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Veröffentlicht am 21.08.2022

Oh, bitte, nicht weglegen - richtig guter Krimi mit historischem Kontext

Das Mädchen und der Totengräber (Die Totengräber-Serie 2)
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„Das Mädchen und der Totengräber“ passt optisch super zum ersten Buch. Die Engelsfigur mit einem Ausschnitt des historischen Wiens vermittelt schon einen Eindruck, wo die Geschichte spielt. Im Buchdeckel ...

„Das Mädchen und der Totengräber“ passt optisch super zum ersten Buch. Die Engelsfigur mit einem Ausschnitt des historischen Wiens vermittelt schon einen Eindruck, wo die Geschichte spielt. Im Buchdeckel ist ein Kartenausschnitt von Wien um 1894, sodass jeder, der möchte, die Ereignisse auch grafisch nachvollziehen kann. Zudem gibt es zu Beginn ein Personenregister, sodass sich gut nachvollziehen lässt, welcher Charakter mitspielt und zu welchem illustren Kreis er gehört.
Am Ende gibt es noch ein kleines Glossar, dass die wichtigsten wienerischen Ausdrücke verständlich übersetzt.
Obgleich es sich hierbei um eine Serie handelt, können beide Bücher unabhängig voneinander gelesen werden. Manchmal gibt es kleine Andeutungen, was in „Das Buch des Totengräbers“ geschah, um den Kontext besser zu verstehen. Sie sind aber so formuliert worden, dass der Lesende nicht gespoilert wird und es immer noch möglich ist, Band 1 nachzuholen. Tendenziell würde ich aber empfehlen, zuerst das Auftaktbuch zu lesen, weil ein fester Figurenstamm auch „Das Mädchen und der Totengräber“ bereichert und sich die Charaktere weiterentwickelt haben. Dazu aber später mehr.

Der Einstieg in das Buch war dank des Prologs ziemlich aufregend. Mitten in der Wüste Ägyptens begleitete ich einen Ägyptologen, der durch Zufall ein Grabmal fand. So war ich gleich mitten im Geschehen und sehr gespannt, wie diese Vorkommnisse zu den Ereignissen zwei Jahre später passen würden.
Ich habe mich sehr gefreut, die lieb gewonnenen Charaktere aus dem ersten Band wieder zu treffen. Julia Wolf, gewohnt scharfsinnig und mit großer Menschlichkeit ausgestattet, ist nun Polizeifotografin. Wie schwer der Job in einer Männerdomäne ist, wird eindringlich vermittelt. Ebenso die Vorurteile, denen Julia ausgesetzt ist.
Generell ist Wien um 1894 durch ziemlich viel Voreingenommenheit geprägt. Das spürt auch regelmäßig Inspektor Leopold von Herzfeldt, der als jüdischer Piefke (negative Bezeichnung für einen Deutschen) dem Spott und Hohn seiner Kollegen und Vorgesetzten ausgesetzt ist. Vor allem, weil er die neuen Errungenschaften der modernen Kriminalistik an den Mann bringen soll.
Aber auch Homosexualität ist damals nicht gern gesehen und Fremdenfeindlichkeit an der Tagesordnung. Oliver Pötzsch gelingt es, durch seine intensiven Recherchen rund um diese sensiblen Themen eine authentische Atmosphäre des damaligen Wiens zu erzeugen, die Ignoranz sowie das Überlegenheitsgefühl einzufangen und durch das Einfließen geschichtlicher Hintergrundinfos einen Blick auf Vergangenes mit einer versteckten Mahnung zu ermöglichen. Außerdem mochte ich es sehr, dass Oliver Pötzsch zu den teilweise sehr bornierten Vorstellungen einiger Figuren auch Charaktere entwarf, die für ihre Zeit sehr weltoffen sind und den Blick auf das Wesentliche lenken, nämlich, dass jeder Mensch ein Mensch ist. Unabhängig vom Geschlecht, seiner Äußerlichkeiten oder seiner Herkunft. Das wiederum brachte auch scharfe Kontraste mit in die Erzählung.

Mein Lieblingscharakter ist und bleibt der kauzige Totengräber Augustin Rothmayer. Obwohl er wirklich manchmal sehr harsch in seiner Äußerung und sein Benehmen wirken kann, das Herz hat er definitiv am rechten Fleck. Sein neustes Buch, „Totenkulte der Völker“, dessen Auszüge ich ebenfalls lesen durfte, waren manchmal wieder nichts für schwache Nerven. Ich fand es aber sehr interessant, wie andere Kulturen mit den Verstorbenen oder dem Tod allgemein umgehen.
Ein wenig schade fand ich jedoch, dass er gar nicht so viel Raum innerhalb der Geschichte bekam. Daher finde ich persönlich den Titel etwas irreführend. Im Grunde müsste es eher heißen: „Die Mumie und der Piefke“ oder so.

Ich habe das Buch parallel gelesen und gehört. Beim Hörbuch sollte beachtet werden, dass es sich hierbei um eine gekürzte Fassung handelt. Das fand ich etwas schade, denn die Sachen, die ausgelassen wurden, sind ebenfalls interessant. Spannenderweise scheint das Hörbuch aktueller zu sein, denn ein inhaltlicher Fehler zum Totenglauben der Ägypter war im Hörbuch bereits korrigiert. Manchmal wurden auch Wörter durch Sinngleiche ersetzt. Das habe ich nicht ganz nachvollziehen können, tat der Geschichte aber an sich keinen Abbruch.
Generell kann ich das Hörbuch aber wärmstens empfehlen, denn Hans Jürgen Stockerl versteht es meisterhaft, der Geschichte Lebendigkeit zu verleihen. Er schaffte es, humorvolle Augenblicke genauso wirkungsvoll in Szene zu setzen wie schaurige Details und vor spannungstrotzende Ereignisse. Zudem gelang es mir hervorragend, die vielen Charaktere auseinanderzuhalten, da Hans Jürgen Stockerl seine Sprechweise auf die jeweilige Figur anpasste. Am herrlichsten fand ich den Wiener Dialekt, ich hatte immer das Gefühl, mitten in Wien um 1894 zu sein und den verschiedensten Charakteren über die Schulter zu blicken.

Generell lebt die Geschichte von vielen Perspektivwechseln, die alle durch den personalen Erzähler begleitet werden. Auch hier gab es für mich keine Probleme mitzuhalten, alles ist so schlüssig aufgebaut, dass ich spielend leicht folgen konnte.
Die Konstruktion der zwei Kriminalfälle ist gut ausgetüftelt. Der Mumien-Fall ist höchstinteressant, bis kurz vorm Ende habe ich das ganze Ausmaß nicht durchschaut. Ebenso erging es mir bei den Stricher-Morden, die besonders brutal gewesen sind. Hier braucht der Lesende definitiv einen starken Magen, denn manchmal waren die Beschreibungen schon detaillierter.

Ich mochte es sehr mitzuraten und habe „Das Mädchen und der Totengräber“ super gern gelesen und gehört. Es hat mir unglaublich viel Spaß gemacht, Leo über die Schulter zu schauen oder den knurrigen Rothmayer zu begleiten. Am meisten faszinierte mich jedoch die Komplexität, mit der die Geschichte aufgebaut wurde und dadurch viel Tiefgang erhielt.
Was dich erwartet: Zwei spannende Kriminalfälle in Wien um 1894, die der junge Inspektor Leopold von Herzfeldt mit den neuesten Methoden der Kriminalistik aufzuklären gedenkt. Dabei erhält er ungewollte Unterstützung vom eigensinnigen und kauzigen Totengräber Augustin Rothmayer.

Fazit:
Ein historischer Kriminalroman, den ich mit leuchtenden Augen jedem wärmstens ans Herz legen kann. Hier stimmt wirklich alles. Spannende Unterhaltung, verzwickte Mordfälle, kauzige Charaktere und jede Menge packende Wendungen, die fest zu einem fesselnden Ermittlungsabenteuer zusammengeschnürt wurden.

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Veröffentlicht am 21.08.2022

Spannender Justizkrimi aus der Perspektive der Strafverteidiger

Pirlo - Falsche Zeugen
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Dies ist der zweite Band der „Pirlo“-Reihe und im Prinzip unabhängig von den Geschehnissen des Reihenauftaktes zu lesen. Allerdings wird in „Pirlo – Falsche Zeugen“ viel verraten, was sich vor rund einem ...

Dies ist der zweite Band der „Pirlo“-Reihe und im Prinzip unabhängig von den Geschehnissen des Reihenauftaktes zu lesen. Allerdings wird in „Pirlo – Falsche Zeugen“ viel verraten, was sich vor rund einem halben Jahr zugetragen hat. Wer also „Pirlo – Gegen alle Regeln“ noch lesen möchte, der sollte mit dem Buch auch zuerst beginnen. Den Handlungen und Ereignissen aus „Pirlo – Falsche Zeugen“ könnt ihr aber auch ohne jegliche Vorkenntnisse folgen.

Die Gestaltung des Covers gefällt mir und passt gut zur Reihe. Auch die beiden Personen auf dem Cover haben Ähnlichkeit mit den beschriebenen Hauptcharakteren vom Strafverteidiger-Duo Anton Pirlo und Sophie Mahler.

Mir fiel der Einstieg ins Geschehen leicht, es ging zügig voran. Anfänglich hatte ich ein paar Schwierigkeiten, den Überblick bei einigen Familienmitgliedern von Faruk Maliki, dem Verdächtigen in einem Mordfall und Mandant von Pirlo und Sophie zu behalten. Ich konnte sie schlecht auseinanderhalten, das gelang mir aber im Verlauf des Buches immer besser.
Die betitelten Kapitel stimmten mich immer auf das Kommende ein, Zeit und oder Ortsangaben halfen mir eine gute Übersicht über die Entwicklung der Ereignisse in ihrem zeitlichen Ablauf zu erhalten. Manches ist auch mit einem Augenzwinkern zu verstehen, was dem Ganzen mehr Leichtigkeit und Lockerheit bringt.

Das Buch wird von zwei Handlungssträngen dominiert, die sich wunderbar ergänzen. Der auktoriale Erzähler beleuchtet einzig die Handlungen von Sophie Mahler und Anton Pirlo. Ich erfuhr nur, was sie erfahren, was sie aus welchen Gründen machen und welche Emotionen sowie Gedanken sie beschäftigen. Das gibt diesem authentischen Justizkrimi eine faszinierende Tiefe, die ebenso von den Charakteren lebt. Manche kenne ich noch aus dem ersten Fall des Strafverteidiger-Duos, andere kamen neu hinzu.

Bei Anton Pirlo bin ich immer noch unschlüssig, wie sehr ich ihn eigentlich sympathisch finden soll. Er ist ein Chaot, wie er im Buche steht, hat aber auch sehr reizvolle und einfühlsame Augenblicke, die ihn nahbar machen. Meisten jedoch hätte ich ihn schütteln mögen, während meine Sympathiepunkte für seine Kollegin Sophie Mahler beinah ins Unendliche stiegen. Hach, ich mag diesen Charakter sehr gern. Sie bleibt sich stets treu, auch wenn sie manchmal hadert. Sophie ist bodenständig, clever und verlässlich. Eigentlich das perfekte Gegenstück zu Pirlo. Aber eben nur fast, sie ziehen sich zwar gegenseitig an, stoßen sich aber auch fast sofort wieder ab. Aber das macht den Reiz ihrer Zusammenarbeit aus und das bringt jede Menge zackige Wortduelle, die so manche fiesen Seitenhiebe parat hatten, mit sich.

Der Schreibstil ist markant. Schnelle Sprache gepaart mit knackigen Sätzen und einer Alltagsarroganz, die den Nagel häufig auf den Kopf trifft. Dazu kommt ein bunter Mix aus Ironie, humorvollen Augenblicken, garniert mit gelegentlichem Sarkasmus. Abgerundet wird das ganze durch ein packendes Tempo, das mich zwischen Privatangelegenheiten der beiden Strafverteidiger und ihrem Job wie bei einem Tennismatch zackig hin und her fliegen lässt.
Dabei ist dieses Mal alles stimmig. Sogar Pirlos eigene Vergangenheit und mögliche Verstrickungen in familiäre Probleme, die mächtig Ärger bereithalten könnten.

Der Handlungsaufbau ist schlüssig und gut durchdacht. Alles beginnt als Pirlo in einem Casino auf seinen späteren Mandanten zum ersten Mal trifft. Der ihn vom ersten Augenblick an den letzten Nerv zu rauben droht. Und es endet mit einer packenden Hauptverhandlung, in der es ganz düster für die Verteidiger aussieht.
Zwischen drin wird genau erklärt, wie es wozu kam, nur nicht immer warum. Denn das müssen Pirlo und Sophie herausfinden.
Dies sorgt für überraschende Ereignisse, bringt Dynamik ins Geschehen und sorgt gleichzeitig dafür, dass die Vorgehensweise in Verbindung mit der mühevollen Arbeit der Strafverteidigung sowie ein kompletter Verhandlungsablauf schön veranschaulicht und leicht verständlich dargestellt werden. Passend zur Thematik werden auch die Clanstrukturen glaubwürdig dargelegt. So ergibt sich ein rundes Gesamtbild und ein wirklich spannender Justizkrimi, der sich so auch tatsächlich ereignen könnte.

Das Finale ist unglaublich packend für mich gewesen. Bis zum Schluss war ich mir nicht sicher, ob mein Misstrauen eines Charakters gegenüber gerechtfertigt gewesen ist. Immer wieder lockte mich Ingo Bott auf falsche Fährten und die Auflösung war überraschend, mein Verdacht jedoch goldrichtig.
Richtig gut gefallen hatte mir übrigens am Schluss die smarte Übersicht über die Grundzüge des Strafprozessrechts. Das war nicht nur interessant zu lesen, sondern rundet den Gesamteindruck von „Prilo – falsche Zeugen“ gelungen ab.

Fazit:
Ein richtig toller und spannender Justizkrimi. Knackig wird vom Anfangsverdacht bis zum Finale in der Hauptverhandlung eine ganze Bandbreite an Ereignissen erzählt. Packend, unterhaltsam, authentisch.

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Veröffentlicht am 08.08.2022

Ein Thriller, der zum Nachdenken und Reflektieren anregt

Poppy. Dein Kind verschwindet. Und die ganze Welt sieht zu. (Die Emer-Murphy-Serie 1)
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Das Cover ist für mich ganz klar ein Blickfang und auch das Kernthema des Buches, nämlich, dass Kinder als lebende Reklametafeln auf sozialen Medien benutzt werden, sprach mich sofort an. Wie oft habe ...

Das Cover ist für mich ganz klar ein Blickfang und auch das Kernthema des Buches, nämlich, dass Kinder als lebende Reklametafeln auf sozialen Medien benutzt werden, sprach mich sofort an. Wie oft habe ich mich schon gefragt, warum Eltern ihre Schützlinge fast völlig schutzlos Tausenden fremden Menschen aussetzen, die nicht nur harmlos sind. Unter ihnen tummeln sich auch Monster, die sich wie in einem Schlaraffenland fühlen. Kritiker werden dabei müde belächelt und vielleicht sogar als missgünstig betrachtet. Mir gefiel es gut, dass dies auch besprochen und nicht nur aus Elternsicht, sondern auch aus Followersicht bewertet wurde.

Erzählt wird „Poppy. Dein Kind verschwindet. Und die ganze Welt sieht zu“ aus mehreren Perspektiven. Neben den Eltern konnte ich ebenso der Kommissarin Emer Murphy über die Schulter schauen sowie diverse Auszüge aus einem Pädophilen-Form im Darknet, dem Twitteraccount der Polizei und von einem Mama-Forum lesen. Zwischendurch eingestreut wurden auch noch andere Figuren beleuchtet, aber stets so, dass ich nicht den Überblick verlor. Diese Mischung war jedenfalls total interessant, da es meinen Radius erweiterte und ich viel mehr Einblicke erhielt, als es den einzelnen Charakteren möglich gewesen ist. Dieser Umstand verleitete mich stets dazu mitzuraten und mich ebenfalls zu fragen: “ Wo ist Poppy?“

Unterteilt ist „Poppy. Dein Kind verschwindet. Und die ganze Welt sieht zu“ in mehrere Teile, die jeweils einen ganzen Tag abbilden. Innerhalb dessen werden die verschiedenen Blickwinkel, die immer mit den Angaben, zu welcher Tageszeit sich die Ereignisse abspielen, gekennzeichnet wurden, in Kapitel unterteilt. So entwickelt sich die Geschichte chronologisch und nachvollziehbar weiter.
Der Schreibstil ist unglaublich leichtgängig und schafft es sogar bei weniger interessanten Stellen, mich ans Geschehen zu fesseln.
Ein weiterer Pluspunkt ist für mich ganz klar die angenehme Länge der Kapitel. So entstand viel Dynamik innerhalb des Buches.

Zu Beginn stehen die Eltern von Poppy, Jens und Lotte im Mittelpunkt. Sie verdienen als Mamablogger ihr Geld durch gesponserte Beiträge und präsentieren ihre zweijährige Tochter am laufenden Band. Ob die Kleine will oder nicht, denn sonst fließt kein Geld mehr.
Anfänglich fand ich beide Eltern unangenehm, im Verlauf der Geschichte jedoch verschob sich dieses Gefühl. Gegen Jens entwickelte ich eine regelrechte Abneigung, manchmal hatte ich den Eindruck, dass Poppy für ihn nur eine Gelddruckmaschine ist. Gleichzeitig regte sich Mitleid für Lotte in mir. Eine offenbar traumatische Vergangenheit macht sie unterwürfig, wenn es um Lebens- und Entscheidungsfragen geht. Dabei schafft sie es nicht konsequent für ihre eigene Wünsche und Bedürfnisse einzustehen. Leider auch nicht für ihre Tochter. Dennoch glaube ich schon, dass sie Poppy über alles liebt.

Die Ermittlerin Emer reizte mich von allen Charakteren am meisten. Sie umgab stets eine Aura aus Geheimnissen, die ich ebenso ergründen wollte wie die Ereignisse ihres Zusammenbruchs, der zu ihrer aktuellen Dienstuntauglichkeit führte.
Generell besticht „Poppy. Dein Kind verschwindet. Und die ganze Welt sieht zu“ durch seine authentisch gezeichneten Figuren, bei denen vieles nicht so war, wie es den Anschein erwecken wollte.

Der Mix aus diversen Familienproblemen, egal ob die die Ermittlerin oder die Familie von Poppy betraf, und unterschiedlichen Traumata ist genau ausbalanciert. So bekommt die Geschichte einen erschütternden realistischen Touch.
Am meisten begeisterte mich, wie geschickt Kristine Getz die Thematik umgesetzt hatte. Das war kein schwarz-weißer Blick auf den Brennpunkt „Kinder im Netz“, sondern beleuchtete sorgfältig von verschiedensten Blickwinkeln, ohne dabei selbst wertend zu sein. Damit spielt sie ganz deutlich mit meinen eigenen Werten und verleitet mich dazu, meine eigene Meinung zu bilden.

Das Finale überraschte mich. Ich hatte wirklich keine Idee, wie das Buch enden würde. Die Aufklärung kam rasant und ausführlich. Dennoch blieben kleine Details ungelöst, wer weiß, vielleicht werden sie im zweiten Band aufgeklärt. Mir jedenfalls hat das Buch richtig gut gefallen, besonders die Auflösung fand ich schlüssig und erschreckend realistisch. Ein echter Thriller, der mir zum Schluss vor Fassungslosigkeit den Atem nahm.

Fazit:
Ein Thriller, der zum Nachdenken und Reflektieren anregt. Aber auch zu unterhalten weiß, einen langsam aber sicher ans Geschehen fesselt und bis zum Schluss nicht mehr loslässt.

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Veröffentlicht am 25.07.2022

Keine Rockstarschnulze, sondern eine facettenreiche Geschichte

Rock this way
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Schon beim Anblick des Covers hatte ich wahnsinnige Lust, auf ein großes Konzert zu gehen. Die Stimmung schwappt förmlich über. Die gute Laune und der Wunsch, den Star auf der Bühne zu feiern, ist präsent. ...

Schon beim Anblick des Covers hatte ich wahnsinnige Lust, auf ein großes Konzert zu gehen. Die Stimmung schwappt förmlich über. Die gute Laune und der Wunsch, den Star auf der Bühne zu feiern, ist präsent. Der Titel und auch das Cover sind absolut Programm und passen perfekt zur Story.
Bei „Rock this way“ handelt es sich um einen Einzelband und der Handlungsaufbau orientiert sich an der Jubiläumstour des Protagonisten Ben Paxton. Die Idee gefiel mir richtig gut, da das Rahmengerüst auch viel Platz für andere Ereignisse als nur die umjubelten Konzerte bot.

Ich startete gut in „Rock this way“, weil ich das erste Zusammentreffen der beiden Protagonisten Ben Paxton und Isabel Masters zwanzig Jahre vor der Jubiläumstour richtig interessant fand. Es war von Beginn an eine besondere Magie zwischen den beiden spürbar und ich mochte diesen kribbeligen Funkenflug. Und doch, wenn die Vernunft siegt, dann entwickelt sich daraus eine ganz andere Zukunft. So fühlte es sich vor allem bei Isabell für mich wie ein düsterer Ausblick auf das Leben an, was sie wohl erwarten würde.
Der Zeitsprung von zwanzig Jahren wurde von Sonja Rüther super gelöst und ich mochte es sehr, auf gereiftere und ältere Protagonisten zu treffen. Das Leben ist kein Zuckerschlecken und genau das wurde hervorragend transportiert. All meine Befürchtungen, die Isabel betrafen, erfüllten sich. Sie umgab eine düstere, melancholische und völlig erschöpfte Aura, doch die Ausmaße dessen, was sie erlebt hatte, konnte ich nicht erahnen.

Ich mochte die Protagonisten sehr. Ben war mir sehr sympathisch, trotz seines Ruhmes zeigte er wenig Starallüren, wirkte bodenständig und dennoch wie ein Getriebener. Es war spannend, ihn während der Tournee besser und intensiver kennenzulernen, ebenso wie Isabel. Dank des personalen Erzählers blieb ich stets dicht an den Emotionen und Gedanken der Protagonisten dran, was Nähe und Zuneigung schuf.
Ich fand es grandios, dass alle Charaktere, egal Pro- oder Antagonist, stets authentisch ausgearbeitet wurden und Lebendigkeit in all seinen Facetten ausstrahlten.

„Rock this way“ bietet einen tollen Blick in die Welt der Kunstschaffenden inklusive der wirtschaftlichen Aspekte, denen sie begegnen müssen und die sie durchaus schwer niederdrücken können. So sind beispielsweise Streamingdienste alles andere als Gelddruckmaschinen für die Künstler. Im Gegenteil. Aber auch die Beleuchtung von den Schattenseiten des Ruhmes sowie die Auswirkungen der Medienberichterstattung auf das Leben jener, die in den Fokus rücken, ist eindrucksvoll geschildert. Es ist eben doch nicht alles Gold, was glänzt.

Mit vielen plötzlichen Wendungen, die manchmal nur in kleineren Details hervorblitzen, erhöht sich die Spannung, stachelt die Neugierde auf die Zusammenhänge an und erzeugten bei mir Mitgefühl, gelegentlich auch Mitleid. Zwischendrin schlichen sich manchmal Längen ein und es erschöpfte mich, die Gedankenspiralen der Protagonisten immer und immer wieder vorgesetzt zu bekommen. Immer wenn ich kurz davor war, das Buch mal für eine Weile zur Seite zu legen, um eine Pause zu machen, schaffte es Sonja Rüther mich wieder einzufangen und mich an die neuen Ereignisse zu fesseln.

Die Tournee des Ben Paxton ist der rote Faden der Geschichte und wird konsequent weitergestrickt. Abgerundet wird das Bild durch die selbst getexteten Lieder von Sonja Rüther, die sie ihrem Star mit auf die großen Bühnen Amerikas gibt. In der Reihenfolge seiner Songliste werden sie in die Geschichte eingestreut. Die Idee dazu habe ich geliebt, wirklich aufgenommen habe ich den Inhalt aber nicht. Denn mein Englisch ist leider nicht so flüssig, dass ich die Songtexte spontan hätte korrekt übersetzen können und ich bin da ehrlich. Ich war schlicht zu faul, sie mir mühsam ins Deutsche zu übertragen.
Dennoch, „Rock this way“ hat unglaublich viel Tiefgang. Das hier ist mitnichten eine schnöde Lovestory, sondern eine Geschichte, die auch das wahre Leben genauso schreiben könnte. Die Mischung aus tragischen Lebensumständen und einer Liebe, die nur sehr unwirklichen Boden zum Wachsen findet und die Beleuchtung des Ruhmes mit all seinen Seiten ist schön ausgeklügelt. Ich hatte so einige Aha-Momente beim Lesen und ein viel besseres Verständnis dafür, wie schädlich mediale Macht sein kann und was das für Auswirkungen auf die Personen haben kann, welche die unprofessionelle Berichterstattung trifft.

Fazit:
„Rock this way“ hat Rhythmus in jeder Textzeile und schafft einen absolut mitreißenden Spagat zwischen Liebe, Schuld, Freundschaft sowie dem Wirken und dem Sein als Person des öffentlichen Lebens.

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Veröffentlicht am 25.07.2022

Klasse Lexikon für kleine Forscher und Entdecker

Das Grundschullexikon: Entdecken – Verstehen – Mitmachen
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Das Grundschullexikon ist ein alphabetisch geordnetes Nachschlagewerk für Basiswissen, welches für Kinder ab der 2. Klasse aufbereitet ist. Mit rund 700 Einträgen, welche mit über 800 bunten Fotos, Illustrationen ...


Das Grundschullexikon ist ein alphabetisch geordnetes Nachschlagewerk für Basiswissen, welches für Kinder ab der 2. Klasse aufbereitet ist. Mit rund 700 Einträgen, welche mit über 800 bunten Fotos, Illustrationen und Karten ansprechend gestaltet ist, finden Kinder in altersgerechter Sprache alles rund um jene Themen, die sie im Alltag, aber auch in der Schule bewegen. Hierbei sollte berücksichtigt werden, dass dieses Lexikon dazu dient, Fragen einfach zu klären. Jedoch kann aufgrund der Menge an verschiedensten Themen keine ausführliche Behandlung dessen gewährleistet werden. Ich finde das völlig in Ordnung, denn sonst würde dieses ohnehin schon 352 Seiten starke Buch komplett aus allen Nähten platzen. Wer detailliertere Informationen benötigt, wird zu fachspezifischen Büchern oder Internetseiten greifen müssen.

Den Aufbau des Grundschullexikons mochte ich sehr. Zu Beginn wird den Kindern erklärt, wie sie mit einem Lexikon umgehen müssen, um sich zurechtzufinden. Auch wird erläutert, wie die Informationsbeschaffung zu einem bestimmten Thema aussehen kann, damit sie erfolgreich ist.
Mitten im Lexikon, passend zum jeweiligen Eintrag, gibt es auch je eine Doppelseite zu ausgewählten Spezialthemen wie Klima, Tod und Trauer oder dem Verkehr. Das gefiel mir ausgesprochen gut.
Sehr nützlich empfand ich allerdings auch den Anhang „Schulwissen kompakt“, welches sich mit den Themen Deutsch, Englisch, Mathematik, Sachunterricht und Musik befasst. Meiner Meinung nach ein toller und kompakter Überblick.

Für die Fragen, die sich der Lesejunior mithilfe des Grundschullexikons selber beantwortet hat, reichten die schön und leicht formulierten Einträge völlig aus. Bei manchen Themen war er so begeistert, dass es ihn zum Weiterstöbern und Erforschen motivierte. Zudem mochte ich es, dass der Lesejunior seine Alphabetkenntnisse durch Das-selber-Suchen im Lexikon stärken konnte. Wer nicht so lange suchen möchte, kann sich auch hinten im Register raussuchen, wo die dazu passenden Einträge zu finden sind.
Charmant fand ich übrigens noch Luzie und ihren Hund Ben, die uns auf der Suche im Lexikon immer zur Seite standen und uns oftmals mit spannenden Zusatzinformationen, Nachschlagetipps und weiteren Hilfen versorgten.

Besonders beliebt war das Mitmach-Lexikon. Gefallen hatte mir, dass es einfach aus einer Tasche im Buchdeckel entnommen werden kann, ohne etwas kaputtzumachen. Inhaltlich gab es viel zu entdecken, zu rätseln und zu erforschen. Spielerisch wurde auch gleich das Wissen überprüft und erweitert. Selbst ich als Erwachsene hatte viel Spaß daran. Zudem gab es bei jedem Mitmachthema auch Hinweise, wo im Duden vielleicht auch die Lösung zu finden ist. Dies trainiert meiner Meinung nach auch gleich den sicheren Umgang mit einem Lexikon sowie das sichere Begreifen und Anwenden eines gelesenen Informationstextes.

Fazit:
Gerade in den Schulanfängen muss es nicht schon die Suchmaschine im Internet sein, um an Informationen zu kommen. Kindgerecht aufbereitet bietet das Grundschullexikon alles, was es braucht, um sich altersgerecht informieren zu können und motiviert zu werden, mehr zu erfahren.

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