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Veröffentlicht am 02.07.2021

Warum ist der Kontakt zu Frankie abgebrochen?

Heldinnen werden wir dennoch sein
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Susi, Helma, Ute und Ellie sind seit ihrer Schulzeit beste Freundinnen. Inzwischen sind die vier Frauen Mitte 50 und sehen sich noch immer regelmäßig. Auch Marie gehörte zur Clique, bis sie vor einigen ...

Susi, Helma, Ute und Ellie sind seit ihrer Schulzeit beste Freundinnen. Inzwischen sind die vier Frauen Mitte 50 und sehen sich noch immer regelmäßig. Auch Marie gehörte zur Clique, bis sie vor einigen Jahren bei einem Autounfall starb und die Frauen stattdessen ihre Tochter Lisa in die Runde aufnahmen. Während Susis Geburtstagsfeier platzt Ellie mit der Nachricht heraus, dass ihr gemeinsamer Jugendfreund Frankie, der seit langer Zeit in Berlin lebte und zu dem nach der Schulzeit keine von ihnen mehr Kontakt hatte, Selbstmord begangen hat. Als sich herausstellt, dass Lisa ihn noch vor drei Wochen besucht hat und das früher auch regelmäßig gemeinsam mit ihrer Mutter tat, sind die Frauen verdutzt. Warum wussten sie davon nichts? In den Tagen vor der Beerdigung erinnern sie sich an die Erlebnisse ihrer Clique während der Schulzeit zurück. Etwas ist damals vorgefallen, das alles verändert hat. Kommt jetzt die Wahrheit ans Licht?

Der Leser lernt Susi und ihre Freundinnen auf ihrer Geburtstagsfeier kennen, die sie traditionell mit ihren Freundinnen statt mit ihrem Mann Martin verbringt. Die Nachricht, dass ihr Jugendfreund Frankie tot ist und in Kürze in der Nähe beerdigt wird, trübt die Stimmung und bringt jede der Frauen ins Grübeln. Der Kontakt zu Frankie scheint damals nach dem Schulabschluss einfach abgebrochen zu sein, doch schnell merkte ich, dass zwischen den Frauen etwas Unausgesprochenes steht.

Die Geschichte wird abwechselnd aus der Sicht von einer der Frauen erzählt. Die Kapitel beginnen jeweils in der Gegenwart, wo man etwas über ihr aktuelles Leben erfährt. Jede hat ihr Päckchen zu tragen: Susi fühlt sich von ihrem Mann vernachlässigt und hilft ihrer Mutter, sich um den demenzkranken Vater zu kümmern. Helma sehnt sich seit Jahren nach einer Beziehung, Ute sorgt sich um ihre Söhne und ihre Gesundheit und Ellies Boutique läuft mehr schlecht als recht. Um einen Überblick zu behalten sind vorne im Buch kurze Texte zu den wichtigsten Personen abgedruckt. Auch eine Karte findet sich dort. Der Roman spielt rund um Kaarst und als Düsseldorferin konnte ich mir die Gegend gut vorstellen und kannte auch einige der Orte, die besucht werden.

Zwischen den Szenen in der Gegenwart springt die Handlung in die 1970er und 1980er Jahre. Ich erfuhr, wie die Frauen und Frankie sich angefreundet haben und was sie damals gemeinsam erlebt haben. Auch auf dieser Zeitschiene haben es die Charaktere nicht einfach. Für meinen Geschmack ist der Roman mit Schicksalsthemen überfrachtet worden, hier wäre weniger mehr gewesen. Die meiste Zeit geht es auf allen Zeitebenen darum, ob und wie die Frauen trotz allem ihr Leben wieder in den Griff können. Durch ihr Verhalten fand ich die Mehrheit von ihnen allerdings nicht sonderlich sympathisch.

Ich hoffte dennoch mit, dass sie ihre jeweilige Situation verbessern können. Mehr noch war ich aber auf Antworten zur Frage gespannt, warum der Kontakt zu Frankie abgebrochen ist. Hier gibt es jedoch lange nur vage Andeutungen. In einigen fett und kursiv gedruckten Passagen kommt Frankie als Ich-Erzähler zu Wort. Er enthüllt gleich zu Beginn, dass er von vielen außerhalb der Clique wegen seiner Homosexualität verhöhnt wurde, den Klassenclown gegeben hat und später zum Künstler wurde. Er ist eine sensible und hilfsbereite Person, über die ich gerne mehr erfahren wollte.

Erst auf den letzten Seiten erhielt ich endlich Antworten auf die früh aufgeworfenen Fragen. Die Handlung rast in der Gegenwart durch die Monate und es gibt bei jeder der Frauen noch eine bedeutende Weiterentwicklung, was ich als zu schnell empfand.
„Heldinnen werden wir dennoch sein“ ist eine vielschichtiger Freundschafts- und Familienroman mit zahlreichen Schicksalsthemen, der ins Nachdenken übers Zusammenhalten und Auseinanderleben bringt.

Veröffentlicht am 27.06.2021

Ein Roman mit Sogwirkung

Das Damengambit
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Beth Harmon ist acht Jahre alt, als ihre Mutter bei einem Autounfall stirbt und sie in die Obhut des Methuen-Kinderheims in Mount Sterlin, Kentucky übergeben wird. Jeden Tag erhalten die Kinder dort nicht ...

Beth Harmon ist acht Jahre alt, als ihre Mutter bei einem Autounfall stirbt und sie in die Obhut des Methuen-Kinderheims in Mount Sterlin, Kentucky übergeben wird. Jeden Tag erhalten die Kinder dort nicht nur Vitaminpräparate, sondern auch Beruhigungspillen. Beth lernt schnell, einige heimlich aufzuheben, denn mit mehren auf einmal gelangt sie in einen besonders wohligen Zustand und kann alles Störende ausblenden. Zur selben Zeit entdeckt sie, dass der Hausmeister Mr. Shaibel im Keller Schach gegen sich selbst spielt. Sie zeigt sich beharrlich und schließlich willigt er ein, ihr das Spiel beizubringen. Bald ist klar, dass Beth ein Naturtalent ist. Aber findet sie jemanden, der sie fördern kann? Und kann sie ihre Sucht unter Kontrolle bringen?

Ich habe im vergangenen Jahr mit großer Begeisterung die Serie zum Buch auf Netflix gesehen und habe mich darüber gefreut, mit dieser Neuauflage des Romans von Walter Tevis noch einmal in die Geschichte eintauchen zu können. Diese beginnt mit Beths Aufnahme ins Kinderheim, wo sie schon bald auf die beiden Dinge stößt, die ihr Leben fortan dominieren sollen: Schach und grüne Beruhigungspillen.

Die Handlung der Serie ist sehr nah am Buch geblieben, was mich positiv überrascht hat. Ich hatte bei den einzelnen Szenen gleich wieder die starken Bilder der Serie im Kopf und konnte gleichzeitig tiefer in Beths Gefühls- und Gedankenwelt eintauchen. Ich kenne die Schachregeln, habe selbst aber seit meiner Kindheit nicht mehr gespielt. Versierte Schachspieler werden aus der Beschreibung der einzelnen Partien vermutlich noch mehr herausziehen können, aber dieses Buch weiß unabhängig von den eigenen Schachkenntnissen zu fesseln. Beths Faszination für das Spiel wurde für mich nachvollziehbar und ich fieberte mit, was sie aus ihrer Begabung machen wird.

Der Roman umfasst Beths Lebensweg vom achten bis zum neunzehnten Lebensjahr. Allmählich macht sie sich in der Schachwelt einen Namen und die Beschreibung der einzelnen Turniere ist spannend und in angenehm straffen Tempo erzählt. Zu der Sucht nach Beruhigungspillen kommt schließlich eine weitere hinzu und Beth droht insbesondere nach Rückschlagen, sich dieser gänzlich hinzugeben. Für sie ist es ein schmaler Grat zwischen Erfolg und Absturz.

Der Roman entwickelt eine Sogwirkung, die mich durch die Seiten fliegen ließ. Auch wenn ich aufgrund der Serie wusste, was passiert, habe ich ihn von der ersten bis zur letzten Seite mit großer Begeisterung gelesen. Für mich ist „Das Damengambit“ als Roman ebenso wie als Serie ein absolutes Highlight, das ich uneingeschränkt weiterempfehle!

Veröffentlicht am 19.06.2021

Es kommt nicht auf Schnelligkeit an, sondern auf die Richtung, in die man geht

Ever – Wann immer du mich berührst
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Abbi Hayden hatte vor einigen Wochen einen schweren Autounfall. Ihre Hüfte musste eingerenkt werden und ihr Knie operiert werden. Nun soll sie wieder laufen lernen. Durch die Ereignisse hat sie jedoch ...

Abbi Hayden hatte vor einigen Wochen einen schweren Autounfall. Ihre Hüfte musste eingerenkt werden und ihr Knie operiert werden. Nun soll sie wieder laufen lernen. Durch die Ereignisse hat sie jedoch eine panische Angst vor Schmerzen entwickelt. Der mangelnde Fortschritt lässt ihre Physiotherapeutin Kadence verzweifeln. Sie schlägt vor, dass jemand mit Abbi trainieren soll, der mehr Geduld aufbringt. Doch David Rivers, der als studentische Aushilfe in der Klinik arbeitet und den sie dafür im Sinn hat, will sich auf keinen Fall um Abbi kümmern. Er kennt ein schwerwiegendes Geheimnis über deren Vater und will keinen Kontakt zur Familie. Doch dann kommt alles anders: Die ersten Übungen mit ihm helfen Abbi tatsächlich weiter. Daraufhin macht ihr Vater David ein Angebot, dass er eigentlich nicht annehmen will, aber nicht ablehnen kann.

Als Leserin lernte ich Abbi kurz vor ihrer ersten Begegnung mit David kennen. Sie liegt seit ihrem Autounfall in einer Klinik und kann sich nur im Rollstuhl fortbewegen, da die Therapie ihres Knies kaum Fortschritte macht. Ihre Eltern wollen sie schnellstmöglich wieder auf den Beinen sehen. Dabei geht es ihnen aber weniger um Abbi selbst, sondern um ihr Auftreten im Wahlkampf des Vaters, der zum Gouverneur gewählt werden möchte. Abbis Ängste und ihre Frustration konnte ich gut nachvollziehen. Sie sitzt gewissermaßen in einem goldenen Käfig und kann von einem selbstbestimmten Leben gerade nur träumen.

Die Geschichte wird abwechselnd aus der Sicht von Abbi und David erzählt, der ihre Physiotherapie übernehmen soll. Er braucht die Schichten in der Klinik, um sein letztes Studienjahr und den Studienbeginn seiner Schwester Jane zu finanzieren. Der Tod seiner Mutter hat ihn nicht nur emotional sehr mitgenommen, sondern ihn in eine finanzielle Notlage gebracht. Doch mit den vermögenden Haydens will er nichts zu tun haben, seit er ein Geheimnis über Abbis Vater kennt, das beweist, was für ein schlechter Mensch er ist. Als sein Mitgefühl siegt und sich die ersten Übungen mit Abbi als erstaunlich wirksam erweisen, kann er die Therapie jedoch nicht einfach wieder abbrechen.

Nikola Hotel hat mit Abbi und David zwei sympathische Charaktere geschaffen, die beide ihr Päckchen zu tragen haben und denen ich mich schnell nah gefühlt habe. Mit ihrem empathischen Schreibstil gibt sie emotionale Einblicke in die Gefühlswelt der beiden. David findet sich in einer verzwickten Situation wieder, von der Abbi nichts ahnt. Sie ist vor allem dankbar, dass die Therapie ihres Knies dank Davids einfühlsamer Art endlich Fortschritte macht. Diese wird authentisch beschrieben und ich freute mich mit ihr über ihre kleinen Behandlungserfolge.

Die beiden werden immer vertrauter miteinander, wobei Abbi klar ist, dass sie ihren Therapeuten während einer professionellen Behandlung nicht anflirten sollte. Als Leserin erhielt ich gleichzeitig einen Einblick in die widerstrebenden Gefühle, die in David toben. Ich fieberte mit den beiden mit und las mich durch humorvolle Szenen, gefühlvolle Dialoge und dramatische Momente. Das i-Tüpfelchen der Geschichte waren die Wiedersehen mit den Charakteren der Blakely-Brüder Reihe. Das Ende kam schließlich viel zu schnell und ich freue mich auf ein Wiedersehen in „Blue. Wo immer du mich findest“, in dem Davids Schwester Jane und der Student Alex im Mittelpunkt stehen werden. Mich hat die authentische und gefühlvolle Geschichte von Abbi & David begeistern können!

Veröffentlicht am 15.06.2021

Wunderschöne Geschichte, die Lust auf eine Japanreise macht

Der kleine Teeladen in Tokio
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Der Fotografin Fiona bietet sich eine große Chance, als sie über ein Förderprogramm der Universität Tokio einen zweiwöchigen vollbezahlten Aufenthalt in Japan gewinnt. Der weltberühmte Fotograf Yutaka ...

Der Fotografin Fiona bietet sich eine große Chance, als sie über ein Förderprogramm der Universität Tokio einen zweiwöchigen vollbezahlten Aufenthalt in Japan gewinnt. Der weltberühmte Fotograf Yutaka Araki soll ihr Mentor sein. Am Flughafen in Tokio wird sie stattdessen jedoch von Landsmann Gabe Burnett abgeholt, der Araki aufgrund eines Trauerfalls in dessen Familie vertreten soll. Gabe scheint Fiona nicht wiederzuerkennen, doch sie erinnert sich noch gut an den peinlichen Zwischenfall vor zehn Jahren, der ihrem Leben eine entscheidende Wendung gegeben hat. Er scheint zudem keine große Lust auf den Mentoren-Job zu haben. Zum Glück wird Fiona bei der Familie von Professor Kobashi untergebracht, der das Förderprogramm leitet. Dessen Frau Haruka, Teemeisterin und Besitzerin eines Teeladens, kümmert sich gemeinsam mit ihrer Tochter Setsuko und ihrer Enkelin Mayo voller Herzlichkeit um Fiona.

Der Roman beginnt mit der Ankunft Fionas in Tokio und der ernüchternden Erkenntnis, dass nicht Yutaka Araki ihr Mentor sein wird, sondern Gabe Burnett für ihn einspringen wird. Auch dieser hat schon viele Fotografenpreise gewonnen und wäre sicherlich ein guter Mentor, doch Fiona erinnert sich schmerzlich an einen Vorfall vor zehn Jahren, als sie seine Studentin war. Was genau passiert ist erfährt, man erst einmal nicht. In Kapiteln aus Gabes Perspektive erfährt man, dass er die Mentorenschaft nur übernommen hat, weil er Professor Kobashi, den Leiter des Förderprogramms, nicht enttäuschen möchte.

Fiona soll in den zwei Wochen in Japan Fotografien machen, die anschließen in der Japanausstellung in Kensington in London ausgestellt werden. Gabe rät ihr, Tokio erst einmal auf sich wirken zu lassen, bevor sie die ersten Aufnahmen macht. Sie besuchen verschiedene Orte, wobei er sie mehr abliefert als diese gemeinsam mit ihr zu erkunden. Ihre Sorge, bei dieser Art der Betreuung nicht genügend Material für eine Ausstellung zu produzieren, konnte ich gut nachvollziehen.

Ein Lichtblick sind die Momente mit Haruka Kobashi, Fionas Gastgeberin, und ihrer Familie. Fiona erhält für ihren Aufenthalt ein kleines Zimmer direkt über Harukas Teeladen. Die Arbeit als Teemeisterin fasziniert Fiona, und Haruka gibt gerne Einblicke und hat ein offenes Ohr für sie. Die drei Frauen der Familie Kobashi nehmen Fiona unter ihre Fittiche und sorgen dafür, dass sie sich bei ihrem Aufenthalt wohl fühlen kann.

Fionas Ausflüge zu den touristischen Highlights, ihre Stunden mit der Familie Kobashi und ihre Restaurantbesuchte fand ich interessant und sie machten mir Lust auf eine Japanreise. Die Überlegungen, wie man an schon oft fotografierten Orten Motive findet, die anders und besonders sind, fand ich spannend. Schließlich traut sich Fiona, Gabe gegenüber ihre Enttäuschung bezüglich der schlechten Betreuung auszusprechen. Ich war neugierig, wie sich ihre Beziehung während des zweiwöchentlichen Aufenthalts entwickeln wird. Etwas irritiert hat mich die von der Übersetzerin gewählte Form „Vorname + Sie“, welche die beiden ziemlich lange verwenden. Ich bin selbst nur ein Jahr älter als die Protagonistin und würde so nicht mit einem Mann reden, der nur ein paar Jahre älter ist.

Mir hat es viel Spaß gemacht, Fiona während ihrer Zeit in Japan zu begleiten. Natürlich spielt nicht nur die Fotografie eine große Rolle, sondern es sind immer mehr Gefühle im Spiel. Da die Erzählperspektive gelegentlich wechselt, erhielt ich einen guten Einblick in die Innenleben der Beteiligten und fieberte mit. Die Entwicklungen waren nicht überraschend, aber ich fand sie wirklich schön und hatte auf den letzten Seiten sogar Tränchen in den Augen. Wer Lust auf einen Liebesroman hat und sich dabei nach Japan träumen möchte, dem kann ich dieses Buch absolut ans Herz legen!

Veröffentlicht am 12.06.2021

Eine grausame Mordserie und ein Toter, der lebendig begraben wurde

Das Buch des Totengräbers (Die Totengräber-Serie 1)
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Wien im Oktober 1893: Leopold von Herzfeldt ist mit den besten Empfehlungen von Graz nach Wien gezogen, um dort als Inspektor zu arbeiten. Als er am Vorabend seines Dienstantritts von einer Frauenleiche ...

Wien im Oktober 1893: Leopold von Herzfeldt ist mit den besten Empfehlungen von Graz nach Wien gezogen, um dort als Inspektor zu arbeiten. Als er am Vorabend seines Dienstantritts von einer Frauenleiche in der Nähe des Praters hört, bricht er auf eigene Faust zum Tatort auf und beginnt zum Missfallen der eingeteilten Kollegen mit einer ausführlichen Spurensicherung und der Anfertigung von Fotografien der Leiche.

Mit seiner Art und seinen neuartigen Methoden macht sich Leopold schnell unbeliebt und wird mit eher uninteressanter Arbeit abgespeist. Er soll den Fall eines Selbstmörders prüfen, dessen Leiche auf dem Wiener Zentralfriedhof wieder ausgegraben wurde. Die Diebe konnten von Totengräber Augustin Rothmayer gestoppt werden. Dabei hat dieser jedoch festgestellt, dass der angebliche Selbstmörder lebendig begraben wurde. Als es zu einem weiteren Zwischenfall auf dem Zentralfriedhof kommt und gleichzeitig weitere Frauen ermordet werden, vermutet Leopold eine Verbindung.

Das Buch beginnt mit einem Auszug aus dem fiktiven „Almanach für Totengräber“, an dem Augustin Rothmayer während der Romanereignisse arbeitet. Der Abschnitt erklärt, wie es zum Scheintod kommen und wie lang man in einem Sarg überleben kann. Auch nachfolgenden Kapiteln sind immer wieder Auszüge aus dem Almanach vorangestellt, die Details unter anderem zum Verwesungsprozess enthalten. Im anschließenden Prolog wacht jemand tatsächlich in einem Sarg auf, bevor die Geschichte zu Leopold von Herzfeld springt und von dessen ersten Tagen als Inspektor in Wien berichtet.

Neue Ermittlungsmethoden wie Tatortfotografie sind zur Zeit des Buches gerade im Kommen. Leopold hat diese Methoden von seinem Mentor in Graz gelernt und trifft nun auf viele konservative Kollegen, die dafür wenig Verständnis haben. Auch seine impulsive und vorpreschende Art kommt nicht gut an. Bei den Ermittlungen zum Frauenmord in der Nähe des Praters, der bald zu einer Mordserie wird, ist er nur am Rande beteiligt. Er ist jedoch wild entschlossen, sich zu beweisen und wesentlich zur Aufklärung beizutragen. Den sonderbaren Totengräber Augustin Rothmayer, der seine Erkenntnisse über Vorgänge auf dem Zentralfriedhof mit ihm teilen will, nimmt er dabei vor allem als störend wahr.

Die Geschichte blieb durch regelmäßige Wendungen unvorhersehbar. Die Ermittlungen sind spannend gestaltet und Leopold steht dabei nicht als brillanter Inspektor im Mittelpunkt, sondern agiert von Rande aus und muss um seinen Platz kämpfen. Im Laufe der Geschichte erfährt man mehr über ihn und warum er Graz verlassen hat. In Wien findet er ungewöhnliche Unterstützung in Form der technikbegeisterten Telefonistin Julia Wolf, die mir als Charakter sehr gefallen hat. Leopold begibt sich mit seinen Ermittlungen bald auf ein gefährliches Terrain und die Situation spitzt sich immer weiter zu. Mich konnte dieser historische Krimi durchweg fesseln, sodass ich eine klare Empfehlung für Leser des Genres ausspreche!