Kind, versprich mir, dass du dich erschießt
Kind, versprich mir, dass du dich erschießtNach dem zweiten Weltkrieg nahmen sich 1945 tausende Menschen das Leben. Eltern töteten ihre Kinder, Kinder ihre Eltern, bevor sie sich selbst umbrachten. Ganze Familien löschten sich auf diese Art selbst ...
Nach dem zweiten Weltkrieg nahmen sich 1945 tausende Menschen das Leben. Eltern töteten ihre Kinder, Kinder ihre Eltern, bevor sie sich selbst umbrachten. Ganze Familien löschten sich auf diese Art selbst aus. Aber warum taten sie das? Stellten sie sich ihre Zukunft so düster vor, dass ein Weiterleben nicht vorstellbar war? Historiker Florian Huber zeigt einen Einblick in das Denken und Fühlen der damaligen deutschen Bevölkerung.
Das Buch ist in vier Teile gegliedert. Zu Beginn wird der Leser langsam an die Geschehnisse des Jahres 1945 in dem Ort Demmin herangeführt, danach auch an verschiedene Orte in ganz Deutschland. Immer wieder stellt sich die Frage, warum die Menschen sich nach Ende des Dritten Reiches das Leben nahmen.
Einen Einblick in das damalige Zeitgeschehen gibt es im dritten Teil. Dieser beschäftigt sich mit der Zeit zwischen beiden Weltkriegen und wie es den Menschen erging. Beim Lesen dieses Teiles kommt ein wenig Hintergrundwissen, welches eine Ahnung davon liefert, was die Menschen erlebten und ihr Denken beeinflusste. Ihre Ängste und die Wut über den verlorenen Krieg trieben sie in die Arme von Personen, die ihnen von einer neuen besseren Welt erzählten. Viel zu gerne glaubte die große Masse ihnen, dass das Leben in Deutschland wieder gut werden würde. Tatsächlich wurde es dies für die meisten auch. Kann ein Mensch, der dem Volk soviel Gutes tut, ein schlechter Mensch sein?
Der vierte Teil erläutert den Umgang bzw. Nichtumgang der Bevölkerung im neuen Deutschland mit ihrer Vergangenheit im Dritten Reich. Plötzlich waren die Deutschen die Opfer des Krieges, und die Alliierten die Befreier des armen deutschen Volkes. Das Grauen wurde von anderen Menschen verübt, und die Selbstmorde wurden totgeschwiegen.
„Kind, versprich mir, dass du dich erschießt“ bietet einen Einblick in das Denken und Fühlen der damaligen Zeit. Das Buch wird von denen erzählt, die sie erlebten. Es basiert auf Tagebüchern, Briefen, Berichten und Erinnerungen. Die Texte sind gut zu lesen und erreichen den Leser emotional, denn die Gedanken und Gefühle der Menschen zwischen den Weltkriegen sind keineswegs nur Geschichte.
Das Buch fordert seinen Leser heraus, über die Vergangenheit nachzudenken. Die Jahre 1933 bis 1945 können sich immer wieder, überall und in ähnlicher Form wiederholen und Menschen ihre Zukunft nehmen. Insbesondere der dritte Teil zeigt auf, wie einfach und schnell sich Menschen verführen lassen.
Oft musste ich eine Lesepause einlegen, um das Gelesene sich setzen zu lassen. Das Buch ist definitiv keine leichte Kost. Der Fokus auf die Selbstmorde und wie es überhaupt so weit kommen konnte ist eine andere Sichtweise auf diese Zeit. In vielen anderen Büchern taucht dieser Abschnitt der deutschen Geschichte entweder gar nicht oder nur als Randnotiz auf.