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Veröffentlicht am 02.07.2024

Klangliche Umleitungen

Das Versprechen der Rosenholzvilla
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„Das Versprechen der Rosenholzvilla“ von Tabea Bach ist der zweite Teil der Familiensaga um eine Instrumentenbaufamilie aus dem Tessin. Selbst ohne Vorkenntnisse des ersten Bandes taucht man dank fein ...

„Das Versprechen der Rosenholzvilla“ von Tabea Bach ist der zweite Teil der Familiensaga um eine Instrumentenbaufamilie aus dem Tessin. Selbst ohne Vorkenntnisse des ersten Bandes taucht man dank fein ausgearbeiteter Charaktere und dank des flüssigen, sehr bildlichen und emotionalen Schreibstils der Autorin rasch in die Welt um Elisa ein.

Elisa, das Wunderkind am Cello, das nach sehr langer Bühnenabstinenz endlich wieder glanzvoll in der Öffentlichkeit auftritt, nicht am Cello, sondern an der Campanula, einer klanglichen Optimierung des Cellos, gebaut von Danilo, ihrem Lebensgefährten.
Daneben der kränkelnde, alte Großvater und ehemaliger Star-Dirigent Niklas, seine Tochter und Elisas scheinbar unnahbare und verständnislose Mutter.
Außerdem Fabio, der die Geschäfte solide führt und Cellos baut, Elisa immer noch liebt und wutentbrannt das Weite sucht, als Niklas, der Großvater ein Geheimnis lüftet. Dadurch muss Danilo ran und die Firma über Wasser halten, was bedeutet, dass er weniger Zeit für sein musikverliebtes Hobby hat, den Bau von Campanulas.
Irrungen und Wirrungen, Beziehungsbelastungen, Sorgen um den alten Niklas, der noch einmal als Dirigent glänzen will, Verständnis und Verständnislosigkeit für die in gleichgeschlechtlicher Beziehung lebende Mutter, für Fabios Reaktionen oder für die familiären Fehltritte von früher.

Die Autorin schafft es mit spielerischer Leichtigkeit, tief in die Charaktere ihrer Protagonisten einzudringen und deren Emotionen Lebendigkeit zu verschaffen, ohne dabei kitschig oder psychologisierend zu wirken. Auch wenn mir persönlich nicht alle Akteure so richtig „liegen“, so ist man aber doch extrem gefesselt und nimmt intensiv teil, sanft umweht von der stets präsenten musikalischen Aura mit ihren leichten, aber auch melchancholischen Klängen der Campanula und der bildhaft schönen Atmosphäre im landschaftlich reizvoll eingebetteten Setting des Tessins.

Es gibt viele verschiedene inner- und außerfamiliäre „Baustellen“ und nicht alles wird bis ins letzte Detail geklärt, sodass genug Spielraum für eigene Vermutungen bleibt. Ein Muss für Liebhaber von Familiensagas mit Wohlfühlcharakter, sie kommen dabei voll auf ihre Kosten und der bereits angekündigte dritte Teil der Geschichte kann mit Spannung erwartet werden.

  • Einzelne Kategorien
  • Handlung
  • Erzählstil
  • Charaktere
  • Cover
  • Atmosphäre
Veröffentlicht am 06.06.2024

Sylter Brise mit italienischer Geschmacksnote

Gestrandet - Mamma Carlottas zweiter Fall
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Im Hörbuch „Gestrandet“ von Gisa Pauly ist die italienische Mamma Carlotta auf dem Weg nach Sylt zu ihrem verwitweten Schwiegersohn und den beiden Enkelkindern. Auf dem Flug dorthin macht sie die angenehme ...

Im Hörbuch „Gestrandet“ von Gisa Pauly ist die italienische Mamma Carlotta auf dem Weg nach Sylt zu ihrem verwitweten Schwiegersohn und den beiden Enkelkindern. Auf dem Flug dorthin macht sie die angenehme Bekanntschaft einer Dame, die auf Sylt eine alte Freundin besuchen will.
Doch genau diese Freundin wird kurz darauf tot aufgefunden und Carlottas Schwiegersohn Erik ist mit den Ermittlungen betraut. Gewohnt souverän, mit kühler, wortkarger Routine und Gelassenheit nimmt er seine Arbeit auf.
Währenddessen gerät Mamma Carlotta, ohne es zunächst überhaupt beabsichtigt zu haben, mitten ins Visier. Ihre literaturbegeisterte Enkelin schwärmt nämlich für einen Schriftsteller und bei einem Treffen zwischen den beiden ist auch „Oma“ Carlotta dabei. Bald schon merkt sie, dass hier etwas nicht stimmen kann. Die Enkelin nimmt auf Geheiß der Oma einen kleinen Lektoren- Job bei dem Mann an und Oma Carlotta kocht für ihn.
Anhand des zu lesenden, bald erscheinenden Kriminalromans erfährt die Enkelin jede Menge an Ungereimtheiten, die in Zusammenhang mit der toten Frau stehen könnten und schon ist Mamma Carlotta wieder als eigenwillige Ermittlerin unterwegs und mittendrin.
Zusammen mit ihrer Reisebekanntschaft begibt sie sich auf abenteuerliche Spurensuche und gerät selbst in große Gefahr. Plötzlich ist ihre Begleiterin wie vom Erdboden verschwunden und anschließend auch ermordet.
Ihr Schwiegersohn, der legale, norddeutsche „Commissario“ hat seine liebe Müh und Not mit der quirligen italienischen Schwiegermutter, die temperamentvoll und unnachgiebig ihren Ermittlungen nachgeht.
Während des Hörens kamen mir kurzzeitig Zweifel ob des enormen Personen-Wirr-Warrs, die sich jedoch rasch in Wohlgefallen auflösten, da sich alles doch wieder zusammenfügte.
Südländischer Charme, italienische Kochkunst und jede Menge Temperament und Gefühl in Paarung mit norddeutscher Blässe und Zurückhaltung, kombiniert mit gut eingesetzter Sylter Meeresbrise, ein genialer Cocktail. Man ist als Hörer mittendrin, hört, sieht, fühlt, leidet und hofft mit und nimmt fast noch die Düfte von Mamma Carlottas italienischen Kochkünsten wahr.
Ein Kriminalroman der mit frischem und lebendigem Sprachstil überzeugt, zum Schmunzeln einlädt und als Hörbuch mit angenehmen Hintergrundgeräuschen das Ambiente jeweils noch passend verdeutlicht.
Für zuhause oder für den Urlaub, eine Geschichte, die einlädt, die Seele baumeln zu lassen und etwas Spaß zu haben. Die Hördauer von etwa zwei Stunden wäre meiner Meinung nach sogar noch ausbaufähig.

  • Einzelne Kategorien
  • Handlung
  • Erzählstil
  • Sprecher
  • Cover
Veröffentlicht am 08.05.2024

Nicht immer nur auf das Äußere achten - denn Salz sieht auch aus wie Zucker

Blind Date mit Möwe
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Der Roman „Blind Date mit Möwe“ lockt den Leser mit einem angenehm bunten, aber nicht aufdringlichen Cover in Sommerfarben und macht Lust auf eine sommerliche Liebesgeschichte.

Yvonne Struck kreiert ...

Der Roman „Blind Date mit Möwe“ lockt den Leser mit einem angenehm bunten, aber nicht aufdringlichen Cover in Sommerfarben und macht Lust auf eine sommerliche Liebesgeschichte.

Yvonne Struck kreiert zwei Protagonisten, die auf den ersten Blick unterschiedlicher kaum sein könnten. Lisa, liebesgefrustete Biologin und Naturschützerin aus Überzeugung versus Jonas, geknechteter Architekt in einem vom Größenwahn getriebenen Büro und zuhause liebevoller Teilzeit-Vater.
Die Autorin widmet ihren Hauptdarstellern abwechselnd je ein Kapitel, sodass man sich gut und strukturiert einliest und beide wirklich kennen und schätzen lernt. Lisa wird wegen ihres immer noch nicht verwundenen Liebes-Aus mit Ryan von ihrer chaotischen Freundin und Mitbewohnerin bei einer Dating- Website angemeldet, Jonas ebenfalls, aber aus Wettgründen. Auf dieser Seite , The Voice of Love, lernt man sich ohne Ablenkung durch Äußerlichkeiten, Karriere oder Statussymbole pur und unverfälscht kennen. Nur die Stimme und das gesprochene Wort zählen.
Eine schöne Idee, wie ich finde. Auch Lisa und Jonas fühlen sich wohl auf der Seite, sie daten gerne und verlieben sich im Laufe ihrer limitierten und zeitlich begrenzten Dates ganz ehrlich ineinander.

Vor wunderbarer Ostseekulisse wird der Leser sehr gut eingebunden und fiebert mit den beiden auf das erste wirkliche Treffen hin, welches in dieser Form jedoch nicht zustande kommt.
Denn sie begegneten sich im reellen, beruflichen Leben bereits als Gegner, ohne Verständnis für die jeweilige beruflich notwendige Perspektive des anderen aufbringen. Daher halten sie die Anwesenheit des jeweils anderen beim ersten Date auch für puren Zufall und halten es für ausgeschlossen, dass der jeweils andere ihr Dating-Partner sein könnte.

Der Leser liest und leidet mit. Er wartet auf eine Weiterentwicklung der Liebesgeschichte und legt das Buch eigentlich nicht mehr aus der Hand, doch im letzten Drittel spielt die Romanze leider nur noch eine eher untergeordnete Rolle. Die Gefühle kommen etwas kurz, es dreht sich sehr viel um rein beruflichen Aspekte. Naturschutz gegen Bauvorhaben, durchaus interessant, aber nicht wirklich das, was der Klappentext verspricht.

Eine leichte Sommerlektüre, Liebe gegen Beruf, abwechslungsreich erzählt vor bezaubernder sommerlicher Ostseekulisse. Für Liebhaber der leichten Lektüre durchaus empfehlenswert, wenn auch nicht der ganz große Liebesroman, als der er angekündigt war.

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  • Gefühl
Veröffentlicht am 09.04.2024

Vielleicht könnte alles gut werden

Alles gut
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"Alles gut", das ist sowohl der Titel des Romans von Cecilia Rabess als auch eine in unserer Zeit äußerst überstrapazierte Redewendung, die kaum Spielraum für Antworten lässt.
Was soll man sagen, man fühlt ...

"Alles gut", das ist sowohl der Titel des Romans von Cecilia Rabess als auch eine in unserer Zeit äußerst überstrapazierte Redewendung, die kaum Spielraum für Antworten lässt.
Was soll man sagen, man fühlt sich rasch überfordert und antwortet oft ebenso unehrlich und nur floskelhaft. Vorgeschoben, aufgesetzt und nur vordergründig ehrlich scheint auch im Leben von Jess so einiges zu sein.

Auf großartige und dynamische Weise, in flottem Sprachstil und durchaus sehr einfühlsam und mitreißend, zeigt uns die Autorin einen weichenstellenden Ausschnitt aus deren Leben.

Der berufliche Werdegang von Jess mit Studium und scheinbarem Traumjob in einer der oberen Etagen bei Goldmann Sachs in New York, sowie ihre private Geschichte mit Josh, dem Ekel aus Studienzeiten, der sich im Job vom anfänglich arroganten Konkurrenten zum Freund und Liebhaber entwickelt und zunehmend Sympathiepunkte sammeln kann, wären eine gute Basis für eine reine Liebesgeschichte.

Doch beide Handlungen durchlaufen wirklich verschiedene Ebenen und haben mit Vorurteilen und enormen Problemen bezüglich Herkunft, Hautfarbe, Geschlecht, Ehrgeiz, Karriere und Geldgier und privater Verletzlichkeit zu kämpfen.
Jess tut sich schwer, ihren Weg zu finden und auf die richtigen Menschen zu setzen, mitunter agiert sie sogar etwas pubertär und fühlt sich zu schnell in die Ecke gedrängt. Dabei könnte sie schon aufgrund ihrer Ausbildung doch viel offener und klüger argumentieren und handeln. Manchmal hätte ich gerne das Wort für sie ergriffen oder ihr geholfen.

Das Ganze vor dem Hintergrund der politischen Lage Amerikas zwischen Obama und dem „Jetzt“. Durch immer wiederkehrende Exkurse in die Vergangenheit ihrer Darsteller verdeutlicht uns die Autorin sowohl die Gefühlslage im Jetzt, als auch die Ursachen für Verletzlichkeit und somit das Dilemma, in dem Jess sich befindet. Karriere um jeden Preis, gut für die Vita? Oder doch ein Fokus auf persönlicher Zufriedenheit und Harmonie? Dieses Buch wühlt auf und beschäftigt den Leser.

Zu dem sehr auffälligen Cover, der zerquetschten Erdbeere auf gelbem Grund, das auf den ersten Blick etwas aus der Luft gegriffen scheint, kann man nur sagen: So muss Jess sich fühlen: Hin- und hergerissen zwischen Wunsch und Realität, ausgelutscht, benutzt und zerquetscht wie die Erdbeere. Meiner Meinung nach ist noch nicht alles gut!

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  • Cover
  • Atmosphäre
Veröffentlicht am 20.03.2024

Atemberaubende Ermittlungen in stimmungsvoller, französischer Urlaubidylle

Mörderisches La Rochelle
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Kommissar Chevalier entspannt im zweiten Teil der Chevalier-Krimis gerade mit Frau und Töchterchen an der Küste seiner neuen Heimat auf der Ile de Roc, als ihn ein brutaler Dreifachmord vor atemberaubender ...

Kommissar Chevalier entspannt im zweiten Teil der Chevalier-Krimis gerade mit Frau und Töchterchen an der Küste seiner neuen Heimat auf der Ile de Roc, als ihn ein brutaler Dreifachmord vor atemberaubender Kulisse in seiner Gegend ohne Vorwarnung aus dem Urlaub an seinen Arbeitsplatz zurückkatapultiert.

Das schöne Örtchen La Rochelle dient als Schauplatz grausamer, undurchsichtiger Morde.
Die Ermittlungen fordern Chevalier, doch mit seiner warmherzigen und kompetenten Art, einem engagierten und loyalen Team und ungewöhnlichen Wegen ermittelt er zielstrebig und konsequent.
Seine Querelen mit dem selten kooperativen und gerne quengelnden Vorgesetzten beleben die polizeiliche Ermittlungsarbeit immer wieder auf wohltuende, amüsante Weise, denn die diversen Verdächtigungen, diffusen Verbindungen bis hinein in den familiären Bereich und raffinierten Handlungswendungen fordern den Leser. Er befindet sich mit den Protagonisten auf gefährlichem französischem Pflaster.
Am Ende gibt es in dieser atemberaubenden Urlaubskulisse sogar noch einen Toten mehr und natürlich auch einen Täter, mit dem wohl kaum jemand gerechnet hätte.

Spannung pur, auf glaubwürdiger Basis detail- und facettenreich erzählt! Ein sympathischer, gewiefter Ermittler mit einem sympathischen Team sowie einem familiären Rückzugsort vermitteln neben der kriminalistischen Handlung auch ein Gefühl von Wärme und Menschlichkeit.

Eine große Portion Lokalkolorit ermöglicht das Eintauchen in die französischen Schauplätze an der Atlantikküste und schürt definitiv riesige Lust auf den nächsten Frankreichurlaub wie auch auf einen nächsten Teil der Chevalier-Reihe.
Ein Krimi, in und mit dem man sich sehr wohl fühlt.

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