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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 08.12.2023

Ein Pageturner mit teilweise heftigen Szenen

NACHT - Die Toten von Jütland
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Das recht schlichte Cover mit dem beinah leuchtenden Blau sorgt dafür, dass mir das Buch sofort ins Auge fällt. Der Klappentext weckt meine Neugierde und ich bin sehr gespannt auf die Umsetzung.
„NACHT ...

Das recht schlichte Cover mit dem beinah leuchtenden Blau sorgt dafür, dass mir das Buch sofort ins Auge fällt. Der Klappentext weckt meine Neugierde und ich bin sehr gespannt auf die Umsetzung.
„NACHT – Die Toten von Jütland“ ist der Auftakt zu einer neuen Thriller-Serie rund um die Sonderermittler der Task Force 14. Wie der Titel dieses Buches verrät, ist der Schauplatz hauptsächlich der Süden Dänemarks.

Was mir gleich positiv auffällt, sind die schönen, knackig kurzen Kapitel. So was liebe ich sehr. Bei langen Kapiteln habe ich immer das Gefühl, dass sich die Geschichte in die Länge zieht. Diese Emotion kommt bei mir bei „NACHT – Die Toten von Jütland“ nicht hoch.
Thomas Bagger gelingt es schon beim Prolog mich in seine Geschichte zu ziehen. Sein Schreibstil ist sehr einprägsam und von unterschiedlichen Stilen durchsetzt. Besonders im Hinblick auf die unterschiedlichen Charaktere. Der personale Erzähler führt konsequent durch die Handlungen, legt den Fokus aber immer wieder auf andere Personen. Genau hier kommt der Kniff mit dem Schreibstil. Denn je nachdem wen ich begleite, wandelt sich die Erzählart ein bisschen. Das gibt der Geschichte etwas Lebendiges und der Lesende sollte sich bewusst sein, dass auch oft eine derbe Wortwahl benutzt wird.
Die wechselnden Perspektiven mag ich sehr. Es gibt dadurch verschiedene Handlungsfäden, die konsequent weitergesponnen werden. Thomas Bagger verzichtet bewusst darauf zu verraten, auf welcher Zeitebene sich die einzelnen Handlungssequenzen abspielen. Aber in mir keimen Verdachtsmomente auf.

„NACHT – Die Toten von Jütland“ ist sehr spannungsvoll und vielschichtig aufgebaut. Obwohl es hier um die Task Force 14 geht, liegt mein persönliches Augenmerk auf Kommissarin Jenny Seland. Sie ist mir augenblicklich sympathisch und ich begleite sie gern bei ihrer Arbeit. Der Erzähler lässt mich an ihren Gedanken und Emotionen teilhaben und so erfahre ich auch Privates über sie. Ihre unglückliche Liebe zu ihrem Chef William Grandberg berührt mich. Sie versucht im Dienst professionell damit umzugehen, was ihr nicht immer gelingt. Ihre empathische Ader macht sie zu dem menschlich.
Erst später lerne ich die Sonderermittler der Task Force 14 kennen. David Flugt und sein exzentrischer Kollege Lucas Stage sind ebensolche Charakterköpfe wie die anderen Figuren im Buch.
Auch David kann ich gut leiden, obwohl ihn eine geheimnisvolle Aura umgibt. Obwohl ich auch andere Figuren mal mehr, mal weniger lang begleiten darf, bei David und Jenny fühle ich mich am wohlsten.
Besonders mitgerissen hat mich zudem noch Emily. Schnell wird mir klar, welche Rolle sie in diesem bunten Reigen aus Ermittlern und in den Geschehnissen involvierten Personen spielt. Um aber nicht zu viel zu verraten, schweige ich mich an dieser Stelle aus.

Thomas Bagger legt viele Brotkrumen aus. In mir keimen mehrere Verdachtsmomente auf und ich liebe es zu ermitteln. Immer öfter beschleicht mich eine Vermutung, wer der unheimliche Serienmörder sein könnte. Doch Thomas Bagger stellt mir geschickt Fallen und führt mich immer wieder von meiner Ahnung weg.
„NACHT – Die Toten von Jütland“ ist gespickt mit reichlichen Spannungsspitzen und raschen Wendungen. Der Thriller entwickelt sich zu einem wahren Pageturner und hält mit abscheulichen sowie brutalen Szenen nicht hinterm Berg. Zwischendurch gibt es aber auch immer Momente, wo ich schmunzeln muss, weil Thomas Bagger typisch menschliche Verhaltensweisen mit einer guten Portion Sarkasmus auf den Punkt bringt.

„NACHT – Die Toten von Jütland“ verknüpft sensible Themen wie Machtmissbrauch, Traumata und der zerstörerischen Gewissheit etwas verloren zuhaben zu einem intensiven Leseerlebnis, was mich nicht mehr loslässt.
Ich steuere auf ein Finale zu, dass mich immer wieder kurz in Sicherheit wiegt, nur um dann noch brutaler und erschreckender in seiner Erkenntnis in unterschiedlichste Emotionen auf mich einzustürzen. Alles bauscht sich zu einer gewaltigen Explosion aus Düsternis, Gefährlichkeit und auch Trauer zusammen. In dem Moment, wo sich der Rauch legt, weiß ich, dass ich in vielem richtig lag und doch bereitet mich nichts auf die letzte Seite vor, die mir offenbart, dass die Fortsetzung womöglich nichts an Sprengkraft verlieren wird. Jetzt kann ich es kaum erwarten, den zweiten Teil der Serie zu lesen und hoffe sehr, dass es so beeindruckend und mitreißend weitergeht.

Fazit:
„NACHT – Die Toten von Jütland“ ist wie eine Komposition. Alle Elemente fügen sich am Ende zu einem erschütternden Gesamtbild zusammen. Dazwischen gibt es ein intensives und sehr gut geschriebenes Leseerlebnis mit schnellem sowie packenden Handlungsverlauf.

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  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 08.12.2023

Gruselig-brutaler Endzeitthriller

Ein Fluss so rot und schwarz
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„Ein Fluss so rot und schwarz“ startet direkt und ohne Umschweife in die Geschichte. Nicht nur ich bin völlig ahnungslos, was mich erwartet, was geschehen ist und was passieren wird, sondern auch die Hauptcharaktere. ...

„Ein Fluss so rot und schwarz“ startet direkt und ohne Umschweife in die Geschichte. Nicht nur ich bin völlig ahnungslos, was mich erwartet, was geschehen ist und was passieren wird, sondern auch die Hauptcharaktere. Sie erwachen mit dem Wissen, dass sie keine persönlichen Erinnerungen mehr haben. Keine Familie, keinen Namen, da ist nichts außer Schmerz und gähnende Leere. Aber sie können ihre beruflichen Fähigkeiten abrufen, ohne bestimmen zu können, wer sie eigentlich sind.

Erzählt wird die Geschichte vom personalen Erzähler. Ich erfahre nur, was auch die sechs Hauptcharaktere erfahren oder sich mühselig an selbst erarbeiteten Informationen sowie Schlussfolgerungen herausfinden. Durch den Erzähler ist es mir möglich, die Emotionen, Gedanken und Überlegungen der verschiedenen Charaktere zu erfahren. Dreh- und Angelpunkt ist aber hauptsächlich Huxley. Er ist die erste Person, welche ich kennenlerne und zu ihm baue ich die stärkste Bindung während des Lesens auf. Gemeinsam lerne ich mit ihm seine restlichen Kameraden kennen, die mir nicht alle sympathisch sind und wie das Militärschiff, auf dem sie sich befinden, sich unaufhaltsam in Richtung des in Nebel gehüllten Londons bewegt.

Anthony Ryan schreibt sehr atmosphärisch und an den richtigen Stellen detailliert. Dabei verzichtet er nicht auf sehr ekelige, blutige oder brutale Beschreibungen. Das maximiert das Grauen an den passenden Sequenzen, welches ohnehin unterschwellig mit dem Nebel durch meinen lesenden Geist wabert.
Gleichzeitig schafft er es Distanz zu schaffen. Gerade die Charaktere mit ihrer teilweise sehr unterkühlten Art sorgen mit ihrer besonnenen Herangehensweise für einen angenehmen Ausgleich. Außerdem wird klar, dass sie alle ein Spezialtraining genossen haben müssen, da sie trotz ihrer unterschiedlichen Expertisen und Fähigkeiten exzellent zusammenarbeiten können.
Schnell wird klar: Die ganze unbekannte Mission dient einem ganz bestimmten und wichtigen Ziel. Doch was dies genau ist, bleib sehr lange genauso im Nebel verborgen wie der Grund für die gruseligen Schreie im Hintergrund.

Anthony Ryan platziert gekonnt Spannungsspitzen, sodass ich regelrecht mit den Protagonisten eifrig mitfiebere. Aus diesem Grund beschließe ich zum Teil auf das Hörbuch umzusteigen, um bei der Erledigung von den Alltagspflichten trotzdem zu erfahren, wie es weitergeht.
Sascha Rotermund ist ein sehr dynamischer Sprecher. An manchen Stellen ist er mir ein wenig zu übermotiviert, was sich besonders in den Übergängen zwischen den Dialogen und den Erzählungen zeigt. Hier verschwimmt schnell die Grenze, sodass ich manchmal unsicher bin, was Gespräch und was Erzählung ist.
Auf jeden Fall schafft es Sascha Rotermund durch sein lebendiges Lesen, das Grauen und die Verzweiflung perfekt an mich zu transportieren und mir kalte Schauer über den Rücken zu jagen. Ich bin von der Atmosphäre so in Beschlag genommen, dass die Hausarbeit flockig von der Hand geht.
Ein wenig schade finde ich, dass es Sascha Rotermund nicht gelingt, den einzelnen Charakteren individuelle Stimmeigenschaften zuzuweisen. So weiß ich gerade bei schnell wechselnden Dialogen oft nicht, wer gerade wirklich spricht. Allerdings ist es Anthony Ryans Können zu verdanken, dass ich dennoch nicht den roten Faden verliere. Seine Hinweise auf den Sprechenden sind goldwert und ich verliere zum Glück nicht den Überblick.

Die Story schreitet rasch und packend voran, Anthony Ryan hält sich nicht mit ausschweifenden Details auf. Es wird immer mehr deutlich, dass das Überleben der Gruppe und dessen Erfolg der ungewissen Mission existenziell ist. Die Kampfszenen sind schnell und brutal, immer bange ich um jedes Teammitglied.

Ein paar Elemente der Story lassen mich an „Dickicht“ von Scott Smith denken. Doch „Ein Fluss so rot und schwarz“ spielt in einer völlig anderen, viel höherklassigen Liga. Alles wird logisch und nachvollziehbar dargelegt, sowie erklärt.
Als endlich der richtig große Showdown losbricht, schwanke ich zwischen Hoffen und Bangen. Essenzielle Fragen werden endlich geklärt und das Ende lässt mich mit einem wahren Gefühlscocktail zurück.
Ein paar restliche Fragen bleiben offen, aber dies muss einfach so sein. Es passt zur gesamten Story, dass sie nicht aufgelöst werden. Der Schluss ist traurig und schön zu gleich, lässt mich mehr als zufrieden das Buch zu schlagen. Definitiv ein Lesehighlight und sehr zu empfehlen.

Fazit:
Anthony Ryan verbindet Elemente von Thriller, Horror, Dystopie und einem Hauch von Science-Fiction so geschickt, dass eine ultrapackende Story dabei herauskommt. Mir hat es sensationell gut gefallen und es gibt eine dicke Leseempfehlung von mir.

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Veröffentlicht am 28.11.2023

Eine humorvolle Sicht auf den behördlichen Arbeitsalltag

Da bin ick nicht zuständig, Mausi
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Das fröhliche Cover von „Da bin ick nicht zuständig, Mausi: Nix Neues vom Amt“ passt super zum Inhalt. Hier geht es um die Arbeit innerhalb einer Behörde, um kleine Geheimnisse und natürlich um die lieben ...

Das fröhliche Cover von „Da bin ick nicht zuständig, Mausi: Nix Neues vom Amt“ passt super zum Inhalt. Hier geht es um die Arbeit innerhalb einer Behörde, um kleine Geheimnisse und natürlich um die lieben Kollegen. Der Humor kommt dabei nicht zur kurz, daher verspricht nicht nur das Cover, sondern auch der Inhalt amüsierende Unterhaltung. Die betitelten Kapitel sind herrlich kurz und inhaltlich in sich abgeschlossen. Dennoch baut alles leicht ineinander auf, ein dünner roter Faden ist also durchaus erkennbar.

Als erstes lerne ich Conny kennen. Conny from the block ist eine Kunstfigur, aber auch gleichzeitig die überwiegende Erzählerin in diesem Buch. Sie spricht auch gern den Lesenden direkt an, sodass ich oft das Gefühl habe, dass sie sich mit mir unterhält, während sie ihrem Alltag sowohl im Amt als auch privat erzählt.
Nach und nach lerne ich ihre Kolleginnen kennen. Sie bekommen auch ein eigenes Kapitel, in dem sie sich mir vorstellen und etwas über sich selbst erzählen. Das meiste jedoch erfahre ich von Conny.
Die Vielfältigkeit und auch die Unterschiedlichkeit der Charaktere sind überspitzt dargestellt, wodurch sie sinnbildlich für einen bestimmten Kollegentyp stehen. Wir alle kennen eine griesgrämige und auf ihr Recht pochende Gisela, eine tiefenentspannte Petra, eine übermotivierte und denglisch sprechende Ronja oder eine Doris, die Raucherpausen liebt wie andere Schokolade.
Gerade diese Charaktere machen die kleinen Anekdoten so unterhaltsam und realistisch. Denn eins wird mir beim Lesen klar, viel ausgedacht ist hier nicht. Obwohl ich selber nicht auf einem Amt arbeite, die ein oder andere Situation habe ich so oder so ähnlich definitiv schon mal erlebt.

Es bereitet mir Freude, Conny bei ihrem Alltag zu begleiten. Sie erzählt alles in typischer Berliner- Schnauze-Art, was „Da bin ick nicht zuständig, Mausi: Nix Neues vom Amt“ unglaublich charmant macht. Humorvoll und manchmal auch mit einem dicken Augenzwinkern erlebe ich, wie Brücken zwischen den Kulturen gebaut werden, welche Verbesserungsvorschläge es gibt, damit der Bürger sich endlich im Amt wohlfühlt und welche Unterschiede es überhaupt zwischen den Ämtern gibt. Versteck zwischen viel Comedy gibt es sogar etwas zu lernen und am Ende des Buches ein nützliches Glossar, in dem die Fachbegriffe noch einmal verständlich erklärt werden.
Besonders nett fand ich die Idee mit den Rezepten. Denn in „Da bin ick nicht zuständig, Mausi: Nix Neues vom Amt“ geht es auch ums Essen. Wie praktisch, dass nach der Thematisierung das Rezept gleich zum Nachkochen mitgeliefert wird.

Wer Lust hat, der kann auch Connys Welt hörend erkunden. Die Autorin hat selbst die kleinen Anekdoten eingesprochen. Wer Conny from the block von TikTok oder Instagram kennt, wird die Stimme wiedererkennen. Auch die anderen Charaktere haben ihre eigene Klangfarbe und zwischendurch blitzt auch mal die echte Stimme der Schöpferin von den Amtsmäusen durch.
Beim Hörbuch sollte aber jedem bewusst sein, dass mehr berlinert wird, als im Buch geschrieben ist. Das ergibt sich einfach aus dem Kontext. Mir gefällt das, weil es die Erzählungen einfach authentischer macht.

Das Ende ist offengestaltet und weckt Erwartungen nach einer Fortsetzung. Insgesamt hat mir „Da bin ick nicht zuständig, Mausi: Nix Neues vom Amt“ sehr gut gefallen. Durch den Berliner Humor hatte ich reichlich zu lachen und selbst Conny mit ihren Fettnäpfchen war das reinste Fest für mich.

Fazit:
Großartig. Eine tolle Mischung aus Situationskomik, leicht satirischen und überspitzten Einblicken in den Amtsalltag einer Berliner Behörde mit echten Charakterköpfen. Kurzweilig, unterhaltsam und interessant.

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Veröffentlicht am 14.11.2023

Kurzweilige Unterhaltung

Das Verhängnis
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„Das Verhängnis“ startet für meinen Geschmack ein bisschen zu gemütlich. Am Anfang galoppieren meine Gedanken in alle möglichen Richtungen und ich habe unendlich viele Vermutungen, wie sich diese Geschichte ...

„Das Verhängnis“ startet für meinen Geschmack ein bisschen zu gemütlich. Am Anfang galoppieren meine Gedanken in alle möglichen Richtungen und ich habe unendlich viele Vermutungen, wie sich diese Geschichte entwickeln könnte. Doch Joy Fielding bremst mich rasch aus und diktiert mir ihren langsamen Handlungsaufbau auf.
Die ganze Zeit schwingt ein latent aggressiver Unterton in der Geschichte mit. Das drohende Unheil ist vom ersten Augenblick spürbar und durch den teilweise sehr kühlen und distanzierten Sprechstil von Hansi Jochmann fühle ich Beklemmung in mir aufsteigen. Besonders rasend vor Wut machen mich die detailliert geschilderten Szenen von häuslicher Gewalt. Es ist schwer dabei zuzuhören, wie Suzy von ihrem Ehemann misshandelt wird. Am liebsten mag ich einschreiten und ihr zur Seite stehen. Doch spätestens da wird mir klar, welche Richtung „Das Verhängnis“ nehmen wird.

Der personale Erzähler führt durch die Ereignisse, ermöglicht jedoch viele Perspektivwechsel. So gewinne ich einen größeren Überblick. Manchmal fällt es mir schwer, im Hörbuch dem Wechsel zu folgen, sodass ich kurzzeitig irritiert bin. Das legt sich aber recht schnell.
Der Handlungsaufbau ist schlüssig und gut durchdacht. Dennoch fehlt mir der Spannungsanstieg, was aber möglicherweise an der Sprecherin liegt. Sie ist mir viel zu oft zu distanziert, auch wenn sie versucht, gerade bei wörtlichen Reden die aufkommende Emotionalität der Figuren widerzuspiegeln. Trotzdem erreicht mich die Geschichte nicht völlig. Auch zu den Figuren kann ich keinen richtigen Zugang finden. Großes Mitleid habe ich zwar mit Suzy und Will, aus unterschiedlichen Gründen, aber das reicht nicht, um besonders mit ihnen mitzufiebern und mitzuleiden.
Generell habe ich den Eindruck, dass sich Joy Fielding ein wenig zu sehr in der Charakter- und Beziehungsbeschreibungen verzettelt. Dadurch erhält die Story noch mehr Längen und bremst die Spannungskurve ordentlich aus.

Vielleicht würde mir „Das Verhängnis“ besser gefallen, wenn ich es selber lesen würde. Doch dazu kann ich mich einfach nicht aufraffen, weil mich die Story nicht so sehr packt. Ich möchte zwar wissen, wie sich das Ganze weiterentwickelt und warte nebenbei verzweifelt auf einen packenden Showdown.
Dieser startet völlig unverhofft, verwirrt mich kurz und dann stelle ich fest, dass er doch nicht so überraschend ist wie gedacht. Denn der Klappentext verrät leider viel zu viel, was blöd ist, da ich ganz andere Erwartungen im Vorfeld an „Das Verhängnis“ hatte.
Einzig die Wendung ganz am Ende hat mich dann doch verblüfft. Sie hat sich angedeutet, schon länger, aber ich habe mich so von der Handlung einlullen lassen, dass ich nicht weiter über diesen Punkt nachgedacht habe.

„Das Verhängnis“ ist gutgeschrieben, keine Frage. Es gibt keine Logiklöcher und auch der Aufbau ist an sich schlüssig durchdacht. Nur die Umsetzung gefällt mir nur mäßig. Aber wie oben schon betont, es kann auch an der distanzierten Art von Hansi Jochmann liegen, dass mich die Story nicht richtig gefangen nehmen kann. Der Spannungsbogen ist flach, die Geschichte dennoch interessant umgesetzt. Es ist ein Roman, bei dem ich nicht viel nachdenken muss und das ganze entspannt an mir vorbei plätschern kann.

Fazit:
„Das Verhängnis“ beginnt mit einem flachen Witz und endet mit einem vorhersehbaren Drama. Für nebenbei lohnt sich das Buch auf jeden Fall, es ist insgesamt unterhaltsam und kann mich besonders bei der häuslichen Gewalt emotional gut abholen.

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Veröffentlicht am 14.11.2023

Komprimierter Inhalt mit wesentlichen und historisch gesicherten Fakten

Jack the Ripper - Die Whitechapel-Morde 1888
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„Jack the Ripper – Die Whitechapel-Morde 1888: Eine Chronologie“ ist interessant und klug aufgebaut. Das Wort „Chronologie“ kommt nicht umsonst im Titel vor. Das Autorenduo um Philipp Röttgers und Dorothee ...

„Jack the Ripper – Die Whitechapel-Morde 1888: Eine Chronologie“ ist interessant und klug aufgebaut. Das Wort „Chronologie“ kommt nicht umsonst im Titel vor. Das Autorenduo um Philipp Röttgers und Dorothee Schröder erzählt von den Ereignissen im Herbst 1888 in Whitechapel von dem Jahr an, an dem sich die bis heute ungeklärten Verbrechen ereigneten.

Das knackige Vorwort verrät gleich, was der Lesende erwarten darf. Neben ausführlich recherchierten Fakten konzentrieren sich die beiden Autoren auf die Darstellung der Ereignisse in chronologischer Reihenfolge unter Berücksichtigung der Lebensumstände der damaligen Zeit. Damit werden die Verbrechen gekonnt mit all seinen politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebensumständen in den Kontext des späten viktorianischen Zeitalters gesetzt.
Das gezeichnete Bild erschüttert. Das Leben im Londoner East End war hart. Das Autorenduo beleuchtet auf prägnante Weise, wieso die einzelnen Wohngebiete so sehr in Armut und Tristesse versanken. Wie Antisemitismus erblühen und die meisten Frauen als Prostituierte gebrandmarkt wurden, obwohl es bei vielen gar nicht als gesichert galt, dass sie tatsächlich in diesem Gewerbe arbeiteten. Wie bei nur einer der fünf Frauen, die Jack the Ripper ermordet hat, historisch belegbar ist, dass sie tatsächlich ein Freudenmädchen war. Alles ist möglich, aber nichts sicher. Daher finde ich es schade, dass die beiden Autoren hier nicht differenziert haben.

„Jack the Ripper – Die Whitechapel-Morde 1888: Eine Chronologie“ ist in verschiedene kurze betitelte Kapitel unterteilt. Es empfiehlt sich, diese nach der Reihenfolge zu lesen, da die Kapitel in sich zwar das entsprechende Thema als Fokus haben, jedoch die gesamten Zusammenhänge der Ereignisse nahtlos weitererzählt werden. Dabei legt das Autorenduo wert darauf, schlicht und kompakt die belegten Fakten aufzuschreiben, gleichzeitig jedoch einen interessanten Erzählton anzuschlagen. So ist für mich die Verarbeitung der ganzen Informationen kein Problem. Abgerundet wird alles durch das Einfügen zahlreicher Fotografien der damaligen Zeit, dem Blick auf Polizeiaufzeichnungen und Vernehmungsprotokolle sowie Zeitzeugenberichte, originale Zeitungsausschnitte, Opferfotos und der Abbildung der Ripper-Briefe.
Zudem fließen auch die aufkommenden Verdächtigen in die Chronologie mit ein. Ich weiß es zu schätzen, dass die Autoren versuchen, objektiv und sachlich zu erzählen. Wilde Spekulationen gibt es keine, sondern viele Ansätze und auch, warum sich nicht jeder vermeintliche Tatverdächtige auch als Mörder eignet.

Was ich sehr an „Jack the Ripper – Die Whitechapel-Morde 1888: Eine Chronologie“ mag, ist, dass hier auch die Polizei und ihre Entwicklung immer wieder in den Fokus gerückt wird. Damals haben die Ermittlungsbehörden viel Kritik einstecken müssen, allerdings erstaunt es mich an mehreren Stellen, wie fortschrittlich die Polizei im Großen und Ganzen schon unterwegs gewesen ist.
Gelegentlich flattern Fragen durch meinen Kopf. An diesen Stellen bin ich mir nicht sicher, ob das Autorenduo die Antworten auch nicht kennt oder sie nicht preisgibt, weil sie schlicht nicht relevant für das eigentliche Thema sind. Für mich auf jeden Fall ein gutes Zeichen, denn hier wird deutlich, wie umfangreich die Recherchearbeit gewesen und mit wie viel Augenmerk dieses Füllhorn an Informationen zusammengetragen und zu einem sinnvollen Gesamtbild gebracht worden ist.

Fazit:
Ein Sachbuch, das mit seinem komprimierten Inhalt die wesentlichen und historisch gesicherten Fakten einfach und verständlich zusammenfasst. Durch die Vielzahl an Abbildungen wird dieses Werk zu einem Fenster in die Vergangenheit zu der Zeit, als Jack the Ripper sein Unwesen trieb.

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