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Veröffentlicht am 20.10.2023

Frau Merkel, Banksy und das Darknet

Graffitikatz
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Da ist im wahrsten Sinne des Wortes Mords was los in München! Banksy taucht auf, ein Fabrikerbe wird ermordet, auch ein Altrocker scheidet unfreiwillig aus dem Leben und irgendwie scheint alles zusammenzuhängen. ...

Da ist im wahrsten Sinne des Wortes Mords was los in München! Banksy taucht auf, ein Fabrikerbe wird ermordet, auch ein Altrocker scheidet unfreiwillig aus dem Leben und irgendwie scheint alles zusammenzuhängen. Makaber wird die Sache, als sich herausstellt, dass den Leichen Haut entfernt wurde. Steinböck und sein Team, allen voran Frau Merkel, stärken sich mit Currywurst, Cappuccino, Latte Macchiato und Butterbrezeln, um die Ermittlungen an allen Fronten sauber zu schaffen.

Wie immer hat auch diesmal für mich alles gestimmt. Mit ganz viel Humor unterhält Kaspar Panizza sein Publikum aufs Beste, hinterlässt aber deutliche Spuren, da er wie nebenbei brandheiße und wichtige Themen einwebt. Das fällt nicht immer sofort auf, ist aber dennoch unübersehbar. Kein mahnender Zeigefinger, einfach nur ein Aufzeigen von Missständen.

Man kann diese Krimis einzeln lesen, doch finde ich, man würde dann die Entwicklung all der einzigartigen Protagonisten verpassen, die ihre Schrullen und Macken, aber auch Stärken haben. Dabei geschehen keine Wunder, die Figuren entwickeln sich stimmig und auf realistische Weise. Entzückend ist, dass der Autor sich immer wieder selbst auf den Arm nimmt. Ich warte inzwischen schon auf die Sätze, die sich eindeutig auf ihn beziehen.

Running Gags gibt es auch. Wer so etwas nicht mag, wird viel Kritik anbringen können. Wer aber Freude daran hat, wartet nahezu schon auf die nächste Gelegenheit, wenn Steinböck eine Currywurst isst oder Huong vom Rezept Katze mit Kokosmilch spricht. Die bissigen und ironischen Bemerkungen der Katze Frau Merkel machen nahezu süchtig!

Der Fall selbst ist außergewöhnlich und gut aufgebaut. Zusammenhänge und Wendungen kommen nicht zu konstruiert, sondern in sich logisch. Das macht Spaß und lässt staunen, wie ein Autor das hinbekommt. Ich liebe es, wie er den Finger in so manche Wunde legt und besondere Charaktere etwas anders als die üblichen Ermittler arbeiten lässt. Statt Kommissare, die kaputter sind, als die Massenmörder, die sie jagen, gibt es hier das Team um den gemütlichen, manchmal etwas vorsintflutlich eingestellten Steinböck, der aber das Herz am rechten Fleck hat und den seine Kollegen, nicht minder außergewöhnlich wie er, ins Herz geschlossen haben, gerade aufgrund seiner Ecken und Kanten. Schön auch sein privates Umfeld, das nicht klassisch, aber wunderbar ist. So hat man als Leser ein Gefühl von Nach-Hause-Kommen und Freunde-Treffen. Perfekt!

Wie man sieht, ich wurde auch diesmal bestens unterhalten, auch wenn die Vorstellung, dass jemand das Tattoo eines Menschen mitsamt der Haut entfernt, mehr als grausam ist und insgesamt erstaunlich viele Morde aufzuklären sind. Dafür bleibt auch hier die Frage um Banksy ungeklärt – wer ist er/sie? Gute Frage, nächste Frage. Und nun warte ich auf Fall Nummer neun! Fünf Sterne!

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Veröffentlicht am 17.10.2023

So zauberhaft umgesetzt!

Momo - Das Hörspiel
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Michael Ende hat „Momo“ vor unfassbaren fünfzig Jahren veröffentlicht. Ich selbst habe es Ende der 1970er Jahre für mich entdeckt und liebe es noch heute. Die Verfilmung 1986 war nicht ganz meins, da ich ...

Michael Ende hat „Momo“ vor unfassbaren fünfzig Jahren veröffentlicht. Ich selbst habe es Ende der 1970er Jahre für mich entdeckt und liebe es noch heute. Die Verfilmung 1986 war nicht ganz meins, da ich eine völlig andere Vorstellung hatte, als der Regisseur. Das macht aber meine Liebe zu dieser Geschichte nicht kleiner. Ganz klar, dass ich das Hörspiel unbedingt hören wollte. Und ich habe es nicht bereut – es ist wunderbar gemacht, perfekt umgesetzt und wunderbar süchtigmachend! Die Sprecher könnten nicht besser gewählt werden und obwohl so viele Jahre vergangen sind, in denen sich so unfassbar viel in der Welt getan hat, ist „Momo“ unfassbar aktuell. Und genau deshalb sollten sich das nicht nur Kinder, sondern auch ganz besonders Erwachsene anhören!

Momo ist ein Mädchen ohne Familie, ohne alles. Sie lebt in einem zerfallenen Amphitheater von dem, was sie findet oder geschenkt bekommt. Da sie mit ihrer Art alle fröhlich macht, geht es ihr gut, denn immer kommt jemand und sieht nach ihr. Ja, im wahren Leben würde Momo auf direktem Wege im Heim landen oder bei Pflegefamilien. Die schriftstellerische Freiheit lässt Momo aber frei leben. Sie ist mit der Gabe des Zuhörens gesegnet. Deshalb öffnen sich viele ihr und heilen sich quasi selbst. So ist für alle das Leben sonnig, fröhlich und schön. Doch dann tauchen die Grauen Herren auf, die alle dazu bringen, Zeit zu sparen. Sie rechnen genau vor, wie viel Zeit sie schon verschwendet haben und wie wenig Zeit ihnen noch bleibt. Nur sparen kann sie retten! Ganz klar, dass die Menschen darauf anspringen. Dass dieses Sparen ihr Leben grau und trostlos macht, wird ihnen nicht klar. Momo will sie retten und gerät dabei selbst in Gefahr. Doch zum Glück bringt die Schildkröte Kassiopeia die kleine Momo zu Meister Hora, der ihr sagt, wie sie ihre Freunde und die ganze Menschheit retten kann.

Auch nach fünfzig Jahren ist die Geschichte einfach wunderbar. Und sie rüttelt wach! Jeder von uns denkt und sagt so oft, keine Zeit für dies oder jenes zu haben. Seit meiner Kindheit denke ich dann oft an die Grauen Herren. Dann nehme ich mir immer mal wieder Zeit, um Zeit zu vergeuden und den Grauen Herren keine Zigarren zu finanzieren. Die Sprecher sind perfekt gewählt und machen ihren Job mehr als nur gut. Sie landen direkt im Herzen. Dazwischen sind auch Musikstücke eingefügt, die das Thema bestens aufnehmen und abrunden. Die fünfzig Jahre lösen sich in Luft auf, nichts ist angestaubt, alles aktuell – und das ganz ohne Smartphone und Co! Wundervoll, zauberhaft, herrlich! Michael Ende wäre mehr als glücklich! Fünf Sterne!

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Veröffentlicht am 16.10.2023

Kunterbunt, super lecker und noch dazu gelingsicher einfach!

Jetzt wird's bunt
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Kein Kind kann diesen farbenfrohen und leckeren Gerichten widerstehen! Da schmeckt selbst Gemüse, schon allein deshalb, weil es so schön auf dem Teller aussieht! Und auch Erwachsene kommen nicht zu kurz. ...

Kein Kind kann diesen farbenfrohen und leckeren Gerichten widerstehen! Da schmeckt selbst Gemüse, schon allein deshalb, weil es so schön auf dem Teller aussieht! Und auch Erwachsene kommen nicht zu kurz. Ganz viel Farbe, ganz viel Geschmack, aber ganz wenig Kompliziertheit, so macht Kochen und Essen Spaß, und zwar der ganzen Familie!

Die beiden Papas starten mit einem Sachteil. Neben Grundlagen in der Küche erzählen sie auch von sich selbst. Ich mag die beiden und ich frage mich, ob tatsächlich irgendjemand glaubt, dass homosexuelle Küche anders funktioniert, als heterosexuelle. Wir kochen und essen doch alle gleich, denke ich! Insofern finde ich den Trend LGBTQ-Kochen ein wenig seltsam. Für mich macht es keinen Unterschied, welche Orientierung jemand, der kocht, lebt. Aber ich liebe dieses Kochbuch, die Farbenfreude, die Gerichte, die Lebensfreude, die darin stecken. Ob man es glauben mag, oder nicht – für mich waren Krautnudeln ein völlig neues Gericht. Es ist so einfach und so unbeschreiblich lecker, dass es das jetzt immer mal wieder bei uns gibt. Das hätte mir aber auch jede andere Familienkonstellation zeigen können.

Aber auch die anderen Rezepte sind schon von der Beschreibung und den Fotos her unwiderstehlich. Da ich nicht alle Lebensmittel mag, werde ich nicht jedes Gericht nachkochen, aber viele. Bisher hat mir tatsächlich jedes, das ich gekocht habe, extrem gut geschmeckt. Die beiden Autoren halten zudem ihr Versprechen, dass die Gerichte schnell und einfach zu machen sind und alle mithelfen können, also nicht nur gemeinsam gegessen, sondern auch gemeinsam gekocht werden kann. Unkompliziert ist hier tatsächlich auch ein Synonym für großen Geschmack!

Dabei kommen die Rezepte mit erstaunlich wenig Worten aus. Die Zutatenliste links, die Zubereitungsschritte knapp, verständlich und klar formuliert auf der rechten Seite, schon fertig! Als zusätzliche Angaben finden sich noch die Anzahl der Portionen, den Schwierigkeitsgrad, die Zubereitungszeit und ggf. den Hinweis auf vegetarisch/vegan/glutenfrei/laktosefrei/proteinreich. Bisher kommen die Angaben zum Zeitaufwand sehr gut hin und das finde ich sehr lobenswert! Die Fotos der Gerichte gefallen mir sehr. Sie zeigen das tatsächliche Ergebnis, denn meine Gerichte hneln ihnen am Ende sehr. Das ist nicht immer so, hier aber schon!

Die meisten Gerichte sind mit Schwierigkeitsgrad einfach, nur sehr wenige anspruchsvoll und selbst diese finde ich noch gut zu bewerkstelligen. Die Auswahl der Rezepte ist abwechslungsreich und gelungen. Für jede Tageszeit und Mahlzeit gibt es reichlich Auswahl. Mein absolutes Lieblingsgericht sind die cremigen Lachsnudeln. Da werde ich selbst wieder zum Kind! Und selbst Gäste kann man damit beeindrucken, denn der Geschmack ist umwerfend – da merkt keiner, wie leicht das geht!

Ich denke, man hat es bereits längst gemerkt. Ich finde dieses Kochbuch super gut gelungen und absolut empfehlenswert, auch für Hetero-Familien und Paare ohne Kinder. Fünf Sterne!

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Veröffentlicht am 12.10.2023

Das Elternhaus und seine Bedeutung – fast ein „Teekesselchen“

Elternhaus
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Sanne lebt als einzige von drei Schwestern in direkter Nähe zu ihren Eltern. Die sind mit ihrem Häuschen und ihrem Alltag überfordert und Sanne beschließt, dass die beiden in eine altersgerechte Wohnung ...

Sanne lebt als einzige von drei Schwestern in direkter Nähe zu ihren Eltern. Die sind mit ihrem Häuschen und ihrem Alltag überfordert und Sanne beschließt, dass die beiden in eine altersgerechte Wohnung umziehen müssen. Sanne muss sich an allen Fronten rechtfertigen – bei den Eltern, den Schwestern, sogar der Makler, der das Elternhaus verkaufen soll, macht ihr Vorhaltungen. Doch auch die beiden anderen Schwestern Petra und Gitti müssen sich mit der jetzigen Situation, wie es dazu kam und wie es weitergehen soll, auseinandersetzen. Wie wichtig ist ein Gebäude?

Vielleicht berührt mich dieses Buch deshalb so, weil ich in einer ganz ähnlichen Situation steckte und stecke. Zwar habe ich meine Eltern nicht aus ihrem Haus holen müssen, aber Krankheit und Tod ertragen müssen. Nie hätte ich das Haus zu Lebzeiten meiner Eltern verkauft, aber danach ist die Frage ebenfalls akut: was mit dem Haus tun? Was bedeutet es mir? Oder sehen es immer nur die anderen als so wichtig an? Welches Leben muss man leben? Welches Leben darf man leben?

Die drei Schwestern könnten unterschiedlicher nicht sein. Obwohl sie als Kinder in einem Zimmer lebten, sind sie sich jetzt komplett fremd. Oder gerade deshalb? Suchten sie aufgrund der Enge in der Kindheit im Erwachsenenleben Abstand? Hier bin ich überfragt, da ich Einzelkind bin. Doch die Momente, in denen Eltern für etwas gelobt werden, das die Tochter getan hat und das auch noch annehmen, nicht der Tochter die Ehre lassen, die kenne ich. Das tut einerseits weh, andererseits ist es eine noch größere Form der Anerkennung. Die Eltern erst dann zu verstehen, wenn es längst zu spät ist, tut weh. Doch nach diesem Buch habe ich das Gefühl, das geht nicht nur mir so, das machen alle durch.

Obwohl es sicher nicht so gedacht war, ist das Buch Trost für all jene, die für ihre Eltern entscheiden müssen oder mussten, die ein Elternhaus verkaufen mussten und die sich damit quälten, nicht all die Dinge behalten zu können, die den Eltern wichtig waren. Es zeigt auch, dass enge Bindungen auch locker werden können, dass man auch Abstand halten darf und dass es nie zu spät ist, neue Wege zu gehen.

Ute Manks Schreibstil schafft Distanz und dennoch Nähe. Der Leser bekommt mehrere Sichtweisen dargelegt. Sie verwebt ganz viele Themen mit ins Hauptthema und webt so einen dichten Teppich, der den Leser durch die Geschichte trägt und ihm dennoch Raum lässt, seine eigenen Gedanken und Gefühle arbeiten zu lassen. Das Gedankenkarussell der Schwestern und des Lesers ähneln sich dabei doch sehr. Loslassen, was auch immer und wie auch immer, darum geht es hier. Und um das Sehen, das Augen öffnen. Das neu Finden. Anfänge aus Enden. Es bewegt!

Auch wenn das Thema relativ düster und drückend ist, gibt es doch immer das berühmte Lichtlein. Das gefällt mir sehr gut und setzt dem Buch noch ein Krönchen zu den wohlverdienten fünf Sternen auf.

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Veröffentlicht am 12.10.2023

Ging mir sehr unter die Haut

Am Tag des Weltuntergangs verschlang der Wolf die Sonne
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Katha hat schon als Kleinkind darauf geachtet, sich anzupassen, sich zu kümmern, keinen Ärger zu machen, zu gefallen. Ihre eigenen Bedürfnisse hat sie immer zurückgestellt. So war sie immer bequem und ...

Katha hat schon als Kleinkind darauf geachtet, sich anzupassen, sich zu kümmern, keinen Ärger zu machen, zu gefallen. Ihre eigenen Bedürfnisse hat sie immer zurückgestellt. So war sie immer bequem und hat den Eltern viel abgenommen, sogar die Erziehung der jüngeren Schwester. Doch dann zerbricht die Ehe der Eltern und Katha zieht mit Mutter und Schwester nach Dortmund. Zunächst bleibt sie in ihrer Rolle, doch dann lernt sie Angelica, die Mutter ihrer Klassenkameradin Sofie kennen. Von da an verändert sich alles.

Schon mit dem ersten Satz wird man von Katha in ihre Geschichte gezogen. Das hat die Autorin mit einer erstaunlichen Leichtigkeit geschafft. Man könnte hier fast meinen, in einem Jugendroman gelandet zu sein und das bleibt auch eine ganze Zeit lang so, sodass ich schon fast glaubte, ich hätte mich im Buch geirrt, zum falschen Titel gegriffen, und nachgesehen habe. Ich mag Jugendbücher, das ist nicht das Problem gewesen. Aber die Story passte so gar nicht zum Titel. Die Jugend von Katha war nicht so einfach, wie man sich das Kindern und sich selbst immer wünscht, aber sie ging in ihrer selbst gewählten Rolle bis zu einem gewissen Punkt sehr gut auf. Die Schilderungen der Ereignisse sind klar und schnörkellos, sodass man sie deutlich vor Augen hat.

Nach dem großen Teil der Vergangenheit, eben der Jugend von Katha, folgt relativ kurz die Gegenwart und damit ihr Erwachsenenleben. Um die erwachsene Katha zu verstehen, muss man eben ihre Jugend, ihre Vergangenheit kennen. In diesem Abschnitt lernt Katha mehr über sich selbst, als sie ahnen konnte. Und auch der Leser kann hier viel für sich selbst mitnehmen. Das mag ich sehr an guter Literatur. Hier wurde es besonders gut und auf erfrischende Art umgesetzt.

Sina Scherzant lässt Katha ihre Geschichte selbst erzählen, wodurch sich der Leser direkt angesprochen und damit einbezogen fühlt. Sie schafft es, dass man anfangs wirklich glaubt, dass Katha in genau diesem Moment Teenager ist. Es erinnert sich also nicht eine erwachsene Frau an ihre Jugend, sondern Katha hat sich selbst direkt zurück in ihre Jugend versetzt. Wunderbar! Mich hat das Buch sehr bewegt und beeindruckt. Ganz klar: fünf Sterne!

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