Atemloses Erstlingswerk von einem, der sich auskennt
#CrashTagSo richtig viel Spaß hat Fritz Graber, Reporterlegende der Neuen Frankfurter Zeitung, nicht mehr an seinem Job. Ehemals Garant für Spitzenjournalismus, ist die Stätte seines Wirkens, nicht zuletzt aufgrund ...
So richtig viel Spaß hat Fritz Graber, Reporterlegende der Neuen Frankfurter Zeitung, nicht mehr an seinem Job. Ehemals Garant für Spitzenjournalismus, ist die Stätte seines Wirkens, nicht zuletzt aufgrund der neuen Geschäftsführung, in die bedeutungslose Mittelmäßigkeit abgerutscht.
Und so verbringt Fritz, Steve McQueen Fan und einsamer Wolf mit Sehnsucht nach Nähe, trotz Kündigungsdrohung seine Zeit am Arbeitsplatz lieber damit, auf der Internet-Seite "#CrashTag.com" verunglückten High-Class-Oldtimer-Boliden nachzuspüren. In einer nicht so fernen Zukunft, in der autonome Fahrzeuge auf extra für sie eingerichteten Fahrspuren und Service-Roboter in der Fast-Food-Filiale um die Ecke zum Alltagsbild gehören, folgt Fritz seinem Instinkt auf die Spur eines internationalen Wirtschaftskomplotts, bei dem es um Milliarden und bald auch um sein Leben geht. Die Jagd nach Fakten führt ihn aus Deutschlands Bankenhauptstadt Frankfurt nach Asien und zurück, vor allem aber wieder zu sich selbst...
Hier schreibt einer, der offensichtlich weiß, wovon er spricht. Die Städtebeschreibungen sind detailliert, die Liebe zu den Oldtimern ist mehr als offensichtlich. Asien rückt nahe und auch dies nicht zufällig, wie die Autorenbiografie den Leser wissen lässt.
Der Protagonist mag nicht jedermanns Sympathie erringen, soll er aber wahrscheinlich auch gar nicht. Um Everybodys darling zu sein, ist dieser Fritz Graber zu eckig, zu widersprüchlich in sich, zu bequem und zu ewig gestrig. An Altem und Altbewährtem haftend, verweigert er sich - manchesmal auch durchaus hilfreichen - Neuerungen und ist so fortwährend auf die Hilfe anderer angewiesen. Für alles hat er seinen "Mann", sei es für Internetrecherche, zu Schrauberfragen, als "Ausputzer"... irgendjemand steht immer an Fritzens Seite. Und so lernt man einen bunten Kosmos originell gezeichneter Persönlichkeiten kennen, die das eine und andere Mal durchaus zum Schmunzeln veranlassen.
Der atemlosen Hatz der Handlung folgt die atemlose Sprache. Sind die Dialoge und die Sprache der handelnden Personen durchaus aus dem Leben gegriffen, lassen die inneren Monologe und Dialoge des ergrauten Fast-Nicholas-Cage-Doubles Fritz Graber den Leser manchesmal doch ein wenig ratlos zurück. Zu häufig enden Sätze im unvollendeten Nirgendwo... und man fragt sich, wie es wohl hätte weitergehen sollen... oder was der Autor eigentlich sagen wollte...
Auch aus dem Plot selbst ergibt sich die eine oder andere inhaltliche Frage, die aber mit ein wenig Fantasie selbst beantwortet werden kann und daher zu vernachlässigen ist.
Wirklich ärgerlich sind hingegen mannigfaltige Kommata- und Trennungsfehler (diese wohl dem Satz geschuldet) wie auch fehlende Artikel, die aufgrund der Häufigkeit einem flüssigen Folgen der Handlung schaden und immer wieder ablenken.
Ganz und gar ärgerlich ist ein Klappentext, der falsche Namen nennt und eine irreleitende Darstellung der Handlung abbildet...
Dies alles mindert aber letztendlich nicht die Qualität eines Buches, das zwar nicht große Literatur ist, aber doch einen erheblichen Unterhaltungswert hat... und nichts anderes wollte Martin Brückner mit seinem Erstlingswerk vermutlich leisten.
Daher: Lesenswert, für alle, die schnelle Handlungen und schnelle Autos mögen und originell-skurril gezeichnete Figuren!