Da will man sofort beginnen!
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Judit Rakers hat mich umgehauen – sie kennt Spaghetti mit Ketchup und Rührei! Gut, bei mir wird der Ketchup gestrichen und eine richtige Tomatensoße gekocht, aber bisher kannte ich niemanden, der dazu auch wie ich ein Rührei macht! Schon gewonnen! So einfach kann das manchmal sein! Dass sie zudem auch alles ein wenig lockerer sieht und bei allem Raum für Kreativität und Alternativen lässt, von niemandem verlangt, ein „Super-Öko“ zu sein, ist natürlich genauso sympathisch. Ich lebe gern bewusst und nachhaltig, kann aber nicht komplett auf alle Annehmlichkeiten im Leben verzichten. Dennoch habe ich Freude daran, wenn im großen Kübel aus alten, schrumpeligen Kartoffeln neue Pflanzen wachsen und im Herbst eine kleine Ernte auf mich wartet. Aber ich bin bequem! Ich möchte nicht viel Zeit investieren, vor allem nicht in der Gluthitze im Sommer viel hacken und harken und jäten müssen. Also muss es wenig Aufwand kosten und Spaß machen. Noch dazu verlange ich gar nicht, dass ich komplett auf Zukäufe verzichten kann. Einfach hin und wieder etwas aus dem eigenen Garten auf den Tisch bringen, dann bin ich schon glücklich! Voll zum Selbstversorger kann ich schon deshalb nicht werden, weil unser Garten sehr klein ist. Aber: mir genügt das vollkommen!
Ein Anstoß für die Autorin, zum Selbstversorger zu werden, war ihre Begegnung mit Wolf-Dieter Storl und seinem Buch „Der Selbstversorger“. Persönlich kenne ich den Herrn nicht, aber sein Buch. Für sein Modell müsste ich ein weiteres Grundstück anmieten und obwohl mir sein Buch sehr gefällt, hat mich schon das Lesen müde gemacht: für mich einfach zu viel Arbeit, die da auf mich zukäme! Dennoch, Anregungen fand ich auch für mich. Insofern kann ich Judith Rakers, die ich bisher überhaupt nicht kannte (ich sehe selten fern), absolut verstehen. Dieser Mann ist definitiv eine Inspiration.
Besonders schön ist, dass man von der ersten Zeile an das Gefühl hat, als Freund/in behandelt zu werden. Nicht als unwissender Depp, der dringend belehrt werden müsste. Die Autorin möchte einfach ihre eigene Freude und Begeisterung weitergeben – und das schafft sie super gut! Damit kommt dann quasi so nebenbei auch das komplette Wissen über das Säen, Pflanzen, Pflegen und Ernten mit. Es macht riesig Spaß, das Buch zu lesen, hin- und her zu blättern und Vorbereitungen zu treffen, Schritt für Schritt ebenfalls Obst und Gemüse anzubauen und irgendwann zu ernten.
Von der Beschaffenheit des Bodens/der Erde über das Anlegen eines Beetes (so ein Garten vorhanden) oder das Arbeiten mit Hochbeeten oder Pflanzgefäßen (wenn kein Garten vorhanden), vorbei an der Auswahl des Gemüses und Kräutern bis zu Gewächshaus und Ernte wird alles angesprochen und mehr oder weniger vertieft. Auch auf Schädlinge und das Haltbarmachen der Früchte wird eingegangen. Am Ende jedes Kapitels ist ein „Merkkasten“, wie man ihn in der Schule auch hatte. Hier wird auf den Punkt gebracht, was das Kapitel erklärt hat. Sehr gefreut habe ich mich auch darüber, dass die Autorin „zugibt“, dass Tomaten eben nicht so einfach selbst zu ziehen und zu pflegen, sondern echte Diven und anspruchsvoll sind. Und so ehrlich ist sie das ganze Buch durch – was Anfängern ebenso hilft, wie „Halbprofis“. Hier werden keine falschen Vorstellungen gefüttert, sondern Tatsachen berichtet und gezeigt. So muss das sein!
Auch wenn gewisse Punkte nur für Menschen mit Platz und entsprechend dickem Geldbeutel geeignet sind, ist das Wissen darüber kein Fehler. Man kann vielleicht nicht alles umsetzen, was hier gezeigt wird, aber die Situation kann sich ja auch mal ändern. Dann ist es gut, zu wissen, wo man nachschlagen kann.
Bei den Hühner-Kapiteln vergisst die Autorin allerdings, dass es nicht überall erlaubt ist, Hühner zu halten. Hier muss man erst mal genau nachfragen, bevor man loslegt. Darf man das, hat man in und mit diesem Buch eine geballte Ladung an Informationen rund um das Halten glücklicher Hühner, denn das Thema wird sehr gut und ausführlich behandelt.
Zum krönenden Abschluss finden sich Tipps und Tricks zum Einkochen und Haltbarmachen der Ernte. Auch Rezepte fügt Judith Rakers noch bei. Zwischendurch gibt es kleine Interviews mit interessanten Menschen, die viel Wissenswertes zum Thema beisteuern und wertvolle Informationen weitergeben. Alles ist wunderbar unterhaltsam geschrieben und liest sich weg, wie ein Roman. Das gefällt mir ausgesprochen gut.
Keine Frage – dies ist ein Buch für alle, die sich an das Thema herantasten wollen, ohne ihr Leben sofort komplett umkrempeln zu müssen. Für alle, die Spaß beim Gärtnern haben wollen, ohne es in Stress ausarten zu lassen, mit der Option, aus einem kleinen Hobby irgendwann ein großes zu machen. Dickes Lob an Frau Rakers! Das Buch ist rundum gelungen, macht Freude und bekommt von mir die vollen fünf Sterne.