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Veröffentlicht am 08.04.2018

Vier Apokalyptische Reiter müssen vereint werden...

Riders - Schatten und Licht
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Gideon Blake hat seinen Schulabschluss in der Tasche und ist seinem Ziel, ein Ranger zu werden, nun ganz nahe. Er nimmt am Auswahlverfahren RASP teil und schlägt sich dort bislang sehr gut. Doch dann geht ...

Gideon Blake hat seinen Schulabschluss in der Tasche und ist seinem Ziel, ein Ranger zu werden, nun ganz nahe. Er nimmt am Auswahlverfahren RASP teil und schlägt sich dort bislang sehr gut. Doch dann geht ein Fallschirmabsprung schief. Gideon müsste tot sein, kommt aber mit schweren Knochenbrüchen ins Krankenhaus. Ein Wunder? Als er nach wenigen Tagen wieder fit ist, weiß er, dass etwas nicht stimmt. Dann taucht ein Mädchen auf, das behauptet, er sei der personifizierte „Krieg“, einer der vier Apokalyptischen Reiter. Und sie diejenige, die alle vier finden muss, damit die Menschheit nicht von Dämonen versklavt wird…

Von Veronica Rossi habe ich bereits die Aria und Perry-Trilogie gelesen und habe mich deshalb sehr über die Nachricht gefreut, dass ein neues Buch von ihr veröffentlicht wird. Dass es um Apokalyptische Reiter geht wird schon durch das Cover signalisiert und klang für mich erst mal schräg, doch der Autorenname hat mich überzeugt. Neugierig, was es mit den Reitern auf sich hat, startete ich ins Buch.

Auf den ersten Seiten trifft man auf Gideon, der gerade aus einer Bewusstlosigkeit erwacht und sich selbst gefesselt und benommen vorfindet. Er wird einem Verhör unterzogen und soll von Anfang an ganz genau berichten, was ihm widerfahren ist. So taucht der Leser in Gideons Erinnerungen ein, beginnend mit seinem eigentlich tödlichen Fallschirmsprung und dem Erwachen mit übermenschlichen Fähigkeiten.

Gideons Geschichte ist temporeich erzählt und konnte mich schnell fesseln. Die Entdeckung seiner neuen Fähigkeiten übte auch auf mich eine Faszination aus und ich wollte mehr darüber erfahren, was er kann und wieso. Vieles findet er zunächst zufällig heraus, zum Beispiel kann er seine Wut auf die Menschen in seiner Umgebung übertragen. Bald trifft er auf Daryn, die behauptet, eine Seherin zu sein und die vier Apokalyptischen Reiter vereinigen zu müssen.

Nach dieser Eröffnung kommt es auch zur ersten Begegnung mit den Dämonen, durch welche Action in die Story kommt. Diese tauchen selten allein auf und bedeuten ordentlichen Ärger. Auch sie besitzen unterschiedliche Kräfte, die sie rücksichtslos einsetzen, um ihre Pläne zu verwirklichen. Die Dämonen tauchen immer wieder auf, für mich wurde allerdings nicht glaubhaft genug erklärt, warum sie sich die ersten Male immer so schnell zurückziehen, obwohl sie Gideon mühelos hätten überwältigen können. Erst im Laufe der Geschichte werden die Kämpfe spannender, wobei sich die Dämonen immer wieder ziemlich dämlich verhalten.

Nachdem Daryn Gideon gefunden hat machen sich die beiden daran, die anderen vier Reiter zu finden. Länger als ich zu Beginn dachte hat das Buch deshalb etwas von einem Roadtrip. Ich fand es interessant, nach und nach die anderen Reiter und ihre Fähigkeiten kennenzulernen. Ich fand die Idee der Autorin, jeden Reiter mit einer Waffe, einer Rüstung, einer Emotion, die sich auf andere auswirkt und natürlich einem Pferd auszustatten, sehr kreativ. Die Pferde spielen übrigens keine zentrale Rolle, sondern gehören einfach dazu. Wer mit Pferde-Büchern nichts anfangen kann, der sollte sich davon auf keinen Fall abschrecken lassen.

Das gemeinsame Training fand ich zunächst interessant, um die einzelnen Fähigkeiten besser kennenzulernen. Bald zog es sich für mich allerdings etwas hin. Während ich die taffe Daryn von Beginn an sehr mochte, verhielt sich vor allem Gideon auch als personifizierter „Krieg“ für mich zu machohaft, was ich nervig fand. Schließlich kommt es zu einem doppelten, spannenden Finale, in denen die Reiter zeigen müssen, was in ihnen steckt. Das Buch ist in sich relativ abgeschlossen, eine sehr wichtige Frage bleibt aber offen, sodass ich mich schon sehr auf den zweiten Teil dieser Dilogie freue!

In „Riders. Schatten und Licht“ erwacht Gideon nach einem Unfall als einer von vier Apokalyptischen Reitern, welche die Menschheit vor Dämonen schützen sollen. Ich fand die Fähigkeiten und Beigaben, mit denen jeder Reiter ausgestattet ist, interessant. Für mich hätten sich die Dämonen aber noch etwas schlauer und Gideon etwas weniger machohaft verhalten dürfen. Wer Lust auf Fantasy mit Action und einem Hauch von Endzeit-Feeling hat, der ist bei diesem Buch richtig!

Veröffentlicht am 08.04.2018

Erschreckender Einblick, was Propaganda auslösen kann

Der Junge auf dem Berg
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In den 1930er Jahren wächst Pierrot als Sohn einer Französin und eines Deutschen in Paris auf. Sein bester Freund ist der taube Anshel, der spannende Geschichten schreiben und mit dem er sich auf Gebärdensprache ...

In den 1930er Jahren wächst Pierrot als Sohn einer Französin und eines Deutschen in Paris auf. Sein bester Freund ist der taube Anshel, der spannende Geschichten schreiben und mit dem er sich auf Gebärdensprache unterhalten kann. Doch dann wird Pierrot zur Waise: Sein Vater begeht Selbstmord, und seine Mutter stirbt an Tuberkulose. Nach einem kurzen Aufenthalt im Waisenhaus holt ihn seine Tante zu sich. Sie arbeitet als Hauswirtschafterin auf dem Berghof, der Adolf Hitler gehört. Gerne möchte Pierrot ihm gefallen, auch wenn er nicht weiß, warum er sich dazu Peter nennen soll und Anshel nicht mehr schreiben darf. Mit der Zeit übernimmt er Hitlers Ansichten immer stärker und trifft folgenreiche Entscheidungen.

Wie hätte es einem Jungen ergehen können, der im Umfeld Hitlers aufwächst? Mit dieser Frage beschäftigt sich das Buch, in dessen Mittelpunkt Pierrot steht. Zu Beginn der Geschichte ist er sieben Jahre alt und wohnt in Paris. Für sein Alter ist er aufgeweckt, doch seine Familiensituation ist nicht leicht. Sein Vater hat im Ersten Weltkrieg gekämpft und versucht, die Erinnerungen mit Alkohol zu vergessen, was bei ihm aber auch zu Gewaltausbrüchen gegen Pierrots Mutter führt.

Nach der Beschreibung der Umstände, unter denen Pierrot aufgewachsen ist, wird auf wenigen Seiten der Tod beider Elternteile beschrieben und er wird zum Waisen. In der Schule, im Waisenhaus und auf der Fahrt zu seiner Tante erlebt er selbst, wie es ist, von anderen gehänselt und gepeinigt zu werden. Mit diesen Erfahrungen im Gepäck trifft er schließlich auf dem Berghof ein. Bis dahin wirkte Pierrot auf mich für sein Alter recht klug, in einigen Situationen handelt er aber auch unbedarft und naiv.

Pierrot empfindet es als große Ehre, auf dem Berghof wohnen zu dürfen. Er hat häufiger Gelegenheit, mit Hitler zu reden. Dadurch übernimmt er immer stärker dessen Ansichten, ohne sie zu hinterfragen, und entfernt sich dabei von den Personen, die ihm zuvor nahe standen. Ich hätte es gut gefunden, wenn dieser extreme Wandel noch mehr erläutert worden wäre. Wie konnten die Gespräche mit Hitler dazu führen, dass Pierrot sich so schnell und stark von seinen ursprünglichen Überzeugungen entfernt? Bald ist Pierrot nicht mehr wiederzuerkennen. Die Meinungen von anderen will er nicht hören. Schließlich kommt es zu einer Situation, in der er entscheiden muss, wem seine Treue gilt. Er trifft eine schockierende Entscheidung, nach der es kein Zurück mehr gibt.

Danach ist es beklemmend, zu erleben, was die Jahre mit Pierrot machen. Seine Entwicklung hat mich ins Grübeln gebracht darüber, wie intelligente Menschen, denen früh gute Werte vermittelt wurden, sich durch eindringliche Propaganda gänzlich verändern können und zu welchen Taten sie fähig sind. Die Botschaft, die das Buch vermittelt, ist bedrückend. Das Ende ist ein wenig versöhnlich und lässt mich mit gemischten Gefühlen zurück.

In „Der Junge auf dem Berg“ wird Pierrot nach dem Tod seiner Eltern von seiner Tante auf den Berghof von Adolf Hitler geholt, wo sie als Hauswirtschafterin arbeitet. Die Begegnungen mit Hitler machen Pierrot zu einem völlig anderen Menschen, welcher die Propaganda verinnerlicht und in schockierende Taten umsetzt, ohne sie zu hinterfragen. Ich hätte mir noch tiefere Einblicke in Pierrots Wandlung gewünscht. Das Buch gibt einen bedrückenden Einblick, was Propaganda auslösen kann. Ich kann es an Jugendliche und auch an Erwachsene empfehlen.

Veröffentlicht am 08.04.2018

Auf der Suche nach der legendären Gibson Moderne

Vintage
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Der fünfundzwanzigjährige Thomas Dupré ist begeisterter Gitarrist, der sich als Schreiber für kleine Musikzeitschriften etwas Geld verdient. Zusätzlich hilft er gerade in seinem Pariser Lieblingsladen ...

Der fünfundzwanzigjährige Thomas Dupré ist begeisterter Gitarrist, der sich als Schreiber für kleine Musikzeitschriften etwas Geld verdient. Zusätzlich hilft er gerade in seinem Pariser Lieblingsladen „Prestige Guitars“ aus. Der Besitzer überlässt ihm einen besonderen Auftrag: Er soll die wertvollste Gitarre des Ladens bei dessen Käufer in Schottland abliefern. Bei diesem handelt es sich um einen Lord, der mit Thomas einen Deal macht: Wenn er ihm hilft, einen Beweis zu finden, dass die legendäre Gitarre „Gibson Moderne“ tatsächlich gebaut worden ist, erhält er eine Million Dollar. Thomas stürzt sich begeistert hinein in eine abenteuerliche Suche, die zunehmend gefährlicher wird…

Das Cover des Buches zeigt einen Gitarrenkopf, der die Suche nach der legendären „Gibson Moderne“ symbolisiert. Zu Beginn lernt man den Protagonisten Thomas kennen, in dessen Leben sich alles um Musik dreht und der mit fünfundzwanzig Jahren schon so einiges über Vintage-Gitarren weiß. Dementsprechend aufregend ist für ihn das Kennenlernen des schottischen Käufers der teuersten Gitarre des Ladens. Dieser ist ein leidenschaftlicher Sammler und Thomas bei seinem Besuch im siebten Himmel. Ich konnte gut nachvollziehen, warum das Angebot, nach der legendären Gitarre zu suchen, für ihn so verlockend klingt, dass er zusagt.

Auch wenn ich mich mit Gitarren und der Rockmusik der 50er, 60er und 70er nur oberflächlich auskenne, konnte mich Thomas Begeisterung anstecken und ich war neugierig, was seine Suche ergeben wird. Zunächst beginnt er mit intensiver Internetrecherche. Doch bald gibt es eine erste heiße Spur, und sein Sponsor schickt Thomas los, um vor Ort zu recherchieren. Engagiert macht er sich auf den Weg und trifft im weiteren Verlauf auf so manche spezielle Charaktere, die eins verbindet: Die Liebe zur Musik. Die einen agieren höchst professionell, die anderen machen von Beginn einen sehr zwielichtigen Eindruck.

Von Beginn an war klar, dass es keine einfache Aufgabe ist, einen Nachweis für die Existenz der „Gibson Moderne“ zu finden. Viele Gerüchte sind im Umlauf, dazu komplette Fälschungen, aber auch Modelle mit späterem Baujahr, die eben nicht zu jener ersten Auflage gehören, bei der nicht klar ist, ob sie nur auf dem Papier existiert oder gebaut wurde. Beim Lesen lernte ich so einiges über Gitarren und speziell die legendäre Moderne, was zu einem großen Teil auf Fakten beruht. Das meiste verstand ich als Laie, nur manchmal driften Thomas und seine Gesprächspartner in eine Fachsimpelei ab, die mir zu speziell wurde.

Für Thomas ist die Suche zunächst ein tolles Abenteuer, doch bald zeigt sich, dass das Ganze nicht ungefährlich ist. Eine echte Moderne wäre sehr wertvoll, sodass schließlich auch Emotionen wie Gier, Neid und große Enttäuschung eine große Rolle spielen. Hat er die Motive seiner Gesprächspartner richtig eingeschätzt? Wenn jemand für die Moderne über Leichen geht – wie weit ist Thomas dann selbst bereit zu gehen? Er gerät in gefährliche Situationen, welche mich gespannt weiterlesen ließen. Dabei wird die grundlegende Frage aufgeworfen, wie weit Leidenschaft und Begeisterung gehen und wo sie ihre Grenzen haben sollten. Nach einer längeren ruhigen Phase, in der viel recherchiert und schrittweise aufgedeckt wird, hielt der Schluss noch mal rasante Entwicklungen und Überraschungen bereit, was mit sehr gut gefallen hat.

In „Vintage“ sucht Thomas Dupré im Auftrag eines schottischen Lords nach einem Beweis, dass im Jahr 1957 die legendäre Gitarre „Gibson Moderne“ tatsächlich gebaut wurde. Seine Suche lässt ihn Bekanntschaft mit höchst unterschiedlichen Musikliebhabern machen. Trotz gelegentlicher Fachsimpelei konnte ich Thomas‘ Faszination nachvollziehen und begleitete ihn neugierig auf seiner Reise, auf der es mitunter auch gefährlich wurde. Für Fans der Musik-Epoche ist der Roman ein Muss, aber auch wer grundsätzlich Lust auf eine unterhaltsame Suche hat, wird hier fündig.

Veröffentlicht am 08.04.2018

Eine abenteuerliche Expedition ins unerforschte Alaska

Das Leuchten am Rand der Welt
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Im Jahr 1885 bricht Lieutenant Colonel Allen Forrester zu einer abenteuerlichen Mission auf. Gemeinsam mit zwei weiteren Militärs und vor Ort angeworbener Einheimischer soll er entlang des Wolverine Rivers ...

Im Jahr 1885 bricht Lieutenant Colonel Allen Forrester zu einer abenteuerlichen Mission auf. Gemeinsam mit zwei weiteren Militärs und vor Ort angeworbener Einheimischer soll er entlang des Wolverine Rivers ins Landesinnere Alaskas vorstoßen, um es zu kartieren und eine Einschätzung zu den einheimischen Völkern abzugeben. Auf der beschwerlichen Reise muss die Expedition mit Hunger, Wetterumschwüngen und Zwischenfällen mythischer Art zurechtkommen. Unterdessen wartet Allens Frau Sophie in der Garnison Vancoucer auf seine Rückkehr. Sie ist schwanger und ihr wurde strikte Ruhe verordnet, sodass sie ihn entgegen des ursprünglichen Plans nicht mal ein Stück begleiten darf. Eine bittere Nachricht sorgt dafür, dass sie sich zurückzieht und ihre Begeisterung für die Naturfotografie entdeckt.

Nachdem mich vor inzwischen schon vier Jahren „Das Schneemädchen“ begeistern konnte, habe ich mich sehr über die Nachricht gefreut, dass die Autorin ein zweites Buch geschrieben hat, das den Leser mit in ein historisches Alaska nimmt. Das Buch beginnt mit einem Brief, der Josh, einen Museumskurator in Alpine, Alaska erreicht. In diesem erklärt Walter Forrester, dass er ihm die Aufzeichnungen seines Vorfahren Allen rund um dessen Alaska-Expedition und auch die von dessen Frau überlässt in der Hoffnung, er könne dafür Verwendung finden. Gemeinsam mit Josh taucht man in die historischen Dokumente ein, die einen sogleich in die Vergangenheit und Kälte schicken.

Der größte Teil des Buches ist in Tagebuchform verfasst. Abwechselnd erfährt man, wie es Allen in Alaska und Sophie in Vancouver ergeht. Die Einträge umfassen mal nur wenige Sätze, mal einige Seiten, und nur wenige Tage werden ausgelassen. Die Beschreibung der Erlebnisse in der Retrospektive wird damit auf das Wichtigste beschränkt, womit die monatelange Expeditionsreise einen für ein Buch überschaubaren Rahmen erhält.

Allen hat vor seiner Aufgabe einen gesunden Respekt und ist gleichzeitig ambitioniert, die Expedition erfolgreich abzuschließen. Dem zu erkundenden Gebiet eilen grausame Geschichten von im Schlaf von Einheimischen ermordeten Russen voraus. Wie gefährlich sind die Indianer wirklich? Das Wetter und ein Mangel an Nahrung zehren an den Kräften der Gruppe. Neugierig, wie gut Allen vorankommen wird, las ich mich durch seine Einträge. Auch wenn zu jedem Tag nur kurz etwas erzählt wird, erhält man einen guten Einblick, wie er und seine Begleiter sich fühlen. Meist ist nicht vorhersehbar, was der nächste Tag bringen wird, sodass im einen Moment Hoffnung und im anderen wieder Verzweiflung überwiegen können.

Interessant fand ich die mythischen Erlebnisse, die Allen auf seiner Reise macht. Zum einen trifft er immer wieder auf einen alten Indianer. Dieser kann scheinbar mühelos große Distanzen überwinden und ist ihnen mal gewogen ist, mal sorgt er für Rückschläge. Auch den Einheimischen ist dieses Wesen bekannt, warum es so handelt vermag niemand zu sagen. Zum anderen hört und sieht Allen Wunderliches: Eine Geliebte, die Nebel bringt, ein Baum der einen Säugling gebärt… sind das Wahnvorstellungen ausgelöst durch Hunger und Erschöpfung oder ist die Magie des Landes am Werk?

Auf seiner Reise muss Allen nicht kämpfen. Wer blutige Action a la „The Revenant“ erwartet ist bei diesem Buch falsch. Stattdessen lernt er die raue Natur kennen, macht interessante Begegnungen und findet schöne Augenblicke, wo man sie wenigsten erwartet. Einige andere Dokumente, zum Beispiel Zeitungsartikel, Briefe und poetische Textschnipsel eines Begleiters ergänzen den gewonnenen Eindruck. Sophies Tagebucheinträge zeugen hingegen von der Qual des Wartens auf Allens Heimkehr. Ihre Sicht war mir teils etwas zu langatmig, es ereignet sich nicht allzu viel. Doch als sie sich mit wachsender Begeisterung der Fotografie zuwendet fand ich ihre Einträge zunehmend besser. Bis zum Schluss bildet die Korrespondenz zwischen Josh und Walt in der Gegenwart einen gelungenen Rahmen für die eigene Reflektion des Gelesenen.

„Das Leuchten am Rand der Welt“ erzählt mit atmosphärischer Dichte von einer Expedition in bislang unerforschtes Territorium in Alaska. Während Allen eine Reise voller Entbehrungen und Rückschlägen, aber auch hoffnungsvollen Momenten erlebt, wartet seine Frau Sophie auf seine Rückkehr und entdeckt in dieser Zeit die Fotografie für sich. Wer Abenteuer mag und dabei auf Kämpfe verzichten kann, dem kann ich dieses Buch klar empfehlen!

Veröffentlicht am 06.08.2017

Eine Geschichte über Familie, Liebe, Faszination und gutes Essen

Monsieur Picasso und der Sommer der französischen Köstlichkeiten
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Im Frühjahr 1936 erhält Ondine, die im französischen Juan-les-Pins im Café ihrer Eltern arbeitet, einen ungewöhnlichen Auftrag. Ein Neuankömmling wünscht, dass ihm das Mittagessen regelmäßig in seine Villa ...

Im Frühjahr 1936 erhält Ondine, die im französischen Juan-les-Pins im Café ihrer Eltern arbeitet, einen ungewöhnlichen Auftrag. Ein Neuankömmling wünscht, dass ihm das Mittagessen regelmäßig in seine Villa geliefert wird. Im Ort gibt er sich als Monsieur Ruiz aus, doch Ondines Mutter kennt die Wahrheit: Es handelt sich um Picasso, der seine Anwesenheit geheim halten will! Ondine soll nur die stille Lieferantin sein, doch bald kommt sie mit dem Maler ins Gespräch und ist fasziniert von ihm…

An Heiligabend 2013 erfährt Ondines 30-jährige Enkelin Céline von ihrer Mutter, dass Ondine einst für Picasso gekocht hat. Als Beweis erhält Céline das Notizheft, in dem Ondine aufgeschrieben hat, was sie an welchem Tag für ihn zubereitet hat. Außerdem erfährt sie, dass Ondine behauptet hat, Picasso hätte ihr ein Bild geschenkt. Céline ist fest entschlossen, das Bild zu finden, würde dessen Erlös doch so viele Probleme lösen…

Auf der Suche nach einer sommerlichen Geschichte wurde mir dieses Buch empfohlen. Es beginnt mysteriös mit einem Anruf, der Céline im Jahr 2016 auf eine edle Yacht führt, auf die sie nicht recht zu passen scheint, um jemanden zu treffen. Wer das ist und warum, das erfährt der Leser erst mal nicht. Stattdessen springt die Geschichte ins Jahr 1936 und man lernt Ondine kennen, die erfährt, dass sie ab sofort fast täglich Mittagessen an Picasso liefern soll.

Ondine tut sich schwer damit, ihren Platz im Leben zu finden. Ihr geliebter Luc hat als Matrose angeheuert, um genug Geld zu verdienen und sie heiraten zu können. Doch sie hat viel zu lange nichts mehr von ihm gehört – ob er tot ist? Trotzdem ist sie nicht bereit, sich auf jemand anderen einzulassen, weshalb sie unter dem Dach ihrer Eltern lebt und arbeitet. Die Ausflüge zu Picasso sind eine willkommene Abwechslung für sie. Als sie schließlich mit ihm ins Gespräch kommt, ist sie von ihm und seinen ungewöhnlichen, provokanten Bildern fasziniert. Es wurde verständlich gemacht, warum sie immer wieder die Nähe zu Picasso sucht, obwohl sie um seine Frauengeschichten weiß. Bei der Beschreibung Picassos orientiert sich die Autorin an den historischen Quellen und zeichnet ein authentisches Bild des charakterlich nicht einfachen Malers. Schließlich muss sich Ondine entscheiden, wie weit sie als seine neue Quelle der Inspiration gehen will.

Die Autorin erzählt die Geschichte rund um Ondine kurzweilig. Mit der Zeit macht sie immer mehr Zeitsprünge, die entscheidende Momente nach den Ereignissen 1936 einfangen und die Brücke bis in die Gegenwart schlagen. Ihre ganze Geschichte wird geprägt vom Willen, über das eigene Schicksal zu entscheiden und sich nicht nur den Plänen anderer zu fügen. Dabei muss sie einige Überraschungen verarbeiten und auch Rückschläge hinnehmen. Ihr Weg ist kein einfacher, doch ich habe diese entschlossene Frau gerne auf ihm begleitet.

In der Gegenwart ist Céline vom Gedanken besessen, das Geheimnis von Ondine zu lüften und das Bild von Picasso zu finden, das sie angeblich besessen hat. Ihrer Mutter geht es nicht gut und gerne möchte sie diese mit dem Erlös aus den Klauen ihrer Halbgeschwister befreien. Doch so nobel ihre Absicht auch ist, bei der Suche geht sie ziemlich dreist vor und ich war nicht mit jedem ihrer Schritte einverstanden. Ihre Suche führt sie nach Frankreich, wo sie ganz in der Nähe des Cafés ihrer Großmutter einen Kochkurs belegt. Gut gefallen hat mir, dass sie dabei Zeit mit ihrer unterhaltsamen Tante verbringen kann und außerdem den Sternekoch Gil kennen lernt, unter dessen harter Schale sich ein weicher Kern verbirgt, der aber immer wieder zu geheimnisvollen „Terminen“ verschwindet. Auch wenn für mich recht klar war, worauf Célines Geschichte hinauslaufen wird, fand ich das Ende gelungen.

In „Monsieur Picasso und der Sommer der französischen Köstlichkeiten“ begleitet der Leser Ondine, die im Frühjahr 1936 Picasso bekocht und zu einer neuen Inspirationsquelle für ihn wird. In der Gegenwart versucht ihre Enkelin, herauszufinden, ob Ondine wirklich ein Bild Picassos erhielt und falls ja, wo sie es versteckte. Ich bin mit den Charakteren gerne durch Höhen und Tiefen gegangen, obwohl ich insbesondere mit Célines Verhalten nicht immer einverstanden war. Gerne empfehle ich diese Geschichte über Familie, Liebe, Faszination und gutes Essen weiter.