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Veröffentlicht am 17.07.2021

Drei, die unzertrennlich waren

Das Haus der Libellen
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Zwanzig Jahre sind vergangen, seit die Geschwister Noah und Emilia von Gutenbach mit ihren Eltern in die Villa neben Sophies kleinem Einfamilienhaus gezogen sind. Viele Jahre waren die drei unzertrennlich ...

Zwanzig Jahre sind vergangen, seit die Geschwister Noah und Emilia von Gutenbach mit ihren Eltern in die Villa neben Sophies kleinem Einfamilienhaus gezogen sind. Viele Jahre waren die drei unzertrennlich und haben beinahe jede freie Minute miteinander verbracht. Doch vor fünf Jahren hat Noah Sophies Herz gebrochen: Einige Tage nachdem er ihr einen Heiratsantrag gemacht hat, ist er ohne ein Wort nach Buenos Aires verschwunden und hat sich nie wieder bei ihr gemeldet.

Ein verzweifelter Brief von Emilia führt Sophie aus Freiburg zurück nach Hamburg in die Villa der von Gutenbachs. Die Eltern sind vor kurzem bei einem Autounfall ums Leben gekommen und Noah ist erneut verschwunden. Sophie möchte Emilia helfen, ihn zu finden. Doch Emilia ist ist keine große Hilfe. Sie spricht in Rätseln und ist ständig verschwunden. Im Keller züchtet sie Libellen, die sie konserviert und in Schaukästen an die Wände hängt. Sophie ist hin- und hergerissen, ob sie wieder abreisen soll oder ihr diese Reise endlich Antworten auf die Fragen gibt, die sie seit fünf Jahren nicht loslassen.

Nach einem kurzem Prolog, der von der ersten Begegnung Sophies mit den von Gutenbachs zwanzig Jahre zuvor handelt, springt das Buch in die Gegenwart und berichtet von Sophies Eintreffen an der Villa. Emilias Brief hat bei Sophie alte Wunden aufgerissen und sie überstürzt aufbrechen lassen. Doch was soll sie vor Ort eigentlich tun? Die Villa hat sich in ein stilles Kuriositätenkabinett verwandelt: Emilia lebt allein dort, lässt sich kaum blicken und hat alle Mitarbeiter bis auf den Gärtner entlassen. Die Libellen, die sie im Keller züchtet und in Schaukästen zuhauf an die Wände gehängt hat, sind ihre einzige Gesellschaft. Die Villa hat ebenso wie Emilia selbst eine geheimnisvolle, mysteriöse Aura, die mir genauso wie Sophie Rätsel aufgab.

Während Emilia jeglichen Fragen nach Noah ausweicht, findet Sophie beim Gärtner Manuel ein offenes Ohr. Er ist damals mit ihr und den Geschwistern von Gutenbach zur Schule gegangen, war aber nicht mit ihnen befreundet. Jetzt unterstützt er Sophie bei ihrer Suche, auf der sie jedem noch so kleinen Hinweis nachgeht. Offen gibt er zu, dass er das für Sophie und nicht für Noah tut, der ihr in seinen Augen noch nie gut getan hat. Dass Antworten ausbleiben ist frustrierend und ich konnte Sophies ständige Überlegungen, doch wieder abzureisen, gut nachvollziehen. Doch die Chance, doch noch eine Erklärung zu erhalten, lässt sie weitermachen. Jedes neue Puzzlestück gibt ihr Hoffnung, was mir immer wieder zeigte, dass sie Noahs Verschwinden vor fünf Jahren noch überhaupt nicht verarbeitet hat.

Ich erhielt beim Lesen einen umfassenden Einblick in ihre Gedanken und Gefühle, die mir zeigten, wie sehr sie an Noah hängt und wie tief sein Verhalten sie verletzt hat. Rückblicke, in denen Szenen zwischen Sophie, Noah und Emilia geschildert werden, trugen dazu bei, dieses Verständnis weiter zu vertiefen. Die Eltern der Geschwister haben den beiden wenig Liebe und viel Druck mit auf den Weg gegeben, was sie zu extremen Persönlichkeiten hat heranwachsen lassen, deren Stimmung ständig kippen kann. Wie es den Geschwistern wirklich geht und was sie zu ihrem Verhalten antreibt, das hat Sophie in ihrem Wunsch nach Nähe und Zugehörigkeit lange ausgeblendet.

Der Roman ist unglaublich atmosphärisch erzählt und ich fand es spannend, das Beziehungsgeflecht Stück für Stück besser zu verstehen. Ich konnte mich in Sophia hineinversetzen und den Sturm in ihrem Innern ebenso wie ihre Entscheidungen nachvollziehen. Für mich war es ein intensives Leseerlebnis, das einige Überraschungen bereithält und mir ausnehmend gut gefallen hat.

Veröffentlicht am 10.07.2021

Von der Fabrikarbeiterin zur Bordellbesitzerin

Die juten Sitten - Kaiserwetter in der Gosse
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1935 macht sich Minna mit dem Zug auf den Weg nach Frankreich. Zum ersten Mal in ihrem Leben verlässt sie Berlin, denn die politische Situation vor Ort lässt ihr keine Wahl und ihr geliebtes Bordell „Ritze“ ...

1935 macht sich Minna mit dem Zug auf den Weg nach Frankreich. Zum ersten Mal in ihrem Leben verlässt sie Berlin, denn die politische Situation vor Ort lässt ihr keine Wahl und ihr geliebtes Bordell „Ritze“ hat sie verkauft. Sie reist gemeinsam mit Emil und Gustav, denen sie während der Fahrt die Geschichte erzählt, wie sie überhaupt in den Besitz der „Ritze“ gekommen ist. Diese beginnt 1895, als Minna beschließt, der Arbeit in der Tabakfabrik und den beengten Verhältnissen in der Wohnung ihrer Familie den Rücken zu kehren, um in einem vornehmen Bordell zu arbeiten.

Bei „Kaiserwetter in der Gosse“ handelt es sich um den zweiten Band von „Die juten Sitten“. Auch wenn ich den Vorgänger nicht kannte, ist mir der Einstieg in die Geschichte leicht gefallen. Es handelt sich nämlich um die Vorgeschichte, die sich um Minnas Weg von der Fabrikarbeiterin zur Bordellbesitzerin dreht. Diese wird von ihr im Rückblick auf der Fahrt von Berlin nach Frankreich erzählt.

Die Zugfahrt bildet die Rahmenhandlung, von der aus Minna immer wieder in die Vergangenheit eintaucht. In kurzen Passagen wird das Gesagte kommentiert und hinterfragt, während sich die Charaktere von Berlin entfernen. Gelegentlich gibt es auch Anspielungen auf die Ereignisse des ersten Bandes, deren Kenntnis aber nicht entscheidend ist.

Minnas Motivation, ihrer Familie und der Fabrikarbeit den Rücken zu kehren, wurde für mich nachvollziehbar dargestellt. Die Arbeit im Bordell erscheint ihr als der vielversprechendste Weg hinaus aus der Armut, den sie willentlich einschlägt. Gezielt sucht sie nach einem vornehmen Etablissement, um in finanzieller Hinsicht das Beste für sich herauszuholen. Sie präsentiert sich als selbstbewusste Frau, die sich nicht mit dem Leben zufrieden geben will, in das sie hineingeboren wurde.

Im Umgang mit den vornehmen Freiern fällt Minna durch ihre Sprache auf. Sie ist um keinen Spruch verlegen und kommt der Bitte der Bordellverwalterin, Hochdeutsch zu sprechen, nur selten nach. Stattdessen berlinert sie sich durch die Geschichte und nutzt eine derbe Ausdrucksweise. Mit ihrer unkonventionellen Art eckt sie manches Mal an, findet aber auch Männer, die davon besonders angezogen werden. Sie ist ein echtes Unikat und wird mir als Charakter im Gedächtnis bleiben.

Beharrlichkeit und Einfallsreichtum lassen Minna in die höchsten Kreise vordringen. Dort wird sie Teil der Kotze-Affäre, welche die Adelswelt erschüttert und deren Verlauf lose auf den historisch belegten Ereignissen rund um Leberecht von Kotze beruht, der ebenso wie die meisten adeligen Charaktere des Buches tatsächlich gelebt hat. Szenen der Adeligen unter sich, die Minna nicht selbst miterlebt hat, schildert sie ihren Zuhörern auf ebenso unterhaltsame Weise wie ihre eigenen Erlebnisse. Sie gibt zu, es mit den Details nicht so genau zu nehmen und die Erzählung lieber etwas aufzupeppen, das Ergebnis würde ja dasselbe bleiben.

Ich wurde durch diese Herangehensweise sehr gut unterhalten und erhielt gleichzeitig spannende und authentische Einblicke in die Halbwelt am Ende des 19. Jahrhunderts. Der Roman wird mit einem Augenzwinkern erzählt, lebt von Skandalen und zeigte mir als Leserin die verruchte Seite des historischen Berlins. Klare Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 08.07.2021

Ein Anruf, nach dem nichts mehr ist wie zuvor

Die Verlorenen
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Jonah Colley arbeitet seit einigen Jahren beim bewaffneten Eliteteam der Metropolitan Police in London. Eines Abends sitzt er mit Kollegen im Pub, als er einen Anruf von Gavin erhält, der einst sein bester ...

Jonah Colley arbeitet seit einigen Jahren beim bewaffneten Eliteteam der Metropolitan Police in London. Eines Abends sitzt er mit Kollegen im Pub, als er einen Anruf von Gavin erhält, der einst sein bester Freund war. Die beiden sind zusammen zur Schule gegangen und haben zur selben Zeit die Probezeit bei der Polizei durchlaufen, danach ist Gavin jedoch in die Einheit für Gangkriminalität und organisiertes Verbrechen gewechselt. Gavins Anruf ist ihr erstes Gespräch seit Jahren. Er bittet Jonah, um Mitternacht allein zum Slaughter Quay zu kommen. Vor Ort erwartet ihn ein schockierender Anblick, und die Gefahr ist noch nicht gebannt. Was Jonah erlebt kostet ihn fast das Leben und macht ihn zum Verdächtigen in einem Mehrfachmord. Während er wild entschlossen ist, den Täter zu finden, erhärtet sich bei den Ermittlern der Verdacht gegen ihn selbst...

Schon auf den ersten Seiten des Buches herrscht Hochspannung, denn Jonahs Erlebnisse am dunklen Slaughter Quay sind schockierend und werfen gleichzeitig zahlreiche Fragen auf. Weder Jonah noch der Leser wissen, wie die Ereignisse zu deuten sind. Doch für die beiden Ermittler, die ihn im Krankenhaus besuchen, wo er nach einer Notoperation wieder zu Bewusstsein kommt, klingt seine Geschichte nicht ganz schlüssig. Wer hat hier seine Finger im Spiel?

Eigentlich müsste Jonah sich Zeit nehmen, um zu Kräften zu kommen, doch das Erlebte und die Indizien lassen ihm keine Ruhe. Es scheint eine Verbindung zum Verschwinden seines Sohnes vor zehn Jahren zu geben. War es vielleicht doch kein tragischer Unfall, wie man Jonah damals weismachen wollte? Wollte ihm Gavin mitteilen, mit dem er nie wieder wird sprechen können? In Rückblicken erfuhr ich mehr über die Ereignisse zehn Jahre zuvor und welche Konsequenzen sie für Jonah hatten. In der Gegenwart tut sich Jonah schwer mit dem Versuch, weitere Informationen zu erhalten. Eine gut informierte Journalistin macht seine Situation noch verzwickter. Vielleicht kann ihr Wissen für ihn aber noch von Nutzen sein?

Die zahlreichen Fragezeichen in meine Kopf haben mich neugierig weiterlesen lassen. Immer wieder gibt es ruhigere Phasen, bevor überraschende Ereignisse oder Informationen die Handlung in eine neue Richtung lenken. Jonahs Entscheidung, auf eigene Faust nach Antworten zu suchen, wurde verständlich dargestellt. Er will jedoch ständig mit dem Kopf durch die Wand, ein Verhalten, das ich auf Dauer anstrengend fand. Lange tappte ich im Dunkeln und habe mit der Auflösung nicht gerechnet. Für mich gab es bei dem zugrundeliegenden Motiv jedoch ein paar Ungereimtheiten. Insgesamt ist „Die Verlorenen“ ein düsterer, atmosphärischer Auftakt zu einer neuen Reihe. Wer Lust hat, abseits der Hunter-Serie etwas aus der Feder von Simon Beckett zu lesen, dem kann ich diesen Thriller empfehlen!

Veröffentlicht am 02.07.2021

Warum ist der Kontakt zu Frankie abgebrochen?

Heldinnen werden wir dennoch sein
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Susi, Helma, Ute und Ellie sind seit ihrer Schulzeit beste Freundinnen. Inzwischen sind die vier Frauen Mitte 50 und sehen sich noch immer regelmäßig. Auch Marie gehörte zur Clique, bis sie vor einigen ...

Susi, Helma, Ute und Ellie sind seit ihrer Schulzeit beste Freundinnen. Inzwischen sind die vier Frauen Mitte 50 und sehen sich noch immer regelmäßig. Auch Marie gehörte zur Clique, bis sie vor einigen Jahren bei einem Autounfall starb und die Frauen stattdessen ihre Tochter Lisa in die Runde aufnahmen. Während Susis Geburtstagsfeier platzt Ellie mit der Nachricht heraus, dass ihr gemeinsamer Jugendfreund Frankie, der seit langer Zeit in Berlin lebte und zu dem nach der Schulzeit keine von ihnen mehr Kontakt hatte, Selbstmord begangen hat. Als sich herausstellt, dass Lisa ihn noch vor drei Wochen besucht hat und das früher auch regelmäßig gemeinsam mit ihrer Mutter tat, sind die Frauen verdutzt. Warum wussten sie davon nichts? In den Tagen vor der Beerdigung erinnern sie sich an die Erlebnisse ihrer Clique während der Schulzeit zurück. Etwas ist damals vorgefallen, das alles verändert hat. Kommt jetzt die Wahrheit ans Licht?

Der Leser lernt Susi und ihre Freundinnen auf ihrer Geburtstagsfeier kennen, die sie traditionell mit ihren Freundinnen statt mit ihrem Mann Martin verbringt. Die Nachricht, dass ihr Jugendfreund Frankie tot ist und in Kürze in der Nähe beerdigt wird, trübt die Stimmung und bringt jede der Frauen ins Grübeln. Der Kontakt zu Frankie scheint damals nach dem Schulabschluss einfach abgebrochen zu sein, doch schnell merkte ich, dass zwischen den Frauen etwas Unausgesprochenes steht.

Die Geschichte wird abwechselnd aus der Sicht von einer der Frauen erzählt. Die Kapitel beginnen jeweils in der Gegenwart, wo man etwas über ihr aktuelles Leben erfährt. Jede hat ihr Päckchen zu tragen: Susi fühlt sich von ihrem Mann vernachlässigt und hilft ihrer Mutter, sich um den demenzkranken Vater zu kümmern. Helma sehnt sich seit Jahren nach einer Beziehung, Ute sorgt sich um ihre Söhne und ihre Gesundheit und Ellies Boutique läuft mehr schlecht als recht. Um einen Überblick zu behalten sind vorne im Buch kurze Texte zu den wichtigsten Personen abgedruckt. Auch eine Karte findet sich dort. Der Roman spielt rund um Kaarst und als Düsseldorferin konnte ich mir die Gegend gut vorstellen und kannte auch einige der Orte, die besucht werden.

Zwischen den Szenen in der Gegenwart springt die Handlung in die 1970er und 1980er Jahre. Ich erfuhr, wie die Frauen und Frankie sich angefreundet haben und was sie damals gemeinsam erlebt haben. Auch auf dieser Zeitschiene haben es die Charaktere nicht einfach. Für meinen Geschmack ist der Roman mit Schicksalsthemen überfrachtet worden, hier wäre weniger mehr gewesen. Die meiste Zeit geht es auf allen Zeitebenen darum, ob und wie die Frauen trotz allem ihr Leben wieder in den Griff können. Durch ihr Verhalten fand ich die Mehrheit von ihnen allerdings nicht sonderlich sympathisch.

Ich hoffte dennoch mit, dass sie ihre jeweilige Situation verbessern können. Mehr noch war ich aber auf Antworten zur Frage gespannt, warum der Kontakt zu Frankie abgebrochen ist. Hier gibt es jedoch lange nur vage Andeutungen. In einigen fett und kursiv gedruckten Passagen kommt Frankie als Ich-Erzähler zu Wort. Er enthüllt gleich zu Beginn, dass er von vielen außerhalb der Clique wegen seiner Homosexualität verhöhnt wurde, den Klassenclown gegeben hat und später zum Künstler wurde. Er ist eine sensible und hilfsbereite Person, über die ich gerne mehr erfahren wollte.

Erst auf den letzten Seiten erhielt ich endlich Antworten auf die früh aufgeworfenen Fragen. Die Handlung rast in der Gegenwart durch die Monate und es gibt bei jeder der Frauen noch eine bedeutende Weiterentwicklung, was ich als zu schnell empfand.
„Heldinnen werden wir dennoch sein“ ist eine vielschichtiger Freundschafts- und Familienroman mit zahlreichen Schicksalsthemen, der ins Nachdenken übers Zusammenhalten und Auseinanderleben bringt.

Veröffentlicht am 27.06.2021

Ein Roman mit Sogwirkung

Das Damengambit
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Beth Harmon ist acht Jahre alt, als ihre Mutter bei einem Autounfall stirbt und sie in die Obhut des Methuen-Kinderheims in Mount Sterlin, Kentucky übergeben wird. Jeden Tag erhalten die Kinder dort nicht ...

Beth Harmon ist acht Jahre alt, als ihre Mutter bei einem Autounfall stirbt und sie in die Obhut des Methuen-Kinderheims in Mount Sterlin, Kentucky übergeben wird. Jeden Tag erhalten die Kinder dort nicht nur Vitaminpräparate, sondern auch Beruhigungspillen. Beth lernt schnell, einige heimlich aufzuheben, denn mit mehren auf einmal gelangt sie in einen besonders wohligen Zustand und kann alles Störende ausblenden. Zur selben Zeit entdeckt sie, dass der Hausmeister Mr. Shaibel im Keller Schach gegen sich selbst spielt. Sie zeigt sich beharrlich und schließlich willigt er ein, ihr das Spiel beizubringen. Bald ist klar, dass Beth ein Naturtalent ist. Aber findet sie jemanden, der sie fördern kann? Und kann sie ihre Sucht unter Kontrolle bringen?

Ich habe im vergangenen Jahr mit großer Begeisterung die Serie zum Buch auf Netflix gesehen und habe mich darüber gefreut, mit dieser Neuauflage des Romans von Walter Tevis noch einmal in die Geschichte eintauchen zu können. Diese beginnt mit Beths Aufnahme ins Kinderheim, wo sie schon bald auf die beiden Dinge stößt, die ihr Leben fortan dominieren sollen: Schach und grüne Beruhigungspillen.

Die Handlung der Serie ist sehr nah am Buch geblieben, was mich positiv überrascht hat. Ich hatte bei den einzelnen Szenen gleich wieder die starken Bilder der Serie im Kopf und konnte gleichzeitig tiefer in Beths Gefühls- und Gedankenwelt eintauchen. Ich kenne die Schachregeln, habe selbst aber seit meiner Kindheit nicht mehr gespielt. Versierte Schachspieler werden aus der Beschreibung der einzelnen Partien vermutlich noch mehr herausziehen können, aber dieses Buch weiß unabhängig von den eigenen Schachkenntnissen zu fesseln. Beths Faszination für das Spiel wurde für mich nachvollziehbar und ich fieberte mit, was sie aus ihrer Begabung machen wird.

Der Roman umfasst Beths Lebensweg vom achten bis zum neunzehnten Lebensjahr. Allmählich macht sie sich in der Schachwelt einen Namen und die Beschreibung der einzelnen Turniere ist spannend und in angenehm straffen Tempo erzählt. Zu der Sucht nach Beruhigungspillen kommt schließlich eine weitere hinzu und Beth droht insbesondere nach Rückschlagen, sich dieser gänzlich hinzugeben. Für sie ist es ein schmaler Grat zwischen Erfolg und Absturz.

Der Roman entwickelt eine Sogwirkung, die mich durch die Seiten fliegen ließ. Auch wenn ich aufgrund der Serie wusste, was passiert, habe ich ihn von der ersten bis zur letzten Seite mit großer Begeisterung gelesen. Für mich ist „Das Damengambit“ als Roman ebenso wie als Serie ein absolutes Highlight, das ich uneingeschränkt weiterempfehle!