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Veröffentlicht am 13.05.2024

Erinnerungen an eine Kindheit auf dem Bauernhof

Mühlensommer
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Maria ist auf einem Bauernhof aufgewachsen, doch schon seit vielen Jahren lebt sie mit ihrer Familie in der Stadt. Mit einer befreundeten Familie wollten sie eigentlich eine Auszeit in deren Berghütte ...

Maria ist auf einem Bauernhof aufgewachsen, doch schon seit vielen Jahren lebt sie mit ihrer Familie in der Stadt. Mit einer befreundeten Familie wollten sie eigentlich eine Auszeit in deren Berghütte genießen, doch dann ruft Marias Mutter mit schlechten Nachrichten an: Der Vater hatte einen Unfall, Maria soll schnellstmöglich zum Hof kommen und helfen. Sie macht sich gleicha uf den Weg. Zurück am Ort ihrer Kindheit werden schnell Erinnerungen wach.

Die Geschichte schildert das Leben auf dem Land in der Gegenwart und erzählt gleichzeitig Marias Aufwachsen auf dem Bauernhof. Die Szenen in der Vergangenheit haben anekdotischen Charakter. Dabei erstaunte mich vor allem, wie arm und bildungsfern hier alle bäuerlichen Familien dargestellt werden - das kenne ich aus meinem eigenen familiären Umfeld anders. Komisch fand ich auch, dass die Tochter des Doktors zu Beginn des Buches als Marias hochgelobte Konkurrentin dargestellt wird und dann mit keinem Wort mehr erwähnt wird, als Maria als einzige ihrer Klasse aufs Gymnasium gehen darf.

Der Roman gibt offene Einblicke in das Landleben mit seinen Höhen und Tiefen. Dabei bleiben vor allem Szenen in Erinnerung, in denen Tiere sterben - an Krankheit oder indem sie getötet werden - was aufgrud des Detailsgrads der Schilderungen sicherlich nichts für zart besaitete Leser:innen ist. Es gibt aber auch viele unterhaltsame und schöne Szenen im Kreise der Familie, auf dem Hof und in der Schule, welche die Geschichte zügig und leicht lesbar machen. Ich hätte mir eine noch stärkere übergreifende Handlung gewünscht statt einer Aneinanderreihung von Erinnerungen, daher war es für mich insgesamt ein eher durchmischtes Leseerlebnis.

Veröffentlicht am 01.05.2024

Ein aufregender Neuanfang in London

Am Himmel funkelt ein neuer Tag
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Zoé ist gerade nach Hampstead in London gezogen, um ein einjähriges Praktikum bei einer angesagten Innenarchitektin zu machen. Voller Begeisterung taucht sie in ihr neues Leben ein: Frühmorgens schwimmen ...

Zoé ist gerade nach Hampstead in London gezogen, um ein einjähriges Praktikum bei einer angesagten Innenarchitektin zu machen. Voller Begeisterung taucht sie in ihr neues Leben ein: Frühmorgens schwimmen im nahgelegenen Ladies' Pond, dann Frühstücken im Café ihres sympathischen Vermieters Ravi, im Büro ihre Kreativität ausleben und am Wochenende auf dem Blumenmarkt stöbern. Als sie ihre Kollegin Yon zu einer Wahrsagerin begleitet und sich aus einer Laune heraus ebenfalls die Zukunft vorhersagen lässt, erhält sie die Warnung, dass ihre Glückssträhne verebben wird, wenn sie so weitermacht. Das bringt Zoé ins Grübeln. Und dann taucht auch noch ihr Ex-Freund, den sie in Portugal glaubte, völlig überraschend in London auf.

Zu Beginn der Geschichte tauchte ich gemeinsam mit Zoé in ihr neues Leben in London ein. Sie scheint ein echter Glückspilz zu sein, denn sie hat gleich eine tolle Wohnung gefunden, ihr Job macht Spaß und im Nu hat sie viele neue Bekannte: Ihr Vermieter Ravi betreibt das Café im Erdgeschoss und freundet sich schnell mit ihr an. Beim Schwimmen ist sie morgens mit der Seniorin Dawn allein im Pond und mit ihrer Mitpraktikantin Yon taucht sie ins Nachtleben ein. Die Seiten verfliegen im Nu und ich genoss diese Wohlfühllektüre, fragte mich aber gleichzeitig, wann die Dinge in Bewegung geraten.

Schließlich scheint Zoés Glückssträhne wie prophezeit abzureißen: Beim Praktikum gibt es Ärger mit einem Kunden, Ravi ist unempfänglich für ihre Tipps und Dawn fehlt beim Schwimmen. Als dann auch noch ihr Ex-Freund Filipe in London auftaucht, ist das emotionale Chaos perfekt. Ich war gespannt, wie Zoé mit diesen Herausforderungen umgehen wird. Im Hinblick auf Filipe fand ich schade, dass hier so viel auf die Vorgeschichte der beiden referenziert wird, die sich offenbar aus dem letzten Buch ergibt, das ich noch nicht gelesen habe. Die beiden hatten relativ wenige Szenen miteinander und hier ist der Funke bei mir nicht übergesprungen. Umso mehr Zeit gibt es für die Szenen mit Ravi, Dawn und Yon, die mir sehr gefallen haben. Insgesamt ist das Buch ein lesenswerter Roman für alle, welche die Bücher der Autorin mögen und Lust auf einen Ausflug nach London haben.

Veröffentlicht am 27.04.2024

Stillstand durch Verweigerung

Und alle so still
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Elin ist 21 Jahre alt und lebt mit ihrer Mutter Alma in deren eigenem Wellnesshotel. Für sie bestand ihre Familie immer nur aus ihnen beiden. Doch dann bittet Alma sie, zu ihrer Oma Iris zu fahren, die ...

Elin ist 21 Jahre alt und lebt mit ihrer Mutter Alma in deren eigenem Wellnesshotel. Für sie bestand ihre Familie immer nur aus ihnen beiden. Doch dann bittet Alma sie, zu ihrer Oma Iris zu fahren, die sie nie kennengelernt hat. Diese hat sich mit anderen Frauen vor das Krankenhaus gelegt. Die Aktion sorgt für Irritation - gegen was oder wofür sind die Frauen? Was sind ihre Forderungen? Doch die Beteiligten äußern sich nicht dazu. Nicht nur Elin wird Zeugin der Aktion, sondern auch die Pflegerin Ruth, Elins Tante, und der neunzehnjährige Nuri, der zahlreiche Aushilfsjobs hat, um seine Arztrechnungen bezahlen und eines Tages in eine eigene Wohnung ziehen zu können.

Zu Beginn des Romans lernte ich die drei Protagonist:innen näher kennen. Elin ist eine erfolgreiche Influencerin, doch die zahlreichen Hasskommentare machen ihr zu schaffen. Sie leidet unter Panikattacken und die hohe Zahl ihrer sexuellen Kontakte mit Besuchern des Hotels bereitet ihrer Therapeutin Sorgen. Bei einer dieser Begegnungen passiert etwas, von dem sie nicht sicher ist, ob es Gewalt war. Doch bevor sie weiter darüber nachdenken kann wird sie zu ihrer Oma geschickt, deren Verhalten Fragen aufwirft.

Ruth arbeitet in dem Krankenhaus, vor das ihre Mutter sich mit den anderen Frauen legt. Sie möchte ihre Arbeit gut erledigen, doch es gibt so viel zu tun, dass sie bis zur Erschöpfung und darüber hinaus arbeitet und trotzdem nicht alles schafft, was zu tun wäre. Im Krankenhaus begegnet sie auch Nuri, der keinen Schulabschluss hat und daher diverse Jobs im Niedriglohnsektor hat - Barkeeper, Reinigungskraft, Bettenschubser, Essenslieferant - um sich finanziell über Wasser zu halten.

Schnell war ich mittendrin in der Geschichte und gespannt darauf, welche Reaktion die stille Revolte der Frauen auslöst. Der Geist der Aktion verbreitet sich und plötzlich verweigern überall Frauen die Arbeit. Der Autorin gelingt es damit eindrucksvoll, den Wert von Care Arbeit zu verdeutlichen und was das plötzliche Wegbrechen für Konsequenzen hätte. Auch die katastrophalen Zustände in Pflegeberufen und im Niedriglohnsektor sind Teil des Romans. Der starke Zusammenhalt der Frauen hat mir gut gefallen und mit Nuri hat die Geschichte einen männlichen Charakter, der sich nicht dem männlichen Rollenklischee entsprechend verhalten möchte.

Nicht alles wird auserzählt, die Geschichte setzt auf intensive Szenen und überlässt es den Leser*innen, sich das restliche Geschehen genauer auszumalen. Für mich ist "Und alle so still" ein feministischer Gesellschaftsroman, der gelungen aufzeigt, welche Konsequenzen eine kollektive Verweigerung der Frauen hätte und der zum Nachdenken ebenso wie zur Diskussion einlädt.

Veröffentlicht am 27.04.2024

Wenn zwei verlassen werden, dann gründen sie eine WG

Funny Story
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Daphnes Traum von einem Happily Ever After mit Peter zerplatzt, als dieser ihr nach seinem Junggesellenabschied plötzlich mitteilt, dass er Schluss macht und mit seiner jahrelangen besten Freundin Petra ...

Daphnes Traum von einem Happily Ever After mit Peter zerplatzt, als dieser ihr nach seinem Junggesellenabschied plötzlich mitteilt, dass er Schluss macht und mit seiner jahrelangen besten Freundin Petra zusammen sein will. Er gibt ihr eine Woche, um aus ihrem Haus auszuziehen, das eigentlich ihm gehört. Weil auch Petra mit ihrem Freund Miles Schluss gemacht hat fragt Daphne diesen, ob sie bei ihm einziehen kann. Das ganze soll eine vorübergehende WG sein, bis Daphne sich einen neuen Job als Bibliothekarin in einer anderen Stadt gesucht hat. Doch dann zeigt Miles ihr, dass das beschauliche Waning Bay mehr zu bieten hat als die Nähe zu Peter und seiner Familie. Sie lernt ihre Heimat neu kennen - und auch Miles, zu dem sie sich zunehmend hingezogen fühlt.

Zu Beginn des Buches steht Daphne vor einem Scherbenhaufen. Sie hat ihr ganzes Leben auf ihren Verlobten Peter ausgerichtet, in dem sie mit ihm nach Michigan in die Nähe seiner Familie gezogen ist und sich dort einen Job gesucht hat. Vor Ort hat sie keine eigenen Freunde und ihre beste Freundin ist mit Peters bestem Freund zusammen und scheint sich aus dessen Seite zu schlagen. Wenig verwunderlich also, dass Daphne die Stadt schnellstmöglich verlassen will. Die WG mit Miles erscheint ihr für den Übergang eine gute Lösung zu sein, auch wenn sie kaum etwas über ihn weiß.

Ich fand es schön, zu sehen, wie Daphne neuen Mut fasst und sich wieder ein selbstständiges Leben aufbaut, nachdem sie sich sehr abhängig von Peter gemacht hatte. Aus einer Laune heraus spielen sie ihren Ex-Partnern vor, dass sie eine Beziehung führen. Dabei kommen sie sich näher, sind aber beide emotional noch nicht bereit für eine neue Beziehung. Miles konnte ich am Anfang schwer einschätzen und dass er zur Bewältigung seines Liebeskummers jede Menge kifft fand ich persönlich nicht gerade verlockend. Mit der Zeit wurde er mir aber sympathischer und ich erlebte unterhaltsame Lesestunden, während die beiden sich durch Hohen, Tiefen und zahlreiche amüsante Momente manövrieren. Gerne empfehle ich das Buch an alle weiter, die Lust auf eine kurzweilige Liebesgeschichte haben.

Veröffentlicht am 14.04.2024

Ein plötzlicher Todesfall und ein unerwartetes Testament

Das Flüstern des Lebens
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Die 45-jährige Isabelle arbeitet als Architektin in München und muss aus den Nachrichten erfahren, dass ihre Tante Corinna in Tansania gestorben ist. Die bekannte Unternehmerin hatte dort vor vielen Jahren ...

Die 45-jährige Isabelle arbeitet als Architektin in München und muss aus den Nachrichten erfahren, dass ihre Tante Corinna in Tansania gestorben ist. Die bekannte Unternehmerin hatte dort vor vielen Jahren eine Kaffeeplantage erworben, auf der Isabelle mit ihrer Familie mehrfach zu Besuch war. Auf die schockierende Nachricht folgt eine große Überraschung: Corinna hatte eine Tochter, die vierzehnjährige Hannah, die schon auf dem Weg nach Deutschland ist. Von deren Existenz haben weder Isabelle noch Doris, Isabelles Mutter und Corinnas Zwillingsschwester, etwas geahnt. Sie soll erst einmal mit Doris in Corinnas Münchener Villa leben. Die Testamentseröffnung hält schließlich weitere Überraschungen bereit. Unter anderem erbt Isabelle die Kaffeeplantage. Isabelles Bruder Moritz hatte sich vom Testament jedoch mehr erhofft und beginnt, dessen Rechtmäßigkeit zu hinterfragen.

Zu Beginn des Romans lernte ich Isabelle, Doris, Hannah und Moritz kennen, aus deren Perspektiven die Geschichte erzählt wird. Isabelle und Doris sind von der Nachricht des Unfalltods von Corinna erschüttert und können sich überhaupt nicht erklären, wie und warum die Verstorbene ihre Tochter vierzehn Jahre lang geheim gehalten hat. Außerdem würde das bedeuten, dass sie Hannah mit 54 Jahren zur Welt gebracht hätte. Statt das mit der Situation sichtlich überforderte Mädchen mit Fragen zu löchern, begegnen sie ihr jedoch erst einmal mit Geduld und Verständnis, damit sie in Ruhe in Deutschland ankommen kann. Das geht vor allem Moritz gegen den Strich, der als Neffe auf ein fettes Erbe hofft.

Der Klappentext erwähnt im ersten Satz, dass Isabelle von Corinan eine Kaffeeplantage erbt. Dementsprechend hatte ich erwartet, dass der Großteil des Romans in Tansania spielt. Von diesem Erbe erfährt sie jedoch erst nach über 160 Seiten. Das erste Drittel des Buches spielt hauptsächlich in München und beschreibt die Tage nach Corinnas Tod und die Reaktion der Charaktere auf die Existenz von Hannah. Für mich hat sich dieser Teil sehr in die Länge gezogen und ich wurde zunehmend ungeduldig. Außerdem war mich gleich klar, was Hannahs Geheimnis ist, weshalb ich mich wunderte, dass dies erst spät gelüftet wird. Isabelles und Doris' Nachsicht in aller Ehren - in dieser Hinsicht konnte ich gut verstehen, warum der ansonsten durch und durch unsympathische Moritz hier Antworten fordert.

Mit der Verlagerung des Handlungsortes nach Tansania wurde mein Interesse an der Geschichte schließlich neu entfacht. Ich fand es spannend, über Isabelles Erlebnisse auf der Farm zu lesen. Themen wie Fair Trade und Kinderarbeit werden gelungen eingebunden. Isabelle zeigt bald Tendenzen, einen White Saviour Complex zu entwickeln, wird hier aber von anderen Charakteren eingefangen und erhält Unterstützung bei der Frage, was sie am Besten tun kann, wenn sie helfen will. Schließlich muss sie sich fragen, wie ihre Aufgaben in Tansania mit ihrem Architektenjob in München vereinbar sind. Die ebenfalls schon im Klappentext angekündigte Liebesgeschichte entwickelte sich für meinen Geschmack viel zu schnell. Immer wieder springt die Handlung zurück nach München zu Doris, Hannah und dem Rest der Familie, wobei mich deren Erlebnisse und der Streit um die Rechtmäßigkeit des Testaments im Vergleich weniger fesseln konnten. Insgesamt war "Das Flüstern des Lebens" für mich ein gemischtes Leseerlebnis mit einem zu langen Intro, sehr gelungenen Szenen in Tansania und zu viel Drumherum in München. Wer den Schreibstil der Autorin mag und Lust auf einen Roman mit Afrikabezug hat, der sollte sich dieses Buch genauer anschauen.