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Veröffentlicht am 17.03.2024

An der Nase herumgeführt

Der Twyford-Code
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Janice Hallet soviel sei vorab gesagt, gilt in Großbritannien nicht umsonst als „die Queen der unzuverlässigen Erzähler*innen“. Mit diesem Buch erwirbt sie auf jeden Fall ein zusätzliches Steinchen in ...

Janice Hallet soviel sei vorab gesagt, gilt in Großbritannien nicht umsonst als „die Queen der unzuverlässigen Erzähler*innen“. Mit diesem Buch erwirbt sie auf jeden Fall ein zusätzliches Steinchen in ihrer Krone.

Zum Inhalt:
Protagonist Steven Smith hat nach einer langjährigen Gefängnisstrafe das Bedürfnis dem Trauma seiner Kindheit nachzugehen. Als Kind hatte er ein Kinderbuch mitgehen lassen, dass dann seiner Förderkurslehrerin Miss Trout in die Hände fiel, geschrieben, von der in den Jahren des 2. Weltkrieges bekannten Kinderbuchautorin Edith Twyford. Dieses enthielt interessante handschriftliche Notizen und veranlasste seine Lehrerin an einen geheimen Code in dem Buch zu glauben. Auf einer nicht genehmigten Klassenfahrt mit ihren Förderkindern verschwindet Miss Trout spurlos und taucht nie wieder auf. Steven möchte dieses Geheimnis seiner Kindheit jetzt nach vierzig Jahren endlich lösen.

Sehr originell und ungewöhnlich ist, dass die Geschichte anhand von Audiobändern erzählt wird. Wie man schon auf den ersten Seiten des Buches erfährt, sind einem Inspektor Rilen-Weaverton diese Aufzeichnungen, die Steven für seinen Sohn auf einem alten Handy aufgenommen hat und die eine KI in Schriftsprache ( witzigerweise mit einigen Fehlern) übersetzt hat, zugespielt worden.
Offensichtlich hat Steven zum Mittel der Tonaufnahme gegriffen, da er nie richtig lesen und schreiben gelernt hat.

Die Suche nach dem Code gestaltet sich schwierig, aber mit Hilfe seiner alten Schulfreunde und einer hilfsbereiten Bibliothekarin gibt es überraschende Erfolge. Immer wieder nimmt Steven in seinen Aufnahmen auch Bezug auf seine schwierige Kindheit und seinen kriminellen Werdegang. Seine alte Gang, die wie eine Ersatzfamilie für ihn war, scheint in Bezug zu dem Twyford Code zu stehen denkt man, oder ist es vielleicht doch nicht so?
Es gibt jede Menge Rätsel, jede Menge überraschende Twists. Ich musste schon sehr konzentriert lesen, um ja nichts zu verpassen. Man spekuliert beim Lesen ständig, hat eigene seltsame Ideen, die mehr oder weniger überzeugen und wieder verworfen werden. Wenn man meint ein Puzzleteilchen gefunden zu haben gibt die Geschichte einem schon wieder neue Rätsel auf.
Das Ende war dann absolut unerwartet. Ich habe es wirklich in kleinster Weise kommen sehen.

So weit so gut. Man muss die Autorin für ihren Ideenreichtum wirklich bewundern. Sich so eine komplexe Geschichte auszudenken, die spannend und unterhaltsam ist, ist schon eine große Kunst. Mir war das Buch streckenweise allerdings etwas zu wirr und durch die vielen Wendungen fand ich es auch ausgesprochen anstrengend. Die komplexe und geniale Auflösung, so wie sie am Schluss präsentiert wird, nehme ich der Autorin leider nicht ab. Sie passt nicht zu den Figuren, finde ich und war für mich nicht plausibel. Ich kann es nicht anders beschreiben, sonst würde ich spoilern.

Es war tatsächlich nicht so ganz mein Buch, auch wenn ich es eigentlich liebe in Büchern Rätsel zu lösen. Trotzdem bin ich sicher, dass dieses Buch seine Fans finden wird.
Da die Autorin wirklich gut schreiben kann, würde ich wirklich gerne nochmal ein anderes Buch von ihr lesen, auch wenn mich „ Der Twyford Code“ nicht ganz überzeugen konnte.

3,5 Sterne

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Veröffentlicht am 15.03.2024

Ein Platz für Freunde

The Fort
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Wer hat in der Kindheit nicht davon geträumt mit den besten Freunden ein Geheimversteck zu haben. Evan, Jason, Mitchell, C.J und Ricky entdecken nach einem Hurricane im Wald den freigelegten Zugang zu ...

Wer hat in der Kindheit nicht davon geträumt mit den besten Freunden ein Geheimversteck zu haben. Evan, Jason, Mitchell, C.J und Ricky entdecken nach einem Hurricane im Wald den freigelegten Zugang zu einem verlassenen aber vollausgestatteten Bunker und übernehmen diesen als ihren geheimen Treffpunkt. Natürlich gibt es Regeln, damit dieser tolle Rückzugsort auch geheim bleibt : Keine Erwachsenen und keine Mädchen.

Was zunächst ein Platz für lustige Spiele und gemeinsame Filmnachmittage ( es gibt tatsächlich einen Fernseher und alte Videokassetten) ist, wird dann für einen der Jungen ein Rückzugsort vor dem gewalttätigen Stiefvater, und es tauchen noch weitere Probleme auf. Der Autor bindet hier einige düstere Themen in seine Geschichte mit ein. Neben häuslicher Gewalt geht es um Scheidungskinder, Andersartigkeit, Hochbegabung ,Abzocke und den Folgen von Drogenmissbrauch auf Kinder und Angehörige.

Es gibt aber immer wieder auch lustige Begebenheiten, die die Geschichte auflockern.

Gordon Korman hat ein fesselndes Buch über die Bedeutung von Freundschaften geschrieben. Was zählt, um auch schwierige Probleme zu lösen sind Vertrauen und gegenseitige Unterstützung. Das ist die Botschaft des Buches, die ich so unterschreiben kann. In wechselnden Perspektiven lernen wir die Sicht dieser Jungs kennen, die es allesamt nicht leicht haben im Leben.

Ich mochte das Buch und kann über einige kleine Logiklücken gut hinwegsehen.



Das empfohlene Mindestalter wurde vom Verlag mit 12 Jahren angegeben. Das erscheint mir anhand der angesprochenen Themen auch gerechtfertigt.

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Veröffentlicht am 14.03.2024

Hat mich begeistert

Porträt einer Ehe
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Maggie O‘Farrell erzählt in diesem Roman vom Lebensweg der Lucrezia de Medici , die im 16. Jahrhundert blutjung verheiratet wurde, um die Geschäftsbeziehungen ihres Vaters mit dem Hof von Ferrara zu festigen.

Die ...

Maggie O‘Farrell erzählt in diesem Roman vom Lebensweg der Lucrezia de Medici , die im 16. Jahrhundert blutjung verheiratet wurde, um die Geschäftsbeziehungen ihres Vaters mit dem Hof von Ferrara zu festigen.

Die Autorin hangelt sich in ihrem Roman an den wenigen historischen Überlieferungen entlang und füllt die Lücken mit ihren eigenen Ideen.

Daraus ist ein für meinen Geschmack sehr gelungenes Sittenbild dieser Zeit entstanden, dass sich sehr kurzweilig lesen lässt.

Am Hof ihrer Familie in Florenz führt die kleine, fantasievolle und freiheitsliebende Lucrezia als 5. Kind ihrer Eltern zunächst ein sorgenfreies Leben. Erst als ihre Schwester Maria kurz vor ihrer Hochzeit überraschend verstirbt, ändert sich für das junge Mädchen alles. Sie soll den Platz ihrer Schwester einnehmen und an ihrer Stelle den mehr als doppelt so alten Alfonso, Herzog von Ferrara heiraten. Lucrezia ist gerade einmal 12 Jahre alt , noch ein Kind, und nicht nur ihre Zofe ist entsetzt. Durch eine List dieser Zofe kann die Hochzeit mit dem Herzog zwar nicht verhindert aber zumindest noch ein wenig hinausgezögert werden. Doch mit 15 Jahren muss Lucrezia Florenz endgültig verlassen, um zu ihrem Mann nach Ferrara zu ziehen. Zunächst wirkt Alfonso wie ein liebender Ehemann, doch schnell lernt Lucrezia auch sein 2.Gesicht, seine grausame Seite kennen, und Alfonso‘s engster Vertrauter lässt gegenüber der jungen Braut keinen Zweifel offen, das diese Ehe nur einem einzigen Zweck dient, nämlich einen Nachkommen zu zeugen.

Ich bin sehr gerne in diese spannende Geschichte eingetaucht, habe mit Lucrezia mitgefühlt, der hochwohlgeboren jeder Wunsch von den Augen abgelesen wurde, die aber weniger Freiheiten hatte als ihre Bediensteten und die als Frau ihrem Mann auf Gedeih und Verderb ausgeliefert war.

Ich kann dieses wunderbare Buch, dass so einfühlsam und atmosphärisch geschrieben ist und auf einen Umgang mit Frauen aufmerksam macht, den es ja bis heute auf unserer Welt leider immer noch gibt, nur wärmstens empfehlen. Dieser Roman war ein wirkliches Highlight für mich und ist auch besonders empfehlenswert als Hörbuch, dass ganz wunderbar eingesprochen wurde von Heike Warmuth.

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Veröffentlicht am 10.03.2024

Spannungsroman mit Robinson Crusoe Vibes

Der Ozean unserer Erinnerung
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Die Schwestern Erin und Lori begeben sich auf einen gemeinsamen Traumurlaub in den Südwestpazifik zu den Fidschi Inseln. Bei einem Zwischenstop kommt es zu einem heftigen Streit zwischen den beiden Frauen ...

Die Schwestern Erin und Lori begeben sich auf einen gemeinsamen Traumurlaub in den Südwestpazifik zu den Fidschi Inseln. Bei einem Zwischenstop kommt es zu einem heftigen Streit zwischen den beiden Frauen und als der Weiterflug am nächsten Morgen ansteht, erscheint Erin nicht am Gate, so dass Lori alleine fliegen muß. Erin bereut ihren Entschluss Lori versetzt zu haben augenblicklich als sie erfährt, dass das Flugzeug vom Radar verschwunden ist und ein Absturz vermutet wird.

Dass das Verschwinden des Kleinflugzeugs und der Verbleib der Passagiere nicht aufgeklärt werden kann, lässt Erin keine Ruhe und so nutzt sie ihren Job als Journalistin zur Spurensuche. Mysteriös ist, dass nach 2 Jahren der erfolglosen Suche, der Pilot Mike Brass auf der Hauptinsel der Fidschi-Inseln wieder auftaucht. Allerdings ist er so schwer erkrankt, dass es schwierig wird noch eine Aussage von ihm zu den Vorfällen zu bekommen.

Lucy Clarke schreibt wie immer sehr fesselnd. Wir erfahren nach und nach was wirklich mit dem Flugzeug und seinen Passagieren geschehen ist, indem wir einmal Erin‘s Perspektive heute folgen und einen Rückblick auf Lori‘s Sicht damals erhalten. Der Wechsel der Perspektiven und viele Cliffhanger am Ende von Kapiteln halten den Spannungsbogen konstant aufrecht. Ich mochte diese emotionale Geschichte von zwei Schwestern, die aufgrund des Todes beider Elternteile eine sehr enge Beziehung zueinander hatten. Außerdem habe ich den sehr atmosphärischen Schreibstil der Autorin genossen. Man spürt die Hitze und den Sand auf der Haut und bekommt auch jede Menge Robinson Crusoe Vibes in diesem Spannungsroman. Außerdem gibt noch eine überraschende Wendung zum Ende, die ich nicht vorhergehen habe.

Mich hat die Geschichte wirklich gut und spannend unterhalten, so dass ich sie gerne weiterempfehle.

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Veröffentlicht am 03.03.2024

Extrem ruhiges Buch

Leonard und Paul
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„S. 53 Auf der Schwelle zwischen Sinnieren und Schlaf stieg von dort, wo Ideen entstehen, eine solche in ihm auf.“



Es ist ja erwiesenermaßen so im Leben, und das fängt in der Schule schon an, dass die ...

„S. 53 Auf der Schwelle zwischen Sinnieren und Schlaf stieg von dort, wo Ideen entstehen, eine solche in ihm auf.“



Es ist ja erwiesenermaßen so im Leben, und das fängt in der Schule schon an, dass die lauten, extrovertierten Menschen es leichter haben im Leben. Sie bekommen die besseren Noten und später oft die besseren Jobs. Die ruhigen, introvertierten Kinder werden permanent dazu angehalten mehr aus sich herauszugehen und haben es auch im Erwachsenenleben schwer in unserer Gesellschaft zu bestehen.

Dieses Buch ist eine Hymne an genau diese Menschen, die oft unterschätzt, nicht ernst genommen oder gar übersehen werden. Leonard und Paul, beide in ihren 30ern sind beste Freunde und die stillen Protagonisten dieses Romans.

Ich hatte anfänglich so meine Schwierigkeiten mit der Geschichte. Männer, die im Erwachsenenalter noch keine Anstalten machen von zu Hause auszuziehen, weiterhin im Kinderzimmer wohnen, sich von Mama bekochen lassen und ohne erkennbaren Grund nur einem Teilzeitjob nachgehen, sind mir suspekt. Genau so ein Exemplar Mann ist Paul. Bei seinem Freund Leonard verhält es sich ähnlich. Er lebt nur deshalb alleine, weil seine Mutter zwischenzeitlich gestorben ist. Leonard arbeitet als Ghostwriter und schreibt Sachbuchtexte für Kinderenzyklopädien. Er bringt seine Ideen und Texte ein und wird beim Endprodukt aber niemals namentlich erwähnt. Das stört ihn aber eigentlich nicht, denn für sein Glück braucht er kein Rampenlicht. Auch das ist eine Gemeinsamkeit der beiden Freunde.

Ich fand das Buch im 1.Drittel wirklich quälend langweilig. Es passierte einfach überhaupt nichts.Trotzdem wollte ich wissen, warum dieses Buch für so viele Menschen ein Lieblingsbuch ist, und nur deshalb habe ich es zu diesem Zeitpunkt nicht abgebrochen.

Eine überbordende Handlung hat es auch im weiteren Verlauf des Buches nicht gegeben. Paul‘s Schwester Grace plant ihre Hochzeit. Sowohl Leonard, als auch Paul bekommen Impulse für ihre Weiterentwicklung.

An den ruhigen, fast meditativen Ton des Buches hatte ich mich inzwischen gewöhnt. Ab und zu gab es einen feinen Humor und Schmunzelmomente, sowie einige wirklich kluge Gedanken.

Am Ende konnte ich nachvollziehen, warum dieses Buch gemocht wird. Es hüllt einen mit der Zeit wie in eine Kuscheldecke und hinterlässt dabei ein wohliges Gefühl. Das hat bei mir allerdings nur teilweise funktioniert. Mir fehlte es letztendlich an Handlung und an Spannung, auch wenn ich ruhige Bücher durchaus mag. Hier war mir deutlich zu wenig los.

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