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Veröffentlicht am 27.02.2019

Panoramatouren quer durch die Kontinente

Lonely Planet Bildband Legendäre Roadtrips
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Freiheitsdrang und Unabhängigkeit im Urlaub ausleben, das ist möglich, wenn man sich auf ein Abenteuer der anderen Art einlassen kann und zur Not auch auf gewisse Bequemlichkeiten zu verzichten bereit ...

Freiheitsdrang und Unabhängigkeit im Urlaub ausleben, das ist möglich, wenn man sich auf ein Abenteuer der anderen Art einlassen kann und zur Not auch auf gewisse Bequemlichkeiten zu verzichten bereit ist. Dieses Buch versammelt unzählige Touren, die von einigen Stunden über Wochenenden bis zu Tagen dauern, für Jung und Alt, gemütlich und abenteuerlich, aber immer spannend, atemberaubend und faszinierend sind. Da kommt man aus dem Stauen kaum raus! Das Auge weiß kaum, wohin es zuerst sehen soll. Für jeden Geschmack ist etwas dabei, jeder Kontinent wird befahren.

Die Routen sind entsprechend der Länder sortiert. Zuoberst findet sich immer ein kleines Piktogramm, das grob anzeigt, wo sich diese Tour befindet, unterstützt von einer kleinen stilisierten Karte. Dazu gibt es Berichte, die einfach Lust machen, selbst sofort zu starten. Sollte man diesen doch widerstehen können, brechen die herrlichen Fotos jeden Widerstand. Im Anschluss an den „großen Bericht“ des Roadtrips findet man in einer Art Kurzvorstellung drei alternative, ähnliche Routen im entsprechenden Land oder Gebiet, aber teils auch auf anderen Kontinenten, so sie denn passen.

Mir gefällt besonders, dass nicht jede Kleinigkeit „verraten“ wird. So bleibt jedem, der die Tour selbst fahren möchte, viel selbst zu entdecken. Tipps für die Planung sind ebenfalls zu finden. Im Registerteil finden sich dann passende Touren zu diversen Themen. Über den Farbcode (Grün – Blau – Rot für Leicht – Mittel – Legendär) erkennt man in der Übersicht vorn im Buch auch gleich den Schwierigkeitsgrad. Ich hätte es schön gefunden, wäre dieser auch direkt an der Tour zu finden. Da fehlt er leider.

Mit über 300 Seiten ist dies ein dickes, schweres Buch. Die Schrift ist recht klein gehalten, aber wäre sie größer ausgefallen, hätten die Seiten nicht gereicht. Hier ist also gutes Licht und ein recht gutes Auge kein Fehler. Aber gemütlich im Lesesessel, mit einem schönen Glas Wein, reist man hier in Gedanken schon wunderbare Touren – und plant die eigene.

Ein Buch, das bezaubert und Reisefieber weckt. Von mir bekommt es vier Sterne.

Veröffentlicht am 25.02.2019

Jeder sollte seine Agathe finden

Agathe
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Mit fast 72 Jahren entschließt sich ein Psychiater, seine Arbeiten zu beenden und in den Ruhestand zu gehen. Doch seine Sekretärin nimmt noch eine neue Patientin auf, Agathe. Zunächst ist der Arzt nicht ...

Mit fast 72 Jahren entschließt sich ein Psychiater, seine Arbeiten zu beenden und in den Ruhestand zu gehen. Doch seine Sekretärin nimmt noch eine neue Patientin auf, Agathe. Zunächst ist der Arzt nicht gerade erbaut darüber, doch mit der Zeit merkt er, wie er sich auf die Termine mit Agathe freut …

Dieses Büchlein verzaubert den Leser auf ganz eigene Art und Weise. So seltsam, wie der bis zum Ende namenlos bleibende Psychiater lebt, denkt und handelt, man muss ihn einfach ins Herz schließen. Auch lebt er in einer Zeit, die nicht einfach war und ist. Würde seine Geschichte in der Gegenwart spielen, würde sie nicht funktionieren. Nur „damals“ war die ganze Konstellation so möglich.

Wunderbar schildert Anne Cathrine Bomann ein für den Leser erschreckend trauriges Leben, aber auch, dass es nie zu spät ist, Entscheidungen rückgängig zu machen, neu zu starten, die Richtung zu ändern, an sich zu arbeiten. Sehr einfühlsam, aber nicht belehrend, mit ganz viel Gefühl und einer schönen Dosis Humor lässt sie den Leser an Situationen teilhaben, die so oder ähnlich jederzeit in unmittelbarer Nähe geschehen können. Fast kein Aspekt des Lebens wird in dieser kurzen, aber intensiven Geschichte, nicht angeschnitten. Man sollte es nicht glauben, wie viel in so wenigen Worten gesagt werden kann. Wunderschön, intensiv, bewegend und bereichernd – so empfinde ich das Buch.

Das Thema Liebe spielt hier eine zentrale Rolle, jedoch nicht auf die Weise, die man so kennt. Denn Liebe ist nicht nur eine Sache zwischen einem Mann und einer Frau, sie kann auch zwischen Chef und Angestellter stattfinden – auf einer völlig anderen Ebene, nicht körperlich, nicht sexuell, sondern eben platonisch. Weniger wert ist sie dennoch nicht.

Die Sprache, die Bomann ihrem Ich-Erzähler gibt, ist sanft und dennoch eindringlich. Die kurzen Kapitel lesen sich sehr gut und geben dem Leser den nötigen Raum, die Eindrücke zu verarbeiten. Wie der Protagonist, so wacht auch der Leser aus einer Art Dornröschenschlaf auf und überdenkt die eine oder andere Einstellung zu sich und dem Leben. Zu verfolgen, wie der Psychiater seine Patienten wieder klarer sieht, mehr Interesse an seiner eigenen Kunst findet und sich dabei selbst rettet, ist einfach zauberhaft.

Ich habe das Buch nicht aus den Händen legen können und in einem Satz gelesen. Da es nur 156 Seiten hat, mag das einfach erscheinen. Aber die Zeit muss man sich auch erst einmal nehmen, zumal zwischendurch einfach ein wenig Raum und Zeit fürs Sackenlassen sein muss, für die Reflektion und das Genießen der Momente. Manche Bücher verändern die Leser. Für mich gehört „Agathe“ dazu. Ich liebe es! Und deshalb bekommt es von mir fünf Sterne.

Veröffentlicht am 10.02.2019

„Emotionalität macht vieles leichter, aber kaum etwas besser“

Tannenstein
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Alexander Born steht kurz vor seiner Entlassung aus dem Gefängnis. Der Ex-Polizist hat die Zeit genutzt, um seine Rache zu planen. Er will den Mörder seiner Partnerin und Geliebten finden und zur Strecke ...

Alexander Born steht kurz vor seiner Entlassung aus dem Gefängnis. Der Ex-Polizist hat die Zeit genutzt, um seine Rache zu planen. Er will den Mörder seiner Partnerin und Geliebten finden und zur Strecke bringen. Hilfe bekommt er von seinen alten Kontakten und auch die neue berufliche Partnerin seines damaligen Partners schlägt sich nicht ohne Grund auf seine Seite. Doch je tiefer sie graben, desto gefährlicher wird es für sie, denn sie ahnen nicht, mit welchen Mitteln der Gegner kämpft …

Dieser Thriller steckt voller explosivem Material. Linus Geschke legt den Finger tief in die Wunde. Nach der Lektüre kann man keinesfalls mehr die Augen vor den offensichtlichen Tatsachen verschließen. Die Themen Zwangsprostitution, Menschenhandel, sexuelle Ausschreitungen bis zu Pädophilie, Auftragsmord, Waffenhandel und Russenmafia mag kein Mensch wahr haben, sind jedoch tägliche Tatsachen. Ohne Wertung dieser Verbrechen lässt Geschke seinen Protagonisten einen ganz eigenen Weg gehen. Dessen Gegenspieler wird zum Mittelpunkt und schnell wird klar, dass nicht nur Born den Wanderer jagt.

Die Figuren im Buch handeln nicht immer so, wie man das als Leser gern hätte. Gerade das macht sie aber authentisch und echt – und so trifft die Story auch einen Nerv. Sie geht tief unter die Haut, lässt nachdenken und macht Angst. Für meinen Geschmack ist teils die Schilderung mancher Szene zu deutlich und der Hierarchie-Aufbau ein wenig zu stark und ausführlich beschrieben. Das nenne ich dann gern „Männer-Thriller“. Für Frauen reichen Andeutungen, wir müssen nicht alles so bildhaft geschildert bekommen. Doch zum Thema passt die stellenweise heftige Brutalität, zumal sie nicht reißerisch verwendet wurde.

Die Kapitel sind recht kurz, wodurch das Buch sich besonders gut lesen lässt. Mir persönlich waren es fast zu viele Orte und Personen. Hier hätte mir ein Personenregister am Ende des Buches zum Nachlesen sehr gefallen. Born erinnert mich ein wenig an Sebastian Bergmann – man kann ihn nicht wirklich leiden, aber dennoch „hat er was“. Das fordert den Leser, zumal man auch für den Wanderer mit der Zeit eine gewisse Sympathie aufbringen kann, die man aber gar nicht haben möchte.

„Tannenstein“ ist der Auftakt einer Serie. Als solche ist das absolut gelungen. Es gibt keinen fiesen Cliffhanger, aber man möchte dennoch wissen, wie es weitergeht. Das mag ich sehr! Die Krimis des Autors um Jan Römer und seine Freundin Mütze liegen mir mehr, sie sind softer. Aber das heißt nicht, dass dieser Thriller schlechter ist. Er ist nur einfach zu heftig, um von mir die vollen fünf Sterne zu bekommen. Für das absolut gut gemachte Handwerk, die stimmigen Wendungen und das runde Ende gebe ich aber sehr gern vier Sterne.

Veröffentlicht am 08.02.2019

Boh glaubse!

Im Liegen geht's!
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Okay, nicht jede der kleinen Episoden ist zum Brüllen komisch, aber Herbert Knebel bringt mich auch bei seinem miesesten Sketch wenigstens zum Grinsen. Er ist humorig, ohne unter die Gürtellinie zu müssen ...

Okay, nicht jede der kleinen Episoden ist zum Brüllen komisch, aber Herbert Knebel bringt mich auch bei seinem miesesten Sketch wenigstens zum Grinsen. Er ist humorig, ohne unter die Gürtellinie zu müssen und legt den Finger einfach immer auf die Wunde. Ja, man erkennt doch vieles, von dem er erzählt, aus dem eigenen Umfeld wieder! Da lernt auch der größte Brummbär, kleine Macken als das zu sehen, was sie sind: Ein Teil des Lebens!

Die Episoden sind schön kurz und knackig und auch wenn man so gar keine Zeit zum Lesen hatte, lässt sich jeden Tag eine der Geschichten zum Tagesabschluss ganz leicht und schnell lesen. Das macht gute Laune und vertreibt alle düsteren Gedanken – und schon schläft es sich besser!

Die wenigsten Comedians sind geschrieben noch witzig, aber bei Herbert Knebel (Uwe Lyko) klappt das schon fast mit einer erschreckenden Leichtigkeit. Wer ihn von der Bühne oder dem TV kennt, der hat direkt seinen schnodderigen Ton im Ohr und betont das Gelesene im Ruhrpott-Slang. Das ist schon fast magisch!

Die einzelnen Geschichten haben einen Titel, der nach dem Alphabet sortiert ist. Einen tieferen Sinn hat das nicht, denn Knebel „behandelt“ alle Themen, die man sich nur denken kann. Mich fasziniert immer wieder, wie gut er beobachtet und das dann umsetzt. Für mich ist Herbert Knebel auf der Bühne und in geschriebener Form einfach einer der größten Comedians unserer Zeit. Fünf Sterne!

Veröffentlicht am 05.02.2019

Technik, Macht, Geld – die Schattenseiten

Cainstorm Island – Der Gejagte
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Emilio lebt im armen Cainstorm Island. Um seiner Familie das Zuhause zu erhalten, hat er sich auf Eyevision eingelassen. Ein in sein Gehirn eingepflanzter Chip überträgt jeden Tag eine halbe Stunde all ...

Emilio lebt im armen Cainstorm Island. Um seiner Familie das Zuhause zu erhalten, hat er sich auf Eyevision eingelassen. Ein in sein Gehirn eingepflanzter Chip überträgt jeden Tag eine halbe Stunde all das, was er sieht. Emilio will mit Kletter- und Sprungaktionen Zuschauer begeistern, so eine Art Parkour. Als er aus Notwehr ein Mitglied der „Schlangen“ tötet, schießt seine Zuschauerzahl in die Höhe und Eyevision macht Emilio genau deshalb zum Gejagten. Er muss nun jeden weiteren Schritt genau bedenken, um sich und seine Familie aus der Gefahrenzone zu holen. Doch das ist nicht so einfach, wenn ein riesiges Unternehmen die Quote steigern will …

Das Buch ist für Leser ab 13 Jahren gedacht. Manche Szenen dürften vielleicht etwas heftig sein, aber wenn man bedenkt, dass die Kids heute mit 13 schon so einiges anstellen, das meine Generation nicht vor 15 getan hat (eher noch später), passt das wohl so. Der Stil ist nicht ganz so „erwachsenentauglich“, aber für die Zielgruppe meiner Ansicht nach absolut passend. Emilio erzählt aus der Ich-Perspektive und schildert dem Leser ganz genau, was gerade geschieht. Das zieht automatisch direkter ins Geschehen, wird aber von vielen Lesern als störend empfunden. Mir gefiel es recht gut, es passte zur Story.

Die Idee ist gut und erschreckend zugleich, wenn auch nicht ganz neu. Es ist aber auch nicht abgekupfert, sondern eine neue Variante eines bekannten Themas. Die Welt ist nicht ganz so, wie wir sie heute kennen, aber dennoch sind Parallelen zu diversen aktuellen Themen deutlich zu erkennen. Damit regt das Buch die Kids also auch an, sich mit der Weltpolitik und Themen aus den Nachrichten auseinanderzusetzen.

Die Figuren sind sehr schön ausgearbeitet. Einzelne Charaktere sind gut zu erkennen und heben sich voneinander ab. Familie, Freundschaft, Zusammenhalt, Respekt, Liebe, Überlebenskampf, das Gefälle zwischen Reich und Arm – alles findet einen Platz und macht die Geschichte atmosphärisch schön dicht, aber nicht zu überladen. Der dystopische Touch passt bestens.

Der Titel (und das Ende) lassen darauf schließen, dass es weitere Bände geben wird und dieses Buch also der Auftakt einer Serie ist. Zu erfahren, wie es in Asaria ist, wäre schon interessant. Auch bieten die Figuren genug Stoff für weitere Bücher. Ich lasse mich also überraschen. Dieser (erste) Band bekommt von mir vier Sterne.