Mehr Thrill als Romance
Going UnderDas Cover war nicht meins. Es war irgendwie nichtssagend und im Buchhandel wäre ich wohl achtlos an „Going Under“ vorbeigelaufen. Für meinen Geschmack war es zu neutral und im Endeffekt spiegelte es nicht ...
Das Cover war nicht meins. Es war irgendwie nichtssagend und im Buchhandel wäre ich wohl achtlos an „Going Under“ vorbeigelaufen. Für meinen Geschmack war es zu neutral und im Endeffekt spiegelte es nicht wirklich etwas vom Inhalt wider. Dafür gefiel mir das Innenlayout, wo an den Kapitelanfängen unterschiedlich große Bläschen zusehen waren. Im Verlauf der Geschichte wurde auch deren Bezug klar und ich fand sie stimmig zum Inhalt.
Der Einstieg in die Geschichte war von einer traurigen Atmosphäre geprägt, die mich sofort abholte. Protagonistin und Icherzählerin Brooke musste an der Beerdigung ihrer besten Freundin Beth teilnehmen. Die Situation ging mir nahe und besonders Brooks Gewissensbisse kamen hier sehr gut, sowie ungefiltert zum Ausdruck.
„Going Under“ entwickelte sich gemächlich und hatte anfänglich den Touch einer gewöhnlichen High-School-Erzählung. Die Spannung blieb dabei nur unterschwellig spürbar, da mir hier ein langsamer, aber durchaus schlüssiger Handlungsaufbau präsentiert wurde. In dessen Mittelpunkt stand eine 18-jährige Hauptfigur, zerfressen von Seelenqualen, in deren Kopf sich einen gefährlichen Plan entwickelte. Nicht ganz uneigennützig, wie mir später schien, denn Brooke hatte besonders zu Lebzeiten ihrer Freundin Beth gegenüber teilweise ein doch sehr bitteres Verhalten an den Tag gelegt.
Stück für Stück wurde klar, warum Brooke förmlich in einem Meer aus Schuldgefühlen ertrank. Obwohl Brooke intelligent wirkte, kam sie mir gleichzeitig so schrecklich naiv rüber. Ihre Stärke nahm ich ihr nicht komplett ab und ich muss gestehen, dass sie mir besonders am Anfang nicht besonders sympathisch gewesen ist. Ich fand sie bestenfalls nett. Erst später, als auch sie eine schmerzhafte Weiterentwicklung durch machte, konnte ich eine Beziehung zu ihr aufbauen und begann sie zu mögen.
Das Thema an sich war wirklich keine leichte Kost, weil es traurigerweise extrem realistisch gewesen ist. Junge Männer, die es lustig finden, Mädels nach Punkten auszuwählen und sie zu verführen oder gefügig zu machen, wenn sie nicht wollen, lösen bei mir Brechreiz aus.
Das wurde nicht besser, als die blöden Idioten mit ihrer „Schlampenliste“ prahlten und mit einem Mal völlig klar war, was Brooke vorhatte.
S. Walden beschrieb mit Feingefühl die Auswirkungen einer solch perfiden Liste und zeigte ungeschönt auf, wie sehr Opfer darunter später zu leiden haben. Es ging mir verdammt nahe und berührte mich auf eine stille Weise. Hier gab es keine haarsträubenden Spannungsbögen oder Nägel kauende Momente. Stattdessen sorgte gerade diese Schnörkellosigkeit der Erzählung für das kalte Grauen, welches mich heimsuchte. Besonders eine Szene war wirklich harte Kost und die Art, wie es erzählt wurde, liegt mir noch immer schwer im Magen.
Der Schreibstil war flüssig und bildreich. Besonders am Anfang hatte er eine Leichtigkeit, die passend zum Alter der Figuren war. Erst später wandelte er sich in eine erschütternde Ernsthaftigkeit, die zum Nachdenken anregte.
Hinein in diesen leisen und düsteren Thriller kroch eine bittersüße Liebe, die passend zum Genre des Dark Romance gewesen ist. Für Brooke stand plötzlich viel mehr auf dem Spiel, als ursprünglich gedacht. Den Zwiespalt um eine Entscheidung, die sie unweigerlich treffen musste, fand ich gut ausgearbeitet und auch die Umsetzung der Konsequenz ihres eigenen Handelns.
Fazit:
Obwohl Dark Romance-Thriller draufsteht, war hier mehr Thrill als Romance enthalten. Die Geschichte berührt auf eine ganz leise und doch tiefe Weise, ließ mich teilweise fassungslos und wütend zurück. S. Walden hat ein dunkles Thema gewählt und mit Feingefühl erzählt.