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Veröffentlicht am 25.05.2019

Ein Analyst, ein Finnwal und ein kleines Fischerdorf in Cornwall

Der Wal und das Ende der Welt
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In „Der Wal und das Ende der Welt“ von John Ironmonger wird eines Tages im kleinen englischen Fischerdorf St. Piran ein nackter Mann angespült. Was hat Joe Haak, Analyst aus London, ins Meer getrieben? ...

In „Der Wal und das Ende der Welt“ von John Ironmonger wird eines Tages im kleinen englischen Fischerdorf St. Piran ein nackter Mann angespült. Was hat Joe Haak, Analyst aus London, ins Meer getrieben? Kaum ist er wieder auf den Beinen, strandet ein riesiger Finnwal. Joe mobilisiert das Dorf, damit der Wal gerettet werden kann. Zur Verwunderung aller beginnt der Fremde kurz darauf, Lebensmittel in riesigen Mengen einzukaufen.

Zu Beginn der Geschichte lernt man als Leser das verschlafene Dorf St. Piran und einige seiner Einwohner kennen. Der Neuzugang Joe und der gestrandeten Wal sorgen für ordentlichen Wirbel, den man hier nicht gewohnt ist. Aber warum hat Joe die Großstadt überhaupt verlassen? Als Leser erfährt man bald mehr über seine bisherige Arbeit als Analyst und warum er in großer Sorge ist. In angenehm unaufgeregter Sprache wird hier das mögliche Ende der Welt auf eine Art und Weile thematisiert, die dank ausführlicher und nachvollziehbarer Erklärungen einen erschreckend plausiblen Eindruck macht. Statt auf bildgewaltige Szenen setzt der Autor seinen Fokus auf das Zwischenmenschliche in der kleinen Dorfgemeinschaft. Werden sie zusammenhalten oder sich gegeneinander wenden, wenn es hart auf hart kommt? Mich konnte der Roman mit seiner ruhigen und eindringlichen Sprache, authentischen Charakteren, unterhaltsamen ebenso wie berührenden Szenen und einer plausiblen Auseinandersetzung mit dem Ende der Welt absolut begeistern. Ich gebe eine große Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 25.05.2019

Das Schicksal einer jüdischen Familie

Jahre aus Seide
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In „Jahre aus Seide“ von Ulrike Renk lebt die jüdische Familie Meyer in Krefeld. Durch die erfolgreichen Schuhkollektionen des Vaters ist sie wohlhabend, sodass die Tochter Ruth in den 1920er Jahren eine ...

In „Jahre aus Seide“ von Ulrike Renk lebt die jüdische Familie Meyer in Krefeld. Durch die erfolgreichen Schuhkollektionen des Vaters ist sie wohlhabend, sodass die Tochter Ruth in den 1920er Jahren eine unbeschwerte Kindheit verbringen kann. Das Erstarken der Nationalsozialisten wird von der Familie jedoch mit Sorge betrachtet. Können sie eine ernsthafte Gefahr für das Leben werden, das die Familie sich aufgebaut hat?

Mich hat die Geschichte neugierig gemacht, da sie auf wahren Begebenheiten beruht und nicht allzu fern von meinem Wohnort spielt. Wie haben die jüdischen Familien hier die 1930er Jahre erlebt? Durch den emotionalen und bildhaften Schreibstil der Autorin fühlte ich mich den Charakteren schnell nah. Beim Lesen spürt man die schrittweise Verschärfung der Situation. Die Familie Meyer muss ebenso wie die anderen Familien der Gemeinde abwägen, ob die Gefahr tatsächlich so groß ist, dass man auswandern sollte und damit die bisherige Lebensgrundlage aufgibt. Und wenn ja, wohin? Ich fand es interessant, mehr darüber zu erfahren, wie kompliziert es schon vor Beginn des Krieges war, auszuwandern, auch wenn man sich dazu entschlossen hat. Zwischen diesen ernsten Gesprächen begleitet man die Familie immer wieder bei Feiern, Urlauben und ganz verschiedenen Hochs und Tiefs. Mir haben diese authentischen Einblicke sehr gefallen und ich werde auf jeden Fall weiterlesen, um zu erfahren, wie es der Familie Meyer und insbesondere Ruth ergangen ist.

Veröffentlicht am 12.05.2019

Konnte mich nicht so recht packen

Weil es Liebe ist
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In „Weil es Liebe ist“ von Christina Lauren lebt Holland Bakker seit ihrem Studienabschluss in Kreativem Schreiben in New York. Weil ihr aber jeglicher Ansatz für eine Geschichte, fehlt arbeitet sie als ...

In „Weil es Liebe ist“ von Christina Lauren lebt Holland Bakker seit ihrem Studienabschluss in Kreativem Schreiben in New York. Weil ihr aber jeglicher Ansatz für eine Geschichte, fehlt arbeitet sie als T-Shirt Verkäuferin und Fotografin am Broadway. Den Job hat Hollands Onkel ihr verschafft, dessen höchst erfolgreiches Stück dort inszeniert wird. Als der wichtigste Musiker des Stücks abspringt, kommt ihre Chance, sich wirklich nützlich zu machen. Seit Monaten macht sie nämlich Umwege, um einem begabten Gitarristen zu lauschen, der in der U-Bahn spielt und in den sie sich verliebt hat, ohne überhaupt seinen Namen zu kennen. Der kann beim Vorspielen tatsächlich überzeugen, doch sein Visum ist schon lange abgelaufen. Im Versuch, ihrem Onkel zu helfen, schmiedet Holland einen Plan mit weitreichenden Konsequenzen.

Die Grundidee des Buches, dass die Protagonistin sich in einen Straßenmusiker verliebt und versucht, ihm zu Ruhm zu verhelfen, hat mir gefallen. Holland als Protagonistin ist zu Beginn des Buches eher zurückhaltend und weiß nicht recht, was sie mit ihrem Leben anfangen soll. Ihre Wohnung und ihren Job hat sie nur dank ihrer beiden Onkel, denn seit ihrem Studienabschluss hat sie nichts mehr zu Papier gebracht. Die Art und Weise, auf die sie sich nun nützlich machen will, ist gewagt, wird aber unterhaltsam beschrieben. Ich erwartete eine romantische, etwas kitschige und leichte Geschichte für Zwischendurch. Allerdings eiern Holland und ihr Love Interest für meinen Geschmack viel zu lang umeinander herum und sprechen sich nie richtig aus. Dem geschuldet sind auch sämtliche Krisen, die gemeistert werden müssen. Hollands Selbstverwirklichung bekommt nur wenig Platz und wird sehr zügig abgehandelt. Zwar bietet die Story jede Menge Gelegenheiten, um den ach so perfekten männlichen Protagonisten anzuschmachten. Mit der Abwesenheit jeglicher Ecken und Kanten und dem Hang zur Erfüllung wirklich aller Träume konnte sie mich aber nicht packen.

Veröffentlicht am 12.05.2019

Ein Buch mit herrlich unkorrekten Charakteren

Als die Omma den Huren noch Taubensuppe kochte
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In „Als die Omma den Huren noch Taubensuppe kochte“ von Anna Basener ist Bianca von Essen nach Berlin gezogen. Dort arbeitet sie als Kellnerin, würde ihren Lebensunterhalt aller lieber mit dem Verkauf ...

In „Als die Omma den Huren noch Taubensuppe kochte“ von Anna Basener ist Bianca von Essen nach Berlin gezogen. Dort arbeitet sie als Kellnerin, würde ihren Lebensunterhalt aller lieber mit dem Verkauf ihrer selbst gemachten Seidenschlüppis bestreiten. Eines Tages steht ihre Omma aus Essen vor der Tür. Deren Freundin Mitzi, mit der sie ein Hotel betrieb, ist tot. Jetzt will auch sie nicht mehr dort leben, und bevor Bianca sich versieht lebt sie mit Omma in einer WG. In erster Linie ist das Buch unglaublich witzig, denn die Omma ist Ruhrpott durch und durch. Die Charaktere sind bewusst überzeichnet und verhalten sich herrlich unkorrekt. Bianca kennt sie alle, die alten Geschichten ihrer Omma als Wirtschafterin im Puff, in dem Mitzi als Prostituierte gearbeitet hat. Wobei sie bald feststellen muss, dass ihr die eine oder andere brisante Sache doch entgangen ist. Da muss auch schon mal zu drastischen Mitteln gegriffen werden. Von mir gibt es eine klare Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 12.05.2019

Roman aus einer interessanten Perspektive

Nussschale
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In „Nussschale“ wählt Ian McEwan eine ungewöhnliche Erzählstimme: Ein Embryo belauscht aus dem Mutterleib heraus, wie diese ein Verbrechen plant. Unfähig, ins Geschehen einzugreifen, muss es miterleben, ...

In „Nussschale“ wählt Ian McEwan eine ungewöhnliche Erzählstimme: Ein Embryo belauscht aus dem Mutterleib heraus, wie diese ein Verbrechen plant. Unfähig, ins Geschehen einzugreifen, muss es miterleben, wie sie sich mit ihrem Geliebten trifft und ihrem Mann, dem Kindsvater, das Leben in seinem eigenen Haus verwehrt. Dabei ist er kluger als so mancher Erwachsener, und das, obwohl seine Denkleistung durch den ständigen Alkoholkonsum seiner Mutter dauerhaft geschädigt sein dürfte. Durch die besondere Perspektive ist das Buch amüsant und dramatisch gleichzeitig. Es steckt voller Gedanken zur Lage der Welt und persönlichen Schicksalen. Die Kriminalhandlung fand ich jedoch zu banal. Insgesamt vor allem aufgrund der interessanten Perspektive eine lesenswerte Lektüre.