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Nilchen

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 14.07.2021

Gehör schenken und echte Wahrnehmung zulassen

Drei Kameradinnen
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Der Roman beginnt mit einer Zeitungsmeldung in dem Saya zur Täterin eines Brandanschlags verurteilt wird. Dann tauchen wir ein und es beginnt mit drei Freundinnen, die auf einem Dach sitzen in der Nacht, ...

Der Roman beginnt mit einer Zeitungsmeldung in dem Saya zur Täterin eines Brandanschlags verurteilt wird. Dann tauchen wir ein und es beginnt mit drei Freundinnen, die auf einem Dach sitzen in der Nacht, zeitlich kurz nach dem Anschlag aber noch vor dem Druck der vorangegangenen Meldung. Dort sitzen sie: Hani, die wütende Saya und die Ich-Erzählerin Kasih. Drei Freundinnen, ja drei Kameradinnen. Wem der Titel geläufig ist und ihn eher ins Jahr 1936 verortet, liegt richtig, denn Erich Maria Remarque hat einen Roman mit exakt diesem Titel geschrieben. Eine Ehrung der Autorin an dieses immer noch sehr starke Buch auch wenn es mehr als 80 Jahre alt ist? Ich weiß es nicht, kann es nur vermuten.
Nun zurück zu den Dreien auf dem Dach: Gemeinsam aufgewachsen sind sie in „der Siedlung“ am Rand einer deutschen Stadt und sie eint die Ungerechtigkeit, sie eint der alltägliche Rassismus. Die Dynamik untereinander ist spannend, denn das verbindende Element des Alltagsrassismus ruft in jedem andere Reaktionen hervor, bezeugt andere Erlebnisse und es werden Wunden und Reibungen mit der Gesellschaft unterschiedlichster Art offengelegt.
Neben dem sehr zentralen Thema des Rassismus, dass die starke politische Komponenten in seiner gesellschaftlichen Dimension aufzeigt, geht es im Kern um diese drei Freundinnen. Der Roman beleuchtet, wie der Umgang untereinander ist, dass die Summe der Einzelnen erst ihre Freundschaft ausmacht.
Spannend ist es wie Shida Bazyar literarisch aufarbeitet was in Deutschland bittere Realität ist. Aber eben nur literarisch und mit Abstand, hier werden Akte des rechten Terrors wiedergegeben, sind Nahe an den echten Geschehnissen dran, aber hat keine Deckung mit der Realität! Das gibt noch einmal einen frischen Blickwinkel auf das Unsägliche auf eine fiktive Art.
Dieser Roman ist ein starker toll geschriebener Text, der viel Wucht hat und sich Gehör verschaffen will. Es will raus und ist wie ein einseitiger Dialog, was zunächst paradox erscheint – eine ungewohnt Perspektive, die bereichert trotz der vielen Wut. Aber es gibt auch aufheiternde Elemente, wenn man sich plötzlich skurriler Weise in Bärbel Schäfers Talk Show-Format aus dem letzten Jahrhundert wiederfindet. Daher keine Sorge, kein schweres Werk!
Ihr seht: mannigfaltig, gut geschrieben, lesenswert!

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Veröffentlicht am 06.07.2021

Ein Mutmachbuch für alle die sich trauen einen Schritt weiterzugehen

Happy Road
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Kennt ihr das: Immer der gleiche Trott? Immer die gleichen Abläufe und ein Tag gleicht dem anderen? Seufzt – tja, und dann gibt es da die Wenigen mit viel Mut und Wille etwas zu ändern und wagen ein Abenteuer. ...

Kennt ihr das: Immer der gleiche Trott? Immer die gleichen Abläufe und ein Tag gleicht dem anderen? Seufzt – tja, und dann gibt es da die Wenigen mit viel Mut und Wille etwas zu ändern und wagen ein Abenteuer. Reich belohnt mit einer komplett anderen Weltsicht und der inneren Stärke etwas aus eigenem Antrieb anders gemacht zu haben und vor allem: Das eigene Glück gefunden ohne auf Konventionen Rücksicht zu nehmen. Und so jemand ist: Sarah Kringe! Sie schrieb über ihr lebensverändernden Roadtrip ein Buch: „Happy Road“ mit dem sehr passenden Untertitel „Dem Weg ist das Ziel egal“.
Dieses Buch ist ein Einblick die das Leben von Sarah und Mathias. Die beiden kennen sich noch nicht lang und ihre Lebensrealitäten könnten nicht weiter von einander entfernt sein als sie sich trafen. Die hippe Frau aus Berlin und der naturliebende Skilehrer aus Österreich. Und dann diese Entscheidung: VW Bus packen und gemeinsam los – ohne Netz und doppeltem Boden. Es geht durch Osteuropa, den Balkan bis hoch hinauf nach Skandinavien.
Natürlich läuft nicht alles glatt und es gibt Höhen und Tiefen! Dieses ganze Sammelsurium an intensiven Gefühlen und Erlebnissen ist zwischen diesen Buchdeckeln zu finden gepaart mit stimmungsvollen Bildern.
Ich habe beim Lesen viel Respekt vor Sarah entwickelt, zum einen, weil sie so brutal ehrlich ist und uns auch auf ihre eigene innere Reise mitnimmt und weil es ECHT eine Veränderung war. Aber hier bewahrheitet sich auch der Grundsatz: Wer nicht wagt, der nicht gewinnt! Und Sarah hat hier massiv an Lebensqualität gewonnen.
Daa Buch ist übrigens in einem sehr sehr jungen Verlag erschienen: Wenn nicht Jetzt-Verlag! Spannend wie auch hier zwei dynamische Personen den Mut hatten einen eigenen Verlag zu gründen und großartigerweise klimapositiv produzieren!
Fazit: Amüsant, bereichernd - großer Respekt vor dem Mut! Unbedingt lesen und mit den beiden die Reise gedanklich mitmachen!

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Veröffentlicht am 05.07.2021

Wie „chicken soup for the soul“ auf japanische Art

Kleine Wunder um Mitternacht
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Immer wieder zieht mich die leise und feine Erzählkunst der Japaner:innen an und ich freue mich auch dieses Mal wieder eine wunderbare Entdeckung gemacht zu haben mit Keigo Higashino. Der Autor, der wohl ...

Immer wieder zieht mich die leise und feine Erzählkunst der Japaner:innen an und ich freue mich auch dieses Mal wieder eine wunderbare Entdeckung gemacht zu haben mit Keigo Higashino. Der Autor, der wohl für seine Krimis vielfach ausgezeichnet und weltweit bekannt geworden ist, legt mit „Kleine Wunder um Mitternacht“ eher eine märchenhafte schöne Erzählung vor als ein spannungsgeladenes Buch! Aber es lohnt sich, ist man gewillt in diese Geschichte einzutauchen.
Da sind sie nun die drei Gauner, die nach ihrem gedrehten Ding in dem verlassenen Gemischtwarenladen sitzen und eigentlich nur darauf warten wieder aus der Versenkung auftauchen zu dürfen. Aber was ist das? Plötzlich flattert ein Brief durch den Schlitz, den die 3 öffnen um dann ein handfestes Problem zu lösen, denn ignorieren lässt es sich nicht – so düster sind die Kleinkriminellen nun auch wieder nicht. Eine Frau sucht eigentlich Rat bei dem verstorbenen Besitzer des Ladens. Die Geschichte kommt ins Rollen.
Durch Zeitsprünge, durch perspektivische Wechsel und allerlei anderer Kniffe erfahren wir auch was es mit dem Laden auf sich hatte, um was es der Frau genau geht und wie die drei Halunken damit umgehen.
Eine in der Tat märchenhafte, leise nette Geschichte, die ans Herz geht. Und sehr ruhig und mit viel Bedacht erzählt wird. Mich hat sie überzeugt und ich erhoffe dem Buch noch so einige Leser:innen.

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Veröffentlicht am 28.06.2021

Oh je! Die eigenen Eltern entführt!?!

Joscha & Marie und die Frage, wie man seine Eltern rettet, ohne einen Urknall auszulösen
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Oh je! Die eigenen Eltern entführt!?! Was macht man da bloß? Genau, man heuert eine:n Detektiv:in an! In unserem Fall ist Joscha in der blöden Situation, dass seine Eltern von Gangstern entführt wurden ...

Oh je! Die eigenen Eltern entführt!?! Was macht man da bloß? Genau, man heuert eine:n Detektiv:in an! In unserem Fall ist Joscha in der blöden Situation, dass seine Eltern von Gangstern entführt wurden und sie eine Formel von ihm erpressen wollen, die seine Mutter erfunden hat. Polizei soll es keine geben, also sucht er eine:n Detektiv:in und so kommt Marie ins Spiel. Ein Mädchen, dass herrlich erfrischend ist, noch dazu Erfinderin mit Sozialphobie, die aber schier furchtlos erscheint. Eine gelungene Protagonistenkombination. Mal was anderes, nicht nur die ungewöhnliche Idee vom Autor Jens Baumeister der entführten Eltern sondern auch das Ermittlerduo ist gut gewählt und fern ab jeglicher Klischees.
Ein rasantes Kinderbuch, dass man ab der 3./4. Klasse gut lesen kann. Was irritieren könnte, sind Einschübe die in Form einer dritten Stimme in Kästen zwischen den Text gestellt sind. Mich hat es nicht gestört, könnten aber für schlechtere Leser in der Tat ein Thema sein um der Geschichte folgen zu können. Wenn man es mag, ist es gar unterhalsam.
Alles in allem ist „Joscha & Marie und die Frage, wie man seine Eltern rettet, ohne einen Urknall auszulösen“ aus meiner Sicht sehr gelungenes witziges Kinderbuch!

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Veröffentlicht am 28.06.2021

Hier werden Kinder zu Detektivgeschichten-Liebhaber

Dachs im Dickicht – Hasenhunger
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Selten kommen mir Kinderbücher aus dem russischen übersetzt in die Hände und dann noch von einer Autorin die als russische Antwort auf Stephan King gehandelt wird! Das macht neugierig oder? Die Autorin ...

Selten kommen mir Kinderbücher aus dem russischen übersetzt in die Hände und dann noch von einer Autorin die als russische Antwort auf Stephan King gehandelt wird! Das macht neugierig oder? Die Autorin Anna Starobinets hat eine neue Kinderbuchserie erfunden die sich „Dachs im Dickicht“ nennt und der Auftaktwaldkrimi heißt: Hasenhunger. Sehr treffend, denn es geht in der Tat um einen gefressenen Hasen und wer es wohl war. Der weise Dachs-Kommissar untersucht alle Spuren und Indizien genau und lässt sich nicht von populistisch schnellen Anschuldigungen in die Irre führen.
Ein sehr gelungener Mitratekrimi für Kinder in denen ausschließlich Tiere vorkommen, die aber das menschliche Leben amüsierend abbilden. Bilder gibt es nur wenige und der Text ist auch recht umfangreich und anspruchsvoll, denn hier wird in der Tat a la Sherlock Holmes ermittelt. Sprich, nicht nur sollte man einigermaßen lesen könne, sondern muss auch die verschiedenen Indizien und Aspekte des Falls im Hinterkopf behalten. Der dünn wirkende Band hat 150 Seiten und ist aus meiner Sicht ab der 3./4. Klasse zum Selbstlesen geeignet. Davor eher was zum gemeinsamen Vorlesen in Klasse 1 & 2. Band 2 wird voraussichtlich im Herbst 2021 erscheinen mit dem Titel „Das letzte Huhn“.

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