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Veröffentlicht am 20.08.2020

Ein musikalischer Liebesroman

This Is (Not) a Love Song
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Als Chefredakteurin des Musikmagazins Re:Sound hat Zoë Frixos ein großes Ziel: Sie will ein Interview mit der Musiklegende Marcie Tyler führen. Doch diese ist seit Jahren nicht mehr aufgetreten und gilt ...

Als Chefredakteurin des Musikmagazins Re:Sound hat Zoë Frixos ein großes Ziel: Sie will ein Interview mit der Musiklegende Marcie Tyler führen. Doch diese ist seit Jahren nicht mehr aufgetreten und gilt als öffentlichkeitsscheu. Ein gutes Wort von Marcies PR Manager wäre hilfreich. Doch dieser stellt sich als Nick Jones heraus, der auch die Boygroup Hands Down betreut und mit dem sie wegen eines Verrisses der band in der neuesten Ausgabe des Magazins aneinandergeraten ist. Er macht einen Vorschlag, der Zoë in ein Dilemma bringt. Als dann auch noch ihr bester Freund Simon ankündigt, zurück in London zu sein, ist das emotionale Chaos perfekt. Denn Simon ist frisch geschieden, und Zoë schon lange heimlich in ihn verliebt.

Cover und Titel des Buches machen deutlich, dass es in dieser Geschichte sehr musikalisch wird. Die Musik begleitet die Protagonistin Zoë schon ihr ganzes Leben lang, ebenso wie ihr bester Freund Simon. Mit zwölf haben die beiden sich den Rockstar und Geheimagenten Zak Scaramouche ausgedacht. Seither schicken sie sich gegenseitig Postkarten in seinem Namen. Eine solche kündigt Zoë nun an, dass Simon zu ihr nach London kommt.

Zoë hat einen breiten Musikgeschmack, romantische Liebeslieder gehören aber eher nicht zu ihren Favoriten. Auch mit der hippen Boygroup Hands Down, die Teenie-Herzen schmelzen lässt, kann sie wenig anfangen. Den wütenden Jonny Delaney, der sich als Bandmitglied bei ihr über die negative Rezension des neuen Albums beschwert, weist sie mit klaren Worten ab. Damit sammelt sie ordentlich Negativpunkte beim PR Manager der Band. Doch dieser stellt sich kurz darauf ausgerechnet als ihre einzige Chance heraus, ein Interview mit der Legende Marcie Tyler zu erhalten, was dem Magazin neuen Aufwind gäbe.

Die Arbeit als Chefredakteurin und Zoës damit verbundene Bemühungen um ein Interview mit Marcie Tyler spielen in der Geschichte eine große Rolle. Dabei taucht der PR Manager Nick Jones immer wieder auf der Bildfläche auf. Lange ist nicht klar, ob er gute oder böse Absichten hat, was mich zum Weiterlesen motivierte. Und dann ist da noch Simon, der nicht nur Zoës Gefühlsleben durcheinanderwirbelt, sondern ihr durch seine Kontakte auch im Hinblick auf das Interview helfen könnte.

Die Geschichte beinhaltet sowohl was das Interview als auch was Zoës Gefühle angeht einiges an Hin und Her. Das fand ich zwischendurch anstrenged, wollte aber gleichzeitig unbedingt wissen, wie Zoë sich im Hinblick auf die Liebe entscheidet und ob sie die Zukunft des Magazins sichern kann. Überraschende Entwicklungen und Zoë als sympathische Protagonistin machen die Geschichte zu einem kurzweiligen und musikalischen Lesevergnügen für entspannte Stunden!

Veröffentlicht am 17.08.2020

Die Geschichte eines Mittagessens und einer ganzen Familie

Ein Sonntag mit Elena
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In einer Wohnung in Turin lebt ein inzwischen verwitweter Mann, der einst als Ingenieur in der ganzen Welt Brücken baute. Sein Sohn lebt im Ausland, mit seiner jüngeren Tochter hat er kurz nach der Beerdigung ...

In einer Wohnung in Turin lebt ein inzwischen verwitweter Mann, der einst als Ingenieur in der ganzen Welt Brücken baute. Sein Sohn lebt im Ausland, mit seiner jüngeren Tochter hat er kurz nach der Beerdigung seiner Frau zuletzt gesprochen. Nur seine ältere Tochter Sonia, die nicht allzu weit entfernt auf dem Land wohnt, schaut mit ihrer Familie gelegentlich vorbei. An einem Sonntag hat er sie zum Mittagessen eingeladen und stellt sich dafür zum ersten Mal selbst in die Küche. Das Essen ist fertig, als Sonia ihn anruft: Ihre Tochter ist vom Baum gefallen und hat sich den Arm gebrochen. Er beschließt, erst einmal an die frische Luft zu gehen. Im Park lernt er Elena und ihren Sohn Gaston kennen, die er kurzerhand zum Essen einlädt. Die Begegnung bringt die Beteiligten ins Nachdenken und hinterlässt Spuren auf ihrem weiteren Weg.

Die Geschichte beginnt an einem Sonntagmorgen, bevor der im Zentrum der Handlung stehende Witwer und Vater Besuch von seiner Tochter Sonia erhalten soll. Am Kühlschrank hängt die neue Handynummer der jüngeren Tochter Giulia, mit der er lange nicht mehr gesprochen hat. Sie ist es, die den Leser als Ich-Erzählerin durch die Geschichte führt.

Die Erzählung jenes Sonntags schreitet nur langsam voran, da Giulia immer wieder Erinnerungen abruft, die sich um ihren Vater, aber auch um ihre Mutter und ihre Geschwister drehen. Man erfährt von den häufigen Abwesenheiten ihres Vaters, kurzen schönen Momenten der beiden und anderen Situationen, in der ihr Vater sie enttäuscht hat. Die Erzählerin springt von Erinnerung zu Erinnerung und dann wieder zurück zum zentralen Sonntag, wodurch ich zu Beginn Schwierigkeiten hatte, in die Geschichte hineinzufinden.

Durch die Rückblicke lernt man allmählich das Beziehungsgeflecht der Familie zu verstehen. Man sieht einen Vater, der sein ganzes Berufsleben lang mehr weg als da war und die Liebe zu seiner Familie nie so recht zum Ausdruck bringen konnte. Man erfährt, welche Wege die drei inzwischen erwachsenen Kinder eingeschlagen haben, von denen nur eins ihn gelegentlich besucht. So steht der Vater an jenem Sonntag als tragischer Charakter da, dessen erstmaliger Versuch, ein Mittagessen zuzubereiten, vergeblich gewesen zu sein scheint.

Die Begegnung mit Elena und Gaston gibt dem tristen Sonntag eine erfreuliche Wendung. Da die gemeinsam verbrachte Zeit der drei in der Geschichte eher später angesiedelt ist, möchte ich darüber nicht zu viel verraten. Ich fand es schön zu sehen, dass beide Seiten aus diesem Zufallsereignis etwas mitnehmen konnten, das ihren weiteren Weg geprägt hat.

Der beschriebene Sonntag stellt nicht die Gegenwart dar. Von Beginn an ist klar, dass es sich dabei um eine weitere Erinnerung Giulias handelt, die später davon erfahren hat. Dieser Tag ordnet sich letztlich in das große Erinnerungsgefüge ein. „Ein Sonntag mit Elena“ ist nicht nur die Geschichte eines Mittagessens, sondern die Geschichte einer Familie, in der trotz Fehler und versäumter Chancen der Vergangenheit immer noch Zeit ist, Dinge zu ändern, um die Zukunft anders zu gestalten.

Veröffentlicht am 08.08.2020

Ein schöner Sommerroman

Wo die Sterne tanzen
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Nele lebt und arbeitet als Musicaldarstellerin in New York. Nach dem Tod ihrer Oma Lotte, in deren Haus auf Juist sie als Kind zahlreiche Sommer verbrachte, fliegt sie mit ihrer Tochter Annika auf die ...

Nele lebt und arbeitet als Musicaldarstellerin in New York. Nach dem Tod ihrer Oma Lotte, in deren Haus auf Juist sie als Kind zahlreiche Sommer verbrachte, fliegt sie mit ihrer Tochter Annika auf die Insel, um den Verkauf des Hauses abzuwickeln. Doch nicht nur sie ist auf die Insel zurückgekehrt, sondern auch ihre Mutter Laura sowie Henry, der Enkel von Oma Lottes bester Freundin Emily. Zu ihrer Mutter hat sie ein schwieriges Verhältnis, das bei der Abwicklung des Verkaufs auf die Probe gestellt wird. Und Henry würde sie nach allem, was in der Vergangenheit vorgefallen ist, am liebsten ganz aus dem Weg gehen...

Der Prolog des Buches nimmt den Leser mit ins Jahr 1991. Neles Eltern haben sich kürzlich getrennt und sie verbringt die Sommerferien mit ihrer Mutter bei Oma Lotte auf Juist, wo sie den gleichaltrigen Henry kennenlernt, der ihr seine Freundschaft anbietet. Achtzehn Jahre später kehrt Nele mit gemischten Gefühlen auf die Insel zurück. Nach Oma Lottes Tod und dem anstehenden Hausverkauf wird es für sie keinen Grund mehr geben, Juist erneut zu besuchen.

Die Geschichte springt zwischen dem Jahr 2019 und der Vergangenheit hin und her. Die Rückblicke erklären dem Leser, was Nele in den Sommern ihrer Kindheit auf Juist erlebt hat. Vor allem ihre Freundschaft zu Henry und zu Ben steht hier im Fokus. Henry und Nele waren viele Sommer unzertrennlich, bevor es 2001 zu Ereignissen kam, die alles veränderten. In diesem Jahr lernt sie auch Ben kennen, der mit seiner Familie Urlaub auf der Insel macht und dabei vor allem auf seine zwei kleinen Schwestern aufpasst. Schließlich wird Neles Weg zur Musicaldarstellerin und ihre Zeit in New York beschrieben. Passend zum Thema sind den Kapiteln kurze Songausschnitte bekannter Musicals vorangestellt.

In der Gegenwart steht Nele am Scheideweg: Wird sie zurück nach New York gehen und dort um ein neues Engagement kämpfen, oder schlägt sie einen anderen Weg an einem neuen Ort ein? Ihre Entscheidung schien eigentlich schon klar zu sein, doch die Zeit auf Juist bringt sie erneut ins Grübeln. Als Leser versteht man Neles Verhalten und ihre Überlegungen durch die Rückblicke immer besser. Notwendige Aussprachen werden allerdings lange hinausgezögert, sodass ich zwischendurch ungeduldig wurde. Auch wenn einige Entwicklungen vorhersehbar waren, erlebte ich zum Schluss noch eine schöne Überraschung.

„Wo die Sterne tanzen“ ist eine Insel- und Musicalgeschichte, in der die Verwirklichung von Träumen die Hauptrolle spielt. Auch die Liebe kommt nicht zu kurz. Ich habe das Buch am Strand mit Blick auf Juist gelesen, was super zur Atmosphäre passte. Mit und ohne Sand und Meerluft ist es ein schöner Sommerroman für gemütliche Stunden!

Veröffentlicht am 01.08.2020

Vatersuche auf Flusskreuzfahrt

Land in Sicht
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Acht Tage und sieben Nächte auf einem Flusskreuzfahrtschiff der Route Passau - Wien sind mit 24 Jahren wohl keine übliche Urlaubswahl. Auch Jana wäre nicht auf die Idee gekommen, wenn auf der MS Mozart ...

Acht Tage und sieben Nächte auf einem Flusskreuzfahrtschiff der Route Passau - Wien sind mit 24 Jahren wohl keine übliche Urlaubswahl. Auch Jana wäre nicht auf die Idee gekommen, wenn auf der MS Mozart nicht ihr Vater der Kapitän wäre. Sie hat ihn nie kennengelernt, doch die Suche nach ihm hat nicht lang gedauert, nachdem sie erst einmal beschlossen hatte, das zu ändern. Nun schippert sie mit Dutzenden Unterhaltung suchenden Rentnern über die Donau, im Gepäck zahlreiche Fragen und Zweifel rund ums Thema Vater: Wie sage ich es ihm? Wie wird es sich anfühlen? Was verspreche ich mir davon?

Die Geschichte schlägt von Beginn an einen lockeren und sarkastischen Ton an. Jana checkt auf der MS Mozart ein und nimmt die Atmosphäre des Flusskreuzfahrtschiffes in sich auf. Für die ansonsten ausnahmslos älteren Mitreisenden ist sie eine willkommene Abwechslung. Ihre Reflektion dieser Art, Urlaub zu machen, fand ich unterhaltsam und ich konnte mir die Stimmung an Bord gut vorstellen.

Jana ist allerdings mit einer Mission gekommen: Sie will ihren Vater, den Kapitän des Schiffes, kennenlernen. Doch nun zögert und beobachtet sie, denkt darüber nach, wie es war, ohne ihn aufzuwachsen und fragt sich immer wieder, was genau sie sich nun eigentlich von dieser Begegnung verspricht. Ihre Auseiandersetzung mit der Vaterfrage geht in die Tiefe und ich konnte ihre Zweifel und Überlegungen gut nachvollziehen.

„Land in Sicht“ ist schnell gelesen und bietet skurrile Situationen, messerscharfe Beobachtungen und nachdenklich stimmende Momente. Die Autorin hat einen tollen schwarzen Humor, der die Geschichte prägt. Wie wäre es mit einer Flusskreuzfahrt für den diesjährigen Urlaub in der Heimat? Schnappt euch das Buch und legt ab!

Veröffentlicht am 29.07.2020

Was ist Wahrheit und was Lüge?

After the Fire - Ausgezeichnet mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis 2021
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Die siebzehnjährige Moonbeam hat fast ihr ganzes Leben im Lager der Heiligen Kirche der Legion Gottes verbracht. Nach einer bewaffneten Auseinandersetzung der Sektenmitglieder mit der Polizei findet sie ...

Die siebzehnjährige Moonbeam hat fast ihr ganzes Leben im Lager der Heiligen Kirche der Legion Gottes verbracht. Nach einer bewaffneten Auseinandersetzung der Sektenmitglieder mit der Polizei findet sie sich in einer geschlossenen Abteilung wieder, in der ein Psychiater versucht, in täglichen Sitzungen zu ihr durchzudringen. Doch Father John hat ihr und den anderen immer wieder eingeschärft, dass alle Menschen außerhalb des Lagers Diener der Schlange sind, denen sie kein Wort sagen und kein Wort glauben darf. Was ist Wahrheit und was Lüge? Ist sie aus einer gefährlichen Situaton in eine sichere gekommen, oder ist es genau umgekehrt?

Das Buch beginnt mit einem rasanten Prolog, in dem die Protagonistin Todesängste durchleidet. Ihre Welt steht in Flammen, Schüsse peitschen und sie wird von dem Ziel angetrieben, Kinder aus den brennenden Baracken zu befreien. Wie kam es zu dieser Situation, und was sind ihre Konsequenzen? Genau um diese Aufarbeitung geht es in der nachfolgenden Geschichte.

Moonbeams Gedanken werden zu Beginn stark von den Sätzen geprägt, die ihr Sektenführer Father John über Jahre hinweg gepredigt hat. Alle Menschen außerhalb des Lagers wurden als Feinde angesehen, weshalb sie das Gelände in den letzten Jahren gar nicht mehr verlassen hat. Und nun soll alles, was er gesagt hat, eine Lüge gewesen sein? In Moonbeams Kopf tönt weiterhin Father Johns Stimme und sie hüllt sich überfordert von der Situation in Schweigen.

Diese fiktive Geschichte setzt sich gelungen damit auseinander, was in einer Jugendlichen vorgehen könnte, die ihr ganzes Leben isoliert in einer Sekte verbracht hat und nun mit dem Leben außerhalb konfrontiert wird. Allmählich teilt Moonbeam erste Erinnerungen mit dem Psychiater und damit auch dem Leser. Man ist in den täglichen Sitzungen an ihrer Seite und folgt ihr in die einzelnen Erinnerungen. Sie schildert den Sektenalltag und die Verbrechen, die sie erlebt, aber selbst nicht als solche eingeordnet hat. Gleichzeitig gibt es auch Erinnerungen an Freundschaft und Zusammenhalt, die verdeutlichen, warum ihr an manchen Personen nach wie vor viel liegt.

Moonbeam fragt früh in der Geschichte nach ihrer Mutter, von der sie vor einiger Zeit getrennt wurde. Außerdem plagen sie schwere Schuldgefühle, wobei sie die Erinnerung an deren Ursprung nicht zulässt. Diese Themen trugen dazu bei, dass ich mich bis zum Schluss neugierig durch die Einzel- und Gruppensitzungen und die damit verbundenen Erinnerungen las. Was mir thematisch fehlte war die Heranführung Moonbeams an ein Leben außerhalb der Sekte, denn sie ist nie zur Schule oder in den Supermarkt gegangen und viele Entscheidungen wurden für sie getroffen. Gerne hätte ich erlebt, wie sie mit dieser neugewonnenen Freiheit umzugehen lernt. Die Beantwortung der drängendsten Fragen hebt die Geschichte sich bis zum Schluss auf und tut dies schließlich in einem stimmigen Rahmen.

„After the fire“ ist ein Roman, der sich mit der Aufarbeitung einer umfassenden Gehirnwäsche durch eine fiktive Sekte auseinandersetzt. Der Leser begleitet die Protagonistin Moonbeam auf diesem schmerzhaften und gleichzeitig reinigenden Prozess, dessen Verlauf durch einige ungeklärte Fragen spannend bleibt. Gerne empfehle ich das Buch an psychologisch interessierte Leser weiter!