Mordermittlungen im nostalgischen Traminer Fasching
Commissario Tasso treibt den Winter ausGianna Milanis dritter Kriminalroman um Commissario Tasso ist wieder im schönen Südtiroler Retro-Flair der 60-er Jahre angesiedelt. Mit einem sehr nostalgisch anmutenden Cover in herrlichen Farben, das ...
Gianna Milanis dritter Kriminalroman um Commissario Tasso ist wieder im schönen Südtiroler Retro-Flair der 60-er Jahre angesiedelt. Mit einem sehr nostalgisch anmutenden Cover in herrlichen Farben, das den Ermittler und andere Personen im typischen Look dieser Zeit zeigt, wird das Interesse für das Buch „Commissario Tasso treibt den Winter aus“ durchaus schnell geweckt, mancherorts vielleicht auch eine schöne Erinnerung an die alte Zeit.
Neben den drei Hauptprotagonisten Commissario Tasso, einem suspendierten Mordermittler, seinem bereits in Ruhestand befindlichen Kollegen Johann und der eifrigen Praktikantin Mara kommen noch sehr viele andere Personen vor, zu deren Einordnung jedoch ein Verzeichnis vorhanden ist, das auch immer wieder bemüht wurde, da diese Menschen eher etwas farblos im Hintergrund bleiben. Auch ohne Kenntnis von Tassos Vorgeschichte der ersten beiden Bände wird der Leser gut mitgenommen. Besonders schön finde ich die einzelnen Kapitelüberschriften, die mit dem immer gleichen Satz „…Kapitel, in welchem….“ beginnen und den Leser irgendwie umarmen und weitertreiben.
Als von den Menschenmengen eher genervter Besucher des Traminer Egetmann-Umzugs von 1963 findet sich Commissario Tasso plötzlich direkt neben einem schrecklichen Blutbad mit Todesfolge wieder. Zusammen mit dem Ex-Kollegen und Ruheständler Josef sowie der Praktikantin Mara ermittelt Tasso auf einmal, obwohl er sich ja eigentlich der Anhörung wegen einer Schießerei in einem vorausgegangenen Mordfall unterziehen muss. Es gibt eine Vielzahl von Ungereimtheiten und polizeiliche Rivalitäten, doch die drei Protagonisten leisten bodenständige und analoge Ermittlungsarbeit, unaufgeregt, aber pflichtbewusst.
Dank detailreicher, bildlicher Beschreibungen taucht man unwillkürlich in die damalige Zeit, ihre Gesellschaft, Kultur, ihre Ansichten und auch Anfeindungen gegen Fremde ein. Die Autorin gestaltet hier anschaulich und zeigt neben der Kriminalgeschichte auch die Bedeutung von Heimat, Akzeptanz und Freundschaft auf.
Nach der fulminanten ersten Hälfte hätte ich mir jedoch für den zweiten Teil, obwohl noch immer keinerlei Klarheit über den Täter besteht, doch etwas mehr Spritzigkeit erwartet, um den Spannungsbogen komplett aufrecht zu erhalten. Dank des sehr offenen Endes verirrt sich der Leser aber immer wieder in diversen falschen Verdachtsfallen und bleibt doch dabei, bevor das Ende mit einer Überraschung garniert wird. Ich zumindest war dauernd auf der völlig falschen Fährte und hätte nicht damit gerechnet.
Alles in allem ein Kriminalroman, entschleunigt, entspannend, leicht und flüssig zu lesen und ohne große kriminalistische Schauermomente. Für Fans regionaler Kriminalkost mit Südtiroler Flair und einem Faible für Retro-Geschichten sehr empfehlenswert.