Mephy und die Liebe
Dicker Teufel umständehalber in liebevolle Hände abzugebenMephistopheles, kurz Mephy, führt seit seiner Strafversetzung die Hölle vorbildlich. In seiner Freizeit sieht er gerne romantische Komödien. Genau deshalb wächst in ihm der Wunsch, um seiner selbst willen ...
Mephistopheles, kurz Mephy, führt seit seiner Strafversetzung die Hölle vorbildlich. In seiner Freizeit sieht er gerne romantische Komödien. Genau deshalb wächst in ihm der Wunsch, um seiner selbst willen geliebt zu werden. Frauen werfen sich ihm reihenweise an den Hals, doch stets mit dem Hintergedanken, dadurch den Höllenqualen zu entkommen. Das will er nicht mehr, er will echte Liebe. Und so bittet er den Chef um Urlaub. Den will er auf der Erde verbringen und dort sein Glück finden. Mit seinem Diener Azazel macht er sich auf und stellt fest, dass Partnersuche die Hölle ist …
Sebastian niedlich hat eine wunderbare Art, mit Tod und Teufel umzugehen. All seine Bücher haben das gewisse Etwas und sind trotz einer Extraportion Humor nie billig oder niveaulos. Im Gegenteil – er schafft es wie kein Zweiter, respektvoll und humorvoll gleichzeitig zu sein. Trotz aller Kritik an Gott und Teufel, an Himmel und Hölle, an Glaube und Nichtglaube wird er nie moralisch oder pocht auf eine bestimmte Sichtweise. Gerade deshalb kommt man ins Grübeln und ist bereit, seine Einstellungen noch einmal zu überdenken. So bleibt immer ein Stück der Story im Hinterkopf und hallt sehr lange nach.
Der Stil ist lebendig: mal flott und mitreißend komisch, dann wieder ruhiger und besinnlicher. Ganz so, wie das Leben eben gern spielt. Doch auch in den schwierigsten Momenten ist ein kleines Körnchen Humor zu finden, und sei es auch nur durch einen Wortwitz. Diese entstehen quasi von ganz allein und ziehen sich durchs ganze Buch.
Die Figuren sind herrlich gezeichnet. Auch unsympathische Charaktere machen hier Spaß, denn irgendwie erkennt man von jeder Charakterart irgendjemanden aus dem eigenen Leben wieder. Die Gesamtheit der Figuren ergibt ein erstaunlich reales Bild, auch wenn darin einige Himmel- und Höllenbewohner vorkommen. Die Gedankengänge aller Charaktere, ihre Handlungsweisen und die Folgen finde ich jedenfalls absolut nachvollziehbar. Besonders schön ist dargestellt, wie schwer es ist, den richtigen Partner zu finden. Oder ganz krass: überhaupt jemanden, der „kompatibel“ ist. Da lobe ich mir die gute alte Zeit, in der ich völlig ohne Facebook, Partnerbörsen und ähnlichen Katastrophen meinen Mann gefunden habe. Ganz schlicht und ergreifend in einem Music-Pub. Und als Teenager ging das auch so herrlich „technikfrei“. Mephy tut mit da echt leid, hat er doch von vorn herein ganz schlechte Ausgangsvoraussetzungen, noch dazu nur 66 Tage Zeit und – verständlicher Weise – auch ein paar Vorstellungen, wie seine Traumfrau denn sein soll.
Sebastian Niedlich hat es aber zusätzlich geschafft, ganz andere Themen noch mit einzuflechten. Es geht auch um die Frage, ob Gott wohl wirklich so gut und gnädig ist und der Teufel so böse und gemein. Da geraten die Gedanken ins Rotieren und nehmen völlig neue Wege. Nein, ich bin nicht Agnostiker, aber ich frage mich schon, wie ein so gütiger Gott so viel Böses zulassen kann und ob der Teufel tatsächlich so böse ist – straft er doch nur diejenigen, die im Leben Böses getan haben. Doch das nur am Rande!
Viele weitere Themen wurden vom Autor mit eingebaut. Sei es da Transgender, Satanismus, Feminismus, Krankheit oder Arroganz – Sebastian Niedlich legt den Finger immer in die Wunde, aber nicht um zu quälen, sondern um zu heilen!
Mephis Suche und Erkenntnisse gefallen mir extrem gut. Ich bin gespannt, womit Sebastian Niedlich mich mit seinem nächsten Buch verzaubert. Keiner geht Themen dieser Art so außergewöhnlich und respektvoll an, wie er. Ganz klar: fünf Sterne!