Die kleine literarische Apotheke – nette Idee, aber eine schlechte Ausführung
Die kleine literarische ApothekeIch habe dieses Buch gesehen und fand die Idee super! Eine Buchhandlung, in welcher Bücher nach Gefühlszustand empfohlen und verkauft werden? Ich wusste, dass ich da mehr drüber lesen wollte, vor allem, ...
Ich habe dieses Buch gesehen und fand die Idee super! Eine Buchhandlung, in welcher Bücher nach Gefühlszustand empfohlen und verkauft werden? Ich wusste, dass ich da mehr drüber lesen wollte, vor allem, weil ich selber oft Bücher lese, die irgendwie zu meiner Stimmung passen. Also habe ich mich für die Leserunde beworben, bin angenommen worden und habe mich richtig auf diese augenscheinlich außergewöhnliche Geschichte gefreut.
Leider musste ich ziemlich schnell feststellen, dass das Buch meine Erwartungen nicht erfüllen konnte. Und dass, obwohl diese nicht sonderlich hoch waren. Ich war schließlich einfach nur neugierig, wie die Protagonistin Blu zu ihrer kleinen literarischen Apotheke kommt und wie sich die Idee dazu entwickelt. Allerdings drehte sich die Geschichte von Anfang an eher um Blus Freundschaften und ihr Liebesleben und die Buchhandlung, Blus großer Traum, spielte nur eine nebensächliche Rolle.
Blu, eine Frau um die Dreißig, steht mit ihrer herkömmlichen Buchhandlung zu Beginn des Romans kurz vor dem Aus und sucht verzweifelt nach einer rettenden Lösung hinsichtlich ihrer finanziellen Probleme. Nach und nach entwickelt sie nach einer Anmerkung eines Kunden die Idee, eine Art Apotheke zu eröffnen, in der sie ihre Bücher als Heilmittel für bestimmte Probleme deklariert, sie mit Beipackzetteln versieht und so den Käufern helfen kann. Da sie sich bei eben diesem Kunden für den Tipp bedanken will, begibt sie sich auf die Suche nach dem scheinbar unauffindbaren Mann, in welchen sie sich Hals über Kopf verliebt hatte. Die Suche gestaltet sich jedoch um einiges schwieriger als erwartet und neben ihrem stressigen Job kommen nach und nach noch einige weitere Probleme hinzu, mit welchen die junge Frau zu kämpfen hat.
Mir persönlich war allein das Lesen über all diese Probleme zu viel. Ständig kamen irgendwelche neuen Dramen auf, die dann aber innerhalb von ein paar Seiten wieder abgeharkt wurden. Nicht ein einziges Problem bildete eine konstante Nebenhandlung und es wirkte eher so, als sollte einfach alles einmal zur Sprache kommen. Dieses kurze Anreißen von teilweise sehr wichtigen Themen war in meinen Augen ein großer Fehler. Es wurde auf teils sehr emotionale Themen hingewiesen, welche wesentlich sanfter hätten behandelt werden müssen und ich persönlich empfinde die Art, wie diese Themen in dem Buch angesprochen und meist ungeklärt wieder „vergessen“ wurden, ein Unding, besonders da es zuvor keine Triggerwarnung oder anderweitige Hinweise gegeben hat.
Ein weiterer Störfaktor in für mich war die Protagonistin selber. Sie wirkte auf mich sehr naiv und zynisch. Die Art, wie sie über andere Menschen geurteilt hat, ohne diese wirklich zu kennen (z.B. „Obdachlos“, „Assi“, „Hackfresse“) fand ich sehr unsympathisch und auch ihre gut gemeinten Ratschläge konnten diesen Eindruck nicht aufbessern.
Der letzte Punkt, welcher mich gestört hat, hängt mit dem letzten zusammen. Der Schreibstil der Autorin konnte mich nicht wirklich überzeugen. Die oben genannten Ausdrücke stellen nur eine Auswahl dar, passten aber allesamt nicht zum restlichen Stil des Romans. Manch andere Verwirrung oder Wortwahl sind zwar vermutlich der Übersetzung aus dem Italienischen geschuldet, jedoch war das Gesamtbild für mich einfach nicht stimmig.
Abgesehen davon war sowohl die Handlung als auch der Schreibstil sehr verwirrend. Vielleicht war es auch die Kombination aus dem großen Ganzen, durch welche es mir schwerfiel, dem Geschehen zu folgen… ich weiß es nicht. Ich hatte während des Lesens dauernd das Gefühl, dass ich nicht wirklich durchblicke und habe oft vergessen, wie das Kapitel anfing, da so viele Zeit- und Gedankensprünge stattgefunden haben, dass ich einfach nicht mehr nachvollziehen konnte, wo sich die Protagonistin gerade wirklich befindet.
Achtung Spoiler! (Das Fazit ist wieder spoilerfrei und ich habe es kenntlich gemacht)
Um meinen Kritikpunkt des Themenanreißens noch einmal genauer zu erklären werde ich hier die für mich gravierendsten Beispiele benennen.
Das erste Mal mir das Anreißen negativ aufgefallen ist, hatte Blu eine Panikattacke, welche aufgrund einer früheren Angststörung zum Vorschein kam. Nach wenigen Seiten war diese Panik beruhigt und das Thema wurde nicht wieder angesprochen. Dem Leser wird hier in meinen Augen vermittelt, dass eine solche Angststörung leicht zu überwinden ist.
Das zweite Thema was mehr ausgeführt werden sollte, ist das Thema Krebs. Ich persönlich fand es eher unpassend, dass dieses Thema auch noch angesprochen wurde, da es einfach zu viel Drama war und es für die Entwicklung der Geschichte keine Rolle gespielt hat. Dennoch, wenn man Krebs thematisiert, ist es nicht damit getan zu schreiben, dass Untersuchungen stattfinden und sich die Menschen um die erkrankte Person kümmern. So ein emotionales Thema, welches unglaublich viele Menschen belastet muss wesentlich feinfühliger behandelt werden, als es hier geschehen ist.
Punkt drei ist erneut ein psychisches Problem welches angesprochen, jedoch nicht einmal ansatzweise geklärt wird. Im letzten Kapitel des Buches stellt sich heraus, dass sich Blu durch den ganzen Stress Personen und Dinge eingebildet hat. In meinen Augen ist dies ein großes Problem, welches ernst zu nehmen ist und dementsprechend behandelt werden sollte. In dem Buch wird es jedoch einfach von der Protagonistin hingenommen und alles ist wieder gut. Nicht einmal ihren besten Freunden erzählt sie davon, weil sie sich schämt. So eine psychische Belastung sollte jedoch niemals auf die leichte Schulter genommen werden und kein Buch der Welt sollte vermitteln, dass man sich dafür schämen muss oder die Krankheit einfach wegwischen kann. Für mich ein absolutes NoGo!
FAZIT
Die Idee zur kleinen literarischen Apotheke (welche es übrigens wirklich in Florenz gibt) finde ich super interessant, leider wurde das Potential in meinen Augen jedoch nicht genutzt. Ich fand das Buch sehr verwirrend, die Protagonistin unsympathisch und die Handlung hatte wenig mit der Buchhandlung selbst zu tun. Ein großer Kritikpunkt ist in meinen Augen das Anreißen von sehr wichtigen, emotionalen Themen, welche meiner Meinung nach nicht korrekt behandelt wurden und ein falsches Bild von eben diesen Themen rüberbringt. Ich kann das Buch leider nicht empfehlen.