Nicht ganz so gut wie der Vorgänger
Und Großvater atmete mit den Wellen"Egal, ob es stürmt oder ganz ruhig ist, die Wellen treffen das Land immer im selben Rhythmus. Und wenn du Angst hast oder traurig bist, musst du mit dem Meer atmen."
Diesen Rat erhält der Norweger Konrad ...
"Egal, ob es stürmt oder ganz ruhig ist, die Wellen treffen das Land immer im selben Rhythmus. Und wenn du Angst hast oder traurig bist, musst du mit dem Meer atmen."
Diesen Rat erhält der Norweger Konrad fernab der Heimat auf Java. Dorthin kann er sich retten, nachdem das Handelsschiff, auf dem er als Seemann angeheuert hat, von einem japanischen U-Boot torpediert wurde. Denn es herrscht Krieg - nicht nur in Europa, sondern auch im indischen Ozean, wo die Japaner versuchen Indonesien zu erobern. Konrad gelingt es, sich in ein Krankenhaus zu retten, wo er die ebenfalls norwegische Sigrid kennenlernt. Die Krankenschwester pflegt ihn gesund und ihr gelingt es, seine schnelle Genesung vor den japanischen Besatzern lange versteckt zu halten. Doch dann spitzt sich die Lage zu und beide geraten in japanische Kriegsgefangenschaft.
Nachdem Trude Teige im vergangenen Jahr mit "Als Großmutter im Regen tanzte" einen großen literarischen Erfolg erzielt hat. knüpft sie nun nicht nur zeitgeschichtlich an den ersten Roman an. Denn Konrad ist niemand anderes als der Mann, der viele Jahre später mit Tekla im Wintergarten sitzt und gemeinsam schweigt. Ziehvater von Lilla und Opa von Juni, der Protagonistin aus dem ersten Roman. Hier wird also die Geschichte des Mannes erzählt. von dem Juni lange Zeit gar nicht wusste, dass sie nicht blutsverwandt sind. Wie auch schon im ersten Buch spielen die Zeit im Lager und die unmenschliche Behandlung durch die Besatzungsmacht eine zentrale Rolle in der Romanhandlung. Auch dieses Mal sind die Schicksale der Figuren zwar fiktiv, basieren aber auf Recherchen der Autorin und könnten tatsächlich so geschehen sein. Außerdem wird wieder ein Kapitel des Zweiten Weltkrieges behandelt, dass vielen Leser*innen vielleicht weniger bekannt ist: Die Lage der Europäer in den Überseekolonien.
Im Unterschied zum Vorgänger gibt es dieses Mal aber keinen Handlungsstrang, der in der Gegenwart spielt. Juni tritt lediglich als eine Art fiktive Vorwortverfasserin auf. Wie es mit ihr und ihrer Schwangerschaft weitergegangen ist, erfährt man in diesem Band also nicht. Mir hat das ein wenig gefehlt. Ebenso wie die weibliche Perspektive, die meiner Meinung nach "Als Großmutter im Regen tanzte" ausgemacht hat. Zwar gibt es auch hier beeindruckend durchsetzungsstarke Frauen. Allerdings ist die Grundhandlung hier deutlich "klassischer" und die besondere weibliche Perspektive auf den Krieg weniger stark gezeichnet. Auf der anderen Seite führt genau das aber dazu, dass man "Und Großvater atmete mit den Wellen" auch lesen kann, ohne Teiges Erstling zu lesen. Lediglich am Ende könnte es zu Verständnisproblemen kommen. Allerdings wirken die eher wie eine freundliche Aufforderung, sich doch auch mit der weiblichen Perspektive auseinanderzusetzen.