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Veröffentlicht am 10.06.2019

Gelungener Abschluss des Mortal Engines-Quartetts

Mortal Engines - Die verlorene Stadt
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Nach den Ereignissen in Brighton ist Theo in seine Heimat Zagwa zurückgekehrt. Während sich alles in die Zitadelle der Stadt drängt, wo eine Delegation des Grünen Sturms unter der Leitung von Lady Naga ...

Nach den Ereignissen in Brighton ist Theo in seine Heimat Zagwa zurückgekehrt. Während sich alles in die Zitadelle der Stadt drängt, wo eine Delegation des Grünen Sturms unter der Leitung von Lady Naga mit der Königin und dem Stadtrat verhandelt, schwingt er sich lieber mit seinem Drachen in die Lüfte. Deshalb ist er der einzige, der den Raketenangriff auf die Zitadelle bemerkt und im letzten Moment verhindert. Damit gerät Theo erneut ins Visier des Grünen Sturms, dem er eigentlich aus dem Weg gehen wollte.

Wren und Tom sind währenddessen mit der Jenny Haniver unterwegs. Als Tom in einem Lufthafen glaubt, eine ehemalige Historikerkollegin aus London gesehen zu haben, kommt ihm ein Verdacht, dem er unbedingt nachgehen will. Hester hingegen verdingt sich mit Shrike an ihrer Seite als Kopfgeldjägerin. Auch Fishcake hat eine Begleitung gefunden, deren Plan nichts Gutes verheißt.

Nun ist auch der vierte und letzte Band des Mortal Engines Quartett in der Neuauflage erschienen. Nachdem der vorherige Band zum Ende hin richtig Fahrt aufnahm war ich gespannt, wie dieses Buch an die Ereignisse anknüpfen wird. Das Tempo war von Beginn an hoch. Schon auf den allerersten Seiten verhindert Theo einen Anschlag und Tom kommt dem großen Geheimnis auf die Spur, das durch Titel und Cover angeteasert wird.

Es gibt viel zu erzählen in diesem Buch, denn zahlreiche Dinge sind in Bewegung geraten. Gestört hat mich, dass manche Charaktere wieder und wieder aus dem Hut gezaubert werden. Diese stehen jetzt aber vor neuen Herausforderungen und ich war neugierig, wie sie sich schlagen werden. Es gibt mehrere parallele Handlungsstränge und die Geschichte springt oft zwischen diesen hin und her, wodurch das Tempo durchgängig hoch blieb.

Als Leser erhält man die Gelegenheit, die bekannten Charaktere noch besser kennenzulernen. Die Ereignisse der bisherigen Bände sind an ihnen nicht spurlos vorübergegangen. Reue, Schuld- und Rachegefühle werden thematisiert, aber auch Loyalität und Liebe. Neue Charaktere werden hingegen nur noch wenige eingeführt, niemanden davon lernt man ausführlicher kennen.

Nachdem mich der Vorgänger nicht durchweg packen konnte, ist Philip Reeve mit „Die verlorene Stadt“ ein abwechslungsreicher letzter Band gelungen. Die Geschichte konnte mich packen, immer wieder überraschen und bot sowohl actionreiche als auch emotionale Momente. Ein absolut gelungener Abschluss des Mortal Engines-Quartetts, der Fantasy-Fans zu begeistern weiß!

Veröffentlicht am 09.06.2019

Gelungene Mischung aus Spaß und Ernst

Das Leben ist eins der Härtesten
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In „Das Leben ist eins der härtesten“ von Giulia Becker lernte ich vier tragisch-komische Charaktere kennen, die ich einfach sofort ins Herz schließen musste. Renate ist in tiefer Trauer um ihren verstorbenen ...



In „Das Leben ist eins der härtesten“ von Giulia Becker lernte ich vier tragisch-komische Charaktere kennen, die ich einfach sofort ins Herz schließen musste. Renate ist in tiefer Trauer um ihren verstorbenen Hund Mandarine Schatzi und verfällt in Teleshopping-Kaufrausch. Silke wird noch immer von den Geistern, eher gesagt der Notbremse ihrer Vergangenheit verfolgt. Willi-Martin kommen schon sein ganzes Leben lang Hunde in die Quere. Und Frau Goebel will vor ihrem Tod unbedingt nach Tropical Island.

Die Geschichte ist abwechselnd aus der Sicht der vier Charaktere geschrieben, die sich alle kennen. Dabei erfährt man so einiges über ihr Innenleben, aber auch, wie sie auf andere wirken und warum sie damit aus dem Rahmen des Durchschnittlichen fallen. Das Buch ist zu Beginn ein Gagfeuerwerk und hat durchgängig viel Wortwitz, während es gleichzeitig um Themen wie Einsamkeit, Trauer, Reue und Tod geht. Ein temporeiches Buch über vier skurrile und doch liebenswürdige Charaktere, voller Situationskomik und mit einem bisschen Fremdschämen inklusive. Mit der Mischung aus Spaß und Ernst hat mich die Autorin bestens unterhalten!

Veröffentlicht am 26.05.2019

Vom Leben und der Liebe im Italien der 1960er Jahre

Marina, Marina
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Nino Lanteri ist dreizehn Jahre alt und wohnt im kleinen Küstenort Sant’Amato an der italienischen Riviera. Und er ist unsterblich verliebt: In Marina - Römerin, Frau des Friseurs und Mutter seines Freundes ...

Nino Lanteri ist dreizehn Jahre alt und wohnt im kleinen Küstenort Sant’Amato an der italienischen Riviera. Und er ist unsterblich verliebt: In Marina - Römerin, Frau des Friseurs und Mutter seines Freundes Matteo. Der Altersunterscheid schreckt ihn nicht, er will ihr unbedingt ein Zeichen zukommen lassen. Doch dieses wird von Marina völlig falsch interpretiert. Nino ist nur einer von vielen, die in Sant’Amato aufgrund der Liebe folgenreiche Entscheidungen treffen. Während so mancher um sein persönliches Happy End kämpft, lassen andere die Schatten der Vergangenheit nicht los.

Das Buch nahm mich mit in die 1960er Jahre an die italienische Riviera, wo ich fünf italienische Familien kennenlernte, die im fiktiven Ort Sant‘Amato miteinander verbandelt sind. In jedem Kapitel steht ein anderer Charakter im Mittelpunkt. Neben den Familien vor Ort kommen auch Touristen, die an der Riviera Urlaub machen, zu Wort. Nach ein bis zwei Kapiteln springt die Geschichte immer ein Jahr in die Zukunft, wodurch man auch größere Entwicklungen begleiten kann.

Das Buch verzichtet auf lange Einleitungen und wirft den Leser immer mitten hinein ins Geschehen. Ich konnte mich schnell in die Situation des jeweils Erzählenden einfinden und ihn ein Stück auf seinem Weg begleiten. Dabei geht es in jedem Kapitel auf irgendeine Weise um die Liebe, die sich in ganz unterschiedlicher Form ausdrückt: Glücklich oder unerfüllt, vergänglich oder andauernd, hoffnungsvoll oder melancholisch. Das italienische Lebensgefühl wird dabei eindrucksvoll vermittelt. Man lernt die Hoffnungen und Träume der Charaktere kennen und beginnt mitzufiebern, ob sich diese erfüllen werden. All das wird untermalt von italienischer Musik: Jedem Jahr vorangestellt ist ein aus dieser Zeit stammender Song, dessen Verarbeitung aufmerksame Leser im nachfolgenden Kapitel entdecken können.

Die Autorin sagt selbst, dass sie ihren Roman im Soap-Charakter aufgebaut hat. Hauptcharaktere des einen Kapitels werden zu Nebencharakteren des anderen und man erfährt, wie es ihnen ergangen ist. Bei mir löste das einen Lesesog aus, da ich mit einer großen Zahl Charaktere mitfieberte und weiterlesen wollte in der Hoffnung auf neue Informationen über jeden von ihnen.

Die Geschichte ist nicht darauf ausgelegt, jedem ein Happy End zu bieten. Vielmehr zeigt sie die Launen des Lebens voller Höhen und Tiefen. Zum Ende hin schlägt das Buch mit einem längeren Rückblick auf die Kriegszeit ernste Töne an und beantwortet dem Leser so manche Frage im Hinblick auf das Verhalten bestimmter Charaktere. Auch der Ausklang der Geschichte ist schließlich bittersüß.

„Marina, Marina“ von Grit Landau nimmt den Leser mit an die Riviera der 1960er Jahre, wo man ganz verschiedene Charaktere auf ihrem Weg begleitet. Die Geschichte ist atmosphärisch erzählt und vermittelt eine große Bandbreite an Emotionen. Sehr gerne gebe ich eine Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 25.05.2019

Ein Analyst, ein Finnwal und ein kleines Fischerdorf in Cornwall

Der Wal und das Ende der Welt
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In „Der Wal und das Ende der Welt“ von John Ironmonger wird eines Tages im kleinen englischen Fischerdorf St. Piran ein nackter Mann angespült. Was hat Joe Haak, Analyst aus London, ins Meer getrieben? ...

In „Der Wal und das Ende der Welt“ von John Ironmonger wird eines Tages im kleinen englischen Fischerdorf St. Piran ein nackter Mann angespült. Was hat Joe Haak, Analyst aus London, ins Meer getrieben? Kaum ist er wieder auf den Beinen, strandet ein riesiger Finnwal. Joe mobilisiert das Dorf, damit der Wal gerettet werden kann. Zur Verwunderung aller beginnt der Fremde kurz darauf, Lebensmittel in riesigen Mengen einzukaufen.

Zu Beginn der Geschichte lernt man als Leser das verschlafene Dorf St. Piran und einige seiner Einwohner kennen. Der Neuzugang Joe und der gestrandeten Wal sorgen für ordentlichen Wirbel, den man hier nicht gewohnt ist. Aber warum hat Joe die Großstadt überhaupt verlassen? Als Leser erfährt man bald mehr über seine bisherige Arbeit als Analyst und warum er in großer Sorge ist. In angenehm unaufgeregter Sprache wird hier das mögliche Ende der Welt auf eine Art und Weile thematisiert, die dank ausführlicher und nachvollziehbarer Erklärungen einen erschreckend plausiblen Eindruck macht. Statt auf bildgewaltige Szenen setzt der Autor seinen Fokus auf das Zwischenmenschliche in der kleinen Dorfgemeinschaft. Werden sie zusammenhalten oder sich gegeneinander wenden, wenn es hart auf hart kommt? Mich konnte der Roman mit seiner ruhigen und eindringlichen Sprache, authentischen Charakteren, unterhaltsamen ebenso wie berührenden Szenen und einer plausiblen Auseinandersetzung mit dem Ende der Welt absolut begeistern. Ich gebe eine große Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 25.05.2019

Das Schicksal einer jüdischen Familie

Jahre aus Seide
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In „Jahre aus Seide“ von Ulrike Renk lebt die jüdische Familie Meyer in Krefeld. Durch die erfolgreichen Schuhkollektionen des Vaters ist sie wohlhabend, sodass die Tochter Ruth in den 1920er Jahren eine ...

In „Jahre aus Seide“ von Ulrike Renk lebt die jüdische Familie Meyer in Krefeld. Durch die erfolgreichen Schuhkollektionen des Vaters ist sie wohlhabend, sodass die Tochter Ruth in den 1920er Jahren eine unbeschwerte Kindheit verbringen kann. Das Erstarken der Nationalsozialisten wird von der Familie jedoch mit Sorge betrachtet. Können sie eine ernsthafte Gefahr für das Leben werden, das die Familie sich aufgebaut hat?

Mich hat die Geschichte neugierig gemacht, da sie auf wahren Begebenheiten beruht und nicht allzu fern von meinem Wohnort spielt. Wie haben die jüdischen Familien hier die 1930er Jahre erlebt? Durch den emotionalen und bildhaften Schreibstil der Autorin fühlte ich mich den Charakteren schnell nah. Beim Lesen spürt man die schrittweise Verschärfung der Situation. Die Familie Meyer muss ebenso wie die anderen Familien der Gemeinde abwägen, ob die Gefahr tatsächlich so groß ist, dass man auswandern sollte und damit die bisherige Lebensgrundlage aufgibt. Und wenn ja, wohin? Ich fand es interessant, mehr darüber zu erfahren, wie kompliziert es schon vor Beginn des Krieges war, auszuwandern, auch wenn man sich dazu entschlossen hat. Zwischen diesen ernsten Gesprächen begleitet man die Familie immer wieder bei Feiern, Urlauben und ganz verschiedenen Hochs und Tiefs. Mir haben diese authentischen Einblicke sehr gefallen und ich werde auf jeden Fall weiterlesen, um zu erfahren, wie es der Familie Meyer und insbesondere Ruth ergangen ist.