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Veröffentlicht am 28.07.2021

Indigene Weisheit vs. Wissenschaft

Geflochtenes Süßgras
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Das Süßgras, nach seinem Duft auch Vanillegras genannt, gehört zu den wichtigsten Kulturpflanzen der indigenen Völker Nordamerikas. Ihm widmet Robin Wall Kimmerer nun ihr neustes, in deutscher Sprache ...

Das Süßgras, nach seinem Duft auch Vanillegras genannt, gehört zu den wichtigsten Kulturpflanzen der indigenen Völker Nordamerikas. Ihm widmet Robin Wall Kimmerer nun ihr neustes, in deutscher Sprache erschienenes Buch. Darin vereint sie indigene Weisheit mit Wissenschaft und spiegelt damit auch ihre eigene Person wider, denn die Autorin ist Botanikerin und Mitglied der Citizen Potawatomi Nation. Am eigenen Leib erfährt sie den Widerspruch zwischen der Wissenschaft, die nur an rein objektiven Feststellungen interessiert ist und dem indigenen Verständnis, welche Pflanzen eine höhere und vor allem auch emotionale Bedeutung beimisst.

Die Struktur des Buches folgt den verschiedenen Stadien des Süßgrasanbaus, vom Pflanzen, über das Hegen und Pflücken bis zum Ernten und Verbrennen. Jeden Schritt verbindet die Autorin dabei mit passenden Geschichten aus der indigenen Kultur, mit biologischen Betrachtungen über bestimmte Arten und die Umwelt im Allgemeinen, aber auch mit ihrer persönlichen Biografie. So beschreibt sie beispielsweise ihre Gedanken zum Muttersein oder den eigenen Weg zurück zu ihren indigenen Wurzeln, auf dem es ihr auch gelingt, den Blickwinkel ihrer Studierenden zu verändern.

In „Geflochtenes Süßgras“ geht es jedoch um weitaus mehr, als die namensgebende Pflanze. Es ist vor allem ein Wegweiser über den richtigen Umgang mit der Natur, bei vielen indigenen Völkern das „Prinzip der Ehrenhaften Ernte“ genannt. Dieses besagt, vor der Ernte um Erlaubnis zu fragen, dankbar zu sein, nur so viel zu nehmen, wie man braucht und nie mehr als die Hälfte. Darüber hinaus nicht die erste Pflanze zu nehmen, die man sieht (es könnte ja die letzte sein) und demzufolge auch nicht die letzte. Ernten, ohne Schaden anzurichten, etwas an die Natur zurückgeben und vor allem: Teilen – Prinzipien, die wir heute wohl mit dem Wort „Nachhaltigkeit“ zusammenfassen würden. Dementsprechend beginnt und endet die indigene Schulwoche auch nicht mit dem „Pledge of Allegiance“, sondern dem „Thanksgiving Address“, einer traditionellen Danksagung der Onondaga.

Das letzte Kapitel widmet sich dem „Verbrennen“ und somit der Zerstörung der Natur, verkörpert durch den Windigo, einen rachsüchtigen Geist, der von Menschen Besitz ergreift und sie zu Kannibalen macht. Ein erschreckend passendes Sinnbild auch für die „Umsiedlungspolitik“ der USA, die die indigenen Völker von dem Land vertrieb, auf dem sie schon immer gelebt hatten und ihre Kinder zur Umerziehung in Internate schickte. Es ist nicht vorstellbar, wie viel Wissen, wie viel Kultur und wie viele Sprachen bereits verloren gegangen sind und weiterhin verloren gehen.

Fazit: Ein wichtiges Buch, in dem Robin Wall Kimmerer ihre Geschichten wie Süßgras zu einem Zopf flechtet, bei dem mir aber manchmal der Bezug der einzelnen Kapitel zueinander fehlt

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Veröffentlicht am 28.07.2021

Bewegender Roman über die Schattenseiten des "American Dream"

Wie viel von diesen Hügeln ist Gold
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Die Geschwister Lucy und Sam, Kinder chinesischer Einwanderer, sind in den staubigen Hügeln Kaliforniens unterwegs – im Gepäck die verwesende Leiche ihres Vaters. Nach dem Verlust der Mutter ist nun auch ...

Die Geschwister Lucy und Sam, Kinder chinesischer Einwanderer, sind in den staubigen Hügeln Kaliforniens unterwegs – im Gepäck die verwesende Leiche ihres Vaters. Nach dem Verlust der Mutter ist nun auch er verstorben und die beiden kämpfen allein ums Überleben. Doch erst müssen sie die notwendigen zwei Silberdollar finden, um ihrem Ba ein würdiges Begräbnisritual zu ermöglichen. Diese Suche führt sie durch unwegsame Landschaften und in menschliche Abgründe – und vor allem zu den Geheimnissen ihrer Familie.

In ihrem Debütroman erzählt die Autorin C Pam Zhang die Handlung aus unterschiedlichen Perspektiven. Mal folgen wir Lucy, sehen mit ihre Augen und erleben durch sie, wie es ihr nach dem Tod ihres Vaters ergeht. Das Verhältnis zu Sam ist nicht immer einfach, denn die Geschwister haben nicht dieselben Erwartungen an das Leben und werden von unterschiedlichen Sehnsüchten angetrieben. Es finden aber auch Rückblenden in die Vergangenheit statt, als die Eltern der beiden sich kennenlernten und sogar der verstorbene Ba kommt zu Wort. Die Sprache ist dabei atmosphärisch und poetisch und fängt sowohl die Landschaft als auch die Emotionen der Charaktere ein. Interessant ist auch, dass die Kapitelüberschriften (bis auf eine Ausnahme) nur aus einem einzigen Wort bestehen, sich mehrfach wiederholen und so stets eine andere Bedeutung erhalten.

Eine konkrete zeitliche Einordnung vermeidet die Autorin bewusst, indem sie – in Tradition von Murakamis „1Q84“ die ersten beiden Ziffern der Jahreszahlen durch ein X ersetzt. Ihr Roman steht zwar klar in der Tradition des klassischen Western und spielt auf den kalifornischen Goldrausch an, bricht aber diese Anklänge auch wieder auf und formt daraus etwas Neues. „Wie viel von diesen Hügeln ist Gold“ ist eine Geschichte über die Vernichtung indigener Völker in den USA, die Kolonisierung und die Ausbeutung des Landes. Ebenso ist es aber auch eine ganz persönliche Historie über Identität, Rassismus und Armut und das Trauma einer Einwandererfamilie über verschiedene Generationen hinweg.

Fazit: Ein bewegender Roman über die Tatsache, dass der „American Dream“ nicht für jeden dieselben Chancen bereithält

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Veröffentlicht am 21.07.2021

Stimmungsvolles Kinderbuch mit wichtiger Botschaft

Greenglass House
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Es ist der erste Tag der Weihnachtsferien. Der zwölfjährige Milo hat gerade alle seine Hausaufgaben erledigt und freut sich auf einige ruhige Tage mit seinen Eltern, die in ihrem Zuhause – dem charmanten ...

Es ist der erste Tag der Weihnachtsferien. Der zwölfjährige Milo hat gerade alle seine Hausaufgaben erledigt und freut sich auf einige ruhige Tage mit seinen Eltern, die in ihrem Zuhause – dem charmanten Greenglass House – ein Gasthaus für Schmuggler betreiben. Doch dann treffen einer nach dem anderen sechs mysteriöse Gäste ein und sie alle scheinen ihre eigene Agenda zu verfolgen. Zu allem Überfluss sorgt ein Schneesturm dafür, dass niemand Greenglass House verlassen kann. Als dann auch noch zwei der Gäste bestohlen werden, macht Milo sich mit Meddy, der Tochter der Köchin, auf die Suche nach dem Täter.

„Greenglass House“ erinnerte mich von Cover und Beschreibung sofort an eine meiner liebsten Kinderbuchreihen, nämlich „Winterhaus“. Tatsächlich sind beide im Verlag Freies Geistesleben erschienen und haben zumindest die Grundstruktur gemeinsam: Zwei Kinder versuchen die Geheimnisses eines alten Hauses zu lüften. Allerdings fügt die Autorin Kate Milford in diesem Buch noch einige interessante Aspekte hinzu. Zum einen das Thema Schmuggel und die damit verbundenen alten Geschichten und auf der anderen Seite das wichtige Thema Adoption.

Milo stammt nämlich ursprünglich aus China und wurde als Baby von den Pines adoptiert. In seiner Umgebung sieht niemand so aus wie er und so stellt er sich oft vor, wer seine wirklichen Eltern sind und was sie wohl tun. Gleichzeitig hat er dabei auch Schuldgefühle, denn verrät er damit nicht die Pines, die sich liebevoll um ihn kümmern? Meiner Meinung nach ist das Thema wirklich sensibel eingebettet, ohne zu viel oder zu wenig Raum einzunehmen.

Mit ihrem detaillierten, bildhaften Schreibstil erweckt die Autorin das alte Haus und seine Bewohner zum Leben. Die Handlung ist spannend und hält für die Leser die eine oder andere überraschende Wendung parat. Vor allem die Lebensgeschichten der sechs Gäste und ihre unterschiedlichen Charaktere führen dabei immer wieder zu amüsanten, aber auch traurigen Situationen. Ein perfektes Buch, um sich damit – in eine warme Decke eingekuschelt und mit einer Tasse Kakao – in einen gemütlichen Lesesessel zurückzuziehen.

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Veröffentlicht am 20.07.2021

Solider zweiter Band

Feels like Loss
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Mila und Leo haben schon einiges zusammen durchgestanden und sollten eigentlich glücklich miteinander sein. Leo ist gerade aus der Reha zurück und steigt wieder in sein Studium ein, während Mila sich auf ...

Mila und Leo haben schon einiges zusammen durchgestanden und sollten eigentlich glücklich miteinander sein. Leo ist gerade aus der Reha zurück und steigt wieder in sein Studium ein, während Mila sich auf ihre Doktorarbeit vorbereitet. Doch die anfängliche Freude, wieder vereint zu sein, weicht schnell den ersten Streitigkeiten. Leo verbringt immer mehr Zeit im Label, wo er auch auf Exfreundin Ivana trifft. Und auch Mila hat einen gutaussehenden neuen Kollegen im Krankenhaus, der gerne mit ihr ausgehen möchte. Doch dann überschlagen sich vor allem für Leo die Ereignisse und er und Mila müssen beweisen, dass ihre Liebe auch solche Schwierigkeiten überwinden kann.

Band zwei der Trilogie von Sarah Sprinz, die sie unter ihrem Pseudonym Sarah Heine schreibt, setzt relativ kurz nach den Ereignissen des erstes Bandes an. Leo erholt sich gerade von den Nachwirkungen seiner Nierentransplantation, gibt sich aber nicht genug Zeit, um zu heilen. Da Mila ebenfalls mit Studium und Nebenjob kämpft, verbringen die beiden immer weniger Zeit miteinander. Nach den gemeinsamen Erlebnissen der letzten Monate verwundert das doch etwas, müssten die beiden nicht glücklich sein, einander wieder zu haben?

Es sind einige Hindernisse zu überwältigen, die die Autorin ihrem Traumpaar in den Weg legt. Hier muss ich zugeben, dass es für mich durchaus das ein oder andere Drama weniger hätte sein dürfen. Vor allem Leo trifft einige sehr unüberlegte, auch unverständliche Entscheidungen, aber ansonsten wären drei Bände über dasselbe Paar vielleicht auch zu langweilig.

Was Sarah Sprinz jedoch wieder hervorragend gelingt, ist die Bindung an ihre Charaktere. Nicht nur ihre beiden Protagonisten sind absolut sympathisch, sondern auch die zahlreichen Nebenfiguren wie zum Beispiel Élaine und Willem oder Alessa und Jason machen die Reihe lesens- und liebenswert. In diesem Band kommen außerdem noch weitere Charaktere hinzu, die der Handlung einen spannenden, neuen Aspekt verleihen. Daher freue ich mich schon auf Band drei, auch wenn mich dessen Thema nicht unbedingt anspricht. Aber ich lasse mich gerne überraschen.

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Veröffentlicht am 20.07.2021

Enttäuschend

Revolution morgen 12 Uhr
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Sean ist Anfang 20 und hat mit Depressionen und Panikattacken zu kämpfen, weshalb er sich seit einiger Zeit in der Psychiatrie befindet. Während sich „draußen“ ein Sommer mit Rekordhitze und Fußball-Weltmeisterschaft ...

Sean ist Anfang 20 und hat mit Depressionen und Panikattacken zu kämpfen, weshalb er sich seit einiger Zeit in der Psychiatrie befindet. Während sich „draußen“ ein Sommer mit Rekordhitze und Fußball-Weltmeisterschaft ankündigt, hält er sich drinnen an allabendlichen, mysteriösen Anrufen fest. Jemand spricht am anderen Ende rasend schnell Französisch und scheint ihm dabei versteckte Hinweise zu geben. Gemeinsam mit seinen neuen Freunden aus der Klinik macht Sean sich schließlich auf einen Roadtrip nach Berlin und Paris, um das Geheimnis der Anrufe zu lüften und vielleicht auch seinen Halbbruder wiederzufinden.

Auf „Revolution morgen 12 Uhr“ war ich wirklich sehr gespannt, denn erstens ist blumenbar eigentlich immer ein Garant für gute Bücher und zweitens fand ich den Lebenslauf der Autorin sehr interessant. Sie ist sicherlich in vielen Bereichen ein Genie – ihr Roman hat mir dennoch leider nicht gefallen. Das liegt zunächst in den Klischees begründet, mit denen Minu Tizabi ihren Protagonisten zeichnet. Natürlich ist er dicklich, dafür aber mit einer Leidenschaft für Zahlen ausgestattet. Und natürlich ist er derjenige, der als erster und einziger eine Romanze auf dem Roadtrip beginnt. Denn was zählen schon psychische Probleme, wenn es die Liebe gibt, nicht wahr? Zumindest scheint die Autorin das so zu sehen.

Das allein wäre ja noch in Ordnung, wenn der Schreibstil nicht so gewollt philosophisch und prätentiös wäre. Es wird aus jeder Zeile deutlich, dass hier viele besondere Zitate und ein ganz bestimmter Ton erzeugt werden sollen – letztendlich bleiben die Worte aber nur Hülsen. Ein Beispiel? „Duftendes Gold tropft ins makellose Weiß, und wieder tropft es nicht für mich.“ Soll heißen: wegen seiner Panikattacken und inneren Unruhe soll unser Protagonist keinen Kaffee trinken. Wozu dieses Poetische? Eine Psychiatrie ist nicht poetisch und Depressionen sind es ebenso wenig, sie machen einen auch nicht zum Philosophen. Und auch der Rest der Geschichte ist so erzählt, als enthalte sie alle Weisheit der Welt; letztendlich passiert aber kaum etwas und viele Fäden lösen sich irgendwann im Nichts auf. Sehr schade...

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