Selten hat mich ein Buch so schnell und so sehr begeistert
Der letzte erste BlickZuerst war da natürlich das Cover, was sonst. Ich bin nun mal jemand, der sich zumindest bei Büchern gern auch mal vom Äußeren täuschen lässt. Hier gefiel mir, dass es schwarz-weiß gestaltet war und nur ...
Zuerst war da natürlich das Cover, was sonst. Ich bin nun mal jemand, der sich zumindest bei Büchern gern auch mal vom Äußeren täuschen lässt. Hier gefiel mir, dass es schwarz-weiß gestaltet war und nur durch kleine, dezente Farbtupfer lebendig wurde. Es wirkt ruhig, gelassen, aber nicht bleich. Gleichzeitig ist eine innige Umarmung abgebildet (in der sich der Kerl hinunterbeugt und sich das Mädel nicht hochrecken muss, diese Emanipation ist selten auf Buchcovern!), wodurch eine Art Wärme transportiert wird. Ich kann es schwer beschreiben, meinen Gefallen hat es jedenfalls gefunden. Die Leseprobe hat mir den Rest gegeben, sodass ich das Buch einfach lesen MUSSTE. Ich liebe das Sprichwort „Was sich liebt, das neckt sich“ und schon von Anfang an war klar, dass das quasi das Motto von Der letzte erste Blick sein würde. Übrigens bekommt der Titel im letzten Drittel seine Bedeutung, es geht also nicht nur darum, die Leser mit einem möglichst mysteriösen Satz einzufangen. ?
Protagonisten
Emery ist ein Mädchen, das ich mir nicht besser hätte ausdenken können. Genau genommen hätte ich nichts dagegen, sie als beste Freundin zu haben. Sie hatte es beileibe nicht leicht im Leben, hat aber einen Weg gefunden, damit zurecht zu kommen und weiter zu machen. Sie umgibt sich mit den richtigen Leuten und findet in Dylan jemanden, der wie für sie gemacht ist. Gleichzeitig weiß sie sich zur Wehr zu setzen und sorgt mit einem Schlag auf die jetzt blutige Nase ihres nagelneuen Mitbewohners dafür, dass ich sie seit den ersten Sätzen dieses Buches liebe. Ich kann einfach nicht anders. Bei Dylan ging es mir genau so: Kaum taucht er auf der Bildfläche auf, ist es um mich geschehen. Das ist etwas ganz Besonderes und ich verehre Bianca Iosivoni beinahe dafür, dass sie mir diese beiden Charaktere vorgestellt hat. Natürlich ist von Anfang an klar, dass die beiden miteinander glücklich werden – schließlich ist das der Sinn dieses ganzen Romans. Die Entwicklung ihrer Beziehung ist allerdings ebenso besonders wie die Protagonisten selbst.
Handlung
Wir beginnen mit einem wortwörtlichen Schlagabtausch, den sich unsere Protagonistin liefert, setzen die Geschichte mit vielen einfallsreichen Streichen fort und enden irgendwie in einer tollen, authentischen Liebesgeschichte. Das ist genau der Stoff, den ich mir von Romanen wie diesem erhoffe und viel zu selten bekomme. Ich selbst neige dazu, dieses Heck-Meck mit meinen Mitmenschen zu treiben, das auch Emery und Dylan verbindet, wobei es bei mir nie in Klamotten-Klau oder Manipulation der Fernbedienung (ich wünschte, das wäre mir in einer bestimmten Situation eingefallen!) endet. Deshalb gefällt mir dieser rote Faden, der sich durch die Geschichte zieht, sehr gut: ich kann es nachvollziehen. Sie zeigen gegenseitiges Interesse und auch eine gewisse Nähe. Um diese Streiche zu spielen, müssen sie sich schon recht gut kennen und auch vertraut miteinander sein. Das gefällt mir besonders gut: Diese Nähe zwischen Emery und Dylan wird unter anderem durch diese Streiche sehr deutlich, sodass ständige Sexszenen – die übrigens auch überhaupt nicht zum Rest der Geschichte gepasst hätten – überflüssig werden. Sex ist nur dann eingesetzt, wenn er passt und absolut in eine Szene gehört. Allein das hebt Den letzten ersten Blick schon von anderen Romanen dieses Genres ab, die leider viel zu häufig in die Erotik-Schublade greifen, um Nähe oder Liebe auszudrücken. Ja, natürlich spielt Sex auch hier eine Rolle, die Charaktere sind schließlich in den ersten Collegejahren. Aber das ist eher unterschwellig und sehr dezent, nicht „in your face“. Mir fällt einfach keine bessere Beschreibung ein, aber ich bin begeistert. Die Beziehung zwischen Emery und Dylan entwickelt sich so natürlich, dass ich im Grunde gar nicht mitbekommen habe, dass sie plötzlich ein Paar wurden. Und auch das ist ein riesiger Pluspunkt, denn mal ehrlich: Stellt sich nicht jeder an einem gewissen Punkt einer Beziehung die Frage nach dem Etikett? „Was sind wir eigentlich? Freunde, gute Freunde, Freunde mit gewissen Vorzügen, ein Paar, ein nicht ganz so monogames Paar?“ Es gibt so viele Varianten und selten ist klar, wo man gerade steht. Es spielen ja immer zwei mit und die haben nicht immer dieselbe Ansicht. Dieser Aspekt ist nicht durch ständige Selbstzweifel oder so in die Geschichte eingebaut worden, sondern die Übergänge zwischen „Wir kennen uns gerade mal fünf Minuten“ über „Ich glaub, ich kann dich ganz gut leiden“ bis zu „Mensch, ich hab dich verflixt gern“ verlaufen so fließend, dass man sie beim Lesen kaum mitbekommt. Das liegt nicht zuletzt am Stil der Autorin, aber dazu später mehr. Emery und Dylan haben natürlich – wie sollte es anders sein, schließlich müssen ein paar Klischees des Genres ja doch erfüllt werden – jeweils ein Päckchen zu tragen. Bei Emery ist es ein Ereignis aus der Vergangenheit, das sie gewissermaßen sogar wortwörtlich verfolgt, Dylan trägt ein Geheimnis und eine Aufgabe mit sich herum. Und ja, es ist ein Klischee. Klischees müssen aber nicht immer schlecht sein. In diesem Fall finde ich die Hintergrundgeschichte nicht nur angemessen, sondern notwendig, um ein paar Wendungen einzubauen. Und was das für Wendungen sind! Manche Dinge habe ich kommen sehen, andere haben mich total von den Socken gehauen. Fest steht, dass ich mir so manche Träne nicht verdrücken konnte, während ich an anderen Stellen wegen meiner Lachanfälle von Mitreisenden in der Bahn schief angeschaut wurde. Mehr verlange ich nicht von einem Buch!
Schreibstil
Durch ihre Art, die Dinge auf den Punkt zu bringen und dabei das Drumherum auch noch so gut zu beschreiben, dass ganz leicht Bilder in meinem Kopf entstehen, hat mich die Autorin um ihren kleinen Finger gewickelt. Das ging ratzfatz. Mal ganz abgesehen von der Storyline, die ich, wie ihr vielleicht schon mitbekommen habt, liebe, bildet sie durch ihre Worte und die Art, damit umzugehen, der Geschichte einen so tollen Rahmen, dass ich einfach nicht anders kann, als diesen Kettensatz zu formulieren, weil ich gar nicht weiß, wie ich meine Begeisterung sonst ausdrücken soll!
Ich bin fast ein bisschen traurig, Emery und Dylan verlassen zu müssen. Gerade die letzte Szene hat mir noch ein abschließendes Lächeln ins Gesicht gezaubert. Wenigstens wird es zumindest einen weiteren Band um die Clique geben und die Chancen, dass diese beiden uns als Nebenfiguren erhalten bleiben, stehen gut. Ich bin also gespannt und werde den Wartezeitraum zum nächsten Band Der letzte erste Kuss vermutlich mit weiteren Geschichten aus Bianca Iosivonis Feder überbrücken.
Fazit
Selten hat mich ein Buch so schnell und so sehr begeistert, obwohl ich mit recht niedrigen Erwartungen an es herangetreten bin. In diesem Genre ist es eben schwer, hervorzustechen. Bianca Iosivoni hat es geschafft und ich bin sehr gespannt auf Band zwei!