wieder und appelliert an ihr Mitgefühl und ihre Liebe.
Ich muss gestehen, ich habe eine ganz andere Geschichte bekommen, als die, die ich erwartet hatte. Der Roadtrip mit dem röchelnden Vater auf der Rückbank seines klapprigen Golfs endet doch nicht so schnell im Sterbehilfeinstitut wie die beiden Frauen und auch ich gedacht haben. Stattdessen wird es eine Reise in die Vergangenheit, auch in die von Betty und eine intensive Aufarbeitung der eigenen Kindheit, mit Vätern, die ihre Töchter so oder so verlassen haben.
Während Martha ihr Kindheitstrauma kompensiert hat, indem sie permanent aber bisher erfolglos versucht hat noch schwanger zu werden ( mit 40 wird es langsam immer schwieriger), weil sie es unbedingt besser machen will, hat Betty einer eigenen Familie völlig abgeschworen. Als ruhelose Schriftstellerin jettet sie durch die Welt , vermietet ihre teure Berliner Wohnung derweil über Airbnb und kann nicht verwinden, dass ihr Ziehvater Ernesto sie und ihre Mutter von heute auf morgen verlassen hat. Die Ich-Erzählerin Betty ist so zynisch, dass es schon weh tut. Je hoffnungsloser die Situation ist desto öfter blitzt der schwarze Humor zwischen den Zeilen auf.
"Ich wollte hier nicht zur asozialen Alkoholikerin verkommen und wusste sehr genau, dass es von der sozialen zur asozialen Trinkerin nur ein Schritt war, und dieser Schritt war die Uhrzeit. Nicht grundlos war ich ein Nachtmensch, so hatte ich mehr Zeit für den Alkohol."
Leider hat das Buch zur Mitte hin ein paar Längen und der letzte Reiseabschnitt, der auf eine griechische Insel führt, war nach meinem Geschmack etwas zu abgedreht. Der Schreibstil, wie es im Klappentext, wie ich finde treffend beschrieben ist als Humor aus Notwehr, macht das Buch schon zu einem Lesegenuss, auch wenn mich der Plot nicht 100% überzeugen konnte.