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Veröffentlicht am 08.12.2018

Die Macht der Daten- Beklemmende Dystopie im Nazideutschland

NSA - Nationales Sicherheits-Amt
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Bewertet mit 3.5 Sternen

Schon das Cover dieses Wälzers von Andreas Eschbach ist richtig gut gemacht. Auf rotem Hintergrund sieht man ein Auge und die klobigen Buchstaben NSA, die für das Nationale Sicherheitsamt ...

Bewertet mit 3.5 Sternen

Schon das Cover dieses Wälzers von Andreas Eschbach ist richtig gut gemacht. Auf rotem Hintergrund sieht man ein Auge und die klobigen Buchstaben NSA, die für das Nationale Sicherheitsamt stehen, ein Amt, das es im Nazideutschland vielleicht gegeben hätte, wenn es die Computertechnik von heute schon damals gegeben hätte. Auf knapp 800 Seiten lässt Eschbach seine Leser an der Vision dieses Alptraums teilhaben und verliert sich am Ende leider darin.

Im Weimar des Jahres 1942 begleiten wir die junge Helene, die sich in der Schule so gar nicht für die hauswirtschaftlichen Fächer begeistern kann und deshalb den Beruf der Programmstrickerin erwählt, ein durch und durch weiblicher Beruf in der damaligen Zeit. Schon in der Schule ist sie in diesem Fach so gut, dass man ihr nach ihrem Abschluss eine Stelle beim NSA anbietet, wo sie Komputerprogramme entwickeln soll, mit deren Hilfe die Bürger überwacht werden.
Helene, jung und naiv liebt ihre Arbeit und ist zunächst sehr unbedarft was die Folgen ihres Programmierens angeht.
Eugen Lettke, der 2. Protagonist in diesem Buch ist Analyst beim NSA. Er bildet sich sehr viel darauf ein Sohn eines Kriegshelden zu sein und verfolgt beim NSA grundsätzlich nur eigene Interessen. Da er nicht eingezogen werden möchte, tut er Alles dafür unabkömmlich zu sein. Zudem verfolgt er einen privaten Rachefeldzug und benimmt sich psychisch völlig gestört.
Auf diesen beiden Charakteren baut sich die Geschichte auf ,was durchaus interessant ist, denn so unterschiedlich diese beiden Personen auch sind, beide versuchen das System irgendwie zu ihrem Vorteil auszunutzen, der Eine aus Rache, der Andere aus Liebe.
Am Ende schlägt das System zurück, denn die totale Überwachung überwacht auch die Bewacher.

Leider wird das Buch zum Ende etwas grotesk. Die Botschaft ist klar:”Leute schützt Eure Daten sonst haben wir irgendwann den totalen Überwachungsstaat!” Dies wird mir persönlich aber zu sehr mit dem Holzhammer vermittelt und dadurch wieder unglaubwürdig.
Die Idee dieses Romans fand ich wirklich großartig, die Umsetzung ist leider nicht so ganz gelungen. Trotzdem hat mir das Buch in großen Teilen durchaus gefallen.
Die Eindeutschung der technischen Begriffe wie Komputer, Elektropost und Weltnetz fand ich z.B sehr unterhaltsam.
Ich bewerte das Buch mit 3,5 Sternen

Veröffentlicht am 06.12.2018

Märchenhafte Geschichte von einer jungen Frau, die anderen Menschen in die Seele blickt und sich selbst noch nicht gefunden hat

Juli verteilt das Glück und findet die Liebe
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Juli Mahlo ist nicht ganz von dieser Welt. Sie liebt es, inmitten vertrauter Dinge zu sein, besonders in ihrem Blumenladen, eingehüllt von tausenderlei Farben und Düften. Und sie fürchtet das Schweigen ...


Juli Mahlo ist nicht ganz von dieser Welt. Sie liebt es, inmitten vertrauter Dinge zu sein, besonders in ihrem Blumenladen, eingehüllt von tausenderlei Farben und Düften. Und sie fürchtet das Schweigen nicht, das sie umgibt. So still sie selbst ist, so groß ist ihre Gabe, andere zum Sprechen zu bringen. So gelingt es ihr immer wieder, Menschen von einer dunklen Erinnerung zu befreien. Nur ihrem eigenen Glück steht Juli im Weg. Dann lernt sie Oskar kennen, der so schön ist wie Gregory Peck. Bei ihm fühlt sie sich geborgen, und es scheinst, als wäre für Juli die Zeit des Alleinseins endlich vorbei. Doch sie ahnt nicht, dass die Liebe sie zu einem Geheimnis aus ihrer eigenen Familie führen wird.

Schon der Klappentext gibt dem Leser einen Hinweis wie die Autorin mit der Sprache zu spielen versteht. Die Art wie diese Geschichte erzählt wird ist eine ganz Besondere. Es schwingt bei ihrer Hauptfigur Juli immer eine gewisse Unschuld mit, die für eine erwachsene Frau doch recht ungewöhnlich ist. Juli ist eine sehr ungewöhnliche aber ausgesprochen liebenswerte Person, die die Gabe hat ihren Mitmenschen in die Seele zu schauen. Man hat den Eindruck, wenn sie Menschen begegnet, nimmt sie auch deren leiseste Schwingungen wahr und ist eine meisterhafte Zuhörerin. Und sie tut noch mehr als einfach zuzuhören, sie versucht ihren Begegnungen in ihren Nöten zu helfen. Das ist wirklich anrührend.

Diese Gabe mit Menschen umzugehen muss ihr entweder schon in die Wiege gelegt worden sein, oder sie hat es gelernt in den Jahren, in denen sie zu Hause Mutter und Großmutter gepflegt hat. Viel Kontakt zu anderen Menschen hat sie nämlich nie gehabt. Sie lebt recht abgeschirmt in den alten Möbeln noch mit Wählscheibentelefon und ganz ohne Internet und trifft höchstens mal den Briefträger. Sie hat ein paar liebenswerte Macken, die so gar nicht erwachsen sind, wie das Führen eines Angstalmanachs und das Schnüffeln an Mutters Keksdose um traurige Gedanken zu vertreiben.

Das Buch lebt aber auch von den Lebensbeichten die Juli anvertraut werden, nachdem sie sich endlich heraustraut in die Welt. Aber erst am Ende des Buches und durch ein Familiengeheimnis das sie persönlich betrifft, trifft sie endlich ihre eigenen erwachsenen Entscheidungen und stellt sich ihren Ängsten.

Dieses Buch hat mir ehrlich gesagt zum Ende immer besser gefallen. Vielleicht muss man sich an diese besondere Person Juli Mahlo auch erst ein bisschen gewöhnen. Das Buch ist für mich ein modernes Märchen, das auf jeden Fall auch sehr gut in die Weihnachtszeit passt. Und wenn man sich einmal auf die Protagonistin eingelassen hat, fühlt und fiebert man mit ihr mit.