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Nilchen

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 18.04.2017

Rasant, unterhaltsam auf gelungene niveauvolle Art

Durch Nacht und Wind (Goethe und Schiller ermitteln)
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Darauf muss man erst einmal kommen! In diesem feinen kleinen Buch treten Goethe und Schiller als Detektiv-Duo auf, eine Art deutscher und früher Sherlock Holmes mit Dr. Watson. Stefan Lehnberg hat in seinem ...

Darauf muss man erst einmal kommen! In diesem feinen kleinen Buch treten Goethe und Schiller als Detektiv-Duo auf, eine Art deutscher und früher Sherlock Holmes mit Dr. Watson. Stefan Lehnberg hat in seinem kriminalistischen Werk „Durch Nacht und Wind“ diese wunderbare Idee toll umgesetzt.
Goethe und Schiller werden von einem Großherzog auf sein Anwesen geholt, da der Großherzog zutiefst beunruhigt ist, er erhielt ein Schreiben in dem ihm offenbart wird ein Smaragdring in seinem Besitz sei verflucht! Natürlich gibt es Tote, natürlich wollen Goethe und Schiller das ganze aufdecken und natürlich schaffen es die beiden auch.
Stefan Lehnberg spielt nicht nur mit den historischen Gegebenheiten sondern auch vortrefflich mit der Sprache. Da das ganze wie eine Dokumentation aus der Feder von Schiller scheinen soll, ist es zunächst Gewöhnungsbedürftig in die Sprache einzutauchen, aber wenn man einmal drin ist, legt man das Buch nicht mehr zur Seite. Witzig auch die alt wirkende Schreibweise an der einen oder anderen Stelle wie ‚sey‘ statt ‚sei‘ oder ‚Thüre‘ statt ‚Türe‘.
Für alle Kenner und Liebhaber von Goethe und Schiller sind auch die Referenzen auf Werke und Theaterstücke reizend eingebaut.
Meine Lobeshymne gilt bei diesem feinen Bändchen auch dem Verlag, denn der Band ist sehr schön gestaltet ohne Schutzumschlag, gleich in das Leinen geprägt. Auch schön leicht und ein guter Seitenaufbau.
Fazit: Toll! Ich kann es nur empfehlen. Es ist rasant, unterhaltsam auf gelungene niveauvolle Art und Weise!

Veröffentlicht am 23.02.2017

Spannend bis zur letzten Seite!

Das Buch der Spiegel
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Auch wenn ich mit Schlagwörtern wie „Pageturner“ und „spannungsgeladen bis zur letzten Seite“ nicht sonderlich gerne benutzte hier trifft es zu! Ein Buch das nicht in das klassische Genre Kriminalliteratur ...

Auch wenn ich mit Schlagwörtern wie „Pageturner“ und „spannungsgeladen bis zur letzten Seite“ nicht sonderlich gerne benutzte hier trifft es zu! Ein Buch das nicht in das klassische Genre Kriminalliteratur passt, aber auch kein einfacher Roman. Eine Schublade gibt es für dieses Werk nicht und das ist schon mal der erste gute Grund es zu lesen.

E.O. Chirovici hat in „Das Buch Der Spiegel“ eine Geschichte erzählt, die eigentlich recht kurz ist, wenn man sie chronologisch hört und die Wahrheit kennt. Aber der Clou ist die Erzählweise der Geschichte, was der zweite Grund ist, dieses Buch zu lesen. Das Ereignis um das sich dieser Roman dreht passiert in den 1980er Jahren und wird nun in drei Teilen ans Licht gebracht von drei verschiedenen Erzählern, die sich die Geschichte gegenseitig übergeben. Es beginnt mit Peter Katz, einem Literaturagenten, der ein Manuskript sichtet, es gut findet und sich mit dem Autor in Verbindung setzen möchte…schon an der Stelle sollte nicht mehr verraten werden.
Jeder der drei Teile ist zudem aus einer anderen sehr persönlichen Sicht geschrieben. Jeder Teil hat die Geschichte als roten Faden, aber man lernt auch diese drei Menschen sehr gut kennen. Somit wird es nie langweilig, weil man zu Beginn jedes neuen Abschnitts wie neu beginnt und einen andere Perspektive einnimmt. Aber der Vorteil ist, dass jede neue „Runde“ mit mehr Informationen beginnt. Die Verwirrung wird aber wirklich fast auf der letzten Seite erst aufgelöst.

Der dritte gute Grund diesen Roman zu lesen ist die flüssige Sprache. Natürlich auch auf Grund der guten Übersetzung von Silvia Morawetz und Werner Schmitz. Sprachlich gibt es einige Stellen, die höchst interessant sind und auch das Zitatpotential ist hoch wie beispielsweise: „Zuweilen sind die Toten stärker als die Lebenden“ (Seite 25).

Fazit: Inhalt gut – Schreibstil gut – Plot gut – wenig Blut mit viel Spannung = Was will man mehr? Ich empfehle diesen Roman allen die gerne eine Kombination aus Whodunits und guter Literatur lesen möchten.

Veröffentlicht am 30.12.2016

Wahnsinn! Einer der besten Romane aus 2016!

Im Sommer wieder Fahrrad
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Man nehme eine Berliner Schnauze mit Herz am rechten Fleck und einem großen Schreibtalent schüttle gut und man erhält den tolle Roman: "Im Sommer wieder Fahrrad" von Lea Streisand.

Von den viele Romanen, ...

Man nehme eine Berliner Schnauze mit Herz am rechten Fleck und einem großen Schreibtalent schüttle gut und man erhält den tolle Roman: "Im Sommer wieder Fahrrad" von Lea Streisand.

Von den viele Romanen, die ich in 2016 gelesen habe, ist dies recht spät hinzugekommen, aber definitiv unter den Top 5 des Jahres!
Lea Streisand hat mit ihrem Debüt "Im Sommer wieder Fahrrad" ein phänomenal überzeugendes Werk geschaffen!

Es ist ein autobiografisches Buch über die Krebserkrankung der Autorin mit Anfang 30 und die Lebensgeschichte ihrer Großmutter, einer Lebefrau des Theaters in Ost-Berlin. Eine gewagte, aber gelungene Kombination.
Geschichten der Chemotherapie haben an sich viel Trauer- und Tragikpotential und laden ein über die eigenen Sterblichkeit zu sinnieren, aber Lea Streisand schafft es einerseits ungeschminkt ihr Leid dazustellen und zur gleichen Zeit wahnsinnig humorvoll zu beschreiben was vor sich geht.
Das Leben der Oma ist einfach ein Knaller! Wie eine Wundertüte des Lebens in dem eine furchtlose Frau alle Gelegenheiten am Schopf packt. Sehr erfrischend!

Ich freue mich Lea Streisand für mich entdeckt zu haben und würde mich sehr freuen, wenn der Fankreis weiter wächst!

Es loht sich auf die Autorin bei YouTube zu stalken, den sie ist ein Highlight zum Lauschen! Und für alle die den Luxus haben in Berlin zu sein: geht zu Ihren Lesebühnen!

Fazit: So viel Schnoddrigkeit in guter Literatur habe ich selten gelesen. Für meine Berliner Seele ein Happening der besonderen Art. Unglaublich gut und mit ganz viel Berliner Charme! Unbedingt lesen!

Veröffentlicht am 24.11.2016

Seit langem mal wieder ein Krimi den ich inhaliert habe!

Der Angstmann
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"Der Angstmann" von Frank Goldammer ist der erste Fall für Kriminalinspektor Max Heller. Der Krimi spielt im letzten Kriegswinter 1944/45 in Dresden und thematisiert gekonnt den Zustand der Stadt und seine ...

"Der Angstmann" von Frank Goldammer ist der erste Fall für Kriminalinspektor Max Heller. Der Krimi spielt im letzten Kriegswinter 1944/45 in Dresden und thematisiert gekonnt den Zustand der Stadt und seine Bewohner mit allen Aspekten der inneren Einstellung. Natürlich ist der rote Faden dieser Geschichte die Suche nach einem Mörder. Diesem bestialische Frauenmörder ist Max Heller auf der Spur, allerdings macht der Krieg und vor allem die verheerende Bombennacht vom 13. Feb 1945 macht es ihm nicht leicht weiter zu forschen.

Man findet sehr leicht in die Geschichte hinein und die Seiten fliegen nur so - ein wahrer Pageturner! Durch viel wörtliche Rede, (meist) kurze Kapitel und spannende Beschreibungen liest es sich wunderbar.
Mir war auch Max als Protagonist sehr sympathische.

Bisher hat Frank Goldammer zwei Regionalkrimis im Gmeiner Verlag veröffentlicht: "Revierkampf" und "Abstauber". Mit "Der Angstmann" hat er nun den renommierten dtv mit einer breiten Reichweite.

Ich freue mich schon auf den nächsten Fall von Max Heller und bedaure nur, dass er erst im Herbst 2017 erscheinen wird!

Fazit: Ein sehr unterhaltsamer Krimi mit tiefem Einblick in die Psyche der Deutschen zu Kriegende. Definitiv lesenswert!

Veröffentlicht am 30.10.2016

Schweizer Selbstbeherrschung par excellence

Und damit fing es an
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Der Roman beginnt in der Schweiz in den 40er Jahren der Nachkriegszeit. Der kleine Gustav wohnt mit seiner Mutter in ärmlichen Verhältnissen im Örtchen Matzlingen (nicht zu verwechseln mit Matzingen). ...

Der Roman beginnt in der Schweiz in den 40er Jahren der Nachkriegszeit. Der kleine Gustav wohnt mit seiner Mutter in ärmlichen Verhältnissen im Örtchen Matzlingen (nicht zu verwechseln mit Matzingen). Eine arme Familie, nicht nur mangelt es an Geld, auch an Zuwendung und Liebe. Der erste Abschnitt bringt uns den Protagonisten Gustav nahe und wie er seinen besten Freund, Anton, in der Grundschule kennenlernt. Ein jüdischer Junge aus gutem Hause, Vater Bankier und er selbst ein angehender Musiker mit viel Talent. Gustavs Mutter, Emilie, ist diese Freundschaft ein Dorn im Auge, da es ihr selbst und ihrem Jungen vor Augen führt was ihr nicht vergönnt war zu behalten. Auch der Umstand, dass die Familie jüdisch ist, spielt für Emilie eine Rolle.
Im zweiten Abschnitt geht die Geschichte weiter in die Vergangenheit und wir erfahren wie sich Gustavs Eltern kennenlernten und wie es zu den Verhältnissen kam in denen Gustav aufwuchs.
Eine spannende Erzählweise uns als Lesern nicht chronologisch den Lauf der Geschichte zu erzählen, sondern erst die Kindesjahre Gustavs und dann wie seine Eltern davor zueinanderstanden und wie alles so kam wie es eintraf. Eben: Und damit fing es an.
Übrigens heißt dieser Roman von Rose Tremain im Original ‚The Gustav Sonata‘. Auch sehr treffend und fast besser als der deutsche Titel.
Der dritte und letzte Abschnitt springt dann in die 90er Jahre und erzählt das Leben von Gustav und einigen anderen Personen, die man bis dahin kennenlernt weiter.
Dies ist ein wunderbar komponierter Roman über die Lebensgeschichte eines Mannes, der gefangen ist in der Schweizer Selbstbeherrschung. Das Prinzip der Kokosnuss, wie er es als Kind lernt, brennt sich ein. All das Gute schützen mit einem harten Verhalten nach Hause, bloß nicht aus der Rolle fallen. Zum Schluss ist klar was ihn ein Leben lang umtreibt.
Sprachlich toll umgesetzt mit all den feinen Nuancen. Erstaunlich ist, dass eine britische Autoren es schafft einen so schweizerischen Roman zu schreiben! Chapeau, das hat mir imponiert. Das dies der erste Roman der Autorin ist, den ich las, werde ich mir noch andere Werke von Rose Tremain zulegen.
Kurze Anmerkung noch zum Inhalt: Es gibt einige sexualisierte, explizite Strecken in dem Roman. Wer sich an so etwas stört, der sollte sich dessen bewusst sein. Es ist weder „billig“ eingebaut noch sonst irgendwie fehl am Platz, ganz im Gegenteil ohne diese Szenen wäre der Roman ein anderer.

Fazit: Ein Roman für Menschen, die gute Literatur schätzen!