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Veröffentlicht am 14.01.2024

Schwächer als Band 1

Die Prinzessinnen: Helden und andere Dämonen
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Die Prinzessinnen haben einen neuen Auftrag. Dieses Mal sollen Aiby, Decanra, Cinn, Mef und Narvila Prytos beschützen, den großen Helden des Götterkrieges. Der ist zwar eigentlich unsterblich und inzwischen ...

Die Prinzessinnen haben einen neuen Auftrag. Dieses Mal sollen Aiby, Decanra, Cinn, Mef und Narvila Prytos beschützen, den großen Helden des Götterkrieges. Der ist zwar eigentlich unsterblich und inzwischen weit über 100 Jahre alt, dennoch scheint seine Kraft zu schwinden. An seiner Seite müssen die fünf Söldnerinnen sich - neben seinen Prahlereien und Eigenheiten - mit Monstern aller Art herumschlagen, doch plötzlich steht das Schicksal der Menschheit auf dem Spiel.

„Helden und andere Dämonen“ ist der zweite Band der Reihe rund um die fünf Söldner-Prinzessinnen aus der Feder von Christian Endres. Erzählt wird nach demselben Schema wie in Band 1, also abwechselnd aus Narvilas Perspektive in der Gegenwart und einer Rückblende in die Vergangenheit der Prinzessinnen. Leider sind, im Gegensatz zum ersten Band, diese Rückblenden nicht immer zielführend. Manchmal liefern sie zwar Kontext zu einer Szene in der Gegenwart oder beleuchten das alte Leben der Prinzessinnen, teilweise sind sie aber auch obsolet oder wiederholen Dinge, die wir bereits in Band 1 erfahren haben. Hier wäre mir ein „Was bisher geschah“ zu Beginn des Romans lieber gewesen.

Ich muss es auch ehrlich zugeben: In diesem zweiten Band fehlt mir der Charme der Reihe. In Band eins stehen sympathische, kämpferische Frauenfiguren im Fokus. Nun dreht sich alles um den selbstgefälligen Helden Prytos, der zudem die Dynamik zwischen den Prinzessinnen verändert, denn nicht alle von ihnen sind einverstanden, ihn während seiner „Abenteuer“ zu beschützen. Zudem hatte ich das Gefühl, dass die Prinzessinnen sich teilweise ganz anders verhalten, als der Autor es im ersten Band aufgebaut hat.

Auch der Handlungsverlauf hat leider seine Schwächen. Unsere Charaktere reisen von Punkt A, nach B, nach C, nach D und treffen auf die unterschiedlichsten Monster. Erst später kommt eine tatsächliche Aufgabe und damit ein Spannungsbogen hinzu und auch Prytos erhält ein etwas runderes Profil. Das Ende lässt schließlich mindestens einen weiteren Band plausibel erscheinen – da hoffe ich dann auf die Rückkehr zu den Qualitäten von Band 1.

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Veröffentlicht am 07.01.2024

Drei Perspektiven, aber keine Antworten

Chrysalis
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Eines Tages taucht die namenlose Protagonistin im Fitness-Studio auf. Sie will ihren Körper völlig verändern, will stärker und muskulöser werden. Nach und nach lernen wir sie aus drei unterschiedlichen ...

Eines Tages taucht die namenlose Protagonistin im Fitness-Studio auf. Sie will ihren Körper völlig verändern, will stärker und muskulöser werden. Nach und nach lernen wir sie aus drei unterschiedlichen Perspektiven kennen: Elliot, der im selben Studio trainiert und von ihr fasziniert ist. Bella, ihre Mutter, die uns erzählt, wie ihre Tochter aufgewachsen ist und womit sie zu kämpfen hatte. Und schließlich Arbeitskollegin und Freundin Susie, die sie nach einer Trennung bei sich aufnimmt.

„Chrysalis“ ist der erste Roman der britischen Autorin Anna Metcalfe, deren Erzählungen bereits veröffentlicht und preisgekrönt wurden; die deutsche Übersetzung stammt von Eva Bonné. Jede der drei Erzählperspektiven ist in der Ich- und Vergangenheitsform geschrieben und gibt den Blick auf die Abgründe der Figuren frei. Elliot ist unangenehm, geradezu ein Stalker, der aus einer ersten Begegnung gleich eine besondere Beziehung ableitet. Bella zeigt sich mit der Fürsorge für ihre Tochter überfordert, zugleich fällt es ihr schwer, sie loszulassen. Und Susie geht völlig darin auf, die neue Mitbewohnerin zu verwöhnen und mit Geschenken zu überhäufen.

Doch was wissen wir wirklich über die Protagonistin? Nach einen traumatischen Beziehung, die sie selbst jedoch verharmlost, beschließt sie, ihren Körper zu stählen – was der Trainer im Fitness-Studio erst einmal nicht glauben will, denn wenn Frauen Sport machen, dann doch um abzunehmen, oder? Unsere Heldin will noch dazu von niemandem mehr abhängig sein und so stößt sie alle drei Erzähler*innen nach und nach von sich, um am Ende nur noch von ihren Fans für ihre Social Media-Kunst verehrt zu werden.

Man könnte denken, die drei unterschiedlichen Perspektiven würden ein Gesamtbild der Hauptfigur zusammensetzen, aber eigentlich ist es noch lückenhafter als zuvor. Ihren Wunsch konnte ich nach dem, was sie erlebt hat, verstehen, nicht aber, wie sie selbst Menschen bewusst verletzt. Noch dazu scheint sie auch der Kontrast nicht zu stören, dass sie zwar einerseits niemanden um sich haben will, dann aber doch ihr ganzes künstlerisches Sein auf anderen aufbaut: Elliot liefert die Idee, Susie die Requisiten und Bella das Geld. Mir fehlt hier konkret die Perspektive der Protagonistin, um diese Widersprüche aufzulösen oder zumindest zu verstehen.

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Veröffentlicht am 04.01.2024

Klassischer Krimi in geschichtsträchtigem Setting

Mit dem Schnee kommt der Tod
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Dezember 1938. Eigentlich soll es ein ruhiges Weihnachtsfest werden, doch dann landen Josephine Tey, ihre Partnerin Marta und Detective Chief Inspector Archie Penrose auf der kleinen Insel St. Michael‘s ...

Dezember 1938. Eigentlich soll es ein ruhiges Weihnachtsfest werden, doch dann landen Josephine Tey, ihre Partnerin Marta und Detective Chief Inspector Archie Penrose auf der kleinen Insel St. Michael‘s Mount in Cornwall. Dort sollen eigentlich in illustrer Runde Spenden gesammelt werden und sogar Marlene Dietrich ist als Gast vor Ort. Als jedoch innerhalb kürzester Zeit zwei Morde geschehen und die Insel wegen des schlechten Wetters vom Festland abgeschnitten ist, muss Penrose ohne Unterstützung von Außen ermitteln.

„Mit dem Schnee kommt der Tod“ ist bereits der 9. Band der britischen Autorin Nicola Upson um ihre Protagonistin Josephine Tey. In diesem Zusammenhang nochmal eine kurze Bitte: Liebe Verlage, bitte gebt doch an, wenn ihr irgendwo mitten in der Reihe eine Serie übersetzen lasst, weil bestimmte Fälle so schön zu manchen Feiertagen passen – danke! So wurde ich nämlich recht abrupt in eine Figurenkonstellation geworfen, von der ich nicht weiß, wie sie zustande kam oder wer die ermittelnden Figuren eigentlich sind.

Der Fall ist aber natürlich auch ohne diese Zusammenhänge zu verstehen und kommt recht klassisch mit einem abgeschotteten Tatort und einer Runde voller seltsamer verdächtiger Gäste daher. Das Setting kurz vor Ausbruch des 2. Weltkriegs gibt dem Fall außerdem eine weitere spannende Dimension, denn Marlene Dietrich sieht sich den Wünschen und Projektionen der Nationalsozialisten ausgesetzt und auch das weitere Schicksal von St. Michael‘s Mount scheint ungewiss. Interessant an der Kriminalhandlung ist zudem, dass wir einen der beide Morde live miterleben und daher auch von Anfang an klar ist, wer es getan hat. Das hatte ich mir zunächst langweilig vorgestellt, das Gegenteil war dann aber der Fall.

Mir hat „Mit dem Schnee kommt der Tod“ sehr gut gefallen, weil die Handlung viele Elemente enthält, die ich an Krimis schätze. Allerdings möchte ich nun mit der Reihe noch einmal von vorne beginnen, um einen Bezug zu den Figuren zu gewinnen. Josephine Tey als eigentliche Ermittlerin trug nur wenig zur Aufklärung des Falles bei, was den Lesespaß jedoch nicht trübt.

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Veröffentlicht am 30.12.2023

Wut zur Veränderung

»Was wollt ihr denn noch alles?!«
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2022 veröffentlichte Alexandra Zykunov ihr erstes Buch „Wir sind doch alle längst gleichberechtigt“, in dem sie 25 „Bullshitsätze“ zur Gleichberechtigung zerlegte. Nun ist mit „Was wollt ihr denn noch ...

2022 veröffentlichte Alexandra Zykunov ihr erstes Buch „Wir sind doch alle längst gleichberechtigt“, in dem sie 25 „Bullshitsätze“ zur Gleichberechtigung zerlegte. Nun ist mit „Was wollt ihr denn noch alles?“ quasi eine Fortsetzung erschienen, in der sie weitere Zahlen, Studien und Absurditäten präsentiert, die zeigen, wie Frauen in Deutschland systematisch benachteiligt werden.

Die Autorin startet zunächst mit einem Disclaimer, dass sie „Frauen“ und „Männer“ in diesem Buch verallgemeinernd verwendet und hierdurch andere Identitäten, Beziehungsmodelle etc. nicht ausgeblendet werden sollen. Anschließend folgt ein Kapitel zu Wikipedia, das eigentlich für die gesamte Problematik steht: 90% der Autor*innen sind dort Männer und entscheiden, wer einen Eintrag „verdient“. Überraschung: Das sind nur wenige Frauen und ebenso wenige People of Colour.

Im weiteren Verlauf reißt Zykunov so viele wichtige Dinge an, dass ich sie gar nicht alle benennen kann. Hier also nur einige Beispiele: Eine Ehe ist umso stabiler, je weniger die Frau verdient und je mehr sie (im Vergleich zum Partner) verdient, desto mehr Arbeit übernimmt sie im Haushalt. Absurd, oder? Aber es geht weiter: 90% der Menschen (ja, auch Frauen) haben Vorurteile gegenüber Frauen und eine Studie zeigt, dass wir es grundsätzlich fair finden, wenn ein Mann bei gleicher Leistung und gleicher Qualifikation mehr verdient. Bitte?

In der zweiten Hälfte des Buches geht es konkret um Care-Arbeit, z.B. um das Elterngeld, das seit Einführung nicht erhöht wurde, um die Masse an unbezahlter Fürsorgearbeit, die Frauen leisten – egal ob für Kinder oder Ältere. Beim Blick auf ihre Rente sagt man(n) ihn aber dann, sie hätten eben „einfach mehr arbeiten müssen“. Doch was will Zykunov eigentlich mit dem Buch bezwecken? Sie will wachrütteln, Denkansätze geben (bezahlte Care-Arbeit, Elterngeldreform usw.) und vor allem an die Männer appellieren: Wie können sie z.B. einfach so hinnehmen, dass ihre Mütter, Frauen oder Töchter ein 32% höheres Sterberisiko haben, wenn sie von einem Mann operiert werden?

Fazit: Ein Buch, das wütend macht. Diese Wut ist aber zur Veränderung notwendig.

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Veröffentlicht am 26.12.2023

Beunruhigend plausible Dystopie

Endling
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2041. Zoe ist Biologin und vor einigen Jahren nach München gezogen, wo sie Käfer erforscht. Doch dann erreicht sie ein Anruf ihrer Mutter, die ihr mitteilt, dass sie in „Reha“ muss und jemand sich um Zoes ...

2041. Zoe ist Biologin und vor einigen Jahren nach München gezogen, wo sie Käfer erforscht. Doch dann erreicht sie ein Anruf ihrer Mutter, die ihr mitteilt, dass sie in „Reha“ muss und jemand sich um Zoes Teenager-Schwester Hanna und ihre Tante Auguste kümmern muss. So reist Zoe in die Heimat, wohl wissend, dass die „Reha“ ihrer Mutter ein Alkoholentzug ist und Tante Auguste schon lange nicht mehr das Haus verlässt. Als jedoch deren Freundin Sophie verschwindet, brechen die drei zu einem wahnwitzigen Roadtrip auf – im Gepäck Weinbergschnecke HP14, ein „Endling“, also die letzte ihrer Art.

„Endling“ ist der 3. Roman von Jasmin Schreiber und eine Dystopie der besonderen Art. Wir befinden uns nämlich in einer durchaus möglichen nahen Zukunft, die von Pandemien, dem Artensterben und repressiven Maßnahmen gegen Frauen geprägt sind. Da Schreiber selbst Biologin ist, gelingt es ihr, ein glaubhaftes Szenario zu erschaffen, was mit der Natur passieren wird, wenn wir so weiterleben, wie bisher. Erzählen lässt sie dabei ihre Protagonistin Zoe in der Ich- und Vergangenheitsform; jedes Kapitel ist mit dem Namen einer Tierart überschreiben, die darin irgendeine Rolle spielt.

Zoes familiäre Situation ist kompliziert. Ihr Vater verstarb während der vorletzten Pandemie, was jedes Familienmitglied auf eigene Art und Weise aus der Bahn warf. Als nun Zoe, Hanna und Auguste zu ihrer Reise aufbrechen, kommen all diese Erinnerungen und die damit verbundenen Ängste wieder ans Tageslicht. Die drei Frauen bewegen sich dabei durch eine neue Welt, in der große Teile der Natur und damit auch der Arten verlorengegangen sind. Doch in den dunklen Wäldern Schwedens entdecken sie einen Ort, an dem alles anders zu sein scheint.

Jasmin Schreiber ist eine ungemein plausible Dystopie gelungen, die mich persönlich mehr gegruselt hat, als ein Horrorroman oder Thriller. Denn auch ohne Biologin oder Politikwissenschaftlerin zu sein, scheint alles beunruhigend möglich zu sein. Spaß machen dazwischen die von der Autorin eingebauten Easter Eggs zu Privatleben und Werken, denn wir treffen auch alte Bekannte wieder.

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