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Veröffentlicht am 15.02.2019

Eintauchen in eine Geschichte voller Überraschungen

Die verborgenen Stimmen der Bücher
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Nach einer schweren Erkrankung ist Emmett noch immer zu schwach für die Arbeit auf dem elterlichen Bauernhof. Trotzdem ist er überrascht, als ihn seine Eltern wegschicken. Er soll als Lehrling zur Buchbinderin ...

Nach einer schweren Erkrankung ist Emmett noch immer zu schwach für die Arbeit auf dem elterlichen Bauernhof. Trotzdem ist er überrascht, als ihn seine Eltern wegschicken. Er soll als Lehrling zur Buchbinderin Seredith, die abgeschieden in den Sümpfen lebt. Bücher sind in seiner Familie schon immer ein Tabuthema gewesen, und jetzt soll es sich dabei um ein gutes Handwerk handeln? Doch auch bei Seredith bekommt er keine Bücher zu Gesicht, sondern lernt alles über deren Veredelung. Bald beginnt Emmett zu ahnen, dass ihm einige wichtige Dinge verheimlicht werden. Die haben nicht nur mit Büchern zu tun, sondern auch mit ihm selbst…

Das Buch zieht mit seinem blauen Schnitt und einem knallroten Lesebändchen die Blicke auf sich. Neugierig begann ich mit der Lektüre und wusste nur, dass es um Buchbinderei geht. Bücher bekommt Emmet jedoch fürs erste nicht zu Gesicht. Er hatte vor vielen Jahren einmal eins auf dem Jahrmarkt erstanden, und das hat ihm sein Vater sofort weggenommen. Doch nun wurde er von der Binderin Seredith ausgewählt. Auf dem Hof ist er nach seiner Krankheit noch keine große Hilfe, sodass seine Eltern ihn tatsächlich schon am nächsten Tag wegschicken.

Was für eine Krankheit Emmett überhaupt hatte weiß er selbst nicht so recht, er kann sich an diese Zeit auch kaum erinnern. Seredith nennt es Buchbinderfieber und behauptet, dass dies gezeigt hat, dass er selbst das Zeug hat, ein Buchbinder zu werden. Das klingt reichlich mysteriös, und genau wie Emmett fragte ich mich als Leserin, was dahinter steckt. Emmett und Seredith arrangieren sich schnell miteinander, sie bringt ihm alles über Prägungen und die Gestaltung von Vorsatzblättern. Doch wo sind die Bücher? Und wo sind die Kunden? Nur zwei Mal kommt jemand vorbei, und diese Besuche werfen noch mehr Fragen auf.

Das ruhige Leben bei Seredith in den Sümpfen wird schließlich durch einschneidende Erlebnisse unterbrochen. Dabei beantworten sich erste Fragen und man erfährt, das vieles eine Sache der Perspektive ist. Emmett lernt mehrere Personen kennen, die über Macht und Einfluss verfügen und dies zu ihren Zwecken einsetzen. Wie kann er sich in einer solchen Welt positionieren? Das Tempo zieht an, und eine verhängnisvolle Begegnung lässt alles erneut in einem anderen Licht erscheinen.

Das Buch entfaltet sich Stück für Stück und nahm mich mit auf eine Reise. Sobald man glaubt, endlich zum Kern der Geschichte vorzudringen, überrascht diese aufs Neue. Im Mittelteil wird man eine ganze Weile mit in die Vergangenheit genommen, in der es so manches Aha-Erlebnis gab. Auch das letzte Drittel gestaltet sich ganz anders als gedacht. Peu a peu erfährt man mehr über die Welt, in der die Autorin ein historisches England mit Fantasy-Elementen versehen hat. Hier hätte ich mir aber eine noch ausführlichere Ausarbeitung gewünscht. Die fantastischen Elemente mit all ihren Konsequenzen rücken immer wieder in den Hintergrund und der Fokus verlagert sich hin zu einer Liebesgeschichte, von der man lange gar nichts ahnt. Die Umsetzung dieser hat mir aber gut gefallen, sodass mich das Buch gerade wegen seiner häufigen thematischen Kehrtwenden packen konnte.

In „Die verborgenen Geschichten der Bücher“ wird Emmett von seinen Eltern zu einer Buchbinderin in die Lehre geschickt, obwohl Bücher in der Gesellschaft ein Tabuthema sind. Dabei stößt er bald auf zahlreiche Geheimnisse, und die ersten Antworten werfen sogleich weitere Fragen auf. Die Geschichte startet ruhig und nimmt langsam Tempo auf. Sie schlägt immer wieder neue Richtungen ein und entwickelt sich ganz anders als gedacht. Mit den Konsequenzen der fantastischen Elemente, welche die Autorin ins Setting eingebaut hat, hätte das Buch sich noch intensiver beschäftigen können. Insgesamt hat es mir großen Spaß gemacht, in Emmetts Welt einzutauchen, sodass ich eine klare Weiterempfehlung gebe!

Veröffentlicht am 07.02.2019

Ein Roman über verborgene Ängste, Glück und Mitgefühl

Agathe
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Ein zweiundsiebzigjähriger Psychiater zählt die wenigen Tage bis zu seinem Ruhestand. Für seine Arbeit kann er sich schon lange nicht mehr begeistern, die Gespräche rauschen geradezu an ihm vorbei. Doch ...

Ein zweiundsiebzigjähriger Psychiater zählt die wenigen Tage bis zu seinem Ruhestand. Für seine Arbeit kann er sich schon lange nicht mehr begeistern, die Gespräche rauschen geradezu an ihm vorbei. Doch dann betritt mit Agathe eine neue Patientin seine Praxis, die unbedingt bei ihm in Behandlung gehen will und sich auch mit Hinweis auf die baldige Schließung nicht abweisen lässt. Ihre Sichtweisen bringen ihn ins Grübeln. Als sich dann auch noch seine Sekretärin nach dreißig Jahren auf unbestimmte Zeit entschuldigen lässt muss er endgültig seine strenge Routine unterbrechen.

Der Leser lernt den Psychiater in seinem Haus kennen, wo er wie jeden Tag im Wohnzimmer am Fenster sitzt und beobachtet. Als er sieht, dass sich ein kleines Mädchen am Knöchel verletzt, zieht er sich lieber zurück, als herauszufinden, wie sie auf seine Hilfe reagiert. Auch mit seinem Nachbarn, den er regelmäßig Klavier spielen hört, hat er noch nie geredet. Sein Tagesablauf ist routiniert, das Interagieren mit seiner Sekretärin eingeschliffen, das Mittagessen gibt es immer zur gleichen Zeit am selben Ort.

Als Agathe ins Leben des Protagonisten tritt, war ich neugierig, wie er reagieren wird. Mit ihrer beharrlichen Art erhält sie einen Termin und offenbart einen manisch-depressiven Charakter, der gleichzeitig höchst verunsichert ist und sich als über den Dingen stehend wahrnimmt. Ihre Aussagen darüber, wer man sein und was man schaffen könnte, bringen ihn ins Nachdenken. Er ist fasziniert von ihrer Persönlichkeit und will mehr über sie herausfinden.

Ich fand es schön, zu beobachten, wie der Protagonist in der Interaktion mit Agathe nicht nur neue Wege sucht, um ihr zu helfen, sondern auch seinen eigenen Lebenswandel hinterfragt. Etwas gerät in Bewegung. Das ist eigentlich genau das, was er zu vermeiden suchte, doch plötzlich steckt er mittendrin.

Themen wie verborgene Ängste, Glück und Mitgefühl werden behutsam thematisiert. Der Psychiater und sein Innenleben wurden mir immer vertrauter, während es mir auch nach entscheidenden Enthüllungen schwer fiel, den Charakter der Agathe zu greifen und zu verstehen. Den Abschluss fand ich schließlich absolut gelungen. Gerne empfehle ich diesen Roman weiter!

Veröffentlicht am 01.02.2019

Gelungener Reihenauftakt mit einer interessanten Protagonistin

Vanitas - Schwarz wie Erde
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Carolin lebt in Wien und arbeitet in einer Gärtnerei auf dem Zentralfriedhof. Eine Tätigkeit, bei der sie Ruhe finden und sich zurückziehen kann. Denn obwohl ihr altes Ich offiziell für tot erklärt wurde, ...

Carolin lebt in Wien und arbeitet in einer Gärtnerei auf dem Zentralfriedhof. Eine Tätigkeit, bei der sie Ruhe finden und sich zurückziehen kann. Denn obwohl ihr altes Ich offiziell für tot erklärt wurde, hat sie immer noch Angst, gefunden zu werden. Kein Wunder also, dass sie versucht, dem Polizisten Robert aus dem Weg zu gehen, als dieser sie sprechen will. Er drängt sie dazu, erneut als Spitzel tätig zu werden. In München soll sie sich mit der Tochter eines Bauunternehmers anfreunden, denn auf den Baustellen der Konkurrenz kommt es vermehrt zu Unfällen. Hat hier jemand die Finger im Spiel? Mit einem unguten Gefühl zieht Carolin München und versucht, möglichst zügig an brauchbare Informationen zu gelangen, um zurück nach Wien zu dürfen. Wie weit kann sie gehen, ohne aufzufliegen oder von den falschen Leuten erkannt zu werden?

Ich war sehr gespannt auf den Beginn dieser neuen Thriller-Reihe von Ursula Poznanski, in welcher keine Polizisten in den Hauptrollen sind. Stattdessen lernt der Leser Carolin kennen, deren Leben vor allen von einem geprägt ist: Angst. Gleich zu Beginn erfährt man, dass sie einst anders hieß und mit Unterstützung der Polizei ihren Tod vorgetäuscht hat – inklusive Beerdigung und dem ganzen drum herum. Nur so hat ein Frankfurter Clan, in den sie als Polizeispitzel eingeschleust wurde, aufgehört, nach ihr zu suchen. Aber hat er das wirklich? Trotz neuer Identität weit weg von Frankfurt ist Carolin immer auf der Hut.

Carolins neue Arbeit in einem Blumenladen ist nach ihrem Geschmack. Sie hat dafür die Sprache der Blumen gelernt und kennt inzwischen die meisten Bedeutungen. Das kommt ihr auch beim Kontakt zur Polizei zugute, denn so kann sie mit dem für sie zuständigen Polizisten Robert kommunizieren, ohne dass es jemandem auffällt. Diese Idee hat mir sehr gut gefallen. Dass Robert in der Stadt ist, bedeutet für Carolin jedoch nichts Gutes. Sie soll als Spitzel in München eingesetzt werden. Nachdem ich schon einige Einblicke in ihre psychische Verfassung und Gefühlswelt erhalten hatte konnte ich gut verstehen, dass sich alles in ihr sträubt, den Auftrag auszuführen. Doch eine Wahl hat sie nicht.

In München angekommen läuft zunächst alles wie am Schnürchen. Carolins Nachbarin Tamara, mit der sie sich anfreunden soll, kommt proaktiv auf sie zu und legt eine große Offenheit an den Tag. Die beiden verbringen viel Zeit miteinander, sodass Carolin bald schon den Rest der Familie kennenlernt, der unter Verdacht steht, die Konkurrenz zu sabotieren. Während sie die einzelnen Familienmitglieder und auch die Erben der konkurrierenden Bauunternehmen besser kennenlernt, kommt es zu weiteren Vorfällen, ohne dass ihr etwas aufgefallen wäre. Doch sie will unbedingt brauchbare Informationen liefern und nach Wien zurückkehren. Also wird sie bald mutiger und beginnt auf eigene Faust, zu recherchieren. Zu spät merkt sie, dass sie sich auf gefährliches Terrain vorgewagt hat. Durch ihren engen Kontakt zu Tamaras Familie erhält sie gleichzeitig mehr Aufmerksamkeit, als ihr lieb wäre.

Das Buch schlägt ein ruhiges Tempo an und gibt dem Leser Zeit, die einzelnen Charaktere besser kennenzulernen. Dabei rätselt man, wer von ihnen etwas verbirgt und warum. Auch Carolin selbst erschließt sich dem Leser nur Stück für Stück, denn sie denkt nicht gern daran zurück, was in ihrem alten Leben in Frankfurt vorgefallen ist. Man erfährt zum Beispiel, dass sie mehrere große Narben hat, aber nicht, wie es dazu kam. Zwischen den Kapiteln wird der Leser Zeuge schrecklicher Taten, die jedoch keine allzu große Unruhe auslösen, da sie wie Unfälle aussehen. Die Situation spitzt sich eher schleichend zu und so realisiert man gemeinsam mit Carolin erst spät, wie tief sie schon in allem drin steckt. Es gibt einige gelungene Überraschungen, die Auflösung konnte mich jedoch nicht voll überzeugen. Auf den letzten Seiten wird klar, dass Carolins Geschichte noch nicht zu Ende erzählt ist. Ich freue mich schon darauf, mehr von ihr zu lesen!

In „Vanitas“ muss Carolin ihr sicheres Versteck in Wien verlassen, um sich in München als Polizeispitzel mit der Tochter eines Bauunternehmers anzufreunden und nach Hinweisen auf eine Verbrechensserie zu suchen. Die Autorin hat eine interessante Protagonistin geschaffen, die meine Vorfreude auf weitere Fälle weckt. Auch die Idee, mit ihrem Polizeikontakt über Blumen zu kommunizieren, fand ich gelungen. Phasenweise hätte ich mir noch mehr Tempo gewünscht. Insgesamt ein toller Reihen-Auftakt für alle Fans psychologischer Thriller!

Veröffentlicht am 29.01.2019

Kann Max seine Schwester und sich selbst retten?

Im Kopf des Mörders - Toter Schrei
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Kommissar Max Bischoff ist es gerade erst gelungen, eine Mordserie zu beenden, da erreicht ihn eine schockierende Nachricht: Seine Schwester Kirsten wurde entführt. Der Täter nimmt Kontakt zu Max auf und ...

Kommissar Max Bischoff ist es gerade erst gelungen, eine Mordserie zu beenden, da erreicht ihn eine schockierende Nachricht: Seine Schwester Kirsten wurde entführt. Der Täter nimmt Kontakt zu Max auf und droht damit, ihm Kirsten stückweise zurückzuschicken, wenn er nicht seine Anweisungen befolgt. Als Beweis, dass es ihm erst ist, schickt er Max den kleinen Finger von Kirsten. Auf die Hilfe der Polizei muss er verzichten, nur zu einer Kollegin darf er Kontakt aufnehmen und soll sich mit ihr treffen. Das stellt sich jedoch als Falle heraus. Während für Max die Zeit tickt, um Kirsten zu finden, wird er selbst zum Gejagten…

Das Buch startet mit einem erschreckenden Prolog, in dem sich Max‘ Schwester Kirsten gefangen in einem Keller wiederfindet und der Entführer ihr mitteilt, dass das alles wegen ihres Bruders geschieht. Dieser findet gleich darauf heraus, was mit Kirsten passiert ist, denn der Entführer nimmt Kontakt mit ihm auf. Wer hat es auf Max abgesehen? Er weiß, dass es nur Alexander Neumann sein kann: Ein ehemaliger Polizist, den er überführte, vom Selbstmord abhielt und dann dafür sorgte, dass er ins Gefängnis und nicht in die forensische Psychiatrie kommt. Scheinbar ist dieser nun auf freiem Fuß und startet einen Rachefeldzug.

Die Ereignisse überschlagen sich in den ersten Kapiteln geradezu und dem Leser wird keine Verschnaufpause gegönnt. Verzweifelt versucht Max, mehr herauszufinden, und nimmt Kontakt zu seinem Partner Böhmer auf. Doch das wird direkt bestraft. So folgt Max erst einmal den Anweisungen des Entführers, um Schlimmeres zu verhindern. Doch damit gerät er in eine schreckliche Falle, die ihn zum Gejagten macht. Welche Optionen bleiben ihm nun? Kann er sich den Anweisungen des Entführers widersetzen oder irgendetwas tun, mit dem er einen Vorsprung erlangt, ohne dass dieser es mitbekommt? Allein eher nicht – aber wem kann er dazu vertrauen?

Das Tempo der Reihe war auch in den beiden Vorgängern schon hoch, doch diesmal wurde ich beinahe abgehängt. Dieser letzte Teil der Trilogie will noch spektakulärer, erschreckender und dramatischer sein. Dabei fand ich es schade, dass Max mehr oder weniger auf sich allein gestellt ist und das Szenario keine Polizeiarbeit im engeren Sinne erlaubt, die mir bei den Vorgängern gefallen hat. Auch Max‘ titelgebende Fähigkeit, sich in den Kopf von Mördern hineinversetzen zu können, kommt nicht mehr richtig zu Zuge.

Nachdem Max zu Beginn ratlos ist, wo er bei seiner Suche nach Kirsten ansetzen kann, ergibt sich schließlich ein allererster Anhaltspunkt. In dieser Hinsicht ähnelt das Buch dann doch den Vorgängern: Es setzt stark auf Dialoge, in denen schrittweise neue Informationen ans Licht kommen, die den Protagonisten von A nach B führen. Dabei ist die Zahl der Charaktere, mit denen er interagiert, aus naheliegenden Gründen eingeschränkt. Mehrfach werden dieselben Personen befragt, was auch für mich als Leserin zu einer zählen Angelegenheit wurde.

Auch wenn ich immer mehr in die Geschichte hineinfand, wurde ich mit ihr nicht so richtig warm. Zum Ende hin gibt es schließlich mehrere überraschende Entwicklungen, die das Buch gelungen abrundeten und mich versöhnlich stimmten. Mir haben die Vorgänger aber besser gefallen. Ohne Vorkenntnisse wird man sich mit diesem Buch eher schwer tun. Wer aber die ersten beiden Teile der Trilogie gelesen hat, der sollte „Toter Schrei“ eine Chance geben.

Veröffentlicht am 20.01.2019

Eine Geschichte, die sich langsam entfaltet

Der Verrat
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Seit zwanzig Jahren lebt Pia von Manthey mit ihrem Mann Thomas auf dem Weingut Graven. Sie arbeitet dort als Restauratorin, während Thomas als Weinbauer den Familienbetrieb führt. Ihr geordnetes Leben ...

Seit zwanzig Jahren lebt Pia von Manthey mit ihrem Mann Thomas auf dem Weingut Graven. Sie arbeitet dort als Restauratorin, während Thomas als Weinbauer den Familienbetrieb führt. Ihr geordnetes Leben gerät völlig durcheinander, als Thomas einen Herzinfarkt erleidet und im Krankenhaus das Bewusstsein verliert. Ausgerechnet Pias Schwester Nane hat ihn im Prälatengarten gefunden. Nane, die Mörderin, die nach zwanzig Jahren gerade auf Bewährung freigelassen wurde. Während Birgit, die dritte Schwester, sich um Nane kümmert, macht Pia energisch klar, dass sich Nane von ihr und ihrer Familie fernhalten soll. Doch Nane will Thomas unbedingt sprechen und etwas klären, das sie seit Jahren nicht loslässt. Warum wehrt sich Pia so strikt gegen jeglichen Kontakt? Wie kann es für Graven weitergehen, wenn Thomas im Krankenhaus liegt? Und gibt es wirklich offene Fragen im Hinblick auf die Nacht vor zwanzig Jahren, in denen Nane zur Mörderin wurde?

Das Buch beginnt mit einem kurzen Prolog, in dem in einer Sommernacht im Jahr 1998 ein vom Weingut Graven kommendes Auto in die Tiefe stürzt. Danach springt das Buch in die Gegenwart und der Leser lernt die Schwestern Pia, Nane und Birgit kennen. Die drei sind sehr verschieden: Pia führt ein gehobenes Leben an der Seite ihres wohlhabenden Manns, während Birgit das Kunst- und Antiquitätengeschäft der Eltern über die Runden bringt und Nane nach zwanzig Jahren frisch aus dem Gefängnis entlassen wurde.

Schnell wird deutlich, dass zwischen Pia und Nane eine tiefe Kluft besteht. Nane sieht Pia als Konkurrentin, gegen die sie schon seit ihrer Kindheit rebelliert. Und Pia kann kaum glauben, dass Nane wirklich die Frechheit besitzt, auf dem Weingut aufzutauchen – vielleicht hat die Thomas nicht gerettet, indem sie den Notarzt gerufen hat, sondern ihn mit ihrem Auftauchen überhaupt erst zu Tode erschreckt? In der Nähe der Angehörigen ihres Opfers hat sie wirklich nichts zu suchen!

Langsam erhält der Leser erste Hinweise darauf, was vor zwanzig Jahren passiert ist und wen Nane umgebracht hat. Hier wird der Leser häppchenweise mit Informationen versorgt. Rückblenden ins Jahr 1998, die ähnlich viel Raum einnehmen wie die Handlung in der Gegenwart, nehmen den Leser mit in eine Zeit, in der das Verhältnis der drei Schwestern noch ein anderes war. Hier erfährt man viel darüber, welche Pläne sie damals hatten und wie sie darauf reagiert haben, dass manches anders kam als gedacht. Dabei holt die Geschichte weit aus und erzählt beispielsweise von Nanes Trennung von ihrem ersten Mann und Birgits verhängnisvoller Liebschaft.

Das Buch baut psychologische Spannung auf durch das schwierige Verhältnis der drei Schwestern, bei dem man sich fragt, was wirklich alles dahinter steckt. Aber auch andere Charaktere rücken zeitweise in den Fokus: Welche Rolle spielt Thomas? Wie weit wird Margot gehen, die seit ihrer Kindheit auf dem Weingut lebt und mit Pias Entscheidungen nicht einverstanden ist? Wird Pias Tochter in die Fußstapfen ihres Vaters treten? Und welche Informationen wird Thomas‘ Enkelin Sonja zusammentragen beim Versuch, ein Buch über ihren Vater zu schreiben?

Auf beiden Zeitschienen nähert man sich schließlich der verhängnisvollen Nacht, die alles verändert hat. Mir war das Tempo des Buches dabei zu ruhig. Das Offenlegen der einzelnen Puzzlestücke zog sich in die Länge und die Nebenhandlungen nehmen viel Raum ein und zögern die Auflösung hinaus. Schließlich offenbart sich ein komplexes Gefüge aus Verstrickungen, Fehlentscheidungen und Geheimnissen. Dabei war es für mich in Ordnung, dass mir kein einziger Charakter wirklich sympathisch wurde, denn die Geschichte lebt davon, dass niemand perfekt ist und sich anders hätte verhalten können. Wer Geschichten mag, die sich langsam entfalten und in denen stückweise neue Erkenntnisse gewonnen werden, für den ist diese Mischung aus Krimi und Familiendrama sicherlich interessant!