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Veröffentlicht am 26.02.2023

Eher was für jüngere LeserInnen

Lockwood & Co. - Die Seufzende Wendeltreppe
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Ich muss euch etwas gestehen: Dieses Buch lag seit ca. 8 Jahren auf meinem SUB, doch da ja im Januar die Netflix Serienadaption erschienen ist, griff ich nun endlich nach diesem Buch, von dem ich auch ...

Ich muss euch etwas gestehen: Dieses Buch lag seit ca. 8 Jahren auf meinem SUB, doch da ja im Januar die Netflix Serienadaption erschienen ist, griff ich nun endlich nach diesem Buch, von dem ich auch zuvor fast nur Lob gehört hatte. Doch hat es auch mir gefallen?

Mimimi, Erwachsene sind doof
Fangen wir, wie eigentlich immer, mit der Idee und dem Worldbuilding an. Wir befinden uns in London der sagen wir mal 90er oder frühen 2000er Jahre, so genau kann man das nicht sagen, da nirgendwo eine Zeitangabe in dem Buch zu finden sind. Da aber Fernseher erwähnt werden, Computer, Handys oder gar Smartphones jedoch nicht, gehe ich eben von den 90er oder frühen 2000er aus. Seit ein paar Jahrzehnten wird London bez. Großbritannien vom sogenannten Problem geplagt. Allerhand Geister suchen die Lebenden heim und können bei Berührung eine tödliche Krankheit übertragen. Ob dieses Phänomen nur in Großbritannien, oder auch dem Rest der Welt auftritt, wird nicht erwähnt. Die Geister können vor allem von Kindern wahrgenommen werden, Erwachsene spüren zwar die Auswirkungen, können sie aber weder sehen, noch hören. Daher ging man dazu über, in sog. Agenturen die Kinder zu Ghostbuster Jr. auszubilden und in den Kampf gegen die Geister zu schicken normalerweise in Begleitung eines Erwachsenen, der die strategische Leitung der Mission übernimmt.
In der Agentur, in der unsere Protagonistin Lucy arbeitet, ist dies jedoch anders, hier gibt es keine Erwachsenen, sondern nur sie und die Jungs Anthony Lockwood und George Cubbins. Zu dritt bekämpfen sie wütende und rachsüchtige Geister und versuchen ihre Agentur Lockwood und Co. nach ganz oben zu bringen.

Und hier fängt leider schon mein Problem mit dem Buch an. Während ich mir vorstellen kann, dass die Hauptzielgruppe von 10-16-Jährigen es super spannend finden, wie unsere drei Helden nicht nur wagemutig gegen Geister kämpfen, sondern sich auch gegen die Erwachsenen auflehnten, fühlte ich mich beim Lesen viel zu alt für das Buch. Tatsächlich hatte ich ganz schön viele Fragen im Kopf: Warum zum Beispiel geht niemand in die Schule? Warum stört es keinen, wenn drei Minderjährige völlig alleine in einem Haus leben? Wie kann Lockwood, als Minderjähriger ohne Vormund alleine sein Erbe verwalten? Und vor allem: warum ist es den meisten Leuten scheißegal, dass hier massenweise Kinder nicht nur arbeiten, sondern bei dieser Arbeit auch reihenweise umkommen?
Überhaupt lässt der Autor seien Protagonisten nicht wirklich ihrem Alter entsprechend auftreten, sondern versucht sie zu einer Art Minierwachsene zu machen. Leider wirkte auf mich das in etwa so, wie wenn Kinder Erwachsene spielen: Sie versuchen möglichst erwachsen zu reden, indem sie sich zum Beispiel gegenseitig als Kollegen bezeichnen, von Arbeitsverhältnis etc., sprechen und eine Professionalität vortäuschen, man merkt aber trotzdem: es bleiben Kindern, denen eben eine gewisse Lebenserfahrung fehlt, so sehr sie auch so tun, als hätten sie sie. All das wirkte auf mich, auch in Anbetracht der speziellen Situation mit dem Problem nicht wirklich natürlich, sondern albern und lächerlich. Tatsächlich ging das so weit, dass ich in den Konfrontationen der drei mit Erwachsenen häufig dachte, “Na, aber eigentlich hat der Erwachsene ja recht”

250 Seiten bevor es endlich losgeht
Das alles führte dazu, dass ich gerade mit Protagonistin Lucy, die sich selbst für besonders reif und erwachsen hält, wenig anfangen konnte. Lockwood war immerhin mit seiner Energie anstecken und auch George fand ich sympathischer (sein Pochen auf Recherche und gründliche Vorbereitung, während die anderen lieber kopflos voranstürmen und blind mit ihrem Degen rumfuchteln, mach ihn in meinen Augen nicht zu dem Looser/Langweiler, als der er dargestellt wird, sondern zum einzig halbwegs Vernünftigen in dieser Dreiergruppe). Durch diesen fehlenden Bezug zu den Charakteren empfand ich auch die erste Hälfte des Buches, als umso schleppender. Denn was man wohl beim Beginn des Lesens nicht erwarten würde: Der titelgebende Fall, auf den auch der Klapptext heiß macht, beginnt erst nach gut 250 Seiten des Buches. Zwar gibt es auch davor Geisterbegegnungen, die meisten Seiten gehen aber dafür drauf, die Charaktere und das Problem darzustellen, was durch Lucys nüchterne und gleichzeitig selbst preisende Erzählweise nicht gerade ein Highlight ist.

Als es dann endlich mit dem eigentlich Fall losgeht, wird das Buch besser, das gebe ich gerne zu. Beim letzten Drittel hatte ich sogar Spaß beim Lesen, wenngleich die Twists doch recht vorhersehbar waren, wobei diese Vorhersehbarkeit für jüngere Leser vielleicht nicht so stark gegeben ist. Am Ende bin ich nun schon ein bisschen neugierig, wie es mit der Lockwood und Co. Agentur weitergeht, aber ich denke, wenn ich die Reihe weiterverfolge, dann nur noch als Hörbuch irgendwo nebenbei gehört, denn sonst ist mir meine Lesezeit doch dafür zu schade.

Fazit:


Das Buch ist vielleicht tatsächlich eher etwas für jüngere LeserInnen, die drei Jugendliche, die sich für schlauer als alle Erwachsene zusammen halten als spannend und nicht albern, so wie ich, empfinden. Während das also eher Geschmackssache ist, hätte aber auch mein jüngeres ich noch ein Punkt für den zähen Mittelteil abgezogen. Insgesamt also ein Buch, das mich eher enttäuscht hat, das aber der Zielgruppe gefallen dürfte.

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Veröffentlicht am 26.02.2023

Mehr Bäume braucht das Land

Wie man illegal einen Wald pflanzt
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Mal wieder hat ein Katapult Buch den Weg in meine Hände gefunden. 😀 Dieses Mal jedoch keiner der Atlanten, sondern ein Sachbuch. Und in Zeiten, in denen man noch die Bilder der Waldbrände von 2020 in Australien, ...

Mal wieder hat ein Katapult Buch den Weg in meine Hände gefunden. 😀 Dieses Mal jedoch keiner der Atlanten, sondern ein Sachbuch. Und in Zeiten, in denen man noch die Bilder der Waldbrände von 2020 in Australien, oder auch im Sommer 2022 hier in Deutschland vor Augen hat, fand ich ein Buch, dass sich mit der (möglicherweise nicht ganz legalen) Aufforstung beschäftigt, mehr als interessant.

Mehr Bäume braucht die Welt!
Bäume tun der Umwelt gut, schaffen als Wald ein einzigartiges Ökosystem und sind wichtig fürs Klima. So wichtig, dass wir dringend mehr von ihnen brauchen, das weiß mittlerweile wohl jedes Kind. Doch während das Pflanzen eines Apfelbaums im Garten die eine Sache ist, denken die wenigstens darüber nach einen ganzen Wald zu pflanzen, denn das klingt nach einem Großprojekt, das sich ohne massiv Geld und Hektarweise Land gar nicht realisieren lassen würde. Wälder pflanzen, das ist was für Großkonzerne die ihr Image verbessern wollen und Umweltorganisationen, oder? FALSCH!, sagt Katapult, ein Wald zu pflanzen bez. sich für die Erhaltung bestehender Wälder einzusetzen ist gar nicht so schwer, wie man denkt. Und während das Greifswalder Magazin vorbildlich voranschreiten und selbst ein Waldpflanzprojekt am Laufen hat, erklären sie uns in diesem Büchlein, wie das geht und was es zu beachten gilt, denn Wald, ist nicht gleich Wald. Da gibt es nämlich zum einen die auf schnelle und zahlreiche Holzproduktion ausgelegte Monokulturwälder, wie z.B. die gleichförmigen Kieferwälder, mit denen Brandenburg vollgestopft ist und in denen ich ein Teil meiner Kindheit verbrachte. Tatsächlich war das gleichförmige Bild hunderter schlanker Stämme, in denen es kaum Orientierungspunkte gibt und man sich leicht verlaufen kann, lange Zeit das einzige, was ich als Wald kannte.
Doch solche Monokulturen helfen der Umwelt wenig. Sie sind anfällig für Schädlinge, Dürren und Brände. Was es braucht, sind Mischwälder, weswegen es in den Forstämtern in Brandenburg, aber auch anderen Teilen Deutschlands schon länger nicht mehr nur um Aufforstung, sondern vor allem um Waldumwandlung geht.

Dies ist nur eines der Dinge rund um das Thema Wald, über die das Buch informiert. Auch darüber hinaus erfahren wir so einiges über Aufforstung und Wälder, wobei zwar auch einige Guerilla Gardening genannt werden, es trotzdem aber dem provokanten Titel zum Trotz viel um die legalen Wege geht, wie ein Wald entsteht, was überhaupt rechtlich ein Wald ist und wie man Wälder schützen und pflanzen kann. Das wird alles sehr leicht verständlich dargeboten, ging mir aber leider nicht tief genug. Tatsächlich hätte ich gerne noch viel mehr zum Thema Aufforstung und auch Forstwirtschaft erfahren, gerade weil Katapult es schafft, solch trocken klingende Themen wie Forstbewirtschaftung interessant zu verarbeiten. Leider ist nach 49 Seiten jedoch schon Schluss mit Waldaufklärung und die restlichen Seiten füllt ein kleines Baumlexikon. Dies ist zwar nicht minder interessant und erklärt auf amüsant informative Weise, warum die Buche eine Mörderin oder die Robinie eine Trickserin ist, ist für mich aber eigentlich nur eine Ergänzung zum Thema.

Fazit:


Ein informatives kleines Büchlein, das viele interessante Fakten zu Bäumen und Wälder enthält, diese mit, wie von Katapult gewohnt, ansprechenden Grafiken und Illustrationen untermalt und dazu animiert, dass jeder etwas für den Schultz der Wälder tun kann. Ein wenig tiefergreifend hätten aber die Kapitel, in denen es um das titelgebende Pflanzen von Wäldern geht, jedoch schon sein können.

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Veröffentlicht am 25.02.2023

Ähnlich, wie Band eins.

Das Reich der Klingen - Realm Breaker 2
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Nachdem mir bereits Das Reich der Asche gut gefallen hat, war ich mehr als gespannt auf den Nachfolgeband. Ursprünglich dachte ich ja, das wäre auch der Finalband, doch siehe da, es wird doch eine Trilogie, ...

Nachdem mir bereits Das Reich der Asche gut gefallen hat, war ich mehr als gespannt auf den Nachfolgeband. Ursprünglich dachte ich ja, das wäre auch der Finalband, doch siehe da, es wird doch eine Trilogie, statt eine Dilogie werden, hatte mich auch schon gewundert, wie das alles, was noch offen war, in einem Band hätte vernünftig aufgelöst werden sollen.

Der klassische Mittelteil
Dadurch, dass wir nun aber statt zwei, drei Bände haben werden, trifft Das Reich der Klingen das volle Los des klassischen Mittelteils. Der Band konzentriert sich stark auf die Charaktere und deren Entwicklung, während die große Rettung der Welt etwas auf der Stelle tritt. Dieses Phänomen der reduzierten Handlung, bei gleichzeitiger Vertiefung der Charakterbeziehungen lässt sich bei vielen Reihen, gerade den großen High Fantasy Epen beobachten. Das Reich der Klingen steht also in dieser Hinsicht nicht alleine da. Und so schlimm ist es auch nicht. Sicher, man hätte an einigen Stellen etwas mehr Fortschritt in die Grundhandlung einbauen können und an der ein oder anderen Stelle das Tempo anziehen können, trotzdem kann ich nicht sagen, dass mir beim Lesen langweilig geworden wäre. Denn auch wenn sie der Rettung der Welt vielleicht nicht so viel näher kommen, hat unser Heldentrupp trotzdem was zu tun und Aveyard schickt Corayne und Co quer durch Allwacht, wodurch man als LeserIn mehr Einblicke in diese tolle Welt bekommt. Das Worldbuilding hatte ich ja schon in meiner Rezension zu Band eins gelobt und kann dies hier nur wiederholen.

Allgemein kann ich sagen, dass diese Fortsetzung ähnliche Stärken und Schwächen hat, wie der Vorgänger. Wer als Das Reich der Asche mochte, wird auch mit Das Reich der Klingen Spaß haben, während diejenigen, die schon Band eins zu zäh fanden, hier auch nicht glücklich werden. Die große Stärke des Buches sind wieder die Charaktere und die Gruppendynamik. Mussten unsere sechs (nicht)Helden sich im ersten Band noch finden und miteinander vertraut machen, sind sie nun mehr und mehr ein eingespieltes Team, das zusammen hält. Es macht Spaß mitzuverfolgen, wie sie alle miteinander interagieren, wobei die Dynamik zwischen Sorassa und Dom dabei sicherlich mit Abstand die unterhaltsamste ist.
Auch auf der AntagonistInnen Seite kann mich vor allem Erida weiterhin überzeugen. Sie ist ein vielschichtiger Charakter, deren Motivation tatsächlich nachvollziehbar ist und die sich nicht völlig in ein gut und böse Schema drängen lässt. Tatsächlich zeigt sie bisher mehr Tiefe als der “Hauptbösewicht” Taristan, von dem würde ich mir noch mehr wünschen außer “Mimi, hatte ne schwere Kindheit”.

Das Ende dann wartet wieder mit einem zwischen Showdown auf und macht neugierig auf Band drei, wobei ich mich aber immer noch frage, wie das alles aufgelöst werden soll. Ich bin also auf jeden Fall gespannt.

Fazit:


Das reich der Klingen ist der klassische mittlere Teil einer Trilogie: Die Charakterbeziehungen werden vertieft, Figuren in Position gebracht, Geheimnisse und Auflösungen angetriggert, ohne dass die Grundhandlung einen großen Sprung macht. Durch die tollen Charaktere (AntagonistIn inklusive) und der weiterhin gelungen Gruppendynamik, lässt sich der Band aber trotzdem gut lesen und macht neugierig auf das Finale.

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Veröffentlicht am 23.01.2023

Eine schöne Geschichte über Selbstakzeptanz

Quiet Girl (deutsche Hardcover-Ausgabe)
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Das Buch habe ich, wie erwähnt, spontan mitgenommen, weil mich als Bibliophile das Cover angesprochen hat. Zu hause war es dann auch schnell durchgeblättert und hat mir einen entspannten Abend verschafft, ...

Das Buch habe ich, wie erwähnt, spontan mitgenommen, weil mich als Bibliophile das Cover angesprochen hat. Zu hause war es dann auch schnell durchgeblättert und hat mir einen entspannten Abend verschafft, ganz so wie Debbie es geliebt hätte =)

Wenn die Welt zu laut und zu voll ist
Für die junge Debbie stellt der Alltag oft eine Herausforderung dar. Die Welt ist ihr oft zu laut, zu stressig, zu voll mit Menschen. Am liebsten würde sie den Großteil ihrer Zeit zu Hause mit einem guten Buch verbringen und soziale Kontakte auf ein Minimum reduzieren, gleichzeitig hat sie jedoch das Gefühl, dass sie das zur Außenseiterin macht und dass sie deutlich extrovertierteren Erwartungen zu erfüllen hat.
So wie Debbie geht es bestimmt vielen, gerade jungen Menschen. In unserer heutigen auf Leistung und Sichtbarkeit getrimmten Welt, in der gerade soziale Medien einem eine bestimmte Lebensweise als ideal vermittelt, können leicht bestimmte Erwartungshaltungen entstehen, die zu Druck und Stress führen, wenn man ihnen nicht entspricht. Diese Gefühle von Erwartung, Druck, Stress, overthinking und soziale Ängste bringt die Autorin in diesem autobiografischen Comic sehr gut rüber und lässt den/die Leser/in sehr genau an den Gedankengängen teilhaben, die bei ihr zu Angst und Stress führen. Dabei fehlt es ihr auch nicht an einer Prise Selbstironie und Humor, sodass der Comic, auch wenn er soziale Ängste beschreibt, trotzdem nicht in eine düstere Stimmung abdriftet.

Schön zu sehen war es, wie Debbie Schritt für Schritt lernt sich selbst zu akzeptieren und sich nicht mehr verbiegt, weil sie denkt, andere erwarten das von ihr. Diesen Prozess zu schildern, macht den Comic in meinen Augen grade für Teenager, die quasi per Definition in einer Selbstfindungsphase sind, sehr wertvoll, zeigt er doch, dass es ok ist anders zu sein, dass es ok ist introvertiert und/oder schüchtern zu sein.

Introvertierte Vs. Extrovertierte?
Was mir hingegen nicht ganz so gefallen hat ist, wie sehr in diesem, aber auch Bücher/Comics ähnlichen Themas die Menschen streng in zwei Kategorien eingeteilt werden: die leidenden Introvertierten und die Extrovertierten, die die Introvertierten einfach nicht verstehen (wollen). Das finde ich ziemlich unzureichend. Zum einen unterschlägt diese Darstellung, dass es auch etliche Menschen gibt, die weder das eine, noch das andere sind. Ich zum Beispiel habe kein Problem neue Leute kennenzulernen, hasse es aber, mit Fremden zu telefonieren, ich unternehme gerne was mit Freunden, bin aber auch gerne zu Hause, mit Büchern und Games und “nerde vor mich hin”. Je nach Situation bin ich mal eher introvertiert, mal eher extrovertiert und ich glaube, dass das sogar für den Großteil der Menschen zutrifft, daher spiegelt diese strenge Zweiteilung in “Wir” (Introvertierte) und “Die da” (Extrovertierte) kaum die Realität wider.
Auch finde ich es schade, dass es an vielen Stellen so dargestellt wird, als falle Extrovertierte alles leicht im Leben, als hätte man keine Sorgen und Nöte, nur weil man mit anderen Menschen ohne Angst interagieren kann. Auch das ist für mich eine starke Vereinfachung der Realität. Für die volle Punktzahl hätte ich mir hier einfach mehr Differenziertheit gewünscht.

Fazit:


Ich bin sicher dieser Comic wird vielen Menschen aus der Seele sprechen und kann gerade junge Menschen dabei helfen sich selbst zu akzeptieren, allein dafür ist er lesens- und empfehlenswert. Ein bisschen schade finde ich es aber, dass die Welt hier nur in zwei Kategorien von Menschen eingeteilt wird.

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Veröffentlicht am 23.01.2023

Diversität allein macht leider noch kein gutes Buch

Schildmaid
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Schildmaid war mein Buddy Read im November, was ich zusammen mit Nenatie gelesen habe. Wir haben uns viel vom Buch versprochen, erntete es doch bereits sehr viel Lob und wurde für seien Progressivität ...

Schildmaid war mein Buddy Read im November, was ich zusammen mit Nenatie gelesen habe. Wir haben uns viel vom Buch versprochen, erntete es doch bereits sehr viel Lob und wurde für seien Progressivität gefeiert. Leider muss ich aber sagen, dass der Funken weder bei mir, noch bei Nenatie übergesprungen ist. Warum,weshalb, wieso, will ich jetzt näher erläutern.

Ein Buch, dass die Vielfalt feiert
Doch fangen wir mit dem positiven an. Das Buch hat eine klare Mission: Es möchte Vielfalt abbilden, Gesellschaftsstrukturen hinterfragen und mit Rollenbildern brechen. Alles Ziele, die ich ohne weiteres begrüße und unterstütze. Besonders das Hinterfragen der Rolle der Frau, was Mutterschaft bedeutet und das Beleuchten verschiedener Lebensmodelle fand ich gut gelungen.

"Die größte, schrecklichste Macht, die es gibt, ist die Illusion, dass es nur eine mögliche Art und Weise gibt, wie wir leben können."
(Schildmaid: Das Lied der Skaldin von Judith & Christian Vogt, Piper, 2022, S. 335)

Ebenso positiv fand ich, wie die AutorInnen ihre queeren Charaktere in historischer Kulisse umschrieben, ohne auf moderne Begriffe zurückgreifen zu müssen. Das hatte zudem die Wirkung, dass man sich solchen Charakteren als LeserIn ganz anders nährte. Es war nicht sofort klar, diese Person ist Trans und die andere Genderfluid, man fand es erst nach und nach hinaus, indem die Charaktere ihre eigenen Worte fanden, um das, was sie sind und fühlen zu umschreiben.
Auch sonst gehen Judith und Christian Vogt sehr sensible mit ihren Charakteren um und wenden viel Zeit und Seiten dafür auf, ihre Gefühlswelten zu erkunden, wobei sich viele Charaktere tatsächlich erst im Verlauf der Handlung bewusst werden, wer sie sind und wer sie sein wollen, was zu einigen gut gelungen Charakterentwicklungen führt.

Irgendwo ist auch ein Plot versteckt
Doch so sehr ich die Diversität in diesem Buch an sich begrüße, hat mir manches nicht zugesagt. Mein Hauptproblem mit dem Buch lässt sich im Grunde auf zwei Faktoren reduzieren: 1. Die AutorInnen wollen zu viel und 2. Sie wollen es zu sehr. Man ist bemüht, wirklich jeder marginalisierten Gruppe von Menschen einen Platz auf der Skjaldmaer zu verschaffen, Was in der Theorie eine lobenswerte Idee ist, führt in der Praxis jedoch dazu, dass wir eine Schiffsbesatzung von 20 Frauen haben, von denen wir bei den meisten nicht viel mehr wissen, als ihre “besondere” Eigenschaft. Natürlich erwartet niemand komplette Backgroundstorys zu jedem Nebencharakter, trotzdem fühlte sich für mich ein Großteil der Besatzung der Skjaldmaer wie pures Dekowerk an, damit es eben eine genderfluide Person, eine asexuellen Person oder einen Menschen mit Behinderung im Team gibt. Als gäbe es eine Quote zu erfüllen. Das ist insoweit schade, als dadurch deren eigentlich wichtigen persönlichen Geschichten untergehen.

Doch nicht nur mit den Charakteren, auch sonst haben sich die AutorInnen thematisch viel vorgenommen. Da steht an vorderster Front natürlich der Kampf gegen patriarchale Strukturen und feste Rollenbilder, aber auch Mutterschaft, Endometriose, Rassismus, offene Familienmodelle und viele weitere gesellschaftlich höchst relevante Themen wollen angesprochen werden, das benötigt Zeit und Seiten, da Dialoge zwischen den Charakteren hier das Mittel der Wahl sind, gesellschaftskritische Themen zu verarbeiten. Und zwischen all diesen Gesprächen geht der Plot dann leider völlig unter. Der Auftrag der Götter wird zur Nebensache, der Viking Raubzug zur Kulisse und das Buch beginnt ziemlich zäh zu werden. Für mich persönlich sogar umso mehr, da ich Skade, eine der Hauptprotagonistinnen, echt nicht leiden konnte und sie wahnsinnig nervig fand, sodass ich jedes Mal, wenn eine Passage aus ihrer Sicht kam, nur hoffte, er möge schnell wieder vorbei sein.
Letztendlich erfüllt Schildmaid nicht mehr das, wofür ich es lese: um eine interessante Geschichte mitzuerleben. Stattdessen kommt man sich vor wie in einer Podiumsdiskussion, was an sich ja nicht uninteressant ist, aber dafür hätte ich eben nicht zu einem Fantasybuch greifen müssen. Ich denke es hätte dem Buch gut getan, wenn weniger Themen im Vordergrund gestanden hätte, diese aber gekonnter mit der Handlung verknüpft worden wären, sodass beides, Plot und Gesellschaftskritik, mehr Raum zur Entfaltung gehabt hätten.

Komm liebe/r Leser/in, ich nehm dich an die Hand
Vielleicht hätte mich all dies gar nicht so sehr gestört, wenn ich nicht permanent das Gefühl gehabt hätte, ich sei ein Kleinkind, dass von dem AutorInnenpaar an die Hand genommen muss, damit es auch ja keine tiefgründige Stelle verpasst. Alles von der ersten, bis zur letzten Seite wirkt rigoros durchkonstruiert. Die Geschichte entfaltet keinen Lesefluss, der sich “natürlich” anfühlt. Stattdessen fühle ich mich als Leserin herumgeschubst und belagert. Jeder Satz wurde mit Bedeutung aufgeladen, jede Äußerung der Charaktere ist bewusst tiefgründig arrangiert. Es ist eine einzige Inszenierung, die trotz gut gemeinter Absicht auf Dauer einfach nur noch anstrengend ist. Man hätte den LeserInnen hier durchaus mehr Eigenständigkeit zutrauen können und sie selbstständig gewisse Problematiken entdecken lassen können, als es ihnen immer direkt ins Gesicht zu werfen. Manchmal erzeugt Subtilität ein umso größeres Echo und manche Botschaften zwischen den Zeilen hallen umso länger beim Leserin nach, weil man sie sich selbst erarbeitet hat. Beides ist bei Schildmaid leider nicht zu finden.

Fazit:


Ich habe größten Respekt vor dem, was das AutorInnenduo Vogt hier erreichen wollte, trotzdem bleibe ich dabei: Diversität allein macht noch kein gutes Buch. Es ist toll gesellschaftskritische Themen einzuarbeiten und marginalisierten Gruppen eine Stimme geben zu wollen, wenn darüber hinaus aber sämtlicher Plot flöten geht und ich permanent das Gefühl habe in bestimmte Richtungen geschubst zu werden, dann macht es einfach keinen Spaß zu lesen, schade.

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