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Veröffentlicht am 08.10.2019

Gelungene Fortsetzung der Familiengeschichte im Berlin der 50er Jahre

Die Schwestern vom Ku'damm: Wunderbare Zeiten
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Silvie Thalheim ist im Berlin des Jahres 1952 eine beliebte Radiomoderatorin beim RIAS, während ihre Schwester Rike und ihr Zwillingsbruder Oskar im Familienunternehmen, dem Modekaufhaus Thalheim am Ku’damm, ...

Silvie Thalheim ist im Berlin des Jahres 1952 eine beliebte Radiomoderatorin beim RIAS, während ihre Schwester Rike und ihr Zwillingsbruder Oskar im Familienunternehmen, dem Modekaufhaus Thalheim am Ku’damm, arbeiten. Während Rike heiratet und ihr erstes Kind erwartet, ist Silvie weiterhin auf der Suche nach dem Richtigen. Sie lernt Wanja kennen, einen emotionalen Schauspieler, der am Anfang seiner Karriere im Filmgeschäft steht. Soll sie sich auf ihn einlassen? Oskar hingegen ist nicht nur körperlich, sondern auch emotional gezeichnet von den Jahren im Krieg und in Kriegsgefangenschaft. Rike ärgert sich, dass er das Unternehmen leiten soll, obwohl er zu viel feiert und im Modekaufhaus fragwürdige Entscheidungen trifft. Silvie nimmt ihren Zwillingsbruder in Schutz, dringt aber zunehmend weniger zu ihm durch. Sein Verhalten droht, zur Zerreißprobe für den Familienzusammenhalt zu werden.

Nachdem mich der erste Teil der Trilogie rund um die Schwestern am Ku’damm begeistern konnte, habe ich mich sehr gefreut, in diesem zweiten Teil mehr über Silvie zu erfahren. Beruflich läuft es gut für sie: Als Radiomoderatorin ist sie beliebt und sie feilt gerade an einem neuen Format, mit dem sie ihre Bekanntheit weiter steigern könnte. Vor allem ihr Vater erinnert sie aber immer wieder daran, dass es da auch noch ein Familienunternehmen gibt, das sie zumindest einige Stunden in der Woche unterstützen könnte.

Immer wieder spuken jedoch die Sätze „Kein Mann. Kein Haus. Kein Kind.“ in ihrem Kopf herum. Sie möchte gerne eine neue, ernsthafte Beziehung eingehen, doch dazu muss sie erst den Richtigen finden. Auf der Hochzeit ihrer Schwester lernt sie Wanja kennen, einen leidenschaftlichen Schauspieler, der erst vierundzwanzig ist. Er entspricht nicht ihrer Vorstellung des grundsoliden Mannes, nach dem sie Ausschau hält, geht ihr aber nicht mehr aus dem Kopf. In Sachen Liebe begleitet der Leser Silvie ebenso wie ihre Geschwister durch Höhen und Tiefen, die mich mitfiebern ließen.

Silvies Zwillingsbruder Oskar ist nach seiner Rückkehr aus der Kriegsgefangenschaft verändert: Er trinkt und feiert viel, fährt schnelle Autos und trifft fragwürdige Entscheidungen. Diese sorgen für unerfreuliche Entwicklungen und ich war neugierig, wie sich das auf die Dynamik innerhalb der Familie auswirken wird. Die Geschichte wird wie sein Vorgänger in zügigem Tempo erzählt und macht immer wieder Zeitsprünge von mehreren Monaten, taucht dann aber auch tiefer in einzelne emotionale Momente ein. Dadurch erhielt ich authentische und atmosphärische Einblicke ins Berlin der 1950er Jahre.

Auch wenn Silvie diesmal im Mittelpunkt steht und man einen tieferen Einblick in ihr Innenleben erhält erfährt man ebenso, wie es für ihre Geschwister und Freunde weitergeht. Außerdem werden einige Familiengeheimnisse gelüftet. Hier muss ich leider sagen, dass ich die Entwicklungen rund um das Thema Wer-hat-mit-wem zu dick aufgetragen fand. Am Ende überstürzen sich die Ereignisse und mir ging alles zu schnell. Doch natürlich weckt genau das auch die Neugier auf den dritten und letzten Teil, in dem Flori in den Mittelpunkt rückt.

Insgesamt ist „Die Schwestern vom Ku’damm: Wunderbare Zeiten“ eine gelungene Fortsetzung der Familiengeschichte im Berlin der 50er Jahre. Wer den ersten Teil mochte, der sollte unbedingt weiterlesen!

Veröffentlicht am 06.10.2019

Starke Frauenfiguren in den Bergen Kentuckys der 1930er Jahre

Wie ein Leuchten in tiefer Nacht
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Im Jahr 1937 nutzt die Engländerin Alice die Begegnung mit dem auf Europareise befindlichen Amerikaner Bennett, um aus ihrem beengenden Zuhause auszubrechen und ihm als seine Frau über den Ozean zu folgen. ...

Im Jahr 1937 nutzt die Engländerin Alice die Begegnung mit dem auf Europareise befindlichen Amerikaner Bennett, um aus ihrem beengenden Zuhause auszubrechen und ihm als seine Frau über den Ozean zu folgen. Doch schnell fühlt es sich für sie an, als hätte sie ein Gefängnis gegen das andere getauscht, denn nun lebt sie mit Bennett und seinem einschüchternden Vater in einer kleinen Mienenstadt in den Bergen Kentuckys. Als Frauen aufgerufen werden, dem Team der neuen Satteltaschen-Bücherei beizutreten, welche Bücher per Pferd ausliefern, meldet sie sich kurzentschlossen an. Für Alice ist es die perfekte Gelegenheit, aus dem Haus zu kommen und erste Freundschaften zu schließen. Doch nicht jeder sieht gern, dass sich die Lesefähigkeit abgelegen wohnenden einfachen Leute dank der Bücherei zunehmend verbessert.

Alice lernt der Leser kurz nach ihrer Ankunft in Kentucky kennen. Das Ankommen in ihrer neuen Heimat hat bei ihr Ernüchterung ausgelöst, denn es ist dort bei weitem nicht so aufregend, wie sie gehofft hat. Ihr Mann Bennett, der ihr auf seiner Europareise weltgewandt vorkam, erweist sich als gefühlskalter Mensch, der unter der Fuchtel seines Vaters steht. Dass sie mit ihm unter dem Dach wohnen und er im Zimmer neben dem ihren schläft trägt ebenfalls nicht zu einer Annäherung der Frischvermählten bei. Gut konnte ich Alice’ Entschluss verstehen, sich dem Bücherei-Team anzuschließen und sich damit ein Stück Freiheit zu sichern.

Um die Routen kennenzulernen, die sie mit Pferd und Büchern in Zukunft allein bewältigen muss, arbeitet Alice eng mit Margery O’Hare zusammen. Diese führt ein unabhängiges Leben und hat sich noch nie darum gekümmert, was andere über sie denken. Von ihrem Schwiegervater wird Alice darauf hingewiesen, dass Margery keine adäquate Gesellschaft sei, doch sie ist von ihr fasziniert und findet in ihr bald eine erste Freundin. Ich war gespannt, was die beiden gemeinsam erleben werden.

Zusammenhalt und Freundschaft spielen im Buch eine große Rolle. Die Autorin hat mit Alice, Margery und den anderen Bücherei-Mitarbeiterinnen starke Frauenfiguren geschaffen, die sich zu behaupten lernen und anderen helfen, es ihnen gleich zu tun. Ihre Begegnungen mit den Familien, die ihrem Service mehr oder weniger skeptisch gegenüberstellen, werden ebenso beschrieben wie die Auseinandersetzungen mit denen, die ihrer Tätigkeit ein Ende setzen wollen.

Ich fand das Verhalten der Charaktere leider an vielen Stellen vorhersehbar, wodurch es für mich wenige Überraschungen gab. Der Fokus liegt auf den weiblichen Charakteren, doch in der Konsequenz werden vor allem bei den Männerfiguren die Hintergründe ihres Handels kaum erklärt. Da gibt es die verständnisvollen Männer Sven und Fred, auf der anderen Seite den gefühlskalten Bennett, dessen Sinneswandel unerklärt bleibt, und seinen rücksichtlosen Vater, der jedes Klischee eines Bösewichts erfüllt.

Auf den letzten hundert Seiten wird es noch einmal besonders dramatisch, denn eine im Prolog beschriebene fatale Begegnung wird wieder aufgegriffen und die Charaktere müssen mit den weitreichenden Konsequenzen umgehen. Das Ende fühlte sich nach all den Herausforderungen, mit denen die Frauen zu kämpfen hatten, für mich zu sehr nach Heiler Welt an.

Insgesamt ist „Wie ein Leuchten in tiefer Nacht“ ein Roman über ganz verschiedene Frauen, die sich gegenseitig helfen und sich dabei zunehmend emanzipieren. Für meinen Geschmack war die Handlung aber zu vorhersehbar. Wer die bisherigen historischen Romane der Autorin mochte, der wird an diesem Buch sicherlich nicht vorbeikommen!

Veröffentlicht am 04.10.2019

Eine Liebesgeschichte, die zunehmend dramatisch wird

Dieser eine Augenblick
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Charlotte ist Ende Zwanzig und arbeitet als Kellnerin in Los Angeles, weil sie den richtigen Beruf für sich trotz mehrerer Anläufe noch immer nicht gefunden hat. Auch in der Liebe hatte sie bisher kein ...

Charlotte ist Ende Zwanzig und arbeitet als Kellnerin in Los Angeles, weil sie den richtigen Beruf für sich trotz mehrerer Anläufe noch immer nicht gefunden hat. Auch in der Liebe hatte sie bisher kein Glück, keine Beziehung hat länger als ein Jahr gehalten. Eines Abends trifft sie auf den Künstler Adam, der sein Handy zu Hause vergessen und sich verlaufen hat. Sie zeigt ihm den Weg und die beiden verbringen anschließend eine magische Nacht miteinander. In dieser beginnt er irgendwann, sie über ihre mehrjährige Beziehung auszufragen. Charlotte lässt sich darauf ein und erfindet im Frage-Antwort-Spiel eine romantische Liebesgeschichte. Doch am nächsten Morgen ist Adam sauer und will sie nicht mehr sehen. Charlotte kann ihn jedoch nicht vergessen. Als sie die Wahrheit über ihn erfährt, trifft sie eine Entscheidung, die ihr Leben komplett auf den Kopf stellt.

Das Buchcover gefällt mir mit seinen Wunderkerzen richtig gut und der Einstieg in die Geschichte ist mir dank des fluffigen Schreibstils der Autorin leicht gefallen. Charlotte lernt man als Frau kennen, die auf ihre Zwanziger zurückblickt und feststellt, dass sie weder Beruflich noch in der Liebe bislang sonderlich erfolgreich war. Immerhin hat sie ihre beste Freundin Helen, mit ihr durch dick und dünn geht. Sie lebt zusammen mit ihr in einer WG und arbeitet im selben Restaurant. Im Gegensatz zu Charlotte ist sie sprunghaft und lässt nichts anbrennen. Als Charlotte dem sympathischen Adam begegnet ermutigt Helen sie dazu, mit ihm die Nacht zu verbringen.

Dass mit Adam etwas nicht stimmt war mir als Leserin nach wenigen Seiten klar. Er ist auffällig vergesslich und hat in seiner Wohnung überall Post-Its kleben, die ihn an grundlegende Dinge erinnern. Charlotte scheint sich dabei jedoch nicht viel zu denken und hält seine Fragen nach ihrer Beziehung für ein Rollenspiel. Als er ihr am nächsten Morgen vorwirft, ihn angelogen zu haben, ist sie von seinem widersprüchlichen Verhalten mehr als verwirrt.

Nach dieser Einleitung kommt ein Sprung von sechs Monaten und plötzlich geht es um einen ganz anderen Mann. Er interessiert sich aufrichtig für Charlotte und ich fand ihn sympathisch, auch wenn er als erfolgreicher Sportler, der sich nichts aus seinen Groupies macht und endlich eine ernsthafte Beziehung sucht, ziemlich klischeehaft geraten ist. Da es im Klappentext des Buches aber nur um Adam ging wurde ich den Eindruck nicht los, dass er als Seitenfüller herhalten muss, was ich schade fand.

Plötzlich gibt es tatsächlich eine Spur zum vorher verschollenen Adam, und die Informationen über ihn ziehen Charlotte den Boden unter den Füßen weg. Da das erst nach der Hälfte des Buches passiert will ich nicht zu viel verraten, aber die Geschichte legt eine 180-Grad-Wendung hin und entpuppt sich als dramatische Sick Lit. Charlotte trifft folgenreiche Entscheidungen, die mir nicht genug erklärt wurden. Die folgenden Kapitel sind bittersüß, traurig und dennoch abenteuerlich. Allerdings kamen die Emotionen bei mir nicht richtig an, da mir alles zu schnell ging und ich mich über die Dreiecksgeschichte ärgerte. Nach all dem Drama in der zweiten Buchhälfte will die Autorin zum Ende hin scheinbar die Kurve kriegen, was in einer Auflösung resultiert, die ich zu gewollt fand.

„Dieser eine Augenblick“ beginnt als Liebesgeschichte, wird ab der Hälfte des Buches aber zunehmend dramatisch. Ich mochte die Charaktere und war neugierig, ob sie ihr Glück finden werden. Ihre Entscheidungen konnte ich aber oft nicht nachvollziehen und einige Entwicklungen fand ich zu konstruiert, weshalb ich das Buch mit gemischten Gefühlen beendet habe.

Veröffentlicht am 01.10.2019

Eine Liebesgeschichte kurz vor dem Mauerfall

Das geteilte Herz
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Am 31. Dezember 1988 feiert Barbara das Sylvesterfest bei ihren Freunden Elke und Wolf in Kleinmachnow in der DDR. Ihr Freund Manfred hat den gemütlichen Abend zu Zweit kurzfristig abgesagt, um eine Schicht ...

Am 31. Dezember 1988 feiert Barbara das Sylvesterfest bei ihren Freunden Elke und Wolf in Kleinmachnow in der DDR. Ihr Freund Manfred hat den gemütlichen Abend zu Zweit kurzfristig abgesagt, um eine Schicht im Krankenhaus zu übernehmen. Das findet Barabra bald jedoch gar nicht mehr so schlimm, denn auf der Feier begegnet sie Ulrich, von dem sie sofort fasziniert ist. Zwar trennt sie sich bald darauf von Manfred, als dieser kurz darauf in den Westen flieht vermutet die Stasi dennoch eine Beteiligung von ihrer Seite und überwacht sie. Eine Flucht kommt für sie aber nicht in Frage, und sie und Ulrich nähern sich immer mehr an. Doch dann kommt alles anders als gedacht.

Am 9. November ist es dreißig Jahre her, dass die Mauer fiel und damit das Leben Vieler nachhaltig änderte. Ich war neugierig, inwiefern die Ereignisse sich auf Barbaras Leben auswirken, die im Jahr 1988 südlich von Berlin in der DDR lebt.

Zu Beginn der Geschichte begleitet man Barabara am Sylvestertag 1988, als sie Ulrich zum ersten Mal begegnet. Sie ist sofort fasziniert von ihm und zweifelt dadurch noch mehr an ihrer bereits kriselnden Beziehung zu Manfred. Dieser will sie überreden, gemeinsam mit ihr in den Westen zu fliehen, weil er dort besser verdienen kann. Doch sie lehnt ab und trennt sich von ihm. Trotzdem befragt die Stasi sie ausführlich, als Manfred seinen Plan tatsächlich in die Tat umsetzt, und beginnt, sie eng zu überwachen.

Barbara hegt zwar keine Fluchtgedanken, ist mit der politischen Situation in ihrem Land aber auch nicht gerade glücklich. Als Lehrerin wird sie immer wieder gedrängt, der SED beizutreten, und ihre Weigerung hat Konsequenzen wie ständige Aufträge zur Ranzenkontrolle bei ihren Schülern. Unter den wachsamen Augen linientreuer Schüler muss sie alle westlichen Zeitschriften aus den Ranzen konfiszieren und die entsprechenden Schüler melden. Situationen wie diese verdeutlichen, wie schnell man 1989 in der DDR in Bedrängnis geraten konnte, wenn man nicht voll und ganz hinter der Partei stand.

Sonderlich politisch aktiv ist Barbara aber nicht, sondern die ersten Wochen im neuen Jahr 1989 vor allem damit beschäftigt, möglichst viel Zeit mit Ulrich zu verbringen. Die beiden sind glücklich miteinander und schmieden Pläne für die Zukunft. Doch dann kommt es zu einem überraschenden Vorfall, der alles ändert. Hier muss ich leider sagen, dass die ganze Ereigniskette auf mich sehr konstruiert wirkte, denn es gibt wirklich viele Zufälle, die für großes Drama sorgen.

Das Verhalten der Charaktere nach diesem Ereignis fand ich nicht ganz nachvollziehbar. Beispielsweise hat Barbara Angst, auf allen Wegen überwacht zu werden, trotzdem spricht sie am Telefon sorglos über ihre Pläne, die der Stasi sicherlich nicht gefallen. Deren Eingreifen wird immer wieder von einem einflussreichen Freund der Familie unterbunden, was ich als Begründung unzureichend fand. Die Auflösung wird schließlich durch weitere dumme Zufälle hinausgezögert und dann hollywoodmäßig präsentiert.

„Das geteilte Herz“ gibt Einblicke in das Leben in der DDR kurz vor dem Mauerfall und stellt eine Liebesgeschichte ins Zentrum der Handlung. Leider gab es viele Kleinigkeiten, die mich an der Geschichte gestört haben, weshalb es trotz der vielen romantischen und dramatischen Momente für mich ein durchwachsenes Leseerlebnis war.

Veröffentlicht am 29.09.2019

Das Mädchen, das die Liebe sieht

Südlichter
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Die zwölfjährige Marie-Jeanne hat eine erstaunliche Fähigkeit: Sie sieht bei vielen Menschen ein Leuchten, zum Beispiel auf dem Haar, der Stirn, den Lippen oder den Fingern. Allmählich realisiert sie, ...

Die zwölfjährige Marie-Jeanne hat eine erstaunliche Fähigkeit: Sie sieht bei vielen Menschen ein Leuchten, zum Beispiel auf dem Haar, der Stirn, den Lippen oder den Fingern. Allmählich realisiert sie, dass es tatsächlich die Liebe ist, die sie sehen kann. Als ihr Adoptivvater Francis auf die Idee kommt, eine mobile Überlandbibliothek aufzubauen, ist sie Feuer und Flamme. Sie beginnt, sich quer durch die Literatur zu lesen und macht neue Bekanntschaft mit anderen begeisterten Lesern. Doch viele liebgewonnene Menschen in ihrem Umfeld haben zwar das Leuchten, sind aber allein. Ob sie da nachhelfen kann? Und wann das Leuchten wohl zu ihr kommt?

Zu Beginn des Buches erfährt der Leser, wie Marie-Jeanne zu ihrer besonderen Gabe kam. Die Liebe besuchte sie, als sie noch in ihrer Wiege lag, während die Todin zur selben Zeit ihre Großmutter und einzige lebende Verwandte zu sich holte. Daraufhin packte Marie-Jeanne einen der Finger der Liebe, was zuvor noch niemand je getan hatte. Als Zwölfjährige wundert sie sich nun über das Leuchten überall und begreift langsam, dass nur sie es sehen kann und was es bedeutet.

Das Buch ist in einer poetischen, einfühlsamen Sprache geschrieben, die mich tief in die Geschichte eintauchen ließ. Die Liebe kommt als Ich-Erzählerin zu Wort und schafft damit einen Rahmen. Sie gibt amüsante Einblicke in ihre Arbeitsweise und erklärt damit zum Beispiel auch, warum sie Menschen zwar mit Liebe beschenken, sie damit aber nicht zwangsläufig glücklich machen kann. Außerdem ist sie nicht die einzige, die auf diese Weise unterwegs ist. Andere wie das Verlangen, die Logik und der Mut besuchen die Menschen ebenfalls, ebenso wie die Todin, in deren Gegenwart die anderen befangen werden. Immer wieder kommt es zu interessanten Dialogen zwischen ihnen, die mit eine Augenzwinkern erzählt werden und philosophische Züge aufweisen.

Während Marie-Jeanne dem Leuchten auf den Grund geht, trifft ihr Adoptivvater Francis die wegweisende Entscheidung, eine Überlandbibliothek aufzubauen. Er legt sich zwei Kastenwagen zu, mit denen die Bücher in verschiedenen Dörfern gegen eine Verleihgebür angeboten werden. Doch die Dorfeinwohner sind ebenso wie seine Frau Elsa noch skeptisch, welchen Mehrwert Bücher ihnen bringen sollen. Gute Tipps, wie er die Bücher bewerben sollen, erhält er von der Kalligrafin und Buchliebhaberin Madame Colette Brilliant. Weitere Unterstützung erhält er durch Valérie Montesquieu, die sich als einzige auf die Stellenausschreibung bewirbt und den zweiten Wagen fährt. Für sie ist es eine einmalige Gelegenheit, nach Jahren der Zurückgezogenheit wieder in die Welt zu treten.

Die Autorin machte mich mit ganz verschiedenen Charakteren aller Altersklassen bekannt, die mir schnell ans Herz wuchsen. Ich hoffte mit, dass sie ihr Glück finden werden. Das Buch hat bittersüße, traurig-schöne Momente, lässt die Stimmung aber nie kippen, sondern schafft eine Atmosphäre, in der man sich wohlfühlen kann. Durch die Fragen, ob Marie-Jeanne ihren Freunden helfen kann, die große Liebe zu finden und ob Francis’ Bibliothek ein Erfolg wird, blieb ich bis zum Schluss neugierig am Ball.

Insgesamt ist „Südlichter“ eine einfühlsam erzählte Geschichte über das Wandeln der Liebe auf der Erde, die Liebe zu Büchern und die Suche nach dem einen richtigen Menschen, den man aus ganzem Herzen lieben kann. Es ist die perfekte Ergänzung zu „Das Lavendelzimmer“, das mich bereits vor Jahren begeistern konnte, dessen Vorwissen hier aber nicht vorausgesetzt wird.